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Kapitel 5: Planungsgrundlagen

6.2 Der Leistungsbedarf

6.2.1 Einflussfaktoren der Bedarfsprognose Die Prognose des zukünftigen Bedarfs an stationären Leistungen in den Akutspitälern zeigt die erwartete Ent-wicklung der Fallzahlen und Kapazitäten bis ins Jahr 2014 auf. Sie basiert auf den Daten der medizinischen Statistik des Jahres 2008, die auch für die Ist-Analyse verwendet wurden. In der Bedarfsprognose sind die folgenden Einflussfaktoren berücksichtigt (siehe auch Abschnitt 5.5):

• Demografie

• Epidemiologische und medizintechnische Entwick-lung

• Verlagerung von stationären Leistungen in die teil-stationäre bzw. ambulante Versorgung (Benchmar-king teilstationäre/stationäre Fälle)

• Angleichung der Aufenthaltsdauern (Benchmarking der Aufenthaltsdauer).

Demografische Entwicklung

Die demografischen Prognosen weisen für den Kanton Bern eine generelle Zunahme der Bevölkerung und eine zunehmende Alterung aus. Vor allem die Alterung der Bevölkerung hat einen grossen Einfluss auf den Lei-stungsbedarf, da in vielen Versorgungsbereichen die Inanspruchnahme nach stationären Leistungen bei Be-tagten am höchsten ist. Indem in der Bedarfsprognose jeder Fall nach dem Alter demografisch gewichtet wird, wird diese altersspezifische Inanspruchnahme eins zu eins umgesetzt. So weisen vor allem diejenigen Berei-che, in denen das Alter der Patientinnen und Patienten hoch ist, starke Zuwachsraten auf (z.B. Kardiologie). In Bereichen mit jüngeren Betroffenen, wie zum Beispiel der Geburtshilfe, sind die Zuwachsraten tiefer. Insge-samt bewirkt die demografische Entwicklung eine Aus-weitung der Fallzahlen vom 2008 bis 2014 um 5.3%, auf die Pflegetage/Kapazitäten und den Case Mix wirkt sich die demografische Entwicklung etwas stärker aus, da ältere Personen in der Regel länger im Spital bleiben.

Epidemiologische Entwicklung

Die Bedarfsprognose bezieht epidemiologische Entwick-lungen, das heisst Entwicklungen in der Häufigkeit von Krankheiten mit ein, sofern sie einen Einfluss auf die Inanspruchnahme von Leistungen haben. Die im epi-demiologischen Gutachten für die Versorgungsplanung8 festgestellten epidemiologischen Entwicklungen haben vor allem Einfluss auf die Leistungsbereiche der Ortho-pädie, der Onkologie, der Geburtshilfe, sowie der Visze-ralchirurgie und der Pneumologie:

• Einzelne onkologische Erkrankungen nehmen zu:

Es sind dies vor allem onkologische Erkrankungen, die eine Chemotherapie bedürfen, was sich auf die

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8 Institut für Sozial- und Präventivmedizin ISPM der Universität Bern: Epidemiologische Expertise Spitalplanung, Bern 2009, siehe auch Anhang E.

Fallzahlen in der Onkologie auswirkt.

• Aufgrund eines erwarteten Rückgangs von Lungen-, Darm- und Gebärmutterhalskrebs nehmen die ent-sprechenden Fälle in der Pneumologie und Visze-ralchirurgie ab.

• Die prognostizierte leichte Erhöhung der Anzahl Geburten pro Frau führt zu steigenden Fallzahlen in der Geburtshilfe.

• In der Orthopädie nehmen die Eingriffe an Schul-tern, Arm und Ellbogen aufgrund zunehmender Sportunfälle zu, während die Eingriffe am Ober-schenkelhals aufgrund der verbesserten Prävention bei Frauen sinken.

Die Veränderungsraten der Epidemiologie haben nur einen geringen Einfluss auf die Bedarfsentwicklung bis 2014: Dies liegt daran, dass epidemiologische Entwick-lungen in der Regel nicht kurzfristig eintreten. Insgesamt bewirkt die epidemiologische Entwicklung eine Fallstei-gerung von nur 0.1%.

