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Evaluation der Leistungserbringer und Spitalliste ab 2012

Kapitel 5: Planungsgrundlagen

5.8 Evaluation der Leistungserbringer und Spitalliste ab 2012

Der Kanton Bern hat gemäss KVG den Bedarf seiner Wohnbevölkerung über die Spitalliste zu sichern. Dabei folgt der Kanton Bern folgenden Grundsätze:

• Die auf der Spitalliste aufgeführten Institutionen gelten als Listenspitäler. Ihre Leistungen werden anteilsmässig von Krankenversicherern und Kanton abgegolten.

• Diejenigen Institutionen, die ausserhalb der Spitalli-ste Verträge mit den Krankenversicherern über die Abgeltung gemäss KVG abschliessen, gelten als Vertragsspitäler, deren Leistungen vollständig von den Krankenversicherern getragen werden. Ange-bote von Vertragsspitälern sind bei der Erstellung der Spitalliste zu berücksichtigen.

• Die Spitalliste muss den wissenschaftlich ermittel-ten Bedarf abdecken, der über die Bedarfsprognose ermittelt wird.

• Auf der Spitalliste sind die Leistungsaufträge mit den jeweils geeigneten Leistungserbringern aufzu-führen.

• Der Kanton muss das in Frage kommende Angebot und die in Frage kommenden Leistungserbringer evaluieren. Dabei gilt es, die KVG-Kriterien der Zu-gänglichkeit, Bedarfsgerechtigkeit, Qualität und Wirtschaftlichkeit sowie die Fähigkeit der Lei-stungserbringer zur Erfüllung des Leistungsauftrags zu beurteilen. Das Ziel dieses Schrittes ist, das An-gebot dem Bedarf sowie einer effizienten und quali-tativ hochstehenden Leistungserbringung anzupas-sen.

• Die Operationalisierung der Kriterien der Zugäng-lichkeit, Bedarfsgerechtigkeit, Qualität und Wirt-schaftlichkeit folgt der Versorgungssicht und nicht den betrieblichen Eigenheiten einzelner Leistungs-erbringer.

• Die Zweisprachigkeit des Kantons wird berücksich-tigt, indem Leistungsaufträge in beiden Amtsspra-chen vergeben werden: In der Akutsomatik und der Psychiatrie müssen die Leistungen der (regionalen) Grundversorgung in den jeweiligen Amtssprachen abgedeckt sein, in der Rehabilitation werden bei al-len sechs Leistungsaufträge beide Amtssprachen abgedeckt.

• Der Kanton teilt den Listenspitälern maximale Lei-stungsmengen bzw. Kapazitäten zu.

Die im Folgenden detailliert aufgeführten Verfahren und Vorgaben bei der Erstellung der Spitalliste gelten für alle Listenspitäler und sind nicht an die Trägerschaft einer Institution gebunden. Dies bedeutet konkret, dass für Privatspitäler und öffentliche Spitäler auf der Spitalliste die gleichen Regeln gelten.

Der Kanton Bern hat die Zulässigkeit spezifischer Steuerungsinstrumente im Rahmen des oben genann-ten Rechtsgutachgenann-tens Rütsche überprüfen lassen. Folgt

man dessen Erkenntnissen, ist das hier vorgestellte Vorgehen KVG-konform.16

Die Vergabe der Leistungsaufträge untersteht nicht dem öffentlichen Beschaffungsrecht.

5.8.1 Systematik der Leistungsaufträge

Zentrales Element der Spitalliste sind die Leistungsauf-träge, nach denen die Liste gegliedert ist. Die Definition der Leistungsaufträge für die verschiedenen Versor-gungsbereiche erfolgt durch die Kantone, wobei grund-sätzlich eine Vereinheitlichung der Einteilung der Lei-stungen für die ganze Schweiz angestrebt wird. Die vom Kanton Bern gewählte Systematik der Leistungsaufträge auf der Spitalliste entspricht der Leistungskategorisie-rung in den jeweiligen Bedarfsprognosen:

