• Keine Ergebnisse gefunden

Stefanie Brandstätter. Das Lesen von Büchern im Deutschunterricht

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Stefanie Brandstätter. Das Lesen von Büchern im Deutschunterricht"

Copied!
226
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Stefanie Brandstätter

Das Lesen von Büchern im Deutschunterricht

Nach welchen Kriterien wählen Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer Bücher für ihre Schülerinnen und Schüler aus?

DIPLOMARBEIT

zur Erlangung des akademischen Grades Magistra der Philosophie

Lehramtsstudium UF Englisch UF Deutsch

Alpen-Adria-Universität Klagenfurt Fakultät für Kulturwissenschaften

Begutachterin: Univ.-Prof. Mag.phil. Dr.phil. Margit Böck Institut: Deutschdidaktik

Juni 2016

(2)

Eidesstattliche Erklärung

Ich versichere an Eides statt, dass ich

- die eingereichte wissenschaftliche Arbeit selbstständig verfasst und andere als die angegebenen Hilfsmittel nicht benutzt habe,

- die während des Arbeitsvorganges von dritter Seite erfahrene Unterstützung, einschließlich signifikanter Betreuungshinweise, vollständig offengelegt habe,

- die Inhalte, die ich aus Werken Dritter oder eigenen Werken wortwörtlich oder sinngemäß übernommen habe, in geeigneter Form gekennzeichnet und den Ursprung der Information durch möglichst exakte Quellenangaben (z.B. in Fußnoten) ersichtlich gemacht habe,

- die Arbeit bisher weder im Inland noch im Ausland einer Prüfungsbehörde vorgelegt habe und

- zur Plagiatskontrolle eine digitale Version der Arbeit eingereicht habe, die mit der gedruckten Version übereinstimmt.

Ich bin mir bewusst, dass eine tatsachenwidrige Erklärung rechtliche Folgen haben wird.

Nötsch, 2.06.2016 Stefanie Brandstätter

(3)

Danksagung

An dieser Stelle möchte ich all jenen danken, die durch ihre fachliche und persönliche Unterstützung zum Gelingen dieser Diplomarbeit beigetragen haben.

Mein Dank gilt Frau Dr. Margit Böck für die Hilfsbereitschaft und Unterstützung beim Verfassen meiner Diplomarbeit. Ebenfalls danken möchte ich allen Lehrerinnen, die sich für meine Interviews Zeit genommen und die empirische Studie so erst möglich gemacht haben.

In erster Linie gilt mein Dank aber meiner Familie, insbesondere meinen Eltern Heinz und Petra, die es mir ermöglichten und mich ermutigten, mein Studium aufzunehmen und über die gesamte Dauer hindurch hinter mit standen. Ohne euch und eure Unterstützung in allen Lebenslagen wäre mir das nicht möglich gewesen.

Besonderer Dank gilt auch meinen Geschwistern für die Aufmunterung und die Ablenkungen während des Schreibprozesses. Ein großes Dankeschön richtet sich an meine Großeltern, besonders an meine Oma, für die aufmunternden Worte, das Zuhören und die Unterstützung während der gesamten Studienzeit.

Außerdem möchte ich mich bei meinen Freundinnen und Freunden bedanken, die durch viele Gespräche, motivierende Worte und verständnisvollen Zuspruch zur Fertigstellung dieser Arbeit beitrugen.

Herzlich bedanken möchte ich mich auch bei meinem Freund und Partner Marco, der meine Launen die ganze Zeit über mit viel Geduld ertragen hat. Dein Verständnis, deine Ermutigungen und deine Hilfe in technischen Belangen haben mir die Diplomarbeitsphase wesentlich erleichtert. Danke, dass du stets ein offenes Ohr für meine Probleme hattest und für deinen Trost, wenn die Verzweiflung besonders groß war.

(4)

Abkürzungsverzeichnis

AHS Allgemeinbildende Höhere Schule BMS Berufsbildende Mittlere Schule

BHS Berufsbildende Höhere Schule

DESI Deutsch Englisch Schülerleistungen International IGLU Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung JIM Jugend, Information, (Multi)Media

KIM Kinder und Medien

KJL Kinder- und Jugendliteratur

NMS Neue Mittelschule

PIRLS Progress in International Reading Literacy Study PISA Programme for International Student Assessment

PTS Polytechnische Schule

TIMSS Trends in International Mathematics and Science Study

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Anforderungen an Bücher nach Geschlecht und Alter - 3. bis 6. Schulstufe (in Prozent) (Böck 2000: S. 156) ... 56

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Trainingsablauf im Lautlese-Tandem (vgl.