Medizintechnische Entwicklung

Neue technische Errungenschaften können zu einem steigenden oder abnehmenden Leistungsbedarf in der stationären Spitalversorgung führen. Für die Berech-nung des Leistungsbedarfs sind gemäss Gutachten des Winterthurer Instituts für Gesundheitsfragen9 folgende Entwicklungen von Belang:

• In der Herz- und Gefässchirurgie und in der Kardio-logie und AngioKardio-logie führen eine ganze Reihe von neuen Errungenschaften zu steigenden Hospitalisa-tionsraten: Es ist dies die vermehrte Implantation von ICDs (Intraventrikuläre Cardioverter Defibrillato-ren), die kardiale Resynchronisationstherapie (CRT) bei Herzinsuffizienz, der Einsatz von Kunstherzen, der perkutanen Herzklappenersatz und die Kathete-rablationstherapie.

• In der Orthopädie führen vor allem die zunehmen-den Revisionsoperationen von Knie- und Hüftpro-thesen zu einer steigenden Anzahl Hospitalisierun-gen.

Insgesamt wirken sich diese medizintechnischen Ent-wicklungen in einer Steigerung des Leistungsbedarfs von 1.1% für den Zeitraum von 2008 bis 2014 aus.

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9 Winterthurer Institut für Gesundheitsökonomie (WIG): Gutach-ten zur zukünftigen medizintechnischen Entwicklung für die somatische Akutversorgung. Literatur-Review und Expertenbe-fragung zu erwarteten Leistungsmengen im Rahmen der sta-tionären Spitalplanung der Kantone Bern und Zürich. Wissen-schaftlicher Abschlussbericht, Winterthur 2009, siehe auch Anhang E.

Substitution: Verlagerung von stationären Fällen in die teilstationäre bzw. ambulante Versorgung Im ersten Schritt wird der Anteil teilstationärer Fälle an der Gesamtheit der (stationären und teilstationären) Fälle «gebenchmarkt». Das Benchmarking folgt dabei dem in Abschnitt 5.5.4 beschriebenen Verfahren.

Benchmarking der Anteile der stationären und teil-stationären Versorgung

Der Anteil teilstationärer Fälle wird als Indikator für die Effizienz der Versorgung bzw. die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung verwendet. Dieser Indikator geht darauf zurück, dass aufgrund der medizintechnischen Entwicklung immer mehr Behandlungen teilstationär und ambulant statt stationär durchgeführt werden kön-nen, die Einführung entsprechender neuer Versor-gungsroutinen jedoch nur zögerlich geschieht. Teilsta-tionäre Fälle werden dabei – so sie medizinisch möglich sind – stationären Hospitalisierungen vorgezogen, ei-nerseits, weil sie kostengünstiger sind, andererseits, weil dadurch die Gefahren einer Hospitalisierung (na-mentlich einer Spitalinfektion) reduziert werden können.

Die Behandlungsarten sind wie folgt definiert:

• Stationär: Spitalaufenthalt über 24h und mit Aufent-halt in einem Spitalbett um Mitternacht, Todesfälle und Verlegungen in ein anderes Spital innerhalb 24h;

• Teilstationär: Spitalaufenthalt mit Bettennutzung unter 24h und ohne Bettennutzung um 24 Uhr. Diese Fälle sind bis 2008 statistisch erfasst. Ab 2009 gel-ten diese Fälle als ambulante Fälle;

• Ambulant: Behandlung ohne Bedarf an Nutzung eines Bettes. Die ambulanten Fälle sind nicht Teil der Bedarfsschätzung, da sie statistisch nicht hinrei-chend erfasst sind.

Entsprechend dem Wechsel der Definitionen wird im folgenden von einem Substitutionspotenzial zugunsten (oder zulasten) der ambulanten Versorgung gespro-chen.

Das vorliegende Benchmarking stützt sich auf die «teil-stationären» Fälle, obwohl diese Leistungsart seit dem Jahr 2009 nach KVG-Definition nicht mehr als solche existiert bzw. diese Fälle heute als ambulante Fälle gelten. Da der Anteil teilstationärer Fälle einen aner-kannten Indikator zur Beurteilung der Versorgungseffi-zienz darstellt und das Basisjahr der Prognose das Jahr 2007 darstellt (in dem die teilstationären Fälle noch erfasst wurden), wird dieses Benchmarking für die vor-liegende Planung noch durchgeführt. In Zukunft wird man sich für die Eruierung des Substitutionspotenzials nicht mehr auf statistische Daten und Benchmarks ab-stützen können, sondern muss dazu wahrscheinlich Expertenbefragungen durchführen.

