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Die Messung der Komponenten des Forschungsmodells stellt teilweise ein große Herausforderung dar. Zum einen handelt es sich bei der Befragung um eine Retrospek-tive, die den Probanden ein nicht zu unterschätzendes Erinnerungsvermögen abver-langt. Deshalb darf der Detaillierungsgrad in manchen Bereichen nicht zu hoch sein.

Zum anderen ist eine große Menge an Informationen nötig. Da ein Fragebogen aber in der Länge eingeschränkt ist, gilt es sorgfältig abzuwägen zwischen unbedingt notwen-digen Informationen und weniger wichtigen Details, auf die man verzichten kann.

6.3.1 Engagement

Die Erfassung von Engagement ist keine leichte Aufgabe. Wie schon das Kapitel zum Begriff (siehe 2.1.1, S. 20) gezeigt hat, handelt es sich bei Engagement um einen hete-rogenen und komplexen Untersuchungsgegenstand. Der Versuch, ihn mit einer einfa-chen Frage zu erfassen, wird dieser Komplexität nicht gerecht. Es gilt daher: „Die Komplexität der Messung muß der Komplexität des Gegenstands entsprechen“

(Rosenbladt, 1999, S. 409). Dazu bietet sich ein zweistufiges Vorgehen an. Den Einstieg bildet die Abfrage eines breiten Strauß an Tätigkeiten, unterstützt von Beispielen. Erst danach werden für dieses Engagement spezifische Informationen erfragt, die eine bessere Einschätzung des Engagements erlauben.

Im Folgenden findet sich ein Teil der Fragen, mit denen Engagement während der Schulzeit erhoben wurde. Der vollständige Fragebogen ist im Anhang, S. 214 wieder-gegeben. Den Einstieg in die Erfassung des Engagements eines Probanden bildete die Frage: „Waren Sie während der letzten drei Schuljahre in einem oder in mehreren der folgenden Bereiche aktiv?“ Die Antwortalternativen orientieren sich an dem Kategori-enkanon des Freiwilligensurveys (Gensicke, 2006, S. 58; siehe auch im Anhang S. 207) und umfassten „Nein“, „Sozial (z.B. Rotes Kreuz, usw.)“, „Sport (z.B. Verein, schulische Leistungsgruppe, usw.)“, „Kultur (z.B. Theatergruppe, Literatur AG, Schü-lerzeitung, usw.)“, „Musik (z.B. Schulorchester, Chor, Band, usw.)“, „Kirche/Religion (z.B. Jugendgruppe, Gemeindearbeit, usw.)“, „Politik (z.B. Parteiarbeit, Bürgerinitia-tive, usw.)“, „Ökologie (z.B. Bund Naturschutz, Greenpeace, usw.)“, „Gesellschaft (z.B. Freiwillige Feuerwehr, Bürgerrechtsgruppe, usw.)“, „Schule (z.B. Klassenspre-cher, SchulspreKlassenspre-cher, usw.)“ und „Sonstiges (Aktivitäten, die von keiner der oben genannten Kategorien abgedeckt sind)“.

Die Frage war eine Pflichtfrage, so dass zumindest „Nein“ aktiv gewählt werden musste. Wurde eine oder wurden mehrere der inhaltlichen Kategorien gewählt, folgte die Bitte, detaillierter Auskunft zum Träger des entsprechenden Engagements und der ausgeübten Tätigkeit zu geben. Daran schloss sich die Frage nach Funktionen oder Positionen im Zuges des Engagements an, bei der entweder „Keine“ oder ein Zahl zwischen „eine“ und „mehr als drei“ auszuwählen war. Hatte der Teilnehmer hier eine andere Antwort als „Keine“ gewählt, wurde er gebeten, die Art der Funktion/Position, die Dauer, während der er diese Funktion ausgeübt oder die Position bekleidet hatte und den Umfang der damit verbundenen Verantwortung genauer zu beschreiben. Den Abschluss bildete die Frage, wie viel Zeit der Teilnehmer für das jeweilige Engage-ment schätzungsweise pro Woche aufgewendet hatte.

