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5. Lesemotivation

5.5 Förderung der Lesemotivation

Im Gegensatz zum Fernsehen treten beim Bücherlesen manchmal Motivationsprobleme auf. Verantwortlich dafür ist häufig die Lesefertigkeit, denn erst ab einem gewissen Kompetenzniveau kann man das Lesen genießen und sich von einer Geschichte in ihren Bann ziehen lassen (vgl. Graf 2006: S. 53).

Lesemotivation und Leselust von SchülerInnen können mit Hilfe von leseanimierenden Verfahren gesteigert werden. Dies geschieht meist durch die Verwendung von aktueller KJL oder durch die Organisation verschiedenster Leseevents (vgl. Rosebrock/Nix 2012: S. 92). Darüber hinaus sollen leseanimierende Verfahren dazu beitragen „habituelle Einstellungen und Praktiken zum Lesen bei den Kindern und Jugendlichen auszubilden“ (ebd.). Die Schule kann so familiäre Sozialisationsprozesse unterstützen oder diese im besten Fall sogar kompensieren (vgl. ebd.).

Leseanimierende Verfahren eignen sich für Kinder, die ihrem Alter angemessene Texte mühelos lesen können, denen aber die Motivation dazu fehlt.

SchülerInnen, die bereits eine stabile Lesepraxis erworben haben, können mit Hilfe von leseanimierenden Projekten neue Lesestoffe und soziale Umgangsformen mit Literatur kennenlernen. Auf sie können leseanimierende Verfahren sehr motivierend wirken, wohingegen Kinder mit einer instabilen Lesepraxis durch leseanimierende Verfahren oft überfordert werden. SchülerInnen mit lesetechnischen Schwierigkeiten können durch solche leseanimierenden Verfahren sogar noch stärker demotiviert werden (vgl. ebd. S. 93f.). Bei ihnen sollten – so Rosebrock und Nix (2012: S. 94) – zunächst Vielleseverfahren (vgl. Kap. 4.4.2) angewendet werden, denn bei

Vielleseverfahren werden Kinder durch Anleitung von LehrerInnen langsam in die Buchwelt eingeführt.

Bei der Entscheidung für ein bestimmtes leseanimierendes Verfahren ist es wichtig, sich immer an der SchülerInnengruppe zu orientieren, denn nicht für alle SchülerInnen eignen sich die gleichen leseanimierenden Verfahren (vgl. ebd. S. 98).

Die Förderung von Lesemotivation kann auf vier Ebenen geschehen: Neben dem Deutschunterricht selbst können auch die anderen Fächer, die Schulöffentlichkeit und Einrichtungen des literarischen Lebens, wie Bibliotheken oder AutorInnen einen Beitrag zur Förderung der Lesemotivation leisten (vgl. ebd. S. 105).

Leseanimation im Deutschunterricht

Beim Deutschunterricht selbst handelt es sich um die traditionelle Instanz der Leseförderung. Rosebrock und Nix (2012: S. 99) schreiben, dass „eine Förderung des Lesens – bezogen auf alle Dimensionen von Lesekompetenz – ohne den animierenden Charakter einer kulturell bedeutsamen Atmosphäre“ die SchülerInnen nicht erreichen wird. Eine Vielzahl von leseanimierenden Verfahren wurde entwickelt, um Lesemotivation aufzubauen, die persönlichen Lesegewohnheiten und – interessen zu stabilisieren und so Lesefreude hervorzurufen.

Leseanimierende Verfahren für den Deutschunterricht lassen sich in zwei Kategorien unterteilen: Ihr Ziel ist es einerseits, die Leseumgebung, in der Kinder und Jugendliche mit Büchern in Kontakt treten, so angenehm wie möglich zu gestalten oder eine Rahmenhandlung zu initiieren. Andererseits soll bei den SchülerInnen Interesse für das Lesen – auch außerhalb der Schule – geweckt werden.

Die Rolle der LehrerInnen verändert sich bei diesen Verfahren weitgehend.

Der Unterricht ist nicht mehr lehrerzentriert, sondern die LehrerInnen treten in den Hintergrund und fungieren als Lesevorbilder, indem sie über Lesegewohnheiten sprechen und Leseempfehlungen erteilen (vgl. ebd. S. 105f.).