Die Auswertungen zeigen ein gesamthaftes Substituti-onspotenzial von 1.0%, das heisst: 1.0% der stationären Fälle von Bernerinnen und Bernern könnten ambulant statt stationär behandelt werden. Über alles gesehen ist das Substitutionspotenzial in der Versorgung also eher gering. Bei 18 der 27 Leistungsbereiche liegt denn auch

der Anteil teilstationärer Fälle in der Versorgung der Bernerinnen und Berner nahe an den Schweizer Benchmarkwerten (Substitutionspotenzial zwischen +5% und –5%). Die Mehrheit der Leistungsbereiche weisen dabei ein Potenzial aus, Fälle in die ambulante Versorgung zu verlagern (siehe im Detail Tabelle 6.3).

Bei der Palliative Care wurde aufgrund der fehlenden Definition der Fälle und der daraus folgenden Unmög-lichkeit eines Benchmarkings kein Substitutionspotenzi-al eruiert. Da Transplantationsfälle immer stationär sind, gibt es in diesem Bereich kein Verlagerungspotenzial.

Bei acht der 27 Leistungsbereichen weicht die Berner Versorgung deutlich vom Schweizer Benchmark ab.

Fünf dieser Leistungsbereiche weisen ein bedeutendes Potenzial zur Verlagerung in die ambulante Versorgung auf. An erster Stelle betrifft dies die Ophthalmologie:

Hier könnten beinahe drei Viertel der Fälle teilstationär anstatt stationär behandelt werden (Substitutionspoten-zial von 74%). Aber auch in der Hämatologie (12% Sub-stitutionspotenzial), der Gynäkologie (14%), im Bereich Hals-Nasen-Ohren (11%), und in der Dermatologie (9%) ist ein bedeutendes Optimierungspotenzial vorhanden.

In drei Leistungsbereichen ist hingegen die Versorgung der Bernerinnen und Berner bereits bedeutend besser organisiert als in der Schweiz üblich. Es sind dies die Radioonkologie (Substitutionspotenzial von –35%) die Psychiatrie/Toxikologie (–13%) und die Gastroenterolo-gie (–10%). Auffällig ist vor allem die RadioonkoloGastroenterolo-gie:

Der negative Wert von –35% signalisiert, dass im schweizweiten Vergleich weit weniger teilstationär bzw.

ambulant gearbeitet werden könnte, um den Benchmark zu erreichen. Dies zeigt, dass das Inselspital – der hauptsächliche Leistungserbringer in der Radioonkolo-gie – bereits zu einem viel stärkeren Ausmass teilstatio-när und ambulant arbeitet als anderswo üblich.

Das Benchmarking bedeutet bei den drei letztgenannten Leistungsbereichen, dass eine Rückverlagerung in den stationären Bereich in die Bedarfsprognose einfliesst.

Dies bedeutet nicht, dass vorhandene wirtschaftliche Versorgungsroutinen effektiv verschlechtert werden sollen, sondern spiegelt primär die Planungsperspekti-ve, die eine gute und wirtschaftliche Versorgung ge-mäss Schweizer «Standard» (=Benchmark) plant. Die Auswertungen über alle Leistungsbereiche hinweg stüt-zen die Annahme, dass nach wie vor ein positives Ver-lagerungspotenzial und damit ein Optimierungspotenzial zugunsten einer effizienten Versorgung vorhanden sind.

