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Auswahl von Texten und Büchern für den Deutschunterricht

6. Empirische Befunde zu Buchlesegewohnheiten

7.2 Auswahl von Texten und Büchern für den Deutschunterricht

zur Lektüre im privaten Kontext angeregt werden, hängt unter anderem auch davon ab, wie und mit welchen Texten im Literaturunterricht gearbeitet wird (vgl. Kaufmann 2015: S. 75).

Schönbaß (2008: S. 62) geht davon aus, dass viele SchülerInnen Bücher für den Deutschunterricht nur deshalb lesen, weil es von der Lehrperson verlangt wird und einen Einfluss auf die Deutschnote hat. Vergnügen bereitet es ihnen meist nicht.

Dies betrifft sogar SchülerInnen, die in ihrer Freizeit sehr gerne lesen. Gründe dafür

könnten die Thematik der ausgewählten Bücher sein, die nie alle SchülerInnen anspricht, oder auch die vorgegebene Zeit, innerhalb welcher das Buch gelesen werden muss (vgl. ebd.).

Im Deutschunterricht werden meist drei Arten von Texten bzw. Büchern gelesen: Lesebücher, Ganzschriften und Werke der literarischen Tradition (vgl.

Fritzsche 2004: S. 225f.). Besonders bei kanonisierten Werken finden die SchülerInnen meist keinen Bezug zu ihrem eigenen Leben (vgl. ebd. S. 226). In der Schule spielen laut Gattermeier (2008: S. 325) nur vier Genres eine gewichtige Rolle:

Bücher über Probleme von Jugendlichen, klassische Literatur, Gedichte/Gedichtbände und Dramen.

Die Interessen der SchülerInnen werden bei der Textauswahl häufig nicht miteinbezogen (vgl. Kaufmann 2015: S. 76). Aus einer Studie von Plath und Richter (2003: S. 45) geht hervor, dass bereits in der Volksschule nicht das gelesen wird, was sich SchülerInnen wünschen. Im Gegenteil: Es werden oft Bücher gelesen, die von Kindern nur auf den letzten Platz ihrer Wunschlisten gewählt wurden (vgl.

Plath/Richter 2003: S. 45).

Alter und Geschlecht der Lehrpersonen haben laut Bucher (2004: S. 228) einen starken Einfluss darauf, ob Freizeitlektüre in den Unterricht miteinbezogen wird oder nicht: „Frauen und jüngere Lehrer bemühen sich offenbar stärker, den Bezug zur Freizeitlektüre herzustellen“ (ebd. S. 228). Obwohl die von Bucher (2004: S. 228) befragten LehrerInnen eine Vielzahl an Ideen nannten, wie man Freizeitlektüre in den Unterricht einbauen könnte, setzen es offenbar nur die wenigsten in der Praxis um.

7.2.1 Wünsche und Erwartungen von SchülerInnen an Schullektüre

Kinder wählen Bücher anders aus als Erwachsene. Sie verlassen sich bei der Auswahl auf ihr Interesse bezüglich Themen, Geschichten und Genres. Oft greifen sie auf Textsorten zurück, mit denen sie sich bereits in der Vergangenheit auseinandergesetzt haben oder orientieren sich an MitschülerInnen, auf deren Empfehlungen sie sich verlassen (vgl. Bertschi-Kaufmann 1998a: S. 103f.) Besonders bei den 10- bis 13-Jährigen fällt auf, dass sie sich bei der Auswahl ihrer Lesestoffe stark an den aktuellen Trends und Vorgaben von Medien und der Peer-Group orientieren (vgl. Garbe 2003a: S. 19).

Ein wichtiges Entscheidungskriterium für Kinder ist meist auch die Seitenanzahl von Büchern. Sie greifen häufig zu „dünneren“ Büchern, um das Lesen

zuerst zu trainieren und sich mit Büchern vertraut zu machen, bevor sie sich für ein

„dickes“ Buch entscheiden (vgl. Bertschi-Kaufmann 1998a: S. 103f.).

Kinder und Jugendliche wünschen sich, unabhängig von Geschlecht und Altersstufe, vorrangig phantastische alltagsferne Literatur (vgl. Kaufmann 2015: S.

76). Darüber hinaus schätzen sie Geschichten, in denen Spannungsmomente vorkommen und die von Abenteuern handeln (vgl. Richter 2014: S. 382).

Bücher sind für Kinder und Jugendliche vor allem dann interessant, wenn Themen, Fantasien und Vorgänge aufgegriffen werden, die sie selbst beschäftigen.

Häufig lesen sie Bücher, um sich mit den Romanfiguren identifizieren und in ihr Leben eintauchen zu können (vgl. Schönbaß 2010b: S. 83).