• Für die Akutsomatik empfiehlt die GDK die von den Kantonen Bern und Zürich entwickelte Einteilung der Akutspitalleistungen in Leistungsbereiche und -gruppen. Die im Kapitel 6 und Anhang C dargestell-ten 26 eigenständigen Leistungsbereiche und 5 Querschnittbereiche, nach denen die Ist-Analyse und der Bedarf dargestellt werden, bilden die Grundlage der Spitalliste. Darauf aufbauend wird eine feinere Gliederung in 86 Hauptgruppen mit weiteren Untergruppen vorgenommen, die sich an den 130 Leistungsgruppen, die von Zürich erarbei-tet wurden, orientiert. Dabei wurden die Leistungs-gruppen an die Berner Begebenheiten angepasst.

Auch die Leistungen von Geburtshäusern werden in diese Systematik eingegliedert, mit der Leistungs-gruppe GEBH im Leistungsbereich Geburtshilfe.

• In der Rehabilitation werden nach wie vor Lei-stungsaufträge in den sechs bisherigen Rehabilita-tionskategorien vergeben.

• In der Psychiatrie werden neu die drei Leistungska-tegorien der Allgemeinen Psychiatrie (Erwachse-nenpsychiatrie), der Alterspsychiatrie und der Kin-der- und Jugendpsychiatrie sowie die Angebote der Suchtfachkliniken unterschieden.

Zusätzlich müssen verschiedene Querschnittbereiche der medizinischen Versorgung berücksichtigt werden, die sich über verschiedene Versorgungsbereiche erstrecken: Die Pädiatrie und Kinderchirurgie, die Pallia-tive Care, die Geriatrie, die Psychosomatik und die In-tensivmedizin. Die drei ersten dieser Querschnittsberei-che – die Pädiatrie, die Kinderchirurgie und die Palliati-ve Care – gelten in der Spitalliste des Kantons Bern ab 2012 als Spezialversorgung:

• In der Pädiatrie und der Kinderchirurgie wird ein grosser Anteil der Fälle in den allgemeinen Lei-stungsgruppen bzw. Leistungsaufträgen der Grund-versorgung erbracht. Dies soll nach wie vor möglich sein. Die spezifischen Leistungsaufträge in Pädia-trie und in Kinderchirurgie beschränken sich auf spezialisierte Bereiche. Die neue Spitalliste ab 2012 wird definieren, wie die Abgrenzung der

Leistungs-________________________

16 Siehe Fussnote 5.

aufträge in der Pädiatrie und Kinderchirurgie ge-schieht.

• Das System von SwissDRG gilt nicht für Patientin-nen und Patienten, die in einer spezifischen Abtei-lung oder Institution für Palliative Care behandelt werden.17 Um die für die spezialisierte Palliative Ca-re vorgesehenen Tarife abCa-rechnen zu können, müssen diese Angebote einen spezifischen Lei-stungsauftrag ihrer Kantone vorweisen können.

Entsprechend ist in der Leistungsauftragssystema-tik ein Leistungsauftrag für palliative Abteilungen an Akutspitälern und auf Palliative Care spezialisierte Institutionen vorzusehen. Dies bedeutet nicht, dass andere Leistungserbringer nicht Palliative Care-Leistungen erbringen dürfen oder sollen. Palliative Behandlungskonzepte sind vielmehr als Bestandteil jeglicher bedarfsorientierten Versorgung anzuse-hen. Ohne spezifischen Leistungsauftrag werden palliative Behandlungen jedoch innerhalb der nor-malen, DRG-bezogenen Abgeltung und Leistungs-gruppe eingeordnet.

Für die Querschnittbereiche der Geriatrie, Psychosoma-tik und Intensivmedizin werden keine eigenen stungsaufträge formuliert. Sie sind in mehreren Lei-stungsaufträgen präsent und werden zum Teil über die Qualitätskriterien, die als Voraussetzung für den Erhalt von Leistungsaufträgen formuliert sind, abgedeckt.

Nicht gesondert auf der kantonalen Spitalliste aufgeführt werden diejenigen Bereiche der hoch spezialisierter Medizin, die durch die Interkantonale Vereinbarung über die hoch spezialisierte Medizin IVHSM geregelt werden.

