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Zur (Phraseologie-)Terminologie

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Irregularitäten“

4) Die nun folgende Spezialisierungsphase ist bzw. wird meines Erachtens geprägt vom Versuch, die Grenzen zwischen freiem und phraseologischem

2.3 Zur (Phraseologie-)Terminologie

Ein großes Problem der Phraseologieforschung bestand lange Zeit in der überaus heterogenen Terminologie für die Bezeichnung des Untersuchungsgegenstands.

Während die Begrifflichkeiten (insbesondere in der sogenannten Anfangsphase) kaum an zwei Händen abzählbar waren,15 hat man sich in der heutigen Phraseo-logieforschung im Großen und Ganzen auf die beiden synonym verwendeten Termini „Phrasem“ bzw. „Phraseologismus“ festgelegt.16 Der die Teildisziplin be-nennende Terminus „Phraseologie“, der in früheren Arbeiten oft mit „Idiomatik“

gleichgesetzt wird, steht in der heutigen Forschung fast ausschließlich für eine weite Konzeption des Untersuchungsgegenstands (vgl. Lüger 1999: 31).17

Ein weiterer wichtiger und für die heutige Forschung geradezu richtungs-weisender Terminus gelangt mit der Erforschung von (sprachlichen) Routinen und in Anlehnung an die Kommunikationstheorie, Ritualforschung und Text-sortenlinguistik in die Phraseologieforschung: formelhafte Sprache bzw. Formel-haftigkeit (vgl. Filatkina 2011: 79). Der Terminus spiegelt die Ausweitung des Gegenstandsbereichs wider, da er sich vor allem auf Einheiten bezieht, die nicht mehr dem traditionellen Kernbereich angehören (z. B. pragmatische Phraseme, Kollokationen und Modellbildungen):

Als ,phraseologisch‘ werden also längst nicht mehr allein Einheiten mit idiomatischer Bedeutung angesehen, sondern auch solche Wendungen, die sich durch häufige Ver-wendung in fester Form auszeichnen. Der Bezeichnung ,phraseologisch‘ kommt somit mittlerweile ein sehr breites Bedeutungsspektrum zu: Im engen (und klassischen) Sinne wird ,phraseologisch‘ gleichgesetzt mit ,idiomatisch‘, im weiten Sinne heißt ,phraseolo-gisch‘ (lediglich) ,formelhaft‘. (Stein 1994: 153)

„Phraseologisch“ ist mit „formelhaft“ bzw. „Phraseologie“ mit „Formelhaf-tigkeit/formelhafter Sprache“ nicht gleichzusetzen. Es lassen sich Merkmale anführen, die eine Unterscheidung der beiden Termini „Phraseologie“ und „For-melhaftigkeit/formelhafte Sprache“ rechtfertigen. Am deutlichsten werden die

15 Eine Auflistung verschiedener Termini sowie Überlegungen zu diesem Problem fin-den sich u. a. in Rothkegel (1973: 5); Thun (1978); Pilz (1978, 1981, 1983a, 1983b);

Burger u. a. (2007) sowie Donalies (1994), für die englischsprachige Forschung in Wray/Perkins (2000: 3).

16 In der vorliegenden Arbeit wird durchgängig „Phrasem“ gebraucht.

17 Eine andere Perspektive nimmt Steyer (2000: 112) mit ihrem Konzept der usuellen Wortverbindungen ein, wenn sie Idiomatizität als die Haupteigenschaft von Phrasemen ansieht und ganz explizit für einen engen Phraseologiebegriff plädiert.

Berechtigung und der Nutzen einer solchen Differenzierung anhand der Defini-tion von „formelhafter Sprache“ nach Stein (1995: 57):

Formelhaft sind sprachliche Einheiten, die durch Rekurrenz, d. h. durch häufigen Ge-brauch, fest geworden sind oder fest werden. Aufgrund der Festigkeit im Gebrauch sind oder werden sie lexikalisiert, d. h. sie sind Bestandteile oder werden zu Bestandteilen des Wortschatzes, so daß sie von den Sprachteilhabern als fertige komplexe Einheiten reproduziert werden.