Auch die Neugier an tabuisierten Themen, wie der ersten Liebe oder Sex, können Kinder und Jugendliche dazu bringen, Bücher zu lesen. Zu diesen wird häufig aus emotionalen Gründen gegriffen (vgl. ebd. S. 88).

7.2.2 Anforderungen von DeutschlehrerInnen an Schullektüre

Erwachsene wollen, dass Kinder sich mit möglichst „hochwertiger“ Literatur beschäftigen und so schnell Zugang zur literarischen Welt bekommen (vgl. Bertschi-Kaufmann 1998a: S. 103f.). Es passiert daher oft, dass Erwachsene übersehen, dass Kinder auch als geübte LeserInnen noch „das Einfache, das sich Wiederholende und zum Teil Triviale brauchen“ (Bertschi-Kaufmann 1998a: S. 104).

SchülerInnen treffen in der Schule meist keine Literatur an, die ihren Interessen entspricht, denn

viele Lehrerinnen und Lehrer verbinden mit dem Literaturunterricht zugleich die Aufgabe, sich mit der gesellschaftlichen Realität kritisch auseinander zu setzen.

Lesen verbinden sie oft in erster Linie mit sozial-aufklärerischen Zielen, sie suchen für Klassenlektüren zum Beispiel ein ‚Buch zum Thema’ und verfehlen damit allerdings häufig die Leseinteressen, die für den Aufbau einer stabilen Lektürepraxis notwendig sind (Bertschi-Kaufmann 2002: S. 154).

Obwohl LehrerInnen in ihrer Freizeit selbst am liebsten Bücher lesen, die spannend sind, suchen Lehrpersonen Schullektüre schon in der Grundschule nach pädagogischen Kriterien aus – ein Buch soll zu Toleranz erziehen oder aktuelle Probleme der Kinder thematisieren (vgl. Plath/Richter 2003: S. 45f.).

Kriterien für die Buch- und Textauswahl

Ein wichtiges Kriterium für die Textauswahl ist die „Entwicklungsangemessenheit“.

Dies bedeutet, dass sich ein Text an entwicklungsspezifischen Lebensthemen und Entwicklungsaufgaben von Kindern und Jugendlichen orientieren sollte (vgl. Daubert 2006: S. 17).

Vor allem realistische und problemorientierte Jugendromane haben sich im Unterricht aller Schularten etabliert. Grund dafür ist, dass realistische Problembücher meist als Impulsgeber für (aktuelle) Themen gelten, mit denen im Deutschunterricht weitergearbeitet werden kann (vgl. ebd. S.14).

Fenkart (2014: S. 309) sagt, dass für die Auswahl von Texten eine hohe Geschlechtersensibilität seitens der Lehrpersonen von Nöten ist. „Textsorten- und Themenvielfalt garantiert [sic!] einen Unterricht, der für beide Geschlechter und für verschiedene Interessen attraktiv ist. Diese Vielfalt garantiert aber auch einen Unterricht, der verschiedenen Defiziten und Bedürfnissen Rechnung trägt.“ (Fenkart 2007: S. 65)

7.2.3 Wie erfolgt die Buchauswahl für den Deutschunterricht?

In der Regel bestimmt die Lehrperson, welche Lektüre als Teil des Deutschunterrichts gelesen wird. SchülerInnen haben meist nur in einem geringen Maß Einfluss auf die Lektüreauswahl: Während PrimarschülerInnen Bücher noch öfter frei auswählen können, können sich RealschülerInnen und GymnasiastInnen – wenn überhaupt – nur für ein Buch aus einer vorgegebenen Liste entscheiden (vgl.

Bucher 2004: S. 220).

Schönbaß (2008: S. 64) fordert, SchülerInnen mehr Mitbestimmungsrecht bei der Lektüreauswahl für den Deutschunterricht zu gewähren und bewusster auf ihre individuellen Wünsche einzugehen. Schilcher und Hallitzky (2004: S. 133) halten es für eine gute Möglichkeit, den SchülerInnen verschiedene Bücher zu einem Rahmenthema anzubieten, aus denen sie sich eines aussuchen dürfen. Dieses müssen sie dann eigenständig lesen und anschließend im Unterricht präsentieren.

Auf diese Weise können sich SchülerInnen bei der inhaltlichen Wahl eines Buches stärker einbringen. Um zwischen unterschiedlichen Interessen zu differenzieren, sollten von der Lehrperson immer drei oder vier Bücher angeboten werden, sodass es sich dabei beispielsweise nicht eindeutig um „Mädchen- oder Bubenbücher“

handelt (vgl. Fenkart 2007: S. 64).

7.3 Literarische und nichtliterarische Texte im Deutschunterricht