Die Abfragen zu Engagement während der Schulzeit, des Studiums und nach Abschluss des Studiums sind vom Aufbau her nahezu identisch. Sie unterscheiden sich lediglich bei den Antwortkategorien der Einstiegsfrage und den Beispielen bei den folgenden Fragen.

Aus den Daten lassen sich drei Kennzahlen für Engagement berechnen. Die einfachste ist die Anzahl der unterschiedlichen Engagements. Ebenfalls relativ einfach lässt sich isolieren, wie viele Funktionen oder Positionen jemand über alle seine

unterschiedli-chen Engagements wahrgenommen hat. Eine wesentlich größere Herausforderung ist es, die qualitativen Angaben zu den Funktionen einzuordnen. Dafür war ein Kodier-schema von Nöten, das es erlaubt, auf Basis der gegebenen Informationen ungefähr abzuschätzen, mit wie viel Aufwand und Anspruch es verbunden ist, diese Funktion auszuüben46. Aus der Summe der für die einzelnen Funktionen vergebenen Punkte bildet sich dann ein Gesamtindexwert. Diese drei Indikatoren werden analog für Enga-gement in der Schulzeit, im Studium und im Berufsleben berechnet.

6.3.2 Akademischer Erfolg

Der akademische Erfolg ist weit einfacher zu erheben. Für die Schulzeit beschreibt die Note des Abiturs oder – in seltenen Fällen – die Note einer anderen Hochschulzu-gangsberechtigung die akademische Leistung. Demnach war auch dieser Wert mit der Genauigkeit einer Nachkommastelle im Fragebogen gefragt; er drückt im Modell den Erfolg in der Schule aus.

Die Messung des Studienerfolgs ist nur unwesentlich komplizierter. Hier liegen aller-dings theoretisch zwei aussagekräftige Noten vor. Zum einen die Note des Vordiploms und zum anderen die Note des Abschluss-Examens. Im Fragebogen wurden beide Noten erhoben. Bei den abschließenden Kommentaren gab aber zumindest ein Teil-nehmer an, dass er sich an die Note des Vordiploms nicht mehr erinnern konnte. Das ist verständlich, da das Vordiplom nur eine Zwischenprüfung ist und mit Vorliegen der Examensnote – zumindest in den Wirtschaftswissenschaften – kaum mehr Bedeutung für Absolventen hat. Aus diesem Grund fließt die Note des Vordiploms nicht in die Bestimmung des Studienerfolgs ein.

Gerade aus Sicht der Universitäten spielt die Dauer des Studiums eine erhebliche Rolle. Studenten, die schnell studieren, verursachen weniger Kosten und führen zu einem besseren Ruf. Aus diesem Grund fließt die Zahl der Fachsemester47, nach denen im Fragebogen explizit gefragt wurde, in die Bestimmung des Studienerfolgs mit ein.

6.3.3 Praktische Erfahrung und Berufserfolg

Praktische Erfahrung ist ein sehr weiter Begriff. Deswegen soll hier eine Fokussierung auf solche Tätigkeiten vorgenommen werden, die beabsichtigt oder unbeabsichtigt auf einen Lerngewinn hinsichtlich betriebswirtschaftlicher Inhalte zielen. Für die Zeit

46 Die Kodierung der gegebenen Informationen wurde mit Hilfe des Schemas von einem zwei-ten Kodierer unabhängig wiederholt. Nach einer geringfügigen Anpassung des Kodierleitfa-dens konnte unter Rückgriff auf Cohens kappa eine Interkodierreliabilität von κ = .81 erreicht werden. Der Wert liegt an der unteren Grenze der gemeinhin geforderten Größe. Das ist aber mit teilweise ungenauen und knappen Informationen zu den angegebenen Funktio-nen und PositioFunktio-nen zu erklären. Für das Kodierschema siehe Anhang, S. 233.

