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Bücher sind so vielseitig wie die Menschen. Bücher bringen uns zum Lachen oder Weinen, sie vermitteln Wissen, sie machen Angst und Mut. Für jeden ist das Passende dabei, die Schwierigkeit liegt nur darin, sich für eines der Bücher zu entscheiden!

(Grundner 2005: S. 81)

Graf (2007: S. 12) schreibt, dass die private Buchlektüre von Kindern meist geschätzt wird, denn in ihrer Freizeit können sie selbst entscheiden, was und wie sie lesen. In der Schule müssen sich Kinder und Jugendliche aber vor allem mit Pflichtlektüre auseinandersetzen. Dies führt oft dazu, dass sie Lesen als ein gespaltenes Phänomen kennenlernen (vgl. ebd.).

Wie viel LehrerInnen bei der Buchauswahl für den Deutschunterricht falsch machen können, zeigen zahlreiche Studien, wie beispielsweise jene von Bischof und Heidtmann (2002): Aus dieser geht hervor, dass die Bindung zum Buch durch das Lesen in der Schule häufig nicht verstärkt, sondern eher „zerstört“ wird. Dies liegt überwiegend daran, dass SchülerInnen mit der Buchauswahl der LehrerInnen oft unzufrieden sind (vgl. Bischof/Heidtmann 2002: S. 30f.).

Die Fachliteratur gibt Auskunft darüber, welche Wünsche und Erwartungen Kinder und Jugendliche an Schullektüre stellen (vgl. Kap. 7.2.1). Die Vorstellungen, die LehrerInnen von einem „guten“ Buch haben, decken sich aber nur selten mit jenen von Kindern und Jugendlichen (vgl. Bernd 2011: S. 26) (vgl. Kap. 7.2.2). Laut Kaufmann (2015: S. 76) werden die Vorlieben der SchülerInnen häufig nicht in die Buchauswahl der LehrerInnen miteinbezogen, was dazu führt, dass sich das Spannungsverhältnis zwischen den Interessen der SchülerInnen und der Auswahl von Texten durch die Lehrperson so steigern kann, dass es sich in weiterer Folge negativ auf die Lesemotivation von SchülerInnen auswirken kann.

Durch die Auswahl von Büchern, die ihren Erwartungen entsprechen, könnten SchülerInnen zum Lesen motiviert werden. Die Buchauswahl scheint LehrerInnen aber oft Probleme zu bereiten. Besonders für SchülerInnen der Sekundarstufe I (10- bis 14-Jährige) gestaltet sich die Buchauswahl schwierig. Einerseits sind viele 10- bis 14-Jährige über die kindliche Lektüre hinausgewachsen und wollen sich von ihr abgrenzen, andererseits sind viele aber noch nicht in der Lage, Erwachsenenliteratur in ihrer momentanen Lebenssituation als etwas subjektiv Bedeutsames zu erleben

(vgl. Daubert 2006: S. 12). Aufgrund dieser schwierigen Lage der 10- bis 14-jährigen BuchleserInnen konzentriert sich meine Diplomarbeit auf diese Zielgruppe.

Das Hauptanliegen meiner Diplomarbeit besteht darin, herauszufinden, welche Position (Buch-)Lesen im Deutschunterricht einnimmt und nach welchen Kriterien DeutschlehrerInnen Bücher für ihre SchülerInnen auswählen. Darüber hinaus soll in Erfahrung gebracht werden, wie LehrerInnen die Lesemotivation ihrer SchülerInnen einschätzen, und wie sie vorgehen, um diese zu stärken. Weiters soll herausgefunden werden, ob LehrerInnen Kritik an ihrer Buchauswahl wahrnehmen.

Neben der Beschäftigung mit grundlegender Fachliteratur bildet eine Befragung von acht Deutschlehrerinnen aus Kärnten mit Hilfe von problemzentrierten Leitfadeninterviews das Kernstück meiner Diplomarbeit. Die Interviews sollen unter anderem Auskunft darüber geben, wie LehrerInnen damit umgehen, dass SchülerInnen andere Erwartungen an das Buchlesen stellen, als sie selbst.

Das Untersuchungsvorhaben orientiert sich dabei an den zentralen Forschungsfragen:

• Wie schätzen LehrerInnen die Lesemotivation ihrer SchülerInnen ein und wie gehen sie vor, um diese zu verstärken?

• Welche Position nimmt Lesen im Deutschunterricht ein? Wie wichtig ist Lesen aus Sicht der LehrerInnen?

• Nach welchen Kriterien wählen sie Bücher für den Deutschunterricht aus?

Welche Kriterien beziehen sie bei der Auswahl ein?

• Nehmen LehrerInnen Kritik von SchülerInnen, Eltern und KollegInnen an der Buchauswahl wahr?

Die Ergebnisse der acht problemzentrierten Interviews sollen zur Beantwortung der Forschungsfragen beitragen. An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass mit Hilfe der Interviews lediglich ein Einblick in den Unterrichtsalltag und die Buchauswahl am Beispiel der acht befragten Lehrerinnen gegeben werden kann. Aufgrund der geringen Stichprobengröße kann keinesfalls von generell gültigen Ergebnissen ausgegangen werden.