Rosebrock/Nix/Rieckmann/Gold 2011: S. 98). ... 39 Abbildung 2: Beispiele für die Gestaltung des Buchumschlags von Kinder- und

Jugendbüchern (vgl. www.amazon.at) ... 76

(5)

Inhaltsverzeichnis

Eidesstattliche Erklärung ... i

Danksagung ... ii

Abkürzungsverzeichnis ... iii

Tabellenverzeichnis ... iii

Abbildungsverzeichnis ... iii

1. Einleitung ... 1

2. Lesen ... 5

2.1 Begriffsdefinition ... 5

2.2 Lesen in der Mediengesellschaft ... 8

2.3 Literarisches Lesen ... 11

3. Lesesozialisation ... 13

3.1 Begriffsdefinition ... 13

3.2 Instanzen der Lesesozialisation ... 14

3.2.1 Lesen in der Familie ... 15

3.2.2 Lesen in der Schule ... 23

3.2.3 Lesen in der Peer-Group ... 27

3.3 Literarische Sozialisation ... 30

4. Lesekompetenz ... 32

4.1 Begriffsdefinition ... 32

4.2 Faktoren, die die Lesekompetenz beeinflussen ... 35

4.3 Zusammenhang zwischen Lesehäufigkeit, Lesefreude und Lesekompetenz .. 37

4.4 Förderung der Lesekompetenz ... 38

4.4.1 Lautleseverfahren ... 38

4.4.2 Vielleseverfahren ... 40

5. Lesemotivation ... 42

5.1 Begriffsdefinition ... 42

5.2 Leseselbstkonzept ... 43

5.3 Lesefreude und Leseflow ... 44

5.4 Lesemotivation im Verlauf der Lesesozialisation ... 45

5.5 Förderung der Lesemotivation ... 47

6. Empirische Befunde zu Buchlesegewohnheiten ... 51

6.1 Einstellung von Kindern und Jugendlichen zum Lesen ... 51

(6)

6.2 Die Medienumwelt zuhause ... 52

6.3 Lesehäufigkeit und Lesedauer ... 53

6.4 Lektürevorlieben von Kindern und Jugendlichen ... 56

6.5 Geschlechtsspezifische Unterschiede beim Lesen ... 58

6.6 Die Problematik der „Weiblichkeit“ von Literatur ... 61

7. Lesen in der Schule ... 63

7.1 Das schwierige Verhältnis von Schule und Lesemotivation ... 63

7.2 Auswahl von Texten und Büchern für den Deutschunterricht ... 64

7.2.1 Wünsche und Erwartungen von SchülerInnen an Schullektüre ... 65

7.2.2 Anforderungen von DeutschlehrerInnen an Schullektüre ... 66

7.2.3 Wie erfolgt die Buchauswahl für den Deutschunterricht? ... 67

7.3 Literarische und nichtliterarische Texte im Deutschunterricht ... 68

7.4 Erstbegegnung mit Texten im Deutschunterricht ... 69

7.5 Textarbeit im Deutschunterricht ... 70

7.6 Förderung der Lesemotivation im Deutschunterricht ... 71

8. Kinder- und Jugendliteratur im Deutschunterricht ... 74

8.1 Begriffsdefinition ... 74

8.2 Kind- und Jugendgemäßheit ... 75

8.3 Zur Frage des Literaturkanons ... 78

8.4 Kinder- und Jugendliteratur in der Schule ... 80

8.5 Verwendung von Kinder- und Jugendliteratur im Deutschunterricht ... 81

8.6 Funktionen von Kinder- und Jugendliteratur in der Schule ... 82

9. Eine Befragung von DeutschlehrerInnen: zur empirischen Studie ... 85

9.1 Ziel und Forschungsfragen ... 85

9.2 Wahl der Erhebungsmethode ... 86

9.3 Das problemzentrierte Interview ... 90

9.4 Stichprobe ... 91

9.5 Inhalt und Aufbau der problemzentrierten Leitfadeninterviews ... 94

9.6 Erhebungssituation ... 95

9.7 Transkription und Auswertung der Interviews ... 96

10. Darstellung der Untersuchungsergebnisse ... 98

10.1 Lesemotivation von SchülerInnen ... 98

10.1.1 Einschätzung der Lesemotivation von SchülerInnen ... 98

10.1.2 Gründe für die fehlende Lesemotivation von SchülerInnen ... 100

(7)

10.1.3 Stärkung der Lesemotivation von SchülerInnen ... 102

10.2 Lesen im Deutschunterricht ... 105

10.2.1 Bedeutung von Lesen im Deutschunterricht ... 105

10.2.2 Was wird im Deutschunterricht gelesen? ... 108

10.3 Bücher im Deutschunterricht ... 109

10.3.1 Vorgangsweise bei der Auswahl von Klassenlektüre ... 109

10.3.2 Vorgangsweise bei der Auswahl von Büchern für die Schulbibliothek .. 120

10.3.3 Bedeutung von Kinder- und Jugendliteratur im Deutschunterricht ... 121

10.3.4 Buchlesen und anschließende Arbeit mit Literatur ... 122

10.4 Kritik an der Buchauswahl der Lehrerinnen ... 127

10.4.1 Kritik von SchülerInnen ... 127

10.4.2 Kritik von Eltern und KollegInnen ... 129

11. Schlussbetrachtung und Fazit ... 132

12. Literaturverzeichnis ... 139

13. Anhang ... 153

(8)

1. Einleitung

Bücher sind so vielseitig wie die Menschen. Bücher bringen uns zum Lachen oder Weinen, sie vermitteln Wissen, sie machen Angst und Mut. Für jeden ist das Passende dabei, die Schwierigkeit liegt nur darin, sich für eines der Bücher zu entscheiden!

