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Kapitel 5: Planungsgrundlagen

8.1 Grundlagen

In den 1970er-Jahren wurde im Kanton Bern erstmals eine Psychiatrieplanung erarbeitet. Sie stand im Kontext der nationalen und internationalen Bemühungen um die Reform der Psychiatrie. Diese Reform strebte an, die damals noch dominierende «Verwahrpsychiatrie» in eine bedarfsgerechte und patientenzentrierte Versor-gung umzuwandeln sowie diese normalisiert, gemein-denahe und koordiniert zu organisieren. 1977 wurden vom Grossen Rat als Abschluss des Planungsvorha-bens zehn Grundsätze für die psychiatrische Versor-gung genehmigt. Diese Grundsätze stellen in der Ge-schichte der Bernischen Psychiatrieversorgung einen historischen Meilenstein dar und bildeten die Basis des schrittweisen Aufbaus von «Psychiatriestützpunkten» an den Regionalspitälern sowie der konzeptionellen Er-neuerung der Versorgung durch die Kliniken. Auf eine Konkretisierung oder Operationalisierung der Grundsät-ze wurde verzichtet und die Entwicklung in erster Linie der Initiative der Akteure überlassen. Ein konzeptionel-ler Referenzrahmen für die Entwicklung fehlte deshalb weitgehend.

In den 1990er-Jahren führte ein grossangelegtes Pla-nungsprojekt mit der Schaffung der Universitären Psychiatrischen Dienste Bern (UPD) zur Umstrukturie-rung des «Zentrums» (Raum Bern, universitäre Dien-ste), ohne jedoch Einfluss auf die Gesamtversorgung zu haben. Mit dem Spitalversorgungsgesetz erhielt der Planungsauftrag einen neuen Rahmen und mit der Ver-sorgungsplanung 2007–2010 wurde erstmals ein um-fassendes Planungsdokument erarbeitet. Wichtige Fra-gen, wie die regionale Organisation der Psychiatriever-sorgung sowie das Verhältnis des stationären zum am-bulanten Bereich, blieben jedoch offen. Da es die ver-fügbaren Planungsgrundlagen nicht zuliessen, diese Fragen zu entscheiden, führte die Entwicklung in der Periode 2007–2010 über verschiedene Einzelmass-nahmen sowie die Erweiterung und Vertiefung der Pla-nungsbasis.

8.1.2 Planungsprojekt im Rahmen der WePBE Im Rahmen des Projektes «Weiterentwicklung Psychia-trieversorgung Kanton Bern» (WePBE) wurden in der Folge Grundlagen zu wesentlichen planerischen Aspek-ten erarbeitet. Diese Grundlagen, welche in der Folge aufgelistet sind, führten nicht nur zu einer klareren Pro-blemsicht, sondern ermöglichen nun auch, wichtige Planungsfragen zu beantworten (siehe auch Anhang E):

• Expertenbericht «Künftige Organisation und regio-nale Gliederung der Psychiatrieversorgung im Kan-ton Bern» von Dr. Theodor Cahn,

• detaillierte Analyse der stationären Leistungen und Planung des künftigen Leistungsbedarfes von Prof.

Ulrich Frick,

• Berichte zur Alterspsychiatrie (Prof. Urs Mosimann) und zur Kinder- und Jugendpsychiatrie (Prof. Wil-helm Felder),

• Konzept der Psychiatrischen Dienste Thun für die Regionale Alterspsychiatrie,

• «Evaluation der ambulanten und teilstationären Psychiatrieversorgung des Kantons Bern unter be-sonderer Berücksichtigung der Pilotprojekte» inklu-sive Befragungen von niedergelassenen Psychiate-rinnen und Psychiatern sowie von Hausärztinnen und Hausärzten (Evaluationsteam WePBE),

• mit den verschiedenen Versorgungspartnern, den hausärztlichen und psychiatrischen Praxen, Wohn-heimen, Spitex, Alterseinrichtungen, Betroffenen- und Angehörigenorganisationen und weiteren durch-geführte 30 Hearings mit insgesamt circa 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

Die vertiefte Sichtweise förderte jedoch auch weitere Planungslücken zu Tage, welche im Rahmen des Pro-jektes nicht geschlossen werden konnten. Diese betref-fen den Bereich der Rehabilitation, zu welchem auch die psychosoziale Dauerbetreuung gehört (Wohnheime, Werkstätten usw.), die Psychosomatik sowie den Be-reich der Substanzabhängigkeit. Der letztere wird im Rahmen des Projektes «Kantonale Suchthilfestrategie»

bearbeitet und zum Zeitpunkt der Redaktion dieses Berichtes lagen noch keine konsolidierten Ergebnisse vor.

