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Auf dem Weg zur mehrheitsfähigen Lohnkontrolle?

5 Berufliche Gleichstellungspolitik

5.2 Entstehung und Wandel des Gleichstellungsgesetzes:

5.2.4 Auf dem Weg zur mehrheitsfähigen Lohnkontrolle?

Der Bundesrat hatte zu Beginn des Lohngleichheitsdialogs zugesagt, im Falle wirkungsloser freiwilliger Maßnahmen verbindlichere Regelungen zu prüfen.

2013 beschloss er, die Ressourcen im Eidgenössischen Gleichstellungsbüro so zu erhöhen, dass es mindestens 30 statt der bisherigen drei Kontrollen zur

Lohngleichheit im Beschaffungswesen durchführen kann.97 Im Parlament blieb der politische Druck in Form neuer Vorstöße relativ hoch, etwa für einen flächendeckenden Lohngleichheitsnachweis im öffentlichen Beschaf-fungswesen (14.4307, angenommen), für die Verbesserung der Datenbasis zur Lohngleichheit (14.3388 angenommen, 13.3177 abgelehnt) und zur Er-weiterung der Koordinationskompetenzen des EBG (12.3569, abgelehnt).

Vorschlag innerbetriebliche Lohnkontrollen

Im Oktober 2014 präsentierte der Bundesrat die Ergebnisse einer Studie (Müller et al. 2013), die ausländische Instrumente zur Lohngleichheit und nationale Durchsetzungsinstrumente in anderen Bereichen (Geldwäsche, Preisüberwachung, flankierende Maßnahmen zur Personenfreizügigkeit98) analysiert hatte. Die Studie empfahl eine Pflicht zu innerbetrieblichen Lohn-analysen. Der Bundesrat folgte den detaillierten Empfehlungen zum Teil und gab unter dem Motto „Selbstkontrolle und Selbstverantwortung der Unter-nehmen“ Ende 2015 einen Entwurf in die Vernehmlassung, der Folgendes vorsah (Bundesamt für Justiz 2015):

 Pflicht für Unternehmen, die dem Obligationenrecht99 unterstehen und mehr als 50 Mitarbeitende haben, die Löhne alle vier Jahre zu überprüfen

 Kontrolle der betriebsinternen Analyse durch Dritte (Revisionsstelle, staatlich anerkannte Selbstregulierungs-Organisation oder durch Einbezug einer Arbeitnehmendenvertretung gemäß Mitwirkungsge-setz, SR 822.14)

 Das konkrete Instrument kann frei gewählt werden, muss aber be-hördlich anerkannt sein

97 Bundesrat Alain Berset, Antwort auf Geschäft 13.5606 (Frage Isabelle Moret, Lohngleich-heit im Beschaffungswesen), 9. Dezember 2013, Amtliches Bulletin der Bundesversamm-lung Wintersession 2013, S. 2041.

98 Die Schweiz hatte 1999 mit der EU ein Freizügigkeitsabkommen geschlossen, durch das EU-Bürger*innen das Recht erhalten, unter bestimmten Voraussetzungen in der Schweiz zu wohnen und zu arbeiten (und umgekehrt). Dem damit einhergehenden Druck auf Arbeits- und Lohnbedingungen wird mit sog. flankierenden Maßnahmen begegnet, etwa mit dem Entsendegesetz, wonach entsandte Arbeitnehmer*innen den schweizerischen minimalen Arbeits- und Lohnbedingungen unterstehen, oder mit allgemeinverbindlichen Normalar-beitsverträgen. Die Einhaltung wird von tripartiten Kommissionen (Verwaltung, Gewerk-schaften, Arbeitgerverbände) kontrolliert, etwa auf Baustellen, weniger in Privathaushalten.

Nach Annahme der Masseneinwanderungsinitiative 2014 und den Bemühungen zu ihrer Umsetzung ist noch nicht endgültig klar, ob Verfassungsartikel und Abkommen in Ein-klang zu bringen sind.

99 Das Schweizer Obligationenrecht ist das privatrechtliche Schuldrecht, mit Bestimmungen z.

B. zu Kauf, Tausch, Miete, Arbeitsvertrag, Auftrag, Werkvertrag, Austausch von Vermö-genswerten u. ä.

 Das Ergebnis wird veröffentlicht, zumindest ob die Kontrolle über-haupt und korrekt durchgeführt wurde (wie es mit weiterführenden Informationen aussieht, geht aus dem erläuternden Bericht nicht zweifelsfrei hervor)

 die Belegschaft wird bis ein Jahr nach Eingang des externen Be-richts über das Ergebnis informiert (wobei unklar bleibt, ob Zahlen genannt werden müssen)

 Als Variante wird eine subsidiäre Meldepflicht der Prüforganisatio-nen vorgeschlagen, wenn Unternehmen keine Lohnanalysen durch-geführt haben oder deren Durchführung nicht haben kontrollieren lassen. Die zuständige Behörde trägt solche Unternehmen in eine öf-fentlich zugängliche Liste ein.

Für die vorgeschlagenen Änderungen wird der Verfassungsauftrag angeführt, ebenso wie die Tatsache, dass freiwillige Maßnahmen nicht genügt hätten.

Die Standard-Methode des Bundes zur Analyse sei akzeptiert und wissen-schaftlich anerkannt, der Aufwand überschaubar und zumutbar. Auch wird angeführt, eine höhere Kontrolldichte, also etwa in Firmen mit über 50 Be-schäftigten, habe auch eine höhere Compliance zur Folge. Die Erfahrungen mit Firmen, die mit Logib kontrolliert wurden, haben zudem gezeigt, dass etwa die Hälfte von ihnen im Anschluss Anpassungen bei den Löhnen vorge-nommen hat, vor allem bei Frauenlöhnen. Eine Analysepflicht werde daher positive Konsequenzen haben und Lohndiskriminierung verhindern. Die Befragung von 1300 Unternehmen (Felfe et al. 2015, S. 101–118) habe zu-dem ergeben, dass Logib mehrheitlich als geeignet, wenn auch nicht perfekt, angesehen werde. Besonders geschätzt werde die Einfachheit des Modells.

Die von der Expertise (Müller et al. 2013) vorgeschlagene Durchsetzung der innerbetrieblichen Analyse-, Herausgabe- und Mitwirkungspflichten, Sankti-onen bei Nichteinhalten dieser Pflichten sowie ein Behördenklagerecht, um den Anreiz für einvernehmliche Lösungen zu erhöhen, wurden von der Re-gierung nicht aufgenommen.100

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Im Frühjahr 2016 wurden die Vernehmlassungsergebnisse im Internet publi-ziert.101 Sie zeigen eine klare Spaltung von Kantonen, Parteien und Organisa-tionen anhand der Links-Rechts- bzw. der Arbeit-Kapital-Cleavage: FDP, CVP und SVP sind gegen jede Änderung, während SP, Grüne und GLP sich

100 Die gleiche Haltung bzw. die gleiche Problematik einer Allparteienregierung zeigt sich im Bericht des Bundesrats über das Recht auf Schutz vor Diskriminierung vom Mai 2016: Der Diskriminierungsschutz in der Schweiz ist ausreichend, und stärkere Maßnahmen sind poli-tisch zu umstritten, um notwendig zu sein (Bundesrat 2016, 16f.).

101 Unterlagen abrufbar unter www.admin.ch/ch/d/gg/pc/ind2015.html; eine Zusammenfassung befindet sich auch in der Botschaft des Bundesrats vom 5. Juli 2017 (Vorlage 17.047).

dafür aussprechen und diverse Vorschläge für verbindlichere Regelungen unterbreiten. Während sich die FDP-Frauen gegen die Änderung ausspre-chen, spricht sich die Organisation der CVP-Frauen für den Vorschlag des Bundesrats aus. Je nach Stärke der bürgerlichen Parteien in den Kantonsre-gierungen sind diese entweder strikt dagegen oder moderat dafür. Dabei fällt auf, dass die französischsprachigen Kantone sich durchgehend für die Ände-rung aussprechen; der Kanton Basel-Stadt macht detaillierte Vorschläge zur Erhöhung der Verbindlichkeit direkt im Gesetzestext, wobei er die Stellung-nahme der Schweizerischen Konferenz der Gleichstellungsbeauftragten über-nimmt. Alle Arbeitgeberverbände und die wenigen Unternehmen, die sich beteiligt haben, lehnen die Änderung rundheraus ab, alle Arbeitnehmerver-bände und Gewerkschaften sowie die FrauenverArbeitnehmerver-bände befürworten sie bzw.