(Grundner 2005: S. 81)

Graf (2007: S. 12) schreibt, dass die private Buchlektüre von Kindern meist geschätzt wird, denn in ihrer Freizeit können sie selbst entscheiden, was und wie sie lesen. In der Schule müssen sich Kinder und Jugendliche aber vor allem mit Pflichtlektüre auseinandersetzen. Dies führt oft dazu, dass sie Lesen als ein gespaltenes Phänomen kennenlernen (vgl. ebd.).

Wie viel LehrerInnen bei der Buchauswahl für den Deutschunterricht falsch machen können, zeigen zahlreiche Studien, wie beispielsweise jene von Bischof und Heidtmann (2002): Aus dieser geht hervor, dass die Bindung zum Buch durch das Lesen in der Schule häufig nicht verstärkt, sondern eher „zerstört“ wird. Dies liegt überwiegend daran, dass SchülerInnen mit der Buchauswahl der LehrerInnen oft unzufrieden sind (vgl. Bischof/Heidtmann 2002: S. 30f.).

Die Fachliteratur gibt Auskunft darüber, welche Wünsche und Erwartungen Kinder und Jugendliche an Schullektüre stellen (vgl. Kap. 7.2.1). Die Vorstellungen, die LehrerInnen von einem „guten“ Buch haben, decken sich aber nur selten mit jenen von Kindern und Jugendlichen (vgl. Bernd 2011: S. 26) (vgl. Kap. 7.2.2). Laut Kaufmann (2015: S. 76) werden die Vorlieben der SchülerInnen häufig nicht in die Buchauswahl der LehrerInnen miteinbezogen, was dazu führt, dass sich das Spannungsverhältnis zwischen den Interessen der SchülerInnen und der Auswahl von Texten durch die Lehrperson so steigern kann, dass es sich in weiterer Folge negativ auf die Lesemotivation von SchülerInnen auswirken kann.

Durch die Auswahl von Büchern, die ihren Erwartungen entsprechen, könnten SchülerInnen zum Lesen motiviert werden. Die Buchauswahl scheint LehrerInnen aber oft Probleme zu bereiten. Besonders für SchülerInnen der Sekundarstufe I (10- bis 14-Jährige) gestaltet sich die Buchauswahl schwierig. Einerseits sind viele 10- bis 14-Jährige über die kindliche Lektüre hinausgewachsen und wollen sich von ihr abgrenzen, andererseits sind viele aber noch nicht in der Lage, Erwachsenenliteratur in ihrer momentanen Lebenssituation als etwas subjektiv Bedeutsames zu erleben

(9)

(vgl. Daubert 2006: S. 12). Aufgrund dieser schwierigen Lage der 10- bis 14-jährigen BuchleserInnen konzentriert sich meine Diplomarbeit auf diese Zielgruppe.

Das Hauptanliegen meiner Diplomarbeit besteht darin, herauszufinden, welche Position (Buch-)Lesen im Deutschunterricht einnimmt und nach welchen Kriterien DeutschlehrerInnen Bücher für ihre SchülerInnen auswählen. Darüber hinaus soll in Erfahrung gebracht werden, wie LehrerInnen die Lesemotivation ihrer SchülerInnen einschätzen, und wie sie vorgehen, um diese zu stärken. Weiters soll herausgefunden werden, ob LehrerInnen Kritik an ihrer Buchauswahl wahrnehmen.

Neben der Beschäftigung mit grundlegender Fachliteratur bildet eine Befragung von acht Deutschlehrerinnen aus Kärnten mit Hilfe von problemzentrierten Leitfadeninterviews das Kernstück meiner Diplomarbeit. Die Interviews sollen unter anderem Auskunft darüber geben, wie LehrerInnen damit umgehen, dass SchülerInnen andere Erwartungen an das Buchlesen stellen, als sie selbst.

Das Untersuchungsvorhaben orientiert sich dabei an den zentralen Forschungsfragen:

• Wie schätzen LehrerInnen die Lesemotivation ihrer SchülerInnen ein und wie gehen sie vor, um diese zu verstärken?

• Welche Position nimmt Lesen im Deutschunterricht ein? Wie wichtig ist Lesen aus Sicht der LehrerInnen?

• Nach welchen Kriterien wählen sie Bücher für den Deutschunterricht aus?

Welche Kriterien beziehen sie bei der Auswahl ein?

• Nehmen LehrerInnen Kritik von SchülerInnen, Eltern und KollegInnen an der Buchauswahl wahr?

Die Ergebnisse der acht problemzentrierten Interviews sollen zur Beantwortung der Forschungsfragen beitragen. An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass mit Hilfe der Interviews lediglich ein Einblick in den Unterrichtsalltag und die Buchauswahl am Beispiel der acht befragten Lehrerinnen gegeben werden kann. Aufgrund der geringen Stichprobengröße kann keinesfