Interviewleitfaden zum Thema
„Das Lesen von Büchern im Deutschunterricht.
Nach welchen Kriterien wählen DeutschlehrerInnen Bücher für ihre SchülerInnen aus?“
Einstiegsfrage: Am Anfang unseres Interviews möchte ich mir gerne ein Bild von Ihrer Berufsausbildung und Ihrer momentanen Situation als DeutschlehrerIn machen.
Fangen wir damit an:
• Ich möchte Sie bitten mir Ihre berufliche Laufbahn zu beschreiben: Warum wollten Sie DeutschlehrerIn werden?
• Haben sich Ihre Erwartungen bestätigt?
• (Wie lange arbeiten Sie schon als DeutschlehrerIn?)
• Welche Klassen unterrichten Sie in diesem Schuljahr im Fach Deutsch?
• Können Sie mir einen Eindruck von diesen Klassen geben? (Anzahl der SchülerInnen, Herkunft, Geschlecht etc.)
• Lesen sie gerne Bücher?
• Würden Sie Ihre SchülerInnen als sehr, mittelmäßig oder gar nicht motiviert zum Lesen beschreiben?
• Woran denken Sie, könnte das liegen?
• Wie gehen Sie vor, um die Lesemotivation von Kindern und Jugendlichen zu stärken?
• Welche Klassenlektüre wählen Sie dazu?
Lesen im Deutschunterricht allgemein
• Welche Position nimmt Lesen in Ihrem Deutschunterricht ein? Ist Lesen für Sie wichtig?
• Welchen Einfluss hat Ihrer Einschätzung nach die Schule auf die Lesesozialisation von Kindern und Jugendlichen?
• Was lesen Sie mit Ihren Deutschklassen normalerweise? (Lesebuch, Kinder- und Jugendliteratur)
• Haben Sie Interesse daran, was SchülerInnen in der Freizeit lesen?
• Versuchen Sie das zu berücksichtigen?
Lesen im Deutschunterricht
• Wie sehen Sie Klassenlektüre?
• Welche Klassenlektüre lesen Sie in diesem Schuljahr mit Ihren SchülerInnen?
• Warum genau diese?
• Gibt es Gründe dafür, warum Sie diese Bücher ausgewählt haben?
(Empfehlungen von KollegInnen, Fortbildungen, eigene Kinder, Orientierung am Kanon etc.)
• Haben Sie die Auswahl selbst getroffen oder hatten die SchülerInnen ein Mitspracherecht?
• Wenn selbst getroffen: Sind die SchülerInnen mit Ihrer Auswahl zufrieden?
• Wie machen Sie das sonst? Wie werden Bücher als Klassenlektüre in der Regel ausgewählt? (eigenständige Entscheidung, Empfehlungen, Fortbildungen, Vorhandensein der Bücher an der Schule)
• Werden Bücher auf Grund von Empfehlungen von KollegInnen ausgewählt?
• Gibt es Fortbildungen zu diesem Thema? (Wenn ja: Besuchen Sie diese?)
• Haben die SchülerInnen ein Mitspracherecht bei der Auswahl von Büchern, die in der Schule bzw. für die Schule gelesen werden müssen?
• Wenn ja, inwiefern?
• Welche Erwartungen haben Sie an ein Buch, wenn Sie Bücher für die Klassenlektüre aussuchen?
• Können Sie mir erzählen, wie Sie da vorgehen?
• Wie soll ein Buch für den Deutschunterricht sein? (Wie war es das letzte Mal?)
• Welche Faktoren vonseiten der Literatur und vonseiten der SchülerInnen beziehen Sie in die Auswahl von Büchern mit ein? (Geschlecht, Funktionen, Kanon)
• Wie wird bei der Auswahl von Büchern für die Schulbibliothek vorgegangen?
• Wie reagieren Sie als LehrerIn auf Kritik von SchülerInnen, Eltern und KollegInnen an der Buchauswahl für den Deutschunterricht?
• Gehen Sie auf Kritik seitens der SchülerInnen ein?
• Wenn ja, wie?
• Welche Erfolge haben Sie: Kritisieren SchülerInnen die von Ihnen ausgesuchten Bücher?
• Können Sie mir das beschreiben?
Kinder- und Jugendliteratur im Deutschunterricht
• Welche Rolle spielt Kinder- und Jugendliteratur in Ihrem Deutschunterricht?
Aktivitäten vor, während und nach dem Lesen
• Wie ist das, wenn SchülerInnen bei Ihnen im Deutschunterricht Bücher lesen?