Verkürzung der Aufenthaltsdauer

Ebenso wie die Zunahme der ambulanten Versorgung ist auch die Verkürzung der Aufenthaltsdauer eine Folge der medizintechnischen Entwicklung, von Verbesserun-gen in der Organisation der Spitalprozesse und des Aufbaus der nachsorgenden Versorgungsbereiche. Sie ist jedoch auch an finanzielle Anreize gekoppelt, wie sie im System der Fallpauschalen vorhanden sind. Die Verkürzung der Aufenthaltsdauer ist international fest-zustellen, wie die Daten der OECD, die einen

Länder-vergleich der Industrienationen zulassen, zeigen.10 Die Reduktion der Aufenthaltsdauern in der Schweiz liegt im ähnlichen Rahmen wie in Deutschland. Insgesamt sind jedoch die Aufenthaltsdauern in der Schweiz im interna-tionalen Vergleich als lang zu beurteilen. Auch wenn die Gesundheitssysteme der Industrienationen unterschied-lich gestaltet sind, so weist dies doch auf ein noch vor-handenes Optimierungspotenzial in der Schweiz hin.

Die Bedarfsprognose wird jedoch nicht auf das interna-tional feststellbare Potenzial zur Optimierung basiert sondern darauf, was innerhalb der Schweiz als gute Praxis gelten kann. Für die Aufenthaltsdauer wird in der vorliegenden Bedarfsprognose ein Benchmarking pro DRG vorgenommen (für dessen Verfahren siehe Ab-schnitt 5.5.4.). Dieses Benchmarking geht davon aus, dass vergleichsweise lange Aufenthaltsdauern in einem Spital auf unangemessene Versorgungsroutinen, das heisst auf eine geringe Versorgungseffizienz bzw. Wirt-schaftlichkeit hinweisen.

Eine Verkürzung der Aufenthaltsdauer ist vor allem in den Leistungsbereichen der Rheumatologie, Endokrino-logie, , Nephrologie und in der Neurologie möglich.

Bei einzelnen DRGs liegt der schweizweite Benchmark der mittleren Aufenthaltsdauer höher als der Berner Durchschnitt. In diesen Bereichen arbeitet Bern im schweizweiten Vergleich bereits sehr effizient, es betrifft dies vor allem den Leistungsbereich der Radioonkolo-gie.

Zusammen mit der Verlagerung in die ambulante Ver-sorgung resultiert insgesamt eine Reduktion der durch-schnittlichen stationären Aufenthaltsdauer um 6.3%

oder von 6.7 auf 6.4 Tage.

Bedarfsentwicklung versus Markttrend

Die Bedarfsprognose stellt den Bedarf der Bevölkerung dar. Er beinhaltet über das Benchmarking eine Optimie-rung der Versorgung gemäss schweizweiten Ver-gleichswerten, indem unnötig stationär behandelte Pati-entinnen und Patienten der ambulanten Versorgung zugewiesen werden und die Aufenthaltsdauer der verbleibenden stationären Fälle verkürzt wird. Abwei-chungen zur effektiven, d.h. beobachtbaren Entwicklung sind aus verschiedenen Gründen möglich:

• Es ist möglich, dass die Leistungserbringer ihr Sub-stitutionspotenzial und ihr Potenzial zur Senkung der Aufenthaltsdauer nicht ausschöpfen und damit die Optimierungsmöglichkeiten im System nicht rea-lisiert werden.

• Ausserdem haben die Leistungserbringer ein Inter-esse daran, ihre Leistungsmengen auszudehnen und damit ihrem Betrieb zu Wachstum und zu Ge-winnen zu verhelfen. Bei der Wahl der Behand-lungsart orientieren sich die Betriebe nicht nur am medizinisch indizierten Bedarf ihrer Patientinnen und Patienten sondern auch an finanziellen

Anrei-________________________

10 OECD Health Data 2009.

zen. Sind stationäre Behandlungen lohnender als teilstationäre oder ambulante, werden Patientinnen und Patienten vermehrt im Spital behalten, auch wenn dies nicht medizinisch indiziert ist. Besonders in der Chirurgie gibt es ausserdem Bereiche, die aus betrieblicher Sicht lohnender sind als Behand-lungen derselben Gesundheitsprobleme ohne chir-urgischen Eingriff. Dies kann dazu führen, dass zu oft operiert wird, dass es also zu unangemessenen und kostenintensiven Ausweitungen der Leistungs-mengen kommt. Die Spitäler – d.h. die Angebotssei-te – beeinflussen also die Nachfrage massgeblich mit. Dass sie dies können, hängt mit der Abhängig-keit der Patientinnen und Patienten von ihren Ge-sundheitsversorgern und dem Informationsgefälle zwischen Anbietern und Nachfragern zusammen.