Bei diesen Leistungen handelt sich um nationale Lei-stungsaufträge, die über dem kantonalen Recht stehen.

Nicht aufgeführt auf der Spitalliste werden die Post-Akut-Pflege und die Akut- und Übergangspflege, denn diese bilden keine Leistungskategorien der Spitalver-sorgung: Die Post-Akut-Pflege (PAP) ist als Organisati-ons- und Behandlungskonzept für Patientinnen und Patienten in allen Leistungsgruppen der Akutsomatik anwendbar und ihre Finanzierung liegt innerhalb der DRG-basierten Tarife, Die Akut- und Übergangspflege gemäss KVG ist im Kanton Bern ausserhalb der statio-nären Spitalversorgung vorgesehen (v.a. Spitex).

Im Anhang C ist die Systematik der Leistungsgruppie-rung dargestellt.

Die Definition der Leistungsaufträge beinhaltet für jeden Leistungsauftrag spezifische Qualitätskriterien – wo immer eine derartige Festlegung möglich ist. Diese Kriterien sollen sicherstellen, dass die Leistungserbrin-ger qualitativ gute Leistungen erbringen, und müssen erfüllt sein, damit einem Leistungserbringer der Auftrag erteilt wird. Überdies können Leistungsaufträge mit Auflagen belegt oder eingeschränkt werden oder sie können nur befristet vergeben werden. Wenn die

Vor-________________________

17 Dieser Versorgungsbereich wird 2012 eine eigene, schweiz-weit einheitliche Tarifstruktur erhalten, deren Ausgestaltung ist jedoch noch offen.

aussetzungen des Leistungsauftrags nicht (mehr) erfüllt sind, können Leistungsaufträge entzogen werden.

Gewisse Leistungsaufträge werden nur als Paket ver-geben. Das bedeutet, dass einem Leistungserbringer ein gewisser Leistungsbereich nur zugeteilt wird, wenn er sich gleichzeitig auch zu Leistungen eines anderen Leistungsbereichs verpflichtet und die dazu gehörenden Voraussetzungen erfüllt. Damit soll einerseits eine übermässige Spezialisierung und andererseits ein Rosi-nenpicken, das heisst eine zu starke Konzentration auf lukrative Leistungsaufträge verhindert werden.

5.8.2 Evaluation der Leistungserbringer

Die für die Spitalliste in Frage kommenden innerkanto-nalen und ausserkantoinnerkanto-nalen Leistungserbinger müssen einer Evaluation unterzogen werden. Dabei gilt es, die Grundsätze der Bedarfsgerechtigkeit, Zugänglichkeit, Qualität und Wirtschaftlichkeit in der Evaluation anzu-wenden. Ein Teil der Kriterien sowie die Grundvoraus-setzungen für den Erhalt von Leistungsaufträgen wer-den für wer-den Leistungserbringer insgesamt geprüft; bei einer Reihe von Kriterien erfolgt die Beurteilung für je-den Leistungsauftrag gesondert.

Der konkrete Ablauf sowie einzelne Elemente des Aus-wahlverfahrens der Leistungserbringer sind in Abbildung 5.3 dargestellt. Dabei gliedert sich das Vorgehen in insgesamt fünf Schritte.

Abbildung 5.3: Vorgehen bei der Evaluation und Auswahl der Leistungserbringer für die Spitalliste

Identifikation der versorgungsnotwendigen Lei-stungserbringer

Der erste Schritt besteht darin, die Leistungserbringer zu identifizieren, welche evaluiert werden müssen. Um als Leistungserbringer für die Spitalliste in Frage zu kommen und entsprechend einer Evaluation unterzogen zu werden, müssen die Leistungen eines Anbieters für die Bevölkerung des Kantons Bern versorgungsnotwen-dig bzw. versorgungsrelevant sein. Die Versorgungs-notwendigkeit wird in einem dreistufigen Verfahren er-mittelt:

1. Wenn der Leistungserbringer über ein bedarfsge-rechtes Angebot verfügt, welches von keinem ande-ren Leistungserbringer abgedeckt wird, ist er ver-sorgungsrelevant. Wenn es mehrere Anbieter für den entsprechenden Leistungsauftrag gibt, folgt Punkt zwei. In einzelnen Versorgungsbereichen gilt dieser Grundsatz regional: So kann eine Institution für eine einzelne Spitalregion als versorgungsnot-wendig gelten, auch wenn dieser Sachverhalt auf der kantonalen Ebene nicht gegeben ist. Dies hängt mit der Sicherstellung der Zugänglichkeit für be-stimmte Leistungsbereiche zusammen.