fordern teilweise weitergehende Verschärfungen.102

Die Unternehmensverbände argumentieren, es werde ein zusätzlicher bü-rokratischer Aufwand ohne wirklichen Nutzen generiert, da die Methoden schlecht seien. Die Wirtschaft habe durch die politische Lage (Annahme der Masseneinwanderungsinitiative und Aufhebung des Mindest-Eurokurses) Probleme ganz anderen Kalibers. Der verbliebene Standortvorteil, die Flexi-bilität des Arbeitsmarktes, sei in Gefahr ebenso wie die Vertragsfreiheit und das Betriebsgeheimnis. Bei den geschlechtsspezifischen Lohnunterschieden handle es sich nicht um Diskriminierung und nicht um Marktversagen, daher seien staatliche Eingriffe unangebracht. Leider würden auch das große Enga-gement vieler Unternehmen und die „Aufholjagd der Löhne von Frauen in der Schweiz“ wenig gewürdigt (Stellungnahme des Schweizerischen Arbeit-geberverbands, S. 3). Stark ist auch die Ablehnung einer Veröffentlichung säumiger Unternehmen („Internet-Pranger“).

Von der Pro-Seite wird vor allem die Melde- und Veröffentlichungs-pflicht unterstützt und weitergehende Sanktionen, Kontrollen und Veröffent-lichungspflichten gefordert. Da mit der bisherigen Logib-Methode nur sinn-voll Unternehmen ab etwa 50 Beschäftigten untersucht werden können (und damit nur 2% der Unternehmen und etwas weniger als die Hälfte aller Be-schäftigten erfasst sind), wird vorgeschlagen, das GlG so zu ändern, dass auch Firmen mit weniger Mitarbeitenden erfasst werden, wenn entsprechende Instrumente wie „Argib“ für Unternehmen unter 50 Mitarbeitenden bereitste-hen. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund fordert weitergehend eine nati-onale Kontroll-Behörde mit Durchsetzungskompetenzen sowie den zwingen-den Einbezug der Sozialpartner in einer Tripartiten Kommission auf Bundes-ebene und bei den Kontrollen auf der BetriebsBundes-ebene, wie sie bei der Umset-zung des Personenfreizügigkeitsabkommens selbstverständlich seien. Der

102 Nur der Schweizerische Landfrauen- und Bäuerinnenverband spricht sich für eine Entschär-fung der Vorlage aus, indem er eine Analysepflicht erst ab 250 Beschäftigten vorschlägt und zudem eine Befristung des Gesetzes fordert.

Verzicht auf jegliche Sanktionen sei juristisch widersinnig (Stellungnahme des SGB, v. a. S. 2).

Das Schreiben der Business Professional Women (BPW), einem internati-onalen Netzwerk berufstätiger Frauen v. a. in Führungspositionen, weicht von der Textsorte der Vernehmlassungsantwort ab: hier wird die Ideologie der Contra-Argumente mit Verve kritisiert. Zunächst stellen die BPW fest, dass es sich bei der Lohngleichheit zwischen Frau und Mann um ein Verfas-sungsrecht handelt, welches den Staat verpflichtet, die Lohngleichheit aktiv voranzutreiben. Insofern haben Frauen verfassungsrechtliche Ansprüche und insoweit sei auch die Privatautonomie der Arbeitgeber eingeschränkt. Lohn-diskriminierung habe vielfältige negative Folgen, u. a. geringere Rentenan-sprüche und (mittelbar) ein geringeres Ausmaß der weiblichen Erwerbstätig-keit. Dabei seien sie gut ausgebildet und motiviert wie noch nie, allerdings würden billigere ausländische Fachkräfte bevorzugt. Bei den Frauenlöhnen habe der Markt bisher also versagt, was sich auch an der „gläsernen Decke“