Der Bedarf entspricht also nicht zwingend dem, was die Leistungserbringer, die stark ökonomischen Anreizen folgen, an Leistungen produzieren. Die Trends der Lei-stungsentwicklung können deshalb von der Entwicklung des Bedarfs abweichen. Die Versorgungsplanung be-zieht die Fehlanreize des Marktes deshalb nicht in ihre Prognose mit ein, weil es nicht ihre Aufgabe ist, Fehl-entwicklungen zu planen (siehe auch Abschnitt 6.6).

Auch wenn die Bedarfsprognose die Anreize des Markts nicht berücksichtigt: Die Werte der Bedarfsprognose zeigen, dass die prognostizierte Entwicklung mit ihren Zuwachsraten sich sehr gut an die bisherige Entwick-lung der Leistungen anfügt (siehe Tabelle 6.21)

6.2.2 Der Leistungsbedarf bis 2014

Entwicklung des Leistungsbedarfs 2007 bis 2014 Bis im Jahr 2014 steigt der Leistungsbedarf der Berner Wohnbevölkerung weiter an und beträgt im Jahr 2014 rund 158’300 stationäre Fälle. Tabelle 6.20 zeigt, dass dies einen Anstieg gegenüber dem Basisjahr 2008 von insgesamt 5.5% oder durchschnittlich 0.9% pro Jahr bedeutet.

Der Case Mix – also die nach Aufwand gewichtete Fall-zahl – nimmt mit einem Anstieg von 6.7% im Prognose-zeitraum stärker zu als die Fallzahl selbst. Dies zeigt auf, dass die behandelten Fälle in ihrer Behandlungsin-tensität zunehmen, wie dies auch am Case Mix Index (CMI) ablesbar ist, der im Prognosezeitraum um 1.2%

steigt. Diese Entwicklung geht auf verschiedene Fakto-ren zurück: Erstens ist die Behandlung von betagten Patientinnen und Patienten im Mittel aufwändiger als diejenige von jüngeren Personen. Die demografische Alterung führt folglich zu einer Erhöhung der Schwere der Fälle. Zweitens werden die leichten Fälle vermehrt ambulant behandelt und fallen in der Bedarfsprognose der stationären Fälle weg. Die verbleibenden Fälle sind ressourcenintensiver.

Im Prognosezeitraum nimmt die durchschnittliche Auf-enthaltsdauer um 6.4% ab, was sich direkt auf die An-zahl Pflegetage und die benötigten Betten auswirkt: Die Pflegetage und der Bedarf an Betten gehen bis 2011 aufgrund des Benchmarkings zurück, die

demografi-schen Faktoren bewirken danach, dass sie wieder an-steigen und sich 2014 leicht über dem Niveau von 2008 bewegen. Insgesamt resultiert ein sehr geringer Anstieg der benötigten Pflegetage und Kapazitäten um 0.7%

über 6 Jahre bzw. 0.1% pro Jahr.

Tabelle 6.20: Entwicklung des Leistungsbedarfs der Berner Bevölkerung 2008–2014, stationäre Fälle

2008 2011 2014 Veränderung

2008–2014 Durchschnittliche Veränderung pro Jahr 2008–2014

Anzahl stationäre Fälle 150’025 153’228 158’294 +5.5% +0.9%

Durchschnittliche Aufenthaltsdauer in Tagen 6.8 6.4 6.4 -6.4% -1.1%

Pflegetage 1’027’146 993’099 1’033’870 +0.7% +0.1%

Bettennachfrage (inkl. Vorhaltekapazität) 3’239 3’132 3’260 +0.7% +0.1%

Case Mix 134’813 137’437 143’865 +6.7% +1.1%

Case Mix Index (CMI) 0.90 0.90 0.91 +1.1% +0.2%

Stellt man die Bedarfsprognose bis 2014 der Entwick-lung der fünf Jahre von 2004 bis 2008 gegenüber (siehe Tabelle 6.2 und 6.21), so ist festzustellen, dass die bis-herige Entwicklung mit der Bedarfsprognose weitge-hend fortgeführt wird. Die jährlichen Zuwachsraten der Fallzahlen für die Zukunft bleiben trotz Benchmarking gleich, der prognostizierte Rückgang der Aufenthalts-dauer liegt sogar weit unter der bisherigen Entwicklung.