Die Definition zeigt zwei wichtige Unterscheidungspunkte zwischen „Phraseolo-gie“ und „formelhafter Sprache“: zum einen im Bereich der Festigkeit, die sich bei formelhaften Wendungen nicht durch Idiomatizität, sondern durch ihre Rekur-renz ergibt, und zum anderen die Besonderheit, dass auch Erscheinungsformen als formelhaft analysiert werden können, die den Prozess der Lexikalisierung noch nicht vollständig durchlaufen und abgeschlossen haben.18

Insgesamt ist „Formelhaftigkeit“ also weiter zu fassen als „Phraseologie“

(vgl. Filatkina 2009a: 146). Der Terminus „Formelhaftigkeit“ bzw. „formel-hafte Sprache“ schließt alle Erscheinungsformen des traditionellen Begriffs der Phraseologie mit ein. „Formelhafte Wendung“ ist nicht als Synonym, sondern als Hyperonym für „Phrasem“ zu betrachten (vgl. Stein 1995: 43f.).19 Die vor-liegende Arbeit schließt sich dieser terminologischen Unterscheidung an. Wenn im Folgenden von „formelhaft“ bzw. „formelhaften Wendungen“ die Rede ist, be-deutet dies eine weite Konzeption des Untersuchungsgegenstands, wodurch die peripheren Erscheinungsformen – aber eben auch die zentralen Vertreter – und somit der gesamte Bereich der formelhaften Sprache mitinbegriffen sind.20 Die

18 Dieses zweite Merkmal heben auch Filatkina u. a. (2009: 344) hervor und betonen dessen Wichtigkeit für die Analyse der formelhaften Sprache vergangener Sprachstufen (besonders des Althochdeutschen und Mittelhochdeutschen), da es „erlaubt, auch die Strukturen zur Analyse heranzuziehen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Geschichte einen niedrigen Grad an syntaktischer Festigkeit aufweisen, variabel sind, nie idiomatisch werden und es auch nie geworden sind.“

19 Ebenso wie Stein (1995) und Filatkina u. a. (2009) fasst auch Margewitsch (2006) das Verhältnis zwischen „Formelhaftigkeit“ und „Phraseologie“ auf. Sie erachtet „formelhafte Sprache“ als Oberbegriff und ordnet alle Arten vorgeprägter bzw. usuell gewordener Sprache diesem unter. Siehe hierfür vor allem Kapitel 2.2 in Margewitsch (2006), in dem sie den Bereich der formelhaften Sprache in Anlehnung an Burger (1998a) in referentielle, strukturelle und kommunikative formelhafte Wendungen unterteilt.

20 Ausführungen zur formelhaften Sprache in Bezug auf das Englische finden sich in Wray (2002, 2008, 2009) sowie Wray/Perkins (2000). Wray (2002: 9) definiert „for-mulaic sequences“ wie folgt: „A sequence, continuous or discontinuous, of words or other elements, which is, or appears to be, prefabricated: that is, stored and retrieved

Berücksichtigung peripherer formelhafter Wendungen ist deswegen wichtig, da diese ebenfalls „phraseologische Irregularitäten“ aufweisen (können): beispiels-weise Unikalia in Routineformeln (z. B. mein lieber Scholli!) oder Modellbildun-gen (z. B. im/aus dem Umkreis von X[Nominalphrase]). Des Weiteren spielen auch solche Wendungen eine Rolle, die keinerlei Idiomatizität besitzen und die sich durch eine hohe Gebrauchshäufigkeit bzw. Kookkurrenz verfestigt haben oder sich auf dem Weg der Stabilisierung befinden: z. B. die Unikalia am/an den Stadtrand, vor/bei/nach Tagesanbruch und Abstand nehmen/wahren/halten // mit Abstand.

Nicht zuletzt kann ein weiteres Merkmal formelhafter Sprache am Unter-suchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit aufgezeigt werden. Formelhafte Wendungen sind nach Stein (1995: 57f.) auf keine lexikalische bzw. syntakti-sche Unter- oder Obergrenze festgelegt. So existieren beispielsweise auch unika-le formelhafte Einwortäußerungen. Hierbei handelt es sich um Routineformeln, die aus einem Wort bestehen, das für gewöhnlich nur innerhalb einer speziellen kommunikativen Situation funktional (z. B. als (Empfindungs-)Ausruf, Begrü-ßung oder Verabschiedung) eingesetzt werden kann (z. B. Pustekuchen, igitt, hur-ra, hallo und tschüs), außerhalb dieser Kontexte demnach nicht frei auftritt.21 Diese Erscheinungen sind nicht – wie bei einer traditionellen Unikalia-Auf-fassung – an bestimmte Wörter, sondern an spezielle (Kommunikations-)Situ-ationen gebunden, weshalb Schindler (1996a: 12) diese auch als „pragmatisch gebundene Wörter“ bezeichnet.22 Angesichts des Einbezugs solcher Einwortuni-kalia sowie weiterer peripherer Klassen deckt die vorliegende Studie das ganze Spektrum einer engen und (sehr) weiten Phraseologiekonzeption ab.23