2. Bei Leistungsaufträgen mit mehreren Anbietern gilt zweitens: Wenn der Leistungserbringer im Refe-renzjahr mindestens 10 Berner Fälle und minde-stens 3% aller Fälle der Berner Wohnbevölkerung in der jeweiligen Leistungsgruppe behandelt hat, ist er versorgungsrelevant. Institutionen mit weniger als 10 Fällen und einem Versorgungsanteil von un-ter 3% gelten als nicht versorgungsrelevant.18 3. Bei einem Leistungserbringer mit Standort Bern, der

aus Berner Perspektive und gemäss den ersten zwei Punkten nicht versorgungsnotwendig ist, wird

________________________

18 Die Grenze von 3% Versorgungsanteil beruht auf mehreren Bundesratsentscheiden zu Spitallistenbeschwerden betref-fend die Versorgungsrelevanz einzelner Leistungserbringer.

Die Grenze von 10 Fällen entspricht der Praxis des Kantons Bern, die bereits in der Spitalliste 2010 angewandt wurde.

drittens abgeklärt, ob ein anderer Kanton diesen als versorgungsnotwendig ansieht. Dazu wurde die obengenannte Umfrage durchgeführt: Die antwor-tenden Kantone haben darin diejenigen Anbieter genannt, die sie für ihren Kanton als versorgungsre-levant erachten. Decken sich die Einschätzungen des Kantons Bern zur Versorgungsnotwendigkeit nicht mit denjenigen anderen Kantonen, werden bi-laterale Lösungen gesucht.

Die Prüfung der Versorgungsnotwendigkeit wird bei den Leistungsaufträgen der Grundversorgung im Bereich der Akutsomatik und der Psychiatrie auf regionaler Ebene angewandt.

Prüfung der Grundvoraussetzungen

Im zweiten Schritt werden für jeden Leistungserbringer geprüft, ob die allgemeinen Voraussetzungen erfüllt werden. Als Voraussetzung für einen Spitallistenplatz sollen gelten:

• die Aufnahme-, Behandlungs-, und Nothilfepflicht;

• die Sicherstellung der Sozialberatung und des Pati-entenmanagements;

• die Sicherstellung der Seelsorge;

• die Anwendung des für Listenspitäler bestimmten Rechnungslegungsmodells;

• die Anwendung des für Listenspitäler bestimmten Kostenrechnungsmodells;

• Vorliegen von Berichten über den Zustand der In-frastruktur;

• Vorliegen von Berichten über die Refinanzierbarkeit der Infrastruktur.

Bedarf der Berner

Wohnbevölkerung Spitalliste

Prüfung von Struktur- und Prozessqualitätskriterien Im dritten Schritt werden die Struktur- und Prozessquali-tätskriterien, die als Voraussetzungen für einen Lei-stungsauftrag definiert sind, geprüft. Konkret werden die nachfolgenden Elemente als Strukturqualitätskriterien mit einbezogen:

• Vorgaben betreffend der Qualifikation der ärztlichen Leitung (FMH Facharzttitel/Schwerpunkt),

• Mindestfallzahlen, wenn diese aus qualitativen oder wirtschaftlichen Gründen sinnvoll sind,

• Infrastrukturbedingungen (z.B. Anforderungen an die Intensivstation),

• Medizinisch-technische Ausstattung (z. B. Röntgen, MRI),

• Vorgaben bezüglich der zeitlichen Verfügbarkeit (z.

B. Anforderungen für Notfallstationen oder perma-nenter pflegerischer Nachtdienst im Haus),

• die angemessene Nutzung von Synergien.