8.1.3 Planungsperimeter

Der Planungsperimeter gemäss KVG beschränkt sich auf die stationäre Versorgung. Dieser Perimeter ist ins-besondere für die Psychiatrieversorgung zu eng gefasst und weitere Leistungsbereiche müssen mitberücksich-tigt werden. Im Leitfaden zur Psychiatrieplanung der GDK (siehe 8.1.4) wird in diesem Zusammenhang aus-geführt, «dass im Gegensatz zur Planung der stationä-ren, akutsomatischen Versorgung in der Psychiatriepla-nung die ambulante Leistungserbringung in ihrer facet-tenreichen Ausprägung intensiv mitbearbeitet werden muss».1

In der Psychiatrie geht es zu einem beträchtlichen Teil um Menschen mit chronischer Krankheit und Behinde-rung sowie wechselndem Verlauf und entsprechend vielfältigen Behandlungserfordernissen. Entsprechend vielfältig sind die benötigten und genutzten Hilfsangebo-te innerhalb und ausserhalb der Psychiatrieversorgung im engeren Sinne. Die Planung hat deshalb das System der gesamten Versorgung im Auge zu behalten, auch diejenigen Leistungsbereiche und Leistungserbringer, welche ausserhalb des Planungsperimeters liegen:

weitere medizinische Angebote (insbesondere die priva-ten Praxen) sowie Angebote im direkpriva-ten Umfeld der

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1 GDK: Leitfaden zur Psychiatrieplanung, S.14.

Psychiatrie (Pflegeheime, Wohnheime, Spitex usw.), welche in beträchtlichem Masse Menschen mit psychi-schen Krankheiten und Behinderungen pflegen, betreu-en und beratbetreu-en.

8.1.4 Versorgungspolitischer Konsens

Mit der Versorgungsplanung 2007–2010 wurden 15 Grundsätze genehmigt, welche die generellen Versor-gungsziele des Spitalversorgungsgesetzes – allgemeine Zugänglichkeit, Bedarfsgerechtigkeit, gute Qualität, Wirtschaftlichkeit – spezifisch für die Psychiatrieversor-gung konkretisieren. Die Grundsätze haben seither im Wesentlichen nichts an Bedeutung eingebüsst und bil-den bil-den richtungsweisenbil-den kantonalen versorgungs-politischen Konsens. Zusammengefasst postulieren die Grundsätze:

Psychiatriegrundsätze

• Patientenorientierung

• Gleichbehandlung von körperlich und psychisch kranken Menschen

• komplementäres Verhältnis der institutionellen Psychiatrieversorgung zu weiteren Angeboten für psychisch kranke Menschen

• Regionalisierung der Versorgung mit Übertragung der Verantwortung für die Grundversorgung an eine Trägerschaft

• Vorhaltung überregionaler, spezialisierter Ange-bote

• Gemeindenähe der Versorgung, d.h. unter ande-rem angemessene geografische Erreichbarkeit und niederschwelliger Zugang, Behandlungs- und Betreuungskontinuität sowie Vernetzung der An-gebote der institutionellen Psychiatrie

• Weiterentwicklung des Versorgungssystems so-wie Überprüfung der Einhaltung der Grundsätze 2008 verabschiedete die Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) den «Leitfaden zur Psychiatrieplanung». Der Leitfaden «soll den kantonalen Gesundheitsdirektionen dazu dienen, die gesetzlich mandatierten planerischen Aufgaben im Kontext von Herausforderungen anzuge-hen, wie sie sich für eine bedarfsgerechte psychiatri-sche Versorgung stellen».2 Neben methodischen Emp-fehlungen enthält der Leitfaden inhaltlich-strategische Aussagen, welche als nationaler psychiatriepolitischer Konsens gelten können: Es soll eine konsequente Ver-lagerung der Versorgung in den ambulanten und tages-klinischen Bereich angestrebt werden (mit einer ent-sprechenden Ressourcenverlagerung): «Mittel- und langfristig scheint eine Reduktion des Bettenangebots in der Erwachsenenpsychiatrie möglich. (…) Dabei wird eine sorgfältige Strukturierung des teilstationären und ambulanten Bereichs vorausgesetzt. Zukünftig sollten mehr als die Hälfte der für die psychiatrische Versor-gung eingesetzten Mittel für Leistungen in ambulanten

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2 Dito, S.11.

und teilstationären Strukturen (Prävention eingeschlos-sen) verwendet werden.»3 An diesen strategischen Aussagen mit langfristigem Realisierungshorizont orien-tiert sich auch die vorliegende Planung.