whole from memory at the time of use, rather than being subject to generation or analysis by the language grammar.“

21 Solche pragmatisch verfestigten und situationsabhängigen „Einwortunikalia“ weisen starke Parallelen zu Interjektionen auf, die ja bekanntlich auch pragmatisch fixiert sind und „zum Ausdruck von Empfindungen, Flüchen und Verwünschungen sowie zur Kontaktaufnahme dienen“ (Bussmann 2008: 302). Zu Interjektionen siehe u. a. Kühn (1979); Burger (1980); Trabant (1983); Fries (1992); Burkhardt (1998); Reisigl (1999); Yang (2001) und Nübling (2004a).

22 So weist Schindler (1996a: 12) dem Wort hallo die gleiche (pragmatische) Bindung zu wie Grüß Gott, nämlich die im Rahmen eines „Begegnungsskripts“.

23 Es ist zu betonen, dass das Hyperonymie- und Hyponymie-Verhältnis der beiden Ter-mini „Formelhaftigkeit“ und „Phraseologie“ einen gleichzeitigen Gebrauch nicht nur ermöglicht, sondern sich dieser geradezu anbietet. In der vorliegenden Arbeit wird daher an Stellen, an denen beispielsweise der Terminus „Phrasem“ vollkommen aus-reicht, dieser verwendet. Werden explizit periphere Erscheinungsformen fokussiert, wird auf alternative und treffendere Termini zurückgegriffen (beispielsweise werden

Es sollte deutlich werden, dass sich die beiden Begriffe „Phraseologie“ und

„Formelhaftigkeit“ nicht unvereinbar gegenüber stehen oder sich gar widerspre-chen, sondern beide in unmittelbarer Beziehung zueinander stehen und die pa-rallele Verwendung nicht unbedingt einen Widerspruch darstellt. Letztlich ist es auch immer eine Frage der Perspektive, wie man die beiden Termini „Phraseolo-gie“ und „Formelhafte Sprache“ gegenüberstellt und unter- bzw. überordnet. Es spräche beispielsweise auch nichts dagegen, formelhafte Sprache als eine spezi-fische Erscheinungsform der Phraseologie zu betrachten (Formelhaftigkeit also im Grunde nur als eine Ausprägung der Phraseologie).

Bezieht man neben den beiden Termini der „Phraseologie“ und der „Formel-haftigkeit“ noch die der „Idiomatik“ und der „Konstruktion“ in die Bestimmung des Untersuchungsgegenstands mit ein, so ergibt sich das in Übersicht 2–2 dar-gestellte Bild, das neben den terminologischen (Hierarchie-)Zusammenhängen auch die sukzessive Ausweitung des „phraseologischen“ Untersuchungsgegen-stands veranschaulicht:

Übersicht 2-2: (terminologische) Ausweitung des „phraseologischen“

Untersuchungsgegenstands

musterhafte und schablonenartig vorgefertigte Texte als „formelhafte Texte“ und nicht etwa als „phraseologische Texte“ bezeichnet).