und dem gescheiterten Lohngleichheitsdialog zeige. Ein funktionierender Markt setze Transparenz voraus, also sei es frau ohne Lohntransparenz gar nicht möglich, den eigenen Lohn auf Diskriminierung zu prüfen. Die zur Diskussion stehende Änderung sei zahnlos, zudem verletze die Beschränkung auf Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden die Rechtsgleichheit – jene 56% der Beschäftigten in kleineren Firmen hätten keine Handhabe. Die Änderungen enthielten keinerlei Handlungspflichten – wie könne man glauben, dass ohne Kontrolle und Sanktionen die Unternehmen plötzlich das täten, was im Ge-setz steht? Der Aufwand für eine Lohnanalyse sei vertretbar. Niemand käme auf die Idee, Schwarzarbeitskontrollen oder Revisionen abzulehnen, weil der Aufwand so groß sei. Die BPW sehen im Vorschlag des Bundesrates keinen Unterschied zum Anreizsystem des Lohngleichheitsdialogs. Die Verantwor-tung, gegen Lohndiskriminierung vorzugehen, liege weiterhin bei der einzel-nen Arbeitnehmerin. Die Kritik einiger Unternehmensverbände an der Vorla-ge sei reine Obstruktion, wobei zweifelhaft sei, dass sie die Meinung ihrer Mitglieder verträten (mit Blick auf die Unternehmensbefragung, s. o.). Das Wording sei schwer erträglich: der Einsatz für ein verfassungsmäßiges Recht via Lohnkontrolle heiße nun Lohnpolizei. Dabei sei zu bedenken, dass sich schon viele Argumente gegen rechtliche Neuerungen, sei es das Eherecht oder das Frauenwahlrecht, im Nachhinein als haltlos entpuppt hätten. Die Organisation kommt zum Schluss: „Frauenrechte sind offenbar nach wie vor relativ und verhandelbar.“ (Stellungnahme BPW, S. 7)

Sind unerklärte Lohnunterschiede tatsächlich Diskriminierung?

Während der Bundesrat zu seinem Wort stehen musste, nach dem Scheitern des Lohngleichheitsdialogs und somit der Freiwilligkeit der Unternehmen nun verbindliche Maßnahmen zu suchen, kam eine neue Debatte auf (vgl.

auch weiter unten die Analyse des Presse-Echos): Sind Lohnunterschiede nicht doch zu einem weit größeren Teil erklärbar und gerechtfertigt, die Me-thoden schlecht und eine Revision des GlG daher schädlich? Hierzu erschie-nen 2015 auch drei Studien von liberaler Seite.103 Sie flankierten ein national-rätliches Postulat des Freisinnigen Ruedi Noser (14.3388). Es verlangte eine Überprüfung der Analyseinstrumente zur Lohndiskriminierung (Logib) und der Messung der Lohnunterschiede durch Auswertungen der Lohnstrukturer-hebung des Bundesamts für Statistik. Wie gut ist deren Aussagekraft, wissen-schaftliche Validität und Reliabilität, inwieweit ist es geboten weitere Erklä-rungsfaktoren für Lohnunterschiede bzw. andere Messmethoden zu integrie-ren? Die Studie des Instituts für empirische Wirtschaftsforschung der Univer-sität St. Gallen und des Büros Infras (Felfe et al. 2015). stellten fest, dass die verwendete Regressionsmethode, die auf der Oaxaca-Blinder-Dekomposition beruht, wissenschaftlich anerkannt ist und dass die im Analysemodell des Bundes verwendeten Erklärungsfaktoren wie Ausbildung, Dienstalter, poten-zielle Berufserfahrung, berufliche Stellung und Anforderungsniveau aner-kannt und geeignet sind, Diskriminierung festzustellen. Die bestehende Me-thode und die einbezogenen Faktoren sollten beibehalten werden. Die im Postulat genannten zusätzlichen Faktoren wie tatsächliche Berufserfahrung, Weiterbildungen oder Sprachkenntnisse seien hingegen nicht geeignet, ins Standard-Analysemodell aufgenommen zu werden, weil ihre Erhebung im Verhältnis zum Nutzen zu aufwändig ist und ihre konkrete Operationalisie-rung erhebliches DiskriminieOperationalisie-rungspotenzial bietet. Die Faktoren tatsächliche Berufserfahrung/ Beschäftigungsgrad, Arbeitszeitmodell (z. B. Schichtarbeit) und psychische wie physische Belastungsfaktoren haben allerdings ein po-tenziell hohes Erklärungspotenzial104 für Lohnunterschiede. Die Studie emp-fiehlt, dies in empirischen Analysen zu überprüfen; das EBG hat eine Studie zum Diskriminierungspotenzial aus juristischer Sicht in Auftrag gegeben. Die diskutierte Integration von psychischen und physischen Anforderungen an einem Arbeitsplatz könnte die Frage der diskriminierungsfreien analytischen Arbeitsplatzbewertung wieder in die Diskussion einführen, wie sie mit dem Instrument ABAKABA in den 1990er Jahren schon einmal geführt wurde.105 Ob dies geschehen wird, muss noch offen bleiben. Mit der analytischen Ar-beitsbewertung verbunden ist ein Konzept vom Wert der Arbeit in Form von Ausbildungsaufwand und Erfahrung, die eine Person haben muss. Hingegen bestimmt sich der Marktwert einer Arbeit auf Grund des Verhältnisses von Angebot und Nachfrage (allerdings ist der Arbeitsmarkt nicht wirklich