Können Sie mir das beschreiben?
• Wird ein Buch gemeinsam in der Schule gelesen oder lesen die SchülerInnen es selbstständig zuhause?
Transkriptionen (siehe Folgeseiten)
Interview Lehr1
I: Ich möchte dich am Beginn bitten, mir kurz deine berufliche Laufbahn zu 1
beschreiben? Warum wolltest du Deutschlehrerin werden? #00:00:16-9#
2 3
Lehr1: (lacht) Ok. Warum wollte ich Deutschlehrerin werden? Ähm (.) Weil 4
mir Sprache/Also Sprachen generell haben mich sehr interessiert und ich 5
habe ja zuerst Englisch/Italienisch ähm Lehramt gemacht. Und dann war 6
das Thema, ok, ein drittes Fach. Eher aus ähm ähm jobtechnischen 7
Gründen, einfach um einen Job zu bekommen. Und dann war es für mich 8
bei Deutsch ganz stark die Vielfalt. Also eben nicht nur die Literatur, 9
sondern auch, dass man eben auch viel mit Präsentieren machen kann und 10
weil ich Deutsch so ganz stark so als Grundlage für ganz vieles sehe. Also 11
auch so Textverständnis und das Umgehen mit Sprache generell und ja.
12
Und ähm. Also berufliche Laufbahn: Meinst du jetzt wie lange ich jetzt 13
schon Deutschlehrerin bin oder? #00:01:03-4#
14 15
I: Genau, ja. #00:01:05-0#
16 17
Lehr1: Ok. Das eigentlich erst seit 2010. Das heißt seit fünf Jahren und ich 18
habe zuerst begonnen an der Neuen Mittelschule. Also Neue Mittelschule X 19
ein Jahr und dann/Also eigentlich zwei Jahre Neue Mittelschule und am X 20
habe ich erst seit einem Jahr eine Deutschklasse. #00:01:27-8#
21 22
I: Die Neue Mittelschule ist für mich eh interessanter, weil es sich eher auf 23
12- bis 14-Jährige bezieht. #00:01:32-6#
24 25
Lehr1: ACHSO. Na, super. Ok, dann reden wir jetzt über die Neue 26
Mittelschule. Ok, ja passt. #00:01:33-6#
27 28
I: Und haben sich deine Erwartungen bestätigt? #00:01:33-6#
29 30
Lehr1: Erwartungen hinsichtlich was? #00:01:35-7#
31 32
I: Wie dein Beruf ausschauen wird und die Berufswahl? #00:01:44-1#
33 34
Lehr1: Ja. Also ich meine/Bei mir ist es generell eher ein bisschen ein 35
Sonderfall. Weil dadurch dass ich schon vorher als Lehrerin gearbeitet 36
habe und zwei Fächer gehabt habe, habe ich jetzt/War das jetzt keine so 37
große Überraschung. Insofern für Deutsch hmmm (..) schon bestätigt, weil 38
ich jetzt, glaube ich, ziemlich klare Vorstellungen gehabt habe, was alles, 39
was das beinhaltet, jetzt vom Stoff her und so. Und da war jetzt keine große 40
Interview Lehr1
Überraschung, auch, dass sich da jetzt weiß ich was geändert hätte, auch 41
durch (..) neue Matura und so, also. Ist vielleicht anders, wenn man jetzt 42
schon 20 Jahre unterrichtet oder so, oder halt, ja, also nein, keine großen 43
Lehr1: mhm (bejahend) Also jetzt Neue Mittelschule und da? #00:02:18-0#
49
Vielleicht die Geschlechteraufteilung, oder auch, ob es MigrantInnen gibt 57
und die Anzahl der Schülerinnen und Schüler? #00:02:19-5#
58 59
Lehr1: Also NMS ist eine Klasse/sind 25 Schüler, wobei (..) Geschlecht ist 60
da ziemlich ausgeglichen. (.) Also, ich weiß nicht, muss das ganz genau 61
sein oder? Also ungefähr gleich viel Mädchen wie Burschen. Ähm 62
Migranten, also Kinder mit Migrationshintergrund: Ja, ABER alle in 63
Österreich geboren ähm und man merkt es nur bei denen, die äh 64
zuhause/wo die Eltern nicht Deutsch zuhause sprechen. Da kommt das 65
durch. Ansonsten (.) merkt man das eigentlich gar nicht, bis auf den Namen.