Der inhaltliche Aufbau der vorliegenden Diplomarbeit gliedert sich in zwei große Abschnitte: einen theoretischen und einen empirischen Teil. Das erste Kapitel dient dazu, den Begriff Lesen zu klären. Neben einer Begriffsdefinition werden der positive Einfluss des Lesens und die Einstellung von Kindern und Jugendlichen zum

Lesen betrachtet. Weiters werden das Lesen im Kontext der digitalen Medien und des Fernsehens sowie das literarische Lesen thematisiert.

Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit der Lesesozialisation von Kindern und Jugendlichen: Die drei Lesesozialisationsinstanzen Familie, Schule und Peer-Group werden beschrieben und der Einfluss des sozialen Status und des Vorlesens auf die Lesesozialisation geklärt.

Nach der Erörterung der literarischen Sozialisation folgt im vierten Kapitel eine Klärung des Begriffs Lesekompetenz, wobei hier zwischen dem Verständnis von Lesekompetenz in der PISA-Studie und im Sozialisationskontext unterschieden wird.

Weitere wesentliche inhaltliche Aspekte des vierten Kapitels bilden die Erläuterung jener Faktoren, die Einfluss auf die Lesekompetenz nehmen, sowie ein Blick auf den Zusammenhang zwischen Lesehäufigkeit, Lesefreude und Lesekompetenz. Zum Abschluss des vierten Kapitels werden Verfahren zur Förderung der Lesekompetenz vorgestellt und konkrete Beispiele für den Deutschunterricht angeführt.

Die Begriffe Lesemotivation, Leseselbstkonzept, Lesefreude und Leseflow sollen im fünften Kapitel erklärt werden. Es folgt ein Überblick über die Lesemotivation von Kindern und Jugendlichen im Verlauf der Lesesozialisation. Den Abschluss dieses Kapitels bilden Vorschläge zur Förderung der Lesemotivation, die durch leseanimierende Verfahren für den Deutschunterricht untermauert werden.

Das sechste Kapitel fokussiert empirische Befunde zu Buchlesegewohnheiten von Kindern und Jugendlichen: Die Medienumwelt, die Lesehäufigkeit und Lesedauer und die Lektürevorlieben von Kindern und Jugendlichen werden dargestellt. Darüber hinaus wird ein Einblick in die geschlechtsspezifischen Unterschiede beim Lesen und die Problematik der „Weiblichkeit“ von Literatur gegeben.

Das siebte Kapitel befasst sich mit dem schulischen Lesen. Zu Beginn des siebten Kapitels soll das schwierige Verhältnis von Schule und Lesemotivation betrachtet werden. Danach wird auf die Schwierigkeit bei der Auswahl von Büchern und Texten für den Deutschunterricht eingegangen, indem Wünsche und Erwartungen von SchülerInnen und Anforderungen von DeutschlehrerInnen einander gegenübergestellt werden. Anschließend werden im Deutschunterricht verwendete literarische und nichtliterarische Texte sowie die Erstbegegnungen mit Texten und die Arbeit mit diesen thematisiert. Den Abschluss des siebten Kapitels bildet ein

Exkurs zur Förderung der Lesemotivation im Deutschunterricht inklusive einer Beschreibung von Faktoren, die diese positiv beeinflussen können.

Den Abschluss des Theorieteils meiner Diplomarbeit bildet mit dem achten Kapitel eine Auseinandersetzung mit Kinder- und Jugendliteratur1: Neben der Definition des Begriffs selbst wird auf die Kind- und Jugendgemäßheit von KJL und das Thema Literaturkanon eingegangen. Es folgt eine Auseinandersetzung mit Kinder- und Jugendliteratur in der Schule sowie im Deutschunterricht. Dieses Kapitel schließt mit einer Ausführung der Funktionen von Kinder- und Jugendliteratur für den Deutschunterricht, welche bereits im siebten Kapitel kurz angeschnitten wurden. Es werden Funktionen, die KJL für Lehrende erfüllt, angeführt. Diese schulischen Funktionen von KJL können zur literarischen Sozialisation von Kindern und Jugendlichen beitragen.

Zu Beginn des empirischen Teils meiner Diplomarbeit (Kapitel 9) skizziere ich den Forschungsprozess der durchgeführten Studie. Anfangs werden das Ziel der empirischen Studie sowie die zu beantwortenden Forschungsfragen geklärt. Neben der eingesetzten Methode wird auf die Festlegung der Stichprobe, den Inhalt und Aufbau der problemzentrierten Leitfadeninterviews sowie die Erhebungssituation eingegangen. Außerdem werden in diesem Kapitel die Transkription und anschließende Auswertung der Interviews thematisiert.

Im zehnten Kapitel werden die gewonnen Ergebnisse der problemzentrierten Leitfadeninterviews dargestellt. Die Präsentation der Ergebnisse orientiert sich an den Forschungsfragen.

Im Fazit werden die wichtigsten Ergebnisse dieser Diplomarbeit zusammengefasst.

Im Anhang der vorliegenden Arbeit befinden sich der Interviewleitfaden sowie die Transkriptionen der acht Leitfadeninterviews.

1 Der Begriff ‚Kinder- und Jugendliteratur’ wird in der weiteren Diplomarbeit durch das Kürzel ‚KJL’

ersetzt.