Als leseanimierende Verfahren für den Deutschunterricht nennen Rosebrock und Nix (2012: S. 106-110) beispielsweise: Bücherkisten und Klassenbibliotheken im Klassenraum einrichten, das Klassenzimmer lesefreundlich gestalten, Hörbücher im Unterricht einsetzen, Leserollen oder Lesetagebücher erstellen, Buchvorstellungen von aktuellen Büchern und Lieblingsbüchern durchführen, Bücher tauschen, einen Lesepass führen, mit Filmen und Literaturvermittlungen arbeiten oder die Eltern aktiv in die Leseanimation miteinbeziehen.

Stellvertretend für die vielen Verfahren der Leseanimation im Deutschunterricht werden nachfolgend drei Verfahren näher beschrieben:

Erstellung von Lesekisten

Auf spielerische und kreative Weise sollen SchülerInnen zum Lesen gebracht und zur Anschlusskommunikation angeregt werden. Gegenstände, die für ein Buch typisch sind, werden in eine ‚Lesekiste’ (z.B.: einen Schuhkarton) gegeben. Anstelle von Gegenständen können SchülerInnen auch Briefe, Notizen, Bilder oder Mitschriften in die ‚Lesekiste’ legen (vgl. ebd. S. 107).

Buchvorstellungen von aktuellen Büchern und Lieblingsbüchern

Die Vorstellung von Büchern im Unterricht zählt zu den einfachsten Leseanimationsverfahren und ist dennoch sehr effektiv. Die SchülerInnen haben so die Möglichkeit, verschiedenste Bücher kennenzulernen und gleichzeitig mehr über die Lesevorlieben ihrer MitschülerInnen zu erfahren. Bücher können nicht nur gleichaltrigen MitschülerInnen, sondern auch Eltern, Großeltern oder jüngeren SchülerInnen vorgestellt werden.

Auch LehrerInnen sollten den SchülerInnen regelmäßig Bücher vorstellen, sie über die neuesten Erscheinungen im Kinder- und Jugendbuchbereich informieren oder ihnen die Buchauswahl durch eine bereits getroffene Vorauswahl erleichtern (vgl. ebd. S. 108).

Mit Filmen und Literaturverfilmungen arbeiten

Laut Abraham (2009, zit. nach Rosebrock/Nix 2012: S. 110) eignen sich Filme und Literaturverfilmungen gut zur Leseanimation, da “durch die mediale Transformation von erzählerischen Stoffen Besonderheiten der literarischen Vorlage, aber auch der filmischen Umsetzung thematisiert werden können“. Mit Hilfe von Filmen können aktuelle Thematiken in den Unterricht eingebracht werden. Dies funktioniert in beide Richtungen: Zu Filmen können passende Bücher oder zu literarischen Vorlagen Verfilmungen gesucht werden (vgl. Rosebrock/Nix 2012: S. 110).

Neben dem Deutschunterricht selbst sollten leseanimierende Verfahren auch fächerübergreifend eingesetzt werden. Durch die Zusammenarbeit mit KollegInnen anderer Fächer und den Einsatz von Sachlektüre – welche besonders für Jungen reizvoll ist – sollen SchülerInnen durch die vorgängig beschriebenen leseanimierenden Verfahren zum Lesen motiviert werden.

Über die einzelnen Unterrichtsfächer hinaus, sollte Leseanimation im bestmöglichen Fall in der gesamten Schulöffentlichkeit betrieben werden. Es ist nicht notwendig, neue Verfahren zu entwickeln, denn die vorher beschriebenen Verfahren zur Leseanimation im Deutschunterricht können auf die Schulebene übertragen werden. Beispiele dafür wären die Gründung von Lese- und Buchclubs, die Nutzung der Schulbibliothek oder die Organisation von Lesenächten in der Schule (vgl.

Rosebrock/Nix 2012: S. 112ff.).

Auch außerhalb der Schule sollte Leseanimation stattfinden. Schulische Leseförderung soll mit gesellschaftlicher Öffentlichkeit verbunden werden. Dies kann prägende Auswirkungen auf das Leseselbstkonzept von SchülerInnen haben.

Beispiele dafür wären die Zusammenarbeit mit Bibliotheken, die Veranstaltung von AutorInnenlesungen sowie der Besuch von Buchmessen (vgl. ebd. S. 115-118).