Die Prozessqualitätskriterien betreffen den eigentlichen Behandlungsprozess – vom Spitaleintritt bis zum Spital-austritt – und können auch Vor- und Nachsorgekonzep-te beinhalNachsorgekonzep-ten. Konkret können unNachsorgekonzep-ter anderem die nach-folgenden Elemente als Prozessqualitätskriterien formu-liert werden:

• Koppellungen eines Leistungsauftrags an einen anderen Leistungsauftrag (eine Institution, die X anbietet, muss auch zwingend Y anbieten),

• Vor- und Nachsorgekonzepte,

• Die systematische und prospektive Erfassung von Informationen/Kennzahlen (z. B. Risikofaktoren, Mortalität oder Morbidität) oder die Teilnahme an Studien und Evaluationen, in denen verschiedene Leistungserbringer verglichen werden,

• Das Anwenden wissenschaftlich anerkannter und allgemein gültiger Standards,

• Massnahmen zur Integration der oben genannten Querschnittsbereiche, wie etwa der Palliative Care ohne spezifische Abteilung oder der Geriatrie (z. B.

Durchführung eines geriatrischen Screenings und von Assessments).

Im Abschnitt 6.4 sind die vorgesehenen Struktur- und Prozessqualitätskriterien am Beispiel der Herz- und Gefässchirurgie genauer erläutert.

Evaluation der Indikations- und Ergebnisqualität Während die Struktur- und Prozesskriterien Muss-Kriterien darstellen, dient die Betrachtung der Indikati-ons- und Ergebnisqualitätskriterien der Evaluation der Leistungserbinger, so dass gegebenenfalls entschieden werden könnte, ob eine Institution in Bezug auf die un-tersuchten Kennzahlen hin als «besser» oder «schlech-ter» als andere Institutionen beurteilt werden kann.

Mögliche Indikatoren für die Beurteilung der Indikations- und Ergebnisqualität sind die nachfolgenden Kennzah-len:

• Angemessenheit der Hospitalisierung gemäss Lei-stungsauftrag (dies betrifft neben der Qualität auch die Bedarfsgerechtigkeit),

• Rehospitalisierungsraten (wichtigster Qualitätsindi-kator für viele Leistungsgruppen der Akutsomatik),

• Überweisungsraten nach Hause (Qualitätskriterium für die Rehabilitation),

• Komplikationsraten,

• Infektionsraten.

Um die Vergleichbarkeit zwischen den Institutionen zu gewährleisten, werden die Indikatoren, falls nötig, stati-stisch korrigiert. Mögliche Korrekturvariablen sind dabei das Alter, die Anzahl Diagnosen oder Behandlungen und die Komorbidität (zum Beispiel anhand des Charl-son-Index=Komorbiditätsindex).

Qualitätsmessung in der Spitalversorgung

Die Qualität in der Spitalversorgung wird in vier Teil-bereichen gemessen. In der Versorgungsplanung und bei der Erstellung der Spitalliste werden alle vier Qua-litätsaspekte mit einbezogen, indem zu jedem Quali-tätsaspekt Kriterien vorgegeben werden, die von den Leistungserbringern zu erfüllen sind.

• Die Strukturqualität umfasst die personellen und materiellen Ressourcen sowie die organisatori-schen und finanziellen Gegebenheiten, unter de-nen sich der medizinische Versorgungsprozess vollzieht. Strukturqualitätskriterien gewährleisten, dass die Rahmenbedingungen für eine bedarfsge-rechte und qualitativ gute medizinische Versor-gung gegeben sind.

• Die Prozessqualität bezeichnet das Vorhanden-sein von etablierten Abläufen und Vorgehenswei-sen bei einem Anbieter zur Gewährleistung einer gleichbleibenden Qualität der Behandlungen. Pro-zessqualitätskriterien gewährleisten, dass die Be-handlungen in einem Spital den medizinischen Er-fordernissen und Standards entsprechen.

• Die Indikationsqualität bezeichnet die Angemes-senheit der zu erbringenden oder erbrachten Lei-stungen. Indikationsqualitätskriterien stellen si-cher, dass die Patienten und Patientinnen am rich-tigen Ort versorgt werden und nicht Leistungen erhalten, die sie gar nicht brauchen.