Bei den Pflegetagen und der Bettenkapazität ist mit dem geringen Anstieg eine Stabilisierung prognostiziert, der bisherige Rückgang wird mittelfristig gestoppt. Der Case Mix steigt in der Bedarfsprognose weniger schnell an als in der Vergangenheit, die durchschnittliche Fall-schwere, die in der Vergangenheit schwankte, wird als zunehmend prognostiziert. Der geringe Zunahmewert ist angesichts der beobachteten Entwicklung der Jahre 2004–2008 glaubwürdig. Die Bedarfsprognose fügt sich so gut an die bisherige Entwicklung an.

Tabelle 6.21: Entwicklung der Jahre 2004-2008 und pro-gnostizierte Entwicklung bis 2014

Mittlere jährli-che

Verände-rung 2004–2008

Prognostizier-te jährliche Veränderung

2008–2014 Anzahl stationäre Fälle +0.9 +0.9%

Durchschnittliche

Aufent-haltsdauer in Tagen -3.4% -1.1%

Pflegetage -2.4% +0.1%

Bettennachfrage (inkl.

Vor-haltekapazität) -2.4% +0.1%

Case Mix +3.0% +1.1%

Case Mix Index (CMI) -0.5% +0.2%

Leistungsbedarf der Berner Bevölkerung nach Wohnregion

Der Leistungsbedarf entwickelt sich je nach Spitalregion sehr unterschiedlich (siehe Tabellen 6.22 und 6.23). So nimmt die Fallzahl der Bevölkerung der Region Bern in sechs Jahren um nur 3.8% zu, was damit zusammen-hängt, dass in dieser Region ein grosser Anteil der Ver-sorgung von Spitälern mit hohem Substitutionspotenzial getragen wird. In der Region Berner Oberland Ost und im Berner Jura ist hingegen eine weit über dem Durch-schnitt liegende Steigerung des Bedarfs prognostiziert – was unter anderem damit zusammenhängt, dass die dortigen Regionalen Spitalzentren im Benchmarking der teilstationären/stationären Versorgung gut abschneiden.

Der Case Mix nimmt vor allem bei der Bevölkerung der beiden Oberländer Spitalregionen überdurchschnittlich zu.

Die Pflegetage und die daraus berechnete Anzahl der benötigten Betten für die Versorgung der regionalen Bevölkerung nehmen im Prognosezeitraum nur ganz leicht zu, wobei je nach Region ganz unterschiedliche Entwicklungen prognostiziert werden. Während die Prognose für die Spitalregionen Bern, Biel und Ober-aargau eine Reduktion der benötigten Betten zeigt, liegt der prognostizierte Bettenbedarf 2014 vor allem im Ber-ner Oberland West und im Emmental höher als im Jahr 2008.

Bei der Interpretation der Bedarfsprognose nach Spital-region ist zu beachten, dass diese den Bedarf der Wohnbevölkerung ausweist. Sie kann nicht mit der zu-künftigen Leistungsmenge eines regionalen Anbieters gleichgesetzt werden. Dies hängt mit der freien Spital-wahl und den Patientenflüssen zusammen, die in ho-hem Ausmass über die Grenzen der Regionen hinaus-gehen. Der Bedarf der regionalen Bevölkerung hat demnach auch nichts mit der Zuweisung von Leistungen auf einzelne Leistungserbringer zu tun.

