• Keine Ergebnisse gefunden

5 Berufliche Gleichstellungspolitik

5.3 Bessere Wirkung durch Verknüpfung von Steuerungsprinzipien?

5.3.2 Lohngleichheit

Bei den Maßnahmen zur Lohngleichheit nehmen Überprüfungsinstrumente wie Logib einen besonders wichtigen Platz ein und sie sollen eine offenkun-dige Lücke schließen: Wie kann man eine Benachteiligung entdecken, bezif-fern oder aber ausschließen? Um ein gesetzliches Verbot tatsächlich umset-zen zu können, bedarf es konkreter Instrumente. Sollte die Revision des Gleichstellungsgesetzes mit einer Pflicht zu periodischen Lohnkontrollen erfolgen, so dürften Instrumente wie Logib wesentlich verbindlicher werden als sie es heute sind. Die Reichweite ist mittel, denn es wären nur 2% der Betriebe und gut die Hälfte der Beschäftigten erfasst.

Tabelle 20: Instrumente und Projekte zur Lohngleichheit ge-schlechtsneutral aufnimmt (z. B. bezieht es psycho-soziale Anforderungen ebenso wie physische ein)

Der Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwer-tige Arbeit aus der Bundesverfassung ist noch nicht verwirklicht. Es fehlen jedoch “wissen-schaftlich begründete Kriterien für die Beurtei-lung der Gleichwertigkeit von Arbeitstätigkei-ten”, die mit Abakaba entwickelt worden sind.

Das Instrument ist wissenschaftlich und Rechts, das die Einhaltung u. a. der Lohn-gleichheit verlangt. Wettbewerbsverzerrung zuungunsten von fairen Arbeitgebenden wer-den vermiewer-den.119

Zur Überprüfung braucht es ein fundiertes und einfaches Kontrollinstrument.120

Lohngleichheitsdialog (2009/14) Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen sowie der Bund (EBG, Seco, BJ) bilden eine Kommission, in der Vertretungen von AG- und AN-Seite gemeinsam die Löhne mit Logib über-prüfen. Signifikante Lohnunterschiede über 5%

werden innerhalb von vier Jahren beseitigt.

Der Dialog soll helfen, den Verfassungsauftrag umzusetzen. Eine Alternative zum freiwilligen Lohngleichheitsdialog sind staatliche Kontrol-len. Eine Teilnahme vermindert das Risiko solcher Kontrollen121

Logib im kantonalbernischen Beschaffungs-wesen (2011/12)

Pilotprojekt, in dem erprobt wurde, ob ein flä-chendeckender Nachweis der Lohngleichheit via Logib bei der Bewerbung um öffentliche Aufträge handhabbar und verlässlich ist. Die gelieferten Daten waren häufig von schlechter Qualität und der Aufwand bis zu einem verlässlichen Ergebnis daher hoch122

Lohngleichheit ist ein Grundrecht.

Lohndiskriminierung ist eine Wettbewerbsver-zerrung.

Lohngleichheit muss ebenso wie viele andere Pflichten bei der Bewerbung um öffentliche Aufträge eingehalten werden.

118 Katz und Baitsch 1996, Vorwort.

119 Eidgenössisches Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann 2016.

120 Überprüfung der Einhaltung von Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern bei Be-schaffungen des Bundes. Bericht über die Pilotphase zur Umsetzung von Art. 8 Abs. 1 Bst.

c des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen, Juni 2004.

121 Ehemalige Webseite www.lohngleichheitsdialog.ch.

122 Vgl. Balthasar und Itin 2012.

Tabelle 20: Instrumente und Projekte zur Lohngleichheit (Fortsetzung) Lohnpoli-tik wirkt sich geschäftsfördernd aus und moti-viert Mitarbeitende.

“Indem sich ein Unternehmen öffentlich für einen ethischen Ansatz bezüglich der Entloh-nung einsetzt, wirkt sich dies nach innen auf die Teams motivierend aus. Gleichzeitig wird durch diesen Einsatz die Attraktivität des Unterneh-mens nach außen erhöht, was die Rekrutierung der besten Bewerberinnen und Bewerber

„Damit in der Arbeitswelt die tatsächliche Gleichstellung Realität wird, muss sie zur Chefsache werden“.125

Es braucht im Sinne des Gender

Mainstreamings eine langfristige Verankerung der Gleichstellungsanliegen in den normalen Planungs- und Steuerungssystemen einer Organisation, damit Gleichstellung strukturell verankert ist.

Argib (ab 2011, noch nicht veröffentlicht) Instrument des Bundes zur Kontrolle der Einhal-tung der Lohngleichheit in kleinen Unternehmen.

Baut auf Arbeitsbewertungsmethoden auf, bei der die Anforderungen und Belastungen der im Unternehmen ausgeübten Funktionen im intel-lektuellen, körperlichen, psychischen und sozia-len sowie verantwortungsbezogenen Bereich bestimmt werden.126

Argib soll auf das Problem antworten, dass Logib nur für Unternehmen ab 50 Beschäftigte geeignet ist. Genauere Begründungsmuster sind nicht veröffentlicht, da zurzeit die Testpha-se läuft.

Quelle: Eigene Zusammenstellung

Seit 2014 sind wesentlich mehr Kontrollen im Zusammenhang mit dem Be-schaffungswesen durchgeführt worden. Im Rahmen des Pilotprojekts im Kanton Bern stellte sich heraus, dass die Datenqualität und die qualifizierte Auswertung eine Herausforderung sind (KRB Ruf 2013). Vor kurzem haben die Städte Zürich und Bern ähnliche Projekte lanciert.

Demgegenüber wurde die analytische Arbeitsplatzbewertung weniger ge-nutzt. Sie ist „gerichtsfest“ (wie statistische Verfahren auch), wenn in einem

123 www.equalsalary.org/de/about-equal-salary/vision-and-mission/ (4. August 2017).

124 www.gleichstellungs-controlling.org (4. August 2017).

125 Sander/Müller 2012, S. 26f.

126 www.svoeb.ch/uploads/media/170705_Lohngleichheit_Vergaberecht_SVoeB.pdf (4.

August 2017).

Prozess Gutachten angeordnet werden (Freivogel 2009, S. 119). Allerdings wurden in den letzten Jahren kaum mehr Gutachter*innen beauftragt, die mit Abakaba arbeiten.127 Die finanzielle Sprengkraft analytischer Arbeitsplatz-bewertungen dürfte deutlich größer sein, da sie auch die bisherigen Bewer-tungen frauentypischer Tätigkeiten umstoßen kann. Es wird interessant sein, mit welchen Ergebnissen Argib eingesetzt werden wird.

In der Programmatik der Überprüfungen werden mit Variationen zwei Argumente angeführt, nämlich der wirtschaftliche Nutzen von Lohngleich-heit für ein Unternehmen und die nötige Gesetzestreue. Von staatlicher Seite wird erstens die Notwendigkeit konstatiert, Instrumente zu entwickeln, die es überhaupt erst erlauben, verlässlich zu prüfen, ob das Gesetz eingehalten wird. Zweitens wird durchgängig und recht stark auf das geltende Recht verwiesen und auf mögliche Sanktionen bei Verletzung der Lohngleichheit, wie beim Beschaffungswesen. Ökonomische Argumente verweisen auf die Wettbewerbsverzerrung durch Lohndiskriminierung, auf eine gesteigerte Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt für faire Unternehmen und auf eine höhe-re Motivation der Belegschaft. Die letzten beiden Argumente werden beson-ders von Equal Salary angeführt, das auf seiner Webseite das Gleichstel-lungsgesetz nicht einmal erwähnt.

Die tatsächlichen Anreize zum Einsatz der Instrumente sind aber gering.

Ein betriebswirtschaftliches Plus dürfte sich auch nur für einige Branchen oder einzelne Betriebe erzielen lassen, für die der Arbeitsmarkt tatsächlich ausgetrocknet ist. Die Sanktionsdrohung existiert faktisch nicht: die Wahr-scheinlichkeit, bei Lohndiskriminierung ertappt und sanktioniert zu werden, ist sehr gering. Präventive Wirkungen sind unwahrscheinlich, Sensibilisie-rungsfortschritte bei teilnehmenden Firmen immerhin plausibel. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass die erwähnten Maßnahmen und Angebote keine breite Beteiligung oder Nachfrage erfahren: Equal Salary und das Gleichstel-lungs-Controlling sind zudem nicht sehr verbreitet; so arbeiten 22 (v. a. öf-fentliche) Unternehmen mit dem Gleichstellungs-Controlling und 19 Firmen haben oder hatten ein Zertifikat von Equal Salary.128 Zu dieser zurückhalten-den Beteiligung passt, dass auch das Argument des ökonomischen Nutzens wissenschaftlich unklar bleibt.129

127 Vgl. Interview Baitsch 2010. Abakaba wurde allerdings in den Gleichstellungsabteilungen deutscher Gewerkschaften interessiert aufgenommen und als Inspiration für eigene Ent-wicklungen genutzt, siehe Tondorf 2010, Krell et al. 2001.

128 Gemäß entsprechenden Webseiten, 4. August 2017.

129 So müssten Studien angeführt werden können, dass Lohngleichheit zwischen den Ge-schlechtern die Rentabilität, die Attraktivität oder den Profit eines Unternehmens erhöht.

Eine explorative bibliographische Recherche zeigte jedoch, dass es sehr unterschiedliche empirische Ergebnisse dazu gibt.