47 Als Alternative wäre auch die Verwendung der Studiensemester möglich gewesen. Da diese aber Zeiten einschließen, die nicht mit dem eigentlichen Studium der BWL zusammenhän-gen (z.B. anderes Studium, Praktikum), fiel die Wahl auf die Fachsemester.

zwischen Schule und Studium ist das eine einschlägige Lehre, ein Praktikum sowie eine selbständige Tätigkeit.

In der Studienzeit werden praktische Erfahrungen hauptsächlich durch Praktika, seltener auch in selbständiger Tätigkeit gewonnen. Eingang in die Abschätzung der praktischen Erfahrung im Studium fanden daher selbständige Tätigkeiten, die Gesamt-zahl der absolvierten Praktika sowie die Gesamtzeit, die für Praktika während des Studiums investiert worden war.

Beruflicher Erfolg lässt sich anhand objektiver und subjektiver Kriterien messen (siehe Kapitel 4.1, S. 103). Ziel ist die Untersuchung des Zusammenhangs solcher Variablen, die während der Ausbildung in der Schul- und Studienzeit geprägt werden. Arbeits- und Karrierezufriedenheit hängen zwar zweifelsohne mit der Ausbildung zusammen, werden aber vorrangig von individuellen Entscheidungen nach Abschluss des Studiums bestimmt. Um also ein möglichst klares Bild dieser Zusammenhänge zu bekommen, beschränkt sich die Arbeit auf Größen des objektiven Berufserfolgs. „Discussion of subjective success, tough not unimportant, obscures this task“ (Nicholson & De Waal-Andrews, 2005, p. 150).

Für die Beurteilung des Berufseinstiegserfolgs gibt es zwei maßgebliche Kriterien.

Zum einen interessiert die Zeit, die ein Absolvent benötigt hat, um einen Arbeitsplatz zu erhalten. Zweites Kriterium ist das Bruttojahresgehalt inklusive aller Boni, das er im ersten Berufsjahr verdient hat. Die Dauer der Arbeitsplatzsuche wird höchstens von konjunkturellen Entwicklungen beeinflusst und bedarf daher keiner Korrektur. Die durchschnittlichen Bruttojahresgehälter der Absolventen sind jedoch auf Grund der unterschiedlichen Studienabschlussjahrgänge unterschiedlich hoch. Sie müssen korri-giert werden, damit die Angaben über die gesamte Stichprobe hinweg vergleichbar werden. Als Erfolgs- oder Mißerfolgsgröße sind Regressionsresiduen in Abhängigkeit vom Jahr des Studienendes die beste Lösung. Die Berechnung der Regressionsresiduen geschieht mit Hilfe einer Kurvenanpassung. Eine S-förmige Kurve lieferte das höchste R2 von .23 und erklärte damit die Entwicklung über die Jahre am besten.

Die Erhebung des aktuellen Berufserfolgs trifft bei der Vergleichbarkeit auf die glei-chen Herausforderungen. Für den objektiven Berufserfolg maßgeblich sind Informa-tionen zu aktuellem Bruttogehalt, zur Mitarbeiterverantwortung und zur Budgethöhe.

Die Höhe auch dieser Werte hängt vom Jahr des Studienabschlusses ab. Zur Herstel-lung der Vergleichbarkeit muss jedes der drei Kriterien nach den vorangehend beim Berufseinstieg beschriebenen Regeln korrigiert werden. Beim Bruttojahresgehalt ergibt die Kurvenanpassung ebenfalls eine S-Kurve mit einem R2 von .42, die die Daten am besten erklärt. Bei der Mitarbeiterverantwortung steigt die Kurve erwartungsgemäß nicht so stark an. Es kommt dennoch bei der Kurvenanpassung zu einem signifikanten Zusammenhang. Die Kurve, die diesen Zusammenhang am besten erklärt, ist jedoch linear und besitzt nur ein R2 von .02. Das Gleiche trifft auch auf die Budgetverantwor-tung zu. Die Residuen auf Basis der jeweiligen Kurven bilden damit die drei nunmehr vergleichbaren Kriterien für den Berufserfolg.