Tabelle 6.22: Entwicklung des stationären Leistungsbedarfs der Berner Bevölkerung bis 2014, nach Wohnregion, stationäre Fälle und Case Mix

Stationäre Fälle Case Mix

2008 2014 VR* 2008–

2014 in %

2008 2014 VR* 2008–

2014 in %

Region Bern 67’408 69’944 3.8% 59’726 63’052 5.6%

Region Berner Oberland Ost 9’876 10’910 10.5% 8’843 9’730 10.0%

Region Berner Oberland West 21’253 22’711 6.9% 19’008 20’703 8.9%

Region Oberaargau 11’828 12’575 6.3% 11’071 11’749 6.1%

Region Emmental 14’281 15’298 7.1 % 12’861 13’803 7.3%

Region Biel 18’276 19’184 5.0% 16’833 17’872 6.2%

Subregion Berner Jura 6’954 7’518 8.1% 6’426 6’907 7.5%

Total** 150’025 158’294 5.5% 134’813 143’865 6.7%

Tabelle 6.23: Entwicklung des stationären Leistungsbedarfs der Berner Bevölkerung bis 2014, nach Wohnregion, stationäre Pflegetage und benötigte Betten

Pflegetage Bettennachfrage inkl. Vorhaltekapazität

2008 2014 VR* 2008–

2014 in % 2008 2014 VR* 2008–

2014 in %

Region Bern 462’333 457’709 -1.0% 1’458 1’443 -1.0%

Region Berner Oberland Ost 67’251 68’984 2.6% 212 218 2.6%

Region Berner Oberland West 137’839 146’318 6.2% 435 461 6.1%

Region Oberaargau 87’354 85’715 -1.9% 275 270 -1.7%

Region Emmental 95’263 97’845 2.7% 300 309 2.8%

Region Biel 127’675 127’007 -0.5% 403 401 -0.6%

Subregion Berner Jura 49’207 50’063 1.7% 155 158 1.9%

Total** 1’027’146 1’033’870 0.7% 3’239 3’260 0.7%

* Veränderungsrate ** inkl. nicht zuordenbare Fälle (>100)

Leistungsbedarf nach Leistungsbereich

Betrachtet man die Leistungsentwicklung nach Lei-stungsbereichen, so sieht man, dass sich diese bis 2014 sehr unterschiedlich entwickeln. So nimmt der Leistungsbedarf in der Orthopädie – d.h. im Leistungs-bereich Bewegungsapparat chirurgisch – stark zu, in der Ophtalmologie ist hingegen mit einem Rückgang der Fälle zu rechnen.

Die Unterschiede sind einerseits damit begründet, dass sich die epidemiologischen und medizintechnischen Entwicklungen unterschiedlich auf die Bereiche auswir-ken. Da in den Leistungsbereichen ausserdem unter-schiedliche Altersgruppen schwerpunktmässig behan-delt werden, wirkt sich auch die demografische Entwick-lung unterschiedlich auf die Prognose aus. Die grossen Unterschiede sind schliesslich auch mit den

Ergebnis-sen des Benchmarks begründet: Dort, wo nach wie vor ein grosses Substitutionspotenzial in die ambulante Versorgung vorhanden ist – wie zum Beispiel in der Ophtalmologie – nehmen Fallzahl, benötigte Kapazitä-ten und Case Mix ab.

Die Fälle der Querschnittsbereiche sind in den aufge-führten Leistungsbereichen enthalten mit Ausnahme der Palliative Care-Fälle, die heute schon in einer speziali-sierten Institution im Kanton Bern behandelt werden. Da die Identifikation der palliativen Fälle aufgrund ausste-hender Definitionen noch nicht möglich und eine statisti-sche Operationalisierung schweizweit noch nicht vor-handen ist, ist diese Bedarfsprognose zur Palliative Care folglich als vorläufig zu betrachten.

Tabelle 6.24: Leistungsbedarf 2014 nach Leistungsbereichen, Fälle, Case Mix und CMI