• Die Ergebnisqualität: Die Ergebnisqualität misst das Resultat einer Aktivität. Bei Vergleichen muss dabei den unterschiedlichen Ausgangsbedingun-gen der einzelnen Fälle Rechnung getragen wer-den. Ergebnisqualität kann nur im Nachhinein ge-messen werden. Sie dient dazu, die Qualität der erbrachten Leistungen zu beurteilen und Schwä-chen in der Versorgung aufzuzeigen.

Evaluation der Wirtschaftlichkeit

Ebenso wie bei der Evaluation der Indikations- und Ergebnisqualität dient die Evaluation der Wirtschaftlich-keit dazu, Leistungserbringer mit einer «besseren» und einer «schlechteren» Performance voreinander unter-scheiden zu können. Mögliche Indikatoren für die Beur-teilung der Wirtschaftlichkeit sind die nachfolgenden Kennzahlen:

• Anteil der teilstationär behandelten Fällen an den totalen Fällen in einer Leistungsgruppe,

• Aufenthaltsdauer,

• Anzahl Fälle pro Leistungserbringer oder pro Standort,

• Auslastung pro Leistungserbringer oder pro Stand-ort,

• Personaldichte (korrigiert um Ausbildungsleistung und Belegärztinnen und -ärzte).

Auch hier können die Kennzahlen wie bei der Indikati-ons- und Ergebnisqualität statistisch korrigiert werden.

5.8.3 Bezeichnung der geeigneten Leistungs-erbringer und der Leistungsaufträge Aus den vorangegangenen Prüfungs- und Evaluations-schritten resultiert eine Liste der geeigneten bzw. der am besten geeigneten Leistungserbringer pro Lei-stungsbereich. Auf deren Basis wird die Spitalliste er-stellt. Da die Qualitätskriterien der Leistungsaufträge nicht nur auf Betriebe sondern auch auf Standorte be-zogen sind (z.B. Mindestfallzahlen oder FMH-Qualifikation der Ärzte in einer Abteilung) und die Wirt-schaftlichkeit eines Leistungserbringers auch von der Anzahl Standorte und deren Grösse abhängt, können Leistungsaufträge auch nur für einzelne Standorte eines Unternehmens erteilt werden.

5.8.4 Leistungsmengen

Leistungsaufträge auf der Spitalliste sind mit einer ma-ximalen Leistungsmenge für die Gesamtinstitution ver-bunden. Dies stellt sicher, dass die Spitalliste dem Krite-rium der Bedarfsgerechtigkeit gerecht wird. Die maxima-le Leistungsmenge stellt die Summe der zugeteilten Leistungsmengen pro Leistungsauftrag dar. Sie können sowohl durch Fallzahlen, Pflegetage oder durch Kapazi-täten dargestellt werden, leiten sich jedoch immer aus der leistungsbezogenen Bedarfsprognose gemäss der Versorgungsplanung, den bisherigen Leistungen der Institutionen und dem Ergebnis der Evaluationen in den einzelnen Leistungsbereichen ab. In der Akutsomatik sind Fallzahlen vorgesehen, in der Rehabilitation und der Psychiatrie sind auch Kapazitätsangaben möglich.

Die Zuteilung der Leistungsmengen auf die Leistungs-erbringer geschieht über die bisherige Leistungen der Anbieter und deren Hochrechnung gemäss Bedarfspro-gnose. Diese bezieht die Zusammensetzung der Fälle jeder Institution und deren Abschneiden im Benchmar-king mit ein – die Angemessenheit der bisherigen Ver-sorgung wird also bei jedem Angebot mitberücksichtigt.

Die Leistungsmengen müssen ausserdem so zugeteilt werden, dass der regionale Zugang zur Versorgung gewährleistet bleibt. Das heisst: die Institutionen, die alleine einen regionalen Versorgungsauftrag wahrneh-men, müssen dem Bedarf der Region angemessene Leistungsmengen zugeteilt erhalten, damit sie den Auf-trag einer zugänglichen regionalen Versorgung wahr-nehmen können.