Auf internationaler Ebene bildet die «Europäische Erklä-rung zur psychischen Gesundheit» den versorgungspo-litischen Konsens4, welcher in einem «Aktionsplan»5 konkretisiert wird.

Aktionsplan der WHO

• Gute Primärversorgung für psychische Gesund-heitsprobleme sichern: «Hausärzte und Primär-versorgungsdienste müssen die Kapazitäten und die Kompetenz zum Aufspüren und Behandeln von Menschen mit allgemeinen psychischen Stö-rungen in der Gemeinde entwickeln und bei Be-darf als Teil eines Verbundes aus spezialisierten psychosozialen Diensten unterstützt werden.»

• Menschen mit schweren psychischen Gesund-heitsproblemen durch gemeindenahe Dienste wirksam versorgen: «dazu gehören spezialisierte gemeindenahe Dienste (…), die täglich rund um die Uhr geöffnet sind, über einen multidiszi-plinären Mitarbeiterstab verfügen und Menschen mit schweren Störungen (…) versorgen, (…) Kri-senversorgung am Wohnort und am Arbeitsplatz der Menschen anbieten und dadurch eine Ver-schlechterung oder Krankenhauseinweisung wo möglich verhüten und nur wirklich bedürftige Menschen einweisen.»

• Partnerschaften über Sektoren hinweg errichten:

«Kooperative Netzwerke aus Diensten schaffen, die für die Lebensqualität von Betroffenen und Betreuenden von entscheidender Bedeutung sind».

8.1.5 Richtwerte für die Versorgung

Im Zusammenhang mit der quantitativen Beurteilung von Versorgungsstrukturen ist oft von «Bettenkennzif-fern», «Bettenschlüsseln» oder Richtwerten die Rede.6 Es handelt sich um Verhältniszahlen von Kapazitäten (Betten, Plätze) zur Wohnbevölkerung eines Versor-gungsgebietes. Zur Orientierung sind diese Werte uner-lässlich, als verbindliche Messgrössen taugen sie je-doch kaum. Häufig ist unklar, was die Werte genau enthalten und in welchem praktischen Kontext sie ste-hen. Zudem lässt sich aus den Kennziffern keine Aus-sage über die Qualität der Versorgung machen. Tiefe Kennziffern (z.B. verhältnismässig wenige stationäre Behandlungsplätze) können, verbunden mit einer aus-gebauten ambulanten und teilstationären Versorgung, Ausdruck einer zeitgemässen und wirksamen

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3 Dito, S.3.

4 2005 von der WHO-Ministerkonferenz Europa verabschiedet.

5 WHO: Psychische Gesundheit: Herausforderungen anneh-men, Lösungen schaffen, S. 22ff.

6 Siehe auch Versorgungsplanung 2007–2010, S.156ff.

trieversorgung sein, gleichzeitig jedoch auch auf eine allgemeine Unterversorgung hinweisen.

Nach Einschätzung der WHO liegt der heute als optimal erachtete Wert stationärer Behandlungsplätze zwischen 0.5 und 1.0 pro 1’000 Einwohner.7

Das Erreichen von Richtwerten stellt kein isoliertes Ziel dar, sondern soll Folge einer besser entwickelten und integrierten Versorgung sein. Im Bericht werden Richt-werte sowohl zur Einschätzung der heutigen Situation als auch hinsichtlich der künftigen Entwicklung verwen-det.

8.1.6 Versorgungsplanung 2007–2010:

Umsetzung der Massnahmen

In der Versorgungsplanung 2007–2010 wurden hinsicht-lich der Psychiatrieversorgung neun Massnahmen defi-niert, die in den vergangenen Jahren umgesetzt oder deren Umsetzung begonnen wurde.

Massnahme 1: Eine qualitativ gute psychiatrische Grundversorgung in allen Regionen sicherstellen und durch die erforderlichen überregionalen Angebote er-gänzen

Die Massnahme wurde durch den Abschluss von Lei-stungsverträgen und -vereinbarungen mit den psychia-trischen Leistungserbringern gemäss dem planerischen Leistungsrahmen umgesetzt.

