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Förderung der Lesemotivation im Deutschunterricht

6. Empirische Befunde zu Buchlesegewohnheiten

7.6 Förderung der Lesemotivation im Deutschunterricht

Lesemotivation ist eine Grundvoraussetzung für die Teilnahme am Deutschunterricht. Deshalb soll in diesem Kapitel noch einmal auf die Förderung der Lesemotivation im Deutschunterricht eingegangen werden.6

In diesem Abschnitt soll geklärt werden, wie Kinder im und rund um den Deutschunterricht zum Lesen motiviert werden. Die beliebtesten Aktivitäten, um SchülerInnen zum Lesen zu motivieren, sind die Präsentation von Lieblingsbüchern (67%) und Besuche in der Schulbibliothek (64%) (Saxalber/Witschel/Edtstadler 2012:

82f.).

Lesemotivierende Aktivitäten, die sich räumlich und zeitlich leichter organisieren lassen, werden am häufigsten angeboten: 64% der SchülerInnen besuchen die Schulbibliothek, während eine öffentliche Bücherei nur von 20%

besucht wird. Nur ein Viertel der SchülerInnen führen ein Lesetagebuch, was daran liegen könnte, dass Lesetagebücher viel Begleitung von LehrerInnen und viel Heimarbeit für die SchülerInnen bedeuten.

Interessant ist das Ergebnis, dass LehrerInnen von RisikoleserInnen häufiger lesemotivierende Aktivitäten durchführen als LehrerInnen von SpitzenleserInnen:

Öffentliche Bibliotheken werden beispielsweise von 30% der RisikoleserInnen, aber nur von 12% der SpitzenleserInnen besucht (vgl. ebd. S. 81f.). Saxalber, Witschel und Edtstadler (2012: S. 83) gehen davon aus, dass „SpitzenleserInnen und AHS-SchülerInnen [...] in der Sekundarstufe I bereits über eine hohe intrinsische Lesemotivation [verfügen] und [...] die soziale Funktion des Lesens auch anderswo kennen gelernt [haben]“. Daher werden sie weniger häufig durch unterrichtsergänzende Aktivitäten, sondern eher durch das Lesevorbild von LehrerInnen und die beziehungsfördernde Zuwendung dieser im Deutschunterricht zum Lesen motiviert: 50% der SpitzenschülerInnen aber nur 36% der RisikoschülerInnen bekommen Büchervorschläge von LehrerInnen. Außerdem wirkt eine lesende Lehrperson auf 43% der SchülerInnen motivierend.

Aufwendige Aktivitäten wie Lesenächte oder AutorInnenlesungen kommen bei Spitzen- und RisikoleserInnen beinahe gleich häufig vor.

57% der RisikoleserInnen aber nur 22% der SpitzenleserInnen bekommen zeitweise die Möglichkeit einer freien Lesestunde, in der sie im Deutschunterricht ein

6 Für Informationen zu leseanimierenden Verfahren im Deutschunterricht siehe Kapitel 5.5.1.

Buch ihrer Wahl lesen dürfen. Freie Lesestunden werden vorwiegend zur Motivation leseschwacher SchülerInnen genutzt (vgl. ebd. S. 81-84).

LehrerInnen als Lesevorbild

Fenkart (2014: S. 299) schreibt, dass LehrerInnen als Vorbilder fungieren und somit großen Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung sowie das Lese- und Mediennutzungsverhalten von SchülerInnen nehmen. Daher sollten die SchülerInnen nicht die Einzigen sein, die Textarbeit leisten, Bücher mitbringen oder über sie sprechen. Auch LehrerInnen aller Fächer könnten von Zeit zu Zeit Bücher in den Unterricht mitbringen, den SchülerInnen Texte als Freizeitlektüre anbieten oder begeistert von einem zum Thema passenden Jugendbuch erzählen. Auf diese Weise können LehrerInnen ihren Habitus und ihre Vorlieben in den Unterricht einbringen (vgl. Fenkart 2007: S. 60).

Leseempfehlungen von LehrerInnen

Grenz (2010: S. 143) vertritt die Ansicht, dass Kinder und Jugendliche bei der Suche nach für sie interessanter Lektüre von LehrerInnen unterstützt werden sollten.