Zu sehen ist das klassische Zentrum-Peripherie-Modell, das vor allem zu Be-ginn der Phraseologieforschung zur Ein- und Ausgrenzung des Gegenstandsbe-reichs diente (siehe Kapitel 2.6). Innerhalb des Modells ist gekennzeichnet, welche sprachlichen (Mehrwort-)Erschei nungen jeweils von den unterschiedlichen Termini erfasst werden. Während sich die Idiomatik ausschließlich mit den im Zentrum stehenden Einheiten – d. h. Idiomen und Teil-Idiomen – beschäftigt, ist der Phraseologiebegriff weitergefasst. Der Untersuchungsbereich der Phraseolo-gie geht über den klassischen Bereich der Idiomatik hinaus, da er beispielsweise auch nicht-idiomatische und satzförmige Wortverbindungen umfasst. Zum Teil werden auch pragmatische Wendungen, Kollokationen sowie Modellbildungen als phraseologisch bezeichnet. Für diese Erscheinungsformen hat sich jedoch der Terminus Formelhaftigkeit bzw. formelhafte Sprache etabliert. Der aus der Kon-struktionsgrammatik stammende Begriff der Konstruktion (Form-Bedeutungs-paar) kann als oberstes Hyperonym angesehen werden. Er umschließt zum einen idiomatische, phraseologische und formelhafte Wortverbindungen, zum anderen aber auch Erscheinungen, die weit über diese Bereiche hinausgehen, die also nicht mehr zum Untersuchungsgebiet der formelhaften Sprache gehören. Beispielsweise werden unter Konstruktionen auch abstrakte Satzmodelle zusammengefasst, die keine (festen) lexikalischen Bestandteile aufweisen, wie etwa sogenannte Ditran-sitiv-Konstruktionen nach dem Muster [[NPNom] [VP] [NPDat] [NPAkk]] à Hans schenkt Anna ein Buch (vgl. Ziem/Lasch 2013: 19).24 Insgesamt verdeutlicht Über-sicht 2–2, dass alle Erscheinungsformen einer niedrigeren Ebene auch zum Unter-suchungsbereich der jeweils darüberliegenden Ebene gerechnet werden können.

Im Grunde handelt es sich bei den Begriffen Idiomatik, Phraseologie, Formelhaf-tigkeit und Konstruktion somit um Hyperonymie- und Hyponymie-Verhältnisse.

In der vorliegenden Arbeit spielen alle Termini eine Rolle, da sich „phraseologische Irregularitäten“ mehr oder weniger in alle vier Bereiche einordnen lassen.

2.4 Eigenschaften formelhafter Wendungen und die Abgrenzungsproblematik zu freien Wortverbindungen

2.4.1 Die Vielfalt phraseologischer Eigenschaften

Im Laufe der Jahre werden viele verschiedene Eigenschaften angeführt, die zum einen die Besonderheiten von Phrasemen aufzeigen und zum anderen als Abgrenzungskriterien zu freien Wortverbindungen fungieren sollen. Die

24 In der Valenzgrammatik spricht man hierbei auch von „Satzbaupläne[n]“ (Eroms 2000:

315). Für zahlreiche konkrete Beispiele siehe Heringer (1988: 132–136).

Wichtigkeit der verschiedenen Merkmale analysiert Schindler (1996a) anhand von 49 phraseologischen Werken, indem er deren Nennungshäufigkeit überprüft (siehe Übersicht 2–3):

Übersicht 2-3: Häufigkeit phraseologischer Merkmale in der Forschungsliteratur nach Schindler (1996a)

Eigenschaft Häufigkeit der Nennung

1 Idiomatizität 26 (sehr häufig)

2 Stabilität/Festigkeit 22 (sehr häufig)

3 Mehrwortigkeit/Polylexikalität 18 (sehr häufig) 4 Reproduziertheit/Reproduzierbarkeit 17 (sehr häufig)

5 Lexikalisiertheit 13 (sehr häufig)

6 Übersetzbarkeit 7 (manchmal)

7 Wortäquivalenz 6 (manchmal)

8 Kontextrestriktion 6 (manchmal)

9 Expressivität 5 (manchmal)

10 Bildhaftigkeit 3 (selten)

11 Stilistische Markiertheit 3 (selten)

12 pragmatische Gebundenheit/Fixiertheit 2 (selten)

13 Nichtsatzhaftigkeit 2 (selten)

14 Normative Festlegung 2 (selten)

15 Assoziation 2 (selten)

16 Bewusstheit/Geläufigkeit 1 (selten)

17 Frequenz 1 (selten)

Seine Stichprobenauswertung zeigt deutlich, dass Polylexikalität, Idiomatizität und Festigkeit (zur Festigkeit zähle ich Reproduziertheit/Reproduzierbarkeit sowie Lexikalisiertheit mit hinzu)25 als die drei wichtigsten Eigenschaften ange-sehen werden. Die letzten Plätze nehmen u. a. die Kriterien „pragmatische Ge-bundenheit/Fixiertheit“, „Bewusstheit/Geläufigkeit“ und „Frequenz“ ein, obwohl diese gerade für formelhafte Wendungen signifikant sind und somit aus heutiger Sicht sicherlich eine höhere Position in einer Eigenschaftsrangliste phraseologi-scher Einheiten einnehmen würden.26

25 Auch Burger (2010) ordnet die psycholinguistische Festigkeit als eine besondere Art der Festigkeit dieser Kategorie unter.