66
Wobei in dieser Klasse sind zwei Mädchen, die sind heuer aus Tschechien 67
äh hergezogen mit ihren Eltern und die sind wirklich/also die haben auch 68
noch zusätzlich Deutsch als Fremdsprache Unterricht. Also da müssen wir 69
wirklich extra, ja, (.) fördern oder halt versuchen, dass sie gut mitkommen.
70
Das ist die eine Klasse. Die andere Klasse ist eine Integrationsklasse. Das 71
heißt, die haben/da gibt es eine eigene Integrationslehrerin und die Schüler, 72
die meine Kollegin und ich – weil das ist ja Team-Teaching immer – 73
betreuen sind 15 und davon sind (.) fünf Burschen, (.) oder sechs, ja. Und 74
da haben wir auch Kinder, deren Eltern jetzt nicht Österreicher sind, aber 75
das macht sich KAUM bemerkbar. Außer wie gesagt, wenn sie zuhause 76
nicht Deutsch sprechen, dann ein bisschen schon. #00:03:59-8#
77 78
I: Ok. Und hast du den Eindruck, dass deine SchülerInnen da in der NMS 79
gerne Bücher lesen? #00:04:08-4#
80
Interview Lehr1
81
Lehr1: Hmm. (lacht) Also EINIGE sehr gerne. Es gibt die totalen Leseratten, 82
(..) die dann teilweise auch selber schreiben. Also, wo das Lesen dann 83
wirklich zum Schreiben führt und die dann selbst kleine Geschichten 84
schreiben und uns das dann auch zeigen ganz stolz. Und dann gibt es die, 85
die wirklich gar nicht lesen. Also mit Lesen/Es ist ja so eine Sache, was 86
versteht man unter Lesen? Also, wenn wir jetzt von Büchern sprechen/Ich 87
I: Nein schon Bücherlesen. #00:04:36-1#
91
dann zum Lesen einstufen, wenn du gemeinsam mit ihnen liest? #00:04:45-97
6#
98 99
Lehr1: Hmmm. Mit ihnen gemeinsam, mittelmäßig. Es ist immer schwierig, 100
weil es gibt immer die, die es total interessiert und wenn man mit ihnen 101
gemeinsam liest, dann habe ich aber schon den Eindruck, auch die die es 102
privat gar nicht lesen würden, kann man bis zu einem gewissen Grad 103
motivieren. Es kommt halt sehr auf die Buchauswahl an. Aber, vielleicht 104
wenn man es zusammenfasst: mittelmäßig. Aber es ist bei so etwas immer 105
schwierig zu verallgemeinern. Total. #00:05:10-7#
106 107
I: Ja. Woran denkst du, dass das liegen könnte, dass die einen eben viel 108
lieber lesen, als die anderen? #00:05:16-9#
109 110
Lehr1: (lacht) Hmm, ja. (..) Sehr sehr viel: (..) Umfeld und zuhause. Also, 111
also wenn da Bücher vorhanden sind und ich finde das ganz stark. Also die 112
Schule kann schon motivieren, natürlich. Aber, aber weil/Der Großteil 113
passiert halt trotzdem noch zuhause, in ihrer Freizeit. Und wenn ich da nie 114
Kindern und Jugendlichen zu erhöhen? Welche Klassenlektüre wählst du 123
Klassenlektüre ist teilweise/viele Sachen die sich schon länger bewährt 127
haben. Also man bekommt einfach viele Tipps. Also von Kollegen und 128
Kolleginnen. Und es ist ja auch so, dass auch bei uns jetzt zum Beispiel am 129
X (In X weiß ich es nicht so genau, aber es wird sicher ähnlich sein), dass 130
gewisse Werke angeschafft werden von der Bibliothek. Ähm. Das sind halt 131
so die Klassiker. Also, die die/Ich meine früher war es Die Kinder vom 132
Bahnhof Zoo zum Beispiel. Heute ist es/Was wir in X gelesen haben, ist 133
zum Beispiel Löcher von Louis Sachar. Das ist im Original Holes. Ähm. Und 134
damit gemacht, die Schüler selbst zu fragen. Äh. Man muss aber sehr stark 138
aufpassen: Mädchen und Burschen, gerade in DEM Alter. Also was für 139
mich immer ein bisschen so ein Erfolgsrezept ist, ist eine Lektüre 140
auszuwählen, die Mädchen UND Burschen anspricht. Also jetzt gar nicht so 141
und Burschen ansprechen könnte? Ja. (lacht) #00:07:18-8#
145 146
I: (lacht) Ok. Und welche Position nimmt für dich Lesen im 147
Deutschunterricht im Allgemeinen ein? Ist Lesen für dich sehr wichtig oder 148