trans-103 Vgl. Fokus: Gründe für die Lohnungleichheit zwischen den Geschlechtern und das Prüfinstrument Logib.

104 Dieses statistische Erklärungspotenzial ist nicht gleichbedeutend mit Rechtfertigungspoten-zial. Auch muss geklärt werden, inwieweit die Unterschiede rechtlich zulässig sind.

105 Gutachten mit analytischen Arbeitsplatzbewertungen spielten in vielen Gerichtsfällen zur Lohngleichheit eine entscheidende Rolle, weil sie bei „typisch weiblichen“ Berufen und Tätigkeiten regelmäßig eine Unterbewertung feststellten.

parent und kann selbst diskriminieren) – in der Tradition des Marktwerts liegen auch die Argumentationen, die z. B. die Branche oder die Wahl des Studienfachs als Erklärung bzw. Rechtfertigung für Lohnunterschiede anfüh-ren (vgl. zum Marktlohn Geiser 2016, S. 164–165).

Botschaft des Bundesrats: Pflichten ohne Sanktionen

Im Juli 2017 stellte der Bundesrat seine Botschaft zur Revision des GlG zu-handen des Parlaments vor: Öffentliche und private Arbeitgeber und Arbeit-geberinnen mit mehr als 50 Beschäftigten müssen alle vier Jahre eine Lohn-analyse durchführen und durch eine unabhängige Stelle überprüfen lassen.

Die Beschäftigten sowie die Aktionärinnen und Aktionäre börsendotierter Unternehmen sind über die Ergebnisse zu informieren. Die Analysen können ein Revisionsunternehmen, anerkannte Lohngleichheitsexpert*innen oder eine Arbeitnehmenden-Vertretung durchführen. Neben Logib als Standard-modell des Bundes sind auch andere wissenschaftliche und rechtskonforme Überprüfungsmethoden möglich, die dann von anerkannten Expert*innen angewendet werden müssen. Nach der Vernehmlassung hat der Bundesrat die Methoden geöffnet, und alle staatlichen (Kontroll-)Aufgaben und Sanktionen wie eine Meldepflicht/Veröffentlichung säumiger Unternehmen gestrichen.

Zusammenfassend lässt sich feststellen: Eine übergreifende Koalition für verbindlichere gesetzliche Maßnahmen ist nicht in Sicht. Betrachtet man die verschiedenen Phasen der Debatte seit Anfang der 1990er Jahre, so haben sich die Grundüberzeugungen der beteiligten Akteur*innen nicht gewandelt:

was zu Beginn des Gesetzgebungsprozesses umstritten war ist es auch heute.

Gewandelt haben sich vor allem die Argumente gegen die Umsetzungsver-antwortung des Staates; sprach nach der Evaluation 2005 das Potenzial von Sensibilisierung und Freiwilligkeit gegen ein verbindlicheres Gesetz, so ist es heute der Regulierungsaufwand in einer schwierigen internationalen Wettbe-werbssituation. Argumente, warum es in einem Bereich staatliche Kontrollen der Arbeitsbedingungen braucht und im anderen nicht, werden nicht ange-führt. Zweifellos ist der neueste Entwurf ein Versuch, doch noch eine Revisi-on erfolgreich abzuschließen. Nutzen wird es wenig, zieht man etwa die Ergebnisse internationaler Lohngleichheitsforschung heran:

Policy mechanisms to promote equal pay without strong enforcement and means to moni-tor progress are unlikely to be successful. The state needs to provide both resources for inspection (with appropriate penalties) and facilitate access of trade unions and individuals to pursue cases of infringement (Marti Whitebread 1551-1558, S. 100).

Nicht nur die Mittel, sondern auch das Ziel, nämlich Lohngleichheit zwi-schen Frau und Mann bzw. sein Stellenwert sind offenbar umstritten.