26 Die seltene Nennung dieser drei Eigenschaften resultiert sicherlich auch daraus, dass das Durchschnittserscheinungsjahr der ausgewerteten Werke im Jahre 1983 anzusiedeln

Eine für die vorliegende Arbeit interessante phraseologische Eigenschaft füh-ren u. a. Łabno-Falęcka (1995) und Donalies (2005) an, indem sie auf das Merkmal der „morphosyntaktischen Anomalie“ hinweisen. Für Łabno-Falęcka (1995: 166) ist dieses gar „das wichtigste Identifikationsmittel, um Phraseme von freien Wortverbindungen abzugrenzen“. Mit Schmale (2011: 182) muss jedoch konstatiert werden, dass morphosyntaktische Abweichungen kein „ausreichen-des Kriterium für die Definition phraseologischer Ausdrücke darstellen.“27 Ge-rade mit der Ausweitung des Untersuchungsgegenstands und der Hinwendung zu peripheren Klassen zeigt sich, dass viele Wortverbindungen als morphosyn-taktisch wohlgeformte, den Regeln des freien Sprachgebrauchs entsprechende Erscheinungen angesehen werden müssen. Das Vorhandensein von „Irregulari-tät“ ist demnach zwar eine auffällige, jedoch keine notwendige Eigenschaft phra-seologischer Einheiten:

Will jemand ausschließlich solche speziellen Ausnahmen zu Phrasemen erklären und alles Andere zu Nichtphrasemen? Morphosyntaktische Anomalie ist also wohl doch kein brauchbares Kernkriterium für Phraseme. (Donalies 2005: 342)

Im Folgenden werden die drei Eigenschaften der Polylexikalität, Festigkeit und Idiomatizität sowie die in Schindlers (1996a) Auswertung zwar noch als „sel-ten“ markierte, heute aber kaum wegzudenkende Eigenschaft der Gebrauchs-frequenz bzw. Kookkurrenz (siehe u. a. Steyer 2000, 2002, 2003, 2004) erläutert.

Ziel ist es, diese Kriterien nicht nur vorzustellen und zu beschreiben, sondern vor allem ihre Abgrenzungstauglichkeit gegenüber freien Wortverbindungen kritisch zu hinterfragen. Darüber hinaus steht die Verbindung der vorgestellten Merkmale mit der Klasse „phraseologischer Irregularitäten“ im Mittelpunkt. Fo-kussiert wird dabei, inwieweit die wesentlichen phraseologischen Kriterien auch bei diesen besonderen Wendungen anzutreffen sind.

2.4.2 Polylexikalität

Zwar stellen Lüger (1999: 6) und Burger (2002: 392, 2010: 15) fest, dass es sich bei Polylexikalität um ein „relativ unproblematisches“ Merkmal handelt, d. h. aber nicht, dass bezüglich dieses Kriteriums keinerlei Schwierigkeiten auftreten kön-nen. Zum einen stellt sich die Frage, wie mit Erscheinungsformen umzugehen

ist. Neuere Arbeiten, die vor allem die Gebrauchsfrequenz als entscheidendes Merkmal der Verfestigung formelhafter Sprache ansehen (z. B. Stein 1995), sind in Schindlers (1996a) Auswertung noch nicht mitberücksichtigt.

27 Vgl. auch Wray (2002: 49): „[I]rregularity is not in itself a sufficient defining feature of formulaic sequences.“

ist, die nur monolexikalischer Natur sind (Grenzziehung „nach unten“) und zum anderen drückt die Eigenschaft der Polylexikalität keine obere Grenze phraseo-logischer bzw. formelhafter Einheiten aus (Grenzziehung „nach oben“).

Grenzziehung „nach unten“:

1) Im Zusammenhang mit Ausnahmen der Mehrgliedrigkeit verweist Stein

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