spielt es nur eine Randposition? #00:07:21-9#
149
oder Aufgaben- Leseaufgaben für zuhause mitbekommen. #00:07:41-5#
155
natürlich genauso wichtig, ihnen schreiben beizubringen. Ja. Ähm. Lesen 159
ist halt sehr, wie ich schon erwähnt habe, für mich auch ein bisschen eine 160
Interview Lehr1
Basis auch für Schreiben. Weil ich bekomme so viel. Ich erweitere meinen 161
Wortschatz unbewusst. Ähm. Leseaufgaben bekommen sie von uns/Das ist 162
Was es nicht gibt, ist immer wieder so regelmäßig dieses, so als Aufgabe 166
nicht. Was aber/Und das führt vielleicht ein bisschen darüber hinaus. Ich 167
finde, Lesen sollte ganz stark, also in mehrere Fächer einfließen. Und ähm 168
was es zum Beispiel in X gibt – aber ich kenne es auch von anderen NMS – 169
ist die rotierende Lesestunde. (.) Das heißt, das ist eine Stunde, die rotiert 170
Auch LehrerInnen. Egal wer drin ist. Das kann natürlich dann auch/trifft ja 176
dann immer einen anderen Gegenstand. Die SOLLTEN – und die meisten 177
tun es dann wirklich – die haben ein Buch mit. Und am Ende, die letzten 178
vier Minuten, wird in so eine Art Lesetagebuch halt reingeschrieben, welche 179
Kapitel gelesen worden sind und ganz kurz einen Eindruck oder 180
irgendeinen Satz. Und das finde ich EXTREM wichtig. Also, dass man 181
Lesen/Weil im Unterricht selbst/Also so wie du sagst: Es ist wahrscheinlich 182
dann eher die Leseaufgabe zuhause, muss man immer schauen: Passt das 183
rein? Geht es sich zeitlich aus? Also, (..) ich finde, man sollte fast mehr 184
versuchen, irgendwie so, sie zum Lesen zu motivieren, dass sie es dann 185
selbst machen. Aber das ist ein HOHES Ziel. (lacht) #00:09:29-6#
186 187
I: Das stimmt. Ähm. Und was liest du mit deinen Deutschklassen 188
normalerweise. Also eher direkt Bücher oder auch aus dem Lesebuch oder 189
irgendeine Zeitschrift, die ihr abonniert habt? #00:09:43-3#
190 191
Lehr1: Ähm. Naja Lesebuch haben wir so direkt nicht. Also das ist nicht 192
wirklich jetzt vorgesehen. Ähm. Es gibt pro Jahr eine große Klassenlektüre 193
bei uns. Also heuer war das eben Löcher von Louis Sachar. Dann haben 194
wir letztes Jahr gelesen, da waren sie noch kleiner, ähm Ronja 195
Räubertochter zum Beispiel oder Am Montag ist alles ganz anders von der 196
Christine Nöstlinger. Äh. Wir lesen aber auch aus dem „Topic“. Das ist 197
diese Zeitschrift, die es ja für die Unterstufe gibt. Also es gibt ja „Jö“ - erste, 198
zweite Klasse, „Topic“ - dritte, vierte. Äh. Das ist eher so ein bisschen/Das 199
LehrerInnen, die das ganz stark dann/die wirklich damit arbeiten.
203
Arbeitsaufgaben, das machen wir weniger. Gibt es aber. Wir haben ihnen 204
auch einmal so/Es gibt so ein Quiz, das können sie selbstständig machen.
205
Gibt es im Internet zum Herunterladen, zum „Topic“. Wir verwenden es 206
eher so zum/rein zum Vergnügen, ja. #00:10:45-3#
207 208
I: Ok. Und zeigst du auch Interesse daran, was deine SchülerInnen in der 209
Lehr1: Ja, also wenn wir es erfahren und äh wir versuchen, Betonung auf 213
VERSUCHEN Interesse zu zeigen. Oft ist es wirklich, dass es halt an der 214
Zeit/Also, dass wir es jetzt so groß in der Klasse diskutieren (..) manchmal, 215
man erfährt mehr so in Pausengesprächen. (..) So dass sie halt erwähnen:
216
„Mah das lese ich gerade.“ Aber wir versuchen DEFINITIV es zu 217
berücksichtigen. Ich finde das ist ganz ein wichtiger Faktor. Nur muss man 218
aufpassen: Wenn jetzt halt ein Mädchen kommt und sagt: „Mah ich lese 219
gerade“ äh, ich weiß nicht, irgendetwas es gibt so viele Pferdebücher, (.) 220
immer noch. Das wird nie Erfolg haben bei allen, weil wenn man es für alle, 221
I: (lacht) Das stimmt. Und wie siehst du Klassenlektüre so im Generellen?