Massnahme 2 und 3: Pilotprojekte Biel und Oberaar-gau

Die beiden Massnahmen konnten vollumfänglich umge-setzt werden. Zu Beginn 2009 wurden als letzte der neuen gemeindenahen Akutversorgungsangebote in Biel und in Langenthal Akuttageskliniken eröffnet. Be-reits vorher waren Notfall-Triagedienste sowie Mobile Kriseninterventionsequipen (MOKI) aufgebaut und in Betrieb genommen worden. Alle neuen Angebote wur-den soweit möglich evaluiert und die Ergebnisse im entsprechenden Bericht dokumentiert.8

Die Ausgangslage in Biel war geprägt durch ein ver-gleichsweise knappes öffentliches Angebot, durch per-manente Überlastung und Überbelegungen, lange War-tezeiten für ambulante und Wartelisten für teilstationäre Behandlungen. Die Situation konnte durch die neuen Angebotselemente deutlich verbessert werden. Die Evaluation der klinischen Wirkung zeigt zwar erste posi-tive Ergebnisse, die inhaltliche und strukturelle Konsoli-dierung der neuen Angebote in Biel konnte jedoch in der kurzen Zeit noch nicht abgeschlossen werden.

Etwas anders präsentiert sich die Situation im Oberaar-gau. Diese Region gilt sowohl im kantonalen als auch

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7 Becker et al.: Versorgungsmodell in Psychiatrie und Psycho-therapie, S.50.

8 Amsler et al: Schlussbericht zur Evaluation der institutionellen ambulanten und teilstationären Psychiatrieversorgung des Kantons Bern unter besonderer Berücksichtigung der Pilotpro-jekte – Angebote, Lücken und Mängel.

im nationalen Kontext als Beispiel für eine sozial-psychiatrische Psychiatrieversorgung in peripheren Gebieten. Die neuen Angebote konnten in ein bereits gut entwickeltes regionales Versorgungssystem ein-gebaut werden. Sowohl die Teilnehmerinnen und Teil-nehmer der Hearings als auch Patientinnen und Patien-ten sowie Angehörige, mit welchen Interviews geführt wurden, äusserten sich sehr positiv zu den neuen An-geboten, insbesondere zur Mobilen Krisenintervention (MOKI). Diese Äusserungen, kombiniert mit klinischen Daten, ergeben in ihrer Gesamtheit ein überzeugendes Bild.

Massnahme 4: Erweiterung der ambulanten Kapazitä-ten in den regionalen Zweigstellen der Kinder- und Ju-gendpsychiatrie

Zwischen 2007 und 2009 konnten die Versorgungseng-pässe in den regionalen Zweigstellen (Polikliniken) der Kinder- und Jugendpsychiatrie mit einem Kapazitäts-ausbau um circa 25% (6 zusätzliche ärztliche und psy-chologische Stellen) insgesamt etwas reduziert werden.

Im Einzelnen erlitt der Ausbau, welcher aus praktischen Gründen innerhalb der heutigen Strukturen (Büroge-meinschaft mit der Erziehungsberatung) erfolgt, unter anderem aufgrund der fehlenden raschen Disponibilität von Räumlichkeiten, eine zeitliche Verzögerung. Der mit der Massnahme eingeleitete Kapazitätsausbau soll auch in der Periode 2011–2014 weitergeführt werden.

Massnahme 5: Kinderpsychiatrische Tagesklinik in Biel Die Massnahme wurde mit der Eröffnung der Tageskli-nik in Biel (im früheren Wildermeth-Spital) anfangs 2010 realisiert.

Massnahme 6: Forensikstation

Die Massnahme wird mit der Realisierung des entspre-chenden Bauvorhabens im Jahr 2011 und der Inbe-triebnahme von 14 Behandlungsplätzen durch die UPD abgeschlossen. Die formelle Grundlage bildet der Grossratsbeschluss vom 3. April 2008 (0078/2008).

Massnahme 7: Verbesserung der Patientenprozesse und Vernetzung

Die Massnahme wurde mit zwei Vorhaben (teilweise) realisiert: einerseits mit den «Standards für die Patien-tenprozesse in der Psychiatrieversorgung im Kanton Bern», andererseits mit dem Projekt «Optimierte Koope-ration» (OpKo).

Die «Standards» wurden bis 2009 von der Forschungs-stelle Pflege und Pädagogik der UPD entwickelt und breit konsolidiert. Sie beschreiben Prozesse, welche dazu beitragen, dass beliebige Einwohnerinnen und Einwohner des Kantons Bern bei einem erhöhten Risiko im Bereich der psychischen Gesundheit oder bei einer aktuellen Störung eine adäquate und gute psychiatri-sche Versorgung erhalten. Bei der Bearbeitung des Auftrags wurde davon ausgegangen, dass Behandlung und Pflege von Menschen mit einer psychischen Krank-heit mehrKrank-heitlich ausserhalb der Kliniken erfolgen, dass die psychiatrische Versorgung auch Prävention, Ge-sundheitsförderung sowie Nachsorge umfasst und dass Koordination, Integration und Vernetzung der

verschie-denen Angebote heute zentrale Themen in der Psychia-trieversorgung sind. Die «Standards» werden seit 2010 schrittweise umgesetzt. Für die institutionelle Psychia-trie haben sie verbindlichen Charakter, für andere an der Versorgung Beteiligte gelten sie als Empfehlung. Mit der Überweisung der Motion Marti Anliker, Bern (SP-JUSO) – Strategie Psychische Gesundheit im Kanton Bern – durch den Grossen Rat erhielten die «Stan-dards» 2009 explizit politische Bedeutung.