Leistungsbereich Fälle (Austritte) Case Mix Case Mix Index

2008 2014 VR 2008–

2014

Anteil 2014

2008 2014 VR 2008–

2014

Anteil 2008 2014 VR 2008-14 Nervensystem & Sinnesorgane

Dermatologie 3’528 3’426 -2.9% 2.2% 2’468 2’319 -6.0% 1.6% 0.70 0.68 -3.2%

Hals-Nasen-Ohren 6’022 5’520 -8.3% 3.5% 4’291 3’764 -12.3% 2.6% 0.71 0.68 -4.3%

Neurochirurgie 1’603 1’616 0.8% 1.0% 2’337 2’407 3.0% 1.7% 1.46 1.49 2.2%

Neurologie 5’780 6’066 4.9% 3.8% 5’051 5’099 0.9% 3.5% 0.87 0.84 -3.8%

Ophtalmologie 2’277 1’398 -38.6% 0.9% 1’382 913 -34.0% 0.6% 0.61 0.65 7.5%

Innere Organe

Endokrinologie 1’338 1’418 6.0% 0.9% 1’216 1’266 4.1% 0.9% 0.91 0.89 -1.8%

Gastroenterologie 9’366 11’101 18.5% 7.0% 6’678 7’497 12.3% 5.2% 0.71 0.68 -5.3%

Hämatologie 1’766 1’719 -2.6% 1.1% 2’702 2’674 -1.0% 1.9% 1.53 1.56 1.7%

Herz- und Gefässchirurgie 4’543 4’939 8.7% 3.1% 7’390 8’147 10.2% 5.7% 1.63 1.65 1.4%

Kardiologie und Angiologie 12’423 13’402 7.9% 8.5% 11’543 12’967 12.3% 9.0% 0.93 0.97 4.1%

Nephrologie 1’432 1’532 7.0% 1.0% 1’140 1’087 -4.6% 0.8% 0.80 0.71 -10.8%

Pneumologie 6’185 6’694 8.2% 4.2% 5’689 5’999 5.5% 4.2% 0.92 0.90 -2.6%

Thoraxchirurgie 1’558 1’627 4.4% 1.0% 3’754 3’735 -0.5% 2.6% 2.41 2.30 -4.7%

Transplantationen 49 53 8.2% 0.0% 707 748 5.7% 0.5% 14.44 14.10 -2.3%

Urologie 6’871 7’220 5.1% 4.6% 5’061 5’395 6.6% 3.8% 0.74 0.75 1.4%

Viszeralchirurgie 10’897 11’801 8.3% 7.5% 11’994 12’734 6.2% 8.9% 1.10 1.08 -2.0%

Bewegungsapparat Bewegungsapparat

chirur-gisch 28’666 31’762 10.8% 20.1% 29’170 33’892 16.2% 23.6% 1.02 1.07 4.9%

Rheumatologie 4’719 4’936 4.6% 3.1% 3’539 3’690 4.3% 2.6% 0.75 0.75 -0.3%

Gynäkologie & Geburtshilfe

Geburtshilfe 10’533 10’402 -1.2% 6.6% 7’196 7’243 0.6% 5.0% 0.68 0.70 1.9%

Gynäkologie 7’114 6’268 -11.9% 4.0% 5’564 5’469 -1.7% 3.8% 0.78 0.87 11.6%

Neugeborene 9’307 9’532 2.4% 6.0% 4’789 4’699 -1.9% 3.3% 0.51 0.49 -4.2%

Querschnittsbereiche

Palliative Care** 157 173 10.0% 0.1% 285 315 10.5% 0.2% 1.82 1.82 0.5%

Übrige

Radioonkologie 1’672 2’672 59.8% 1.7% 1’005 1’693 68.4% 1.2% 0.60 0.63 5.4%

Infektiologie 2’265 2’405 6.2% 1.5% 3’049 3’023 -0.8% 2.1% 1.35 1.26 -6.6%

Psychiatrie und Toxikologie 2’036 2’417 18.7% 1.5% 1’560 1’661 6.5% 1.2% 0.77 0.69 -10.3%

Schwere Verletzungen 1’196 1’195 -0.1% 0.8% 1’588 1’582 -0.4% 1.1% 1.33 1.32 -0.3%

Sonstige Behandlungen 6’722 7’004 4.2% 4.4% 3’661 3’847 5.1% 2.7% 0.54 0.55 0.9%

Total* 150’025 158’294 5.5% 100% 134’813 143’865 6.7% 100% 0.90 0.91 1.1%

* Inkl. nicht zuordenbare Fälle

** Die Bedarfsprognose in der Palliative Care ist vorläufig.

Tabelle 6.25: Leistungsbedarf 2014 nach Leistungsbereichen, Pflegetage, Bettenbedarf und Aufenthaltsdauer

Tabelle 6.25: Leistungsbedarf 2014 nach Leistungsbereichen, Pflegetage, Bettenbedarf und Aufenthaltsdauer