225
Was liest du in diesem Schuljahr? Holes? #00:11:42-0#
226 227
Lehr1: Genau, Löcher heißt das von Louis Sahar. Das kommt gut an 228
generell und zwar schon seit Jahren, also ähm. Weil du meinst wie siehst 229
du Klassenlektüre generell, also? #00:11:50-1#
230 231
I: Ob du das für wichtig erachtet, dass ein Buch auch in der Klasse oder 232
dann als Aufgabe zuhause gelesen wird, oder? #00:12:02-4#
233
Lektüreplan gearbeitet, wo sie wirklich ganz viele Aufgaben bekommen 237
haben dazu. Auch kreative Aufgaben. Also ich nenne nur ein Beispiel: In 238
diesem Buch ähm das ist ein sehr/Geschichte mit verschiedenen 239
Zeitebenen und das spielt teilweise im, damals noch „Wilden Westen“. Und 240
Interview Lehr1
da gibt es, äh/da kommt so eine Szene vor, wo eine gewisse Miss 241
Catherine ihre selbst gemachten Pfirsiche, die sie halt eingelegt hat, in so, 242
so wie Marmelade so ähnlich, verkauft. Das ist die Szene und wir haben sie 243
das sehr, sehr wichtig. #00:12:42-3#
247 248
I: Ja. Und warum hast du genau DIESE zwei Bücher ausgewählt? Aufgrund 249
von Empfehlungen von Kolleginnen und Kollegen? Oder gibt es auch 250
Fortbildungen zum Beispiel zu Lektüre? #00:12:51-6#
251 252
Lehr1: Äh. Ja. Ich meine, die wird es sicher geben. Ich meine, mit dem 253
Thema Fortbildung ist es bei uns jetzt so: Es ist alles im Moment so sehr 254
auf die Matura ausgelegt. Ich persönlich, habe ich schon einmal eine 255
Fortbildung zum Thema Literatur/? Puuh. Weiß ich gar nicht. Aber ich weiß, 256
dass es sie gibt. Definitiv. Was auch ein guter Tipp ist: Es gibt so/zum 257
Beispiel „Das österreichische Institut für Kinder- und Jugendliteratur“ glaube 258
ich, heißen die und die veröffentlichen so/Es gibt natürlich 259
Empfehlungslisten. Äh. Es gibt auch Schulen, die pro Jahrgang 260
Empfehlungslisten haben oder in der Fachgruppe sprechen wir das 261
teilweise auch ab. Also einerseits eben Empfehlungen von Kolleginnen und 262
Kollegen, dann diese offiziellen, also „offiziellen“ Listen, ja. Aber man findet 263
auch/Man braucht im Internet wenn man eintippt: „Klassenlektüre vierte 264
Klasse oder so“ oder halt, was ist das dann? äh. Neunte, achte Schulstufe, 265
findet man ja auch ganz viele Empfehlungen. #00:13:43-4#
266 267
I: Ok. Und diese Auswahl für heuer hast du selbst getroffen oder hatten die 268
Schülerinnen und Schüler da Mitspracherecht? #00:13:49-6#
269 270
Lehr1: (lacht) Die haben wir (..)/Die haben wir tatsächlich selbst getroffen.
271
nicht sagen: „So was wollt ihr lesen?“ und dann kommt nichts, sondern zwei, 278
drei zur Auswahl stellen zum Beispiel ja. #00:14:20-0#
279 280
Interview Lehr1
I: Mhm. Und mit deiner Wahl – Holes zum Beispiel – waren die 281
Schülerinnen auch zufrieden dann? #00:14:27-8#
282 283
Lehr1: Ja. Äh. Im Großen und Ganzen. Es gibt schon immer wieder/Es hat 284
Kritik gegeben/Also ich glaube, dass alle so super zufrieden sind/Aber ich 288
glaube das ist gar nicht so ähm das Ziel. Für mich ist auch das Ziel: Okay.
289
Ich bleibe vielleicht trotzdem beim Buch dabei, setze mich kritisch damit 290
auseinander und begründe dann auch, warum es mir nicht gefallen hat.