LehrerInnen, die sich dafür interessieren, was ihre SchülerInnen in der Freizeit lesen, die sie mit Lesetipps unterstützen und im Anschluss mit ihnen über das Gelesene sprechen, um ihre Freude am Lesen zu wecken, gibt es, wie Pieper et al. (2004: S.

23) schreiben, aber eher selten.

In Bezug auf Leseanregungen ist die Untersuchung von Bucher (2004: S.

226f.) besonders interessant, da sie sowohl die Einschätzungen der SchülerInnen als auch der LehrerInnen anführt und auf die Diskrepanz zwischen beiden verweist:

Obwohl 91% der GymnasiallehrerInnen, 77% bzw. 61% der Sekundar- und RealschullehrerInnen und 80% der PrimarlehrerInnen angeben, dass sie ihre SchülerInnen häufig auf interessante Bücher aufmerksam machen, geben 45-55%

der SchülerInnen an, dass sie selten oder gar keine Buchtipps von ihren LehrerInnen erhalten. Möglicherweise weichen diese Einschätzungen deshalb so stark voneinander ab, weil sich die Lehrpersonen zu stark am Deutschunterricht orientieren und die SchülerInnen die vorgeschlagene Lektüre nicht als Freizeit-geeignet betrachten (vgl. ebd. S. 227).

Vor allem Buben lehnen es laut Franzmann (2003: S. 33) ab, Schultexte privat zu lesen. 75% der befragten 15-jährigen SchülerInnen, zu denen vorwiegend Jungen

gezählt werden können, lesen nie Bücher, die ihnen von der Lehrperson empfohlen wurden. 22% machen dies ab und zu und 3% öfter (vgl. Franzmann 2003: S. 33).

Ausstattung von Schulen

Für eine Förderung der Lesemotivation und -freude ist laut Kaufmann (2015: S. 78) neben Leseanregungen von LehrerInnenseite eine angemessene Ausstattung der Schule mit Lesemedien vonnöten.

Böck und Bergmüller (2009: S. 359) schreiben, dass eine Schulbibliothek Zugang zu Lese- und anderen Medien bieten sollte. Ihre Aufgabe ist es, das schulische und außerschulische Lesen miteinander zu verknüpfen und so als „Tor zur Wissensgesellschaft“ zu agieren.

Aus einer Studie von Böck und Bergmüller (2009: S. 365f.) zu den Lesegewohnheiten der SchülerInnen und zur Leseförderung an Schulen geht hervor, dass im Jahr 2006 98% der österreichischen AHS-Unterstufen und 92% der österreichischen Hauptschulen über eine Schulbibliothek verfügten. Bei den AHS-Oberstufen, BHS und BMS waren es 96%. Bei den Berufsschulen konnten nur 71%

und an der PTS 47%, eine Schulbibliothek nutzen. Knapp ein Drittel (32%) der 15-/16-Jährigen hatte keinen oder nur einen eingeschränkten Zugang zu Schulbibliotheken (vgl. ebd.).

Digitale Medien im Deutschunterricht

Böck und Bergmüller (2009: S. 359) schreiben, dass schulische Leseförderung nach wie vor eng an das Medium Buch bzw. an das Genre der erzählenden Literatur geknüpft ist. Eine Befragung von Bertschi-Kaufmann und Wiesner (2009: S. 223) ergab, dass digitale Medien in der Schule kaum berücksichtigt werden. Das schulische Lesen stützt sich auf gedruckte Texte, Lehrmittel und von der Lehrperson aufbereitete Arbeitsmaterialien.

Die Verwendung von digitalen Medien – in der Schule wie auch in der Freizeit – kann die Bedeutung des Lesens für Kinder erhöhen und die Lust am Lesen fördern (vgl. Bertschi-Kaufmann/Härvelid 2011: S. 42). Gerade auf Jungen wirkt eine Leseförderung im multimedialen Kontext sehr motivierend (vgl. Garbe 2011: S. 81).

Außerdem sollen SchülerInnen durch den Einsatz unterschiedlicher Medien im Deutschunterricht zu einem kompetenten und kritischen Medienumgang erzogen werden (vgl. Rauch 2012: S. 53).