Im Rahmen des Projektes «Optimierte Kooperation»

(OpKo) wurden zwischen dem Psychiatriezentrum Mün-singen und den Psychiatrischen Diensten Thun, Ober-aargau und Emmental gemeinsame Vereinbarungen zur Gestaltung der Zusammenarbeit erarbeitet, umgesetzt und evaluiert. Das primäre Ziel bestand darin, die Zu-sammenarbeit im Sinne einer kontinuierlichen Patien-tenbehandlung zu optimieren, dabei insbesondere die Übergänge zwischen den Institutionen zu klären und dafür zu sorgen, dass diese gut verlaufen. Dazu wurde angestrebt, generell den Informationsfluss zwischen den Institutionen sowie gegenüber den Patientinnen und Patienten und den Angehörigen zu verbessern. Das Projekt konnte erfolgreich realisiert werden und die gewonnenen Erkenntnisse können als Basis für die weitere Entwicklung interinstitutioneller Zusammenarbeit genutzt werden.

Massnahme 8: Interkantonale Zusammenarbeit Die Vorarbeiten im Hinblick auf die angestrebte interju-rassische Psychiatriestruktur konnten aufgrund der Komplexität und der Abhängigkeit von übergeordneten (politischen) Fragestellungen innerhalb der geplanten Termine nicht bis zur Entscheidungsreife geführt wer-den.

Mit der «Luzerner Psychiatrie» wird seit 2008 ein Lei-stungsvertrag für die Versorgung von Patientinnen und Patienten aus dem Oberaargau abgeschlossen, der bis 2011 weitergeführt werden wird. Anschliessend entfällt aufgrund der ab 2012 gemäss teilrevidiertem KVG gel-tenden Spitalwahlfreiheit über die Kantonsgrenzen hin-weg die Notwendigkeit dieses Leistungsvertrages.

Massnahme 9: Regionales Psychiatriebudget

Beispielhaft für die Region Oberland-Ost wurde ein Konzept für die Umsetzung eines Regionalen Psychia-triebudgets entwickelt. Der Grundgedanke des in Deutschland entwickelten und erprobten Modells ist es, dem für die regionale Versorgung verantwortlichen Dienst (gemäss dem Psychiatriegrundsatz zur regionali-sierten Versorgung) die finanzielle Verantwortung für die gesamte regionale Grundversorgung (also auch für die stationäre Versorgung durch Dritte) zu übertragen und damit bessere Rahmenbedingungen für einen bedarfs-gerechteren Mitteleinsatz zu schaffen. Es war allerdings von Anfang an fraglich, ob dieses Modell auf die aus Finanzierungssicht komplexeren Schweizer Verhältnis-se übertragbar Verhältnis-sei. Zwischenzeitlich hat sich die geVerhältnis-setz- gesetz-liche Ausgangslage mit der im Rahmen der Teilrevision des KVG neugeregelten Spitalfinanzierung derart ver-ändert, dass eine integrale Umsetzung des Modells nicht möglich ist. Im Rahmen der Revision des

kantona-len Spitalversorgungsgesetzes soll jedoch die Basis geschaffen werden, dass Teile des Modells realisiert werden können. Die öffentliche Finanzierung für die ambulante und teilstationäre Versorgung soll global und bevölkerungsbezogen erfolgen können.

Planerische Aufträge

Neben der Umsetzung der konkreten Massnahmen mandatierte die Versorgungsplanung 2007–2010 die GEF zudem, eine zweite Versorgungsplanung zu erar-beiten, welche «sich auf eine detaillierte IST-Analyse, vertiefte Bedarfsüberlegungen und die Ergebnisse der realisierten Projekte» stützen solle, sowie Grundlagen für «Entscheidungen zur Strukturfrage, d.h. der künfti-gen Organisation der psychiatrischen Versorgung im Kanton Bern (regionale Gliederung, Organisationsform, Trägerschaft)» zu erarbeiten. Diese Aufträge werden mit der vorliegenden Planung erfüllt.

8.2 Die Psychiatrieversorgung heute