291
Also, aber im/so unterm Strich, also, weil der Maßstab kann ja echt nicht, 292
also wenn man sagt, das muss allen gefallen. Das geht ja nicht. Aber 293
unterm Strich/Also ich sehe das schon als Erfolg, dass sie dabeigeblieben 294
sind und das gelesen haben. Also. (lacht) #00:15:12-5#
295
wie du da vorgehst und wie ein Buch für den Deutschunterricht für dich sein 299
Geschichten aus ihrer Lebenswelt sein dürfen, ganz und gar nicht. Das ist 304
ja der Sinn und Zweck von Literatur, dass man irgendwie einen 305
Gegenentwurf hat, also irgendetwas ganz Anderes. Deshalb sind auch 306
diese ganzen äh Fantasy-Geschichten zur Zeit so erfolgreich. Und ähm für 307
mich muss ein Buch: Es muss einerseits irgendetwas haben, womit sie sich 308
schon identifizieren können, aber was auch eine komplette Alternative zu 309
ihrer Welt darstellt. Einfach dass sie einmal etwas komplett Anderes 310
kennenlernen. Und dann muss es eben auch, das ist jetzt/würden 311
wahrscheinlich/LiteraturwissenschaftlerInnen würden das gar nicht so 312
sehen. Man instrumentalisiert die Literatur ja auch irgendwie. Man 313
verwendet sie ja für einen gewissen Zweck. Das heißt, es muss/es müssen 314
sich daraus ja irgendwelche, jetzt sage ich es einmal ganz – für 315
Literaturwissenschaftler ist das wirklich schlimm – aber Aufgaben erstellen 316
lassen, ja. Äh ähm. Das man sagt: Okay man nimmt da jetzt einmal ein 317
Kapitel raus und arbeitet da konkret zum Thema: Weiß ich nicht, äh, welche 318
Motive finden sich da drin? Oder: Wie ist denn die Erzählperspektive? Oder 319
schreib einmal, schreib jetzt zu diesem Kapitel einen Brief aus der Sicht 320
Interview Lehr1
I: Doch, doch. Danke. Und welche Faktoren auf Seiten der Literatur und auf 325
Seiten der SchülerInnen beziehst du da mit ein? Also da meine ich 326
Funktionen, also zum Beispiel ein Buch als Themenlieferant, das 327
Geschlecht oder auch den literarischen Kanon. #00:17:01-9#
328 329
Lehr1: Ja, der literarische Kanon. (lacht) Ach so, du meinst, ob das jetzt ein 330
Kriterium für die Auswahl ist? #00:17:06-8#
331 332
I: Genau. #00:17:17-0#
333 334
Lehr1: Ja, ist es sicher auch. Wobei dieser Kanon (..)/Es ist immer so eine 335
Sache, ob es den überhaupt noch gibt. Ich meine, geben tut es ihn schon, 336
aber aber ich glaube es sollte vielleicht eine Mischung sein. Also dass man 337
sagt: Ok man nimmt jetzt vielleicht einmal ein Buch aus diesem Kanon und 338
jetzt vielleicht einmal ganz eine Neuerscheinung, oder so. Und Geschlecht:
339
GANZ eine große Rolle. Also ich finde, das ist wirklich gerade in der 340
Altersstufe/Und dann, Buch als Themenlieferant. Ja. Oder auch umgekehrt.
341
Also wenn ich jetzt weiß, ok/Zum Beispiel in X ist es so, die haben immer 342
ein Jahresprojekt. Das ist eine große Theateraufführung und wo auch der 343
Schulchor dabei ist und vor drei, vier Jahren kann ich mich erinnern, war 344
das Odysseus als Thema und dann haben wir auch eben viel zum Thema 345
Mythologie gearbeitet und so. Also ich glaube, es ist so ein Kreis. Also 346
entweder ich weiß, ich bearbeite ein Thema, dann schaue ich: Gibt es dazu 347
ein Buch? Oder: Ah, ähm, jetzt finde ich gerade ein Buch, das das Thema 348
„Mobbing“ ganz gut aufbereitet. Dann können wir da dazu arbeiten. Also es 349
geht so ineinander finde ich, ja. #00:17:57-0#
350
Lehr1: Also ich würde mir ja wünschen/Also wenn es Kritik von den Eltern 356
gibt, das zeigt ja ganz großes Interesse. (..) Von Schülern: Auf JEDEN Fall
gibt, das zeigt ja ganz großes Interesse. (..) Von Schülern: Auf JEDEN Fall