Wenn die Leistungsmenge die Maximalmenge auf der Spitalliste überschreitet, bedeutet dies gemäss Rechts-gutachten Rütsche nicht, dass die Finanzierungsträger diese Leistungen nicht mehr abgelten müssen. Auf-grund der Aufnahme- und Leistungspflicht müssen er-brachte und indizierte Leistungen nach wie vor nach den Regeln der KVG-Spitalfinanzierung bezahlt werden.

Es besteht also keine Gefahr, dass Notfälle abgewiesen werden. Der Kanton kann jedoch eine Steuerung über Sanktionen oder Lenkungsabgaben vorsehen.19 Die konkrete Ausgestaltung wird im Rahmen der Revision des SpVG erfolgen.

Die Leistungsmenge soll nicht nur ein einzelnes Stich-jahr abbilden, da dies die fortwährende Leistungsent-wicklung ungenügend spiegeln würde. Aufgeführt wer-den sollen deshalb die prognostizierten Mengenentwick-lungen in einer Bandbreite für mehrere Jahre.

5.8.5 Weiteres Vorgehen zur Erstellung der Spi-talliste

Das Vorgehen zur Erstellung der Spitalliste ist wie folgt gestaltet:

• Die Versorgungsplanung stellt die Vorgehensweise bei der Spitallistenerstellung vor, weist den Bedarf an Spitalleistungen aus und nimmt in der Ist-Analyse einen ersten Schritt der Evaluation der Versorgung vor.

• Die Gesundheits- und Fürsorgedirektion führt bei den Leistungserbringern eine Sachverhaltsabklä-rung zur Prüfung der Struktur- und Prozessquali-tätskriterien, die als Anforderungen für die Lei-stungsaufträge gelten, durch.

• Die Gesundheits- und Fürsorgedirektion erarbeitet auf dieser Basis die Grundlagen der Spitalliste (Evaluation der Leistungserbringer sowie die Zutei-lung der Leistungsmengen). Diese Grundlagen werden gemeinsam mit dem Entwurf der Spitalliste dem üblichen Anhörungsverfahren unterzogen.

• Nach der Sichtung der Anhörungsantworten ent-scheidet der Regierungsrat über die notwendigen Anpassungen und verabschiedet die Spitalliste mit-tels eines Regierungsratsbeschlusses.

________________________

19 Siehe Fussnote 5.

• Ein besonderes Verfahren wird in der Palliative Care gewählt: Hier sind derzeit die spezialisierten Kapazitäten zu tief, eine Reihe von Leistungserb-ringern bekunden jedoch Interesse daran, entspre-chende Abteilungen aufzubauen. Im Spitallistenpro-zess werden auch für die spezialisierte Palliative Care die zu erfüllenden Voraussetzungen für einen Spitallistenauftrag definiert. Die Vergabe neuer Lei-stungsaufträge geschieht jedoch noch nicht über die Spitalliste 2012. Es ist ein Vergabeverfahren vorgesehen, in dem die interessierten Leistungserb-ringer ihre Versorgungskonzepte darlegen und sich um einen Leistungsauftrag bewerben können. Der Kanton wird diese prüfen und unter Einbezug von Bedarf und Qualität der vorgelegten Konzepte die geeigneten Leistungserbringer bezeichnen.

Nach Verabschiedung der Spitalliste wird die Einhaltung der Qualitätskriterien einem Monitoring unterzogen.

Wird festgestellt, dass Voraussetzungen nicht mehr erfüllt werden, kann der Leistungsauftrag entzogen werden.

Kapitel 6: Somatische Akutversorgung – Das Wichtigste in Kürze

Ist-Analyse der somatischen Akutversorgung Die Ist-Analyse der Berner Versorgung zeigt, dass in den letzten Jahren die Anzahl stationärer Fälle leicht zugenommen hat. Da gleichzeitig die Aufenthaltsdauer

Ist-Analyse der somatischen Akutversorgung Die Ist-Analyse der Berner Versorgung zeigt, dass in den letzten Jahren die Anzahl stationärer Fälle leicht zugenommen hat. Da gleichzeitig die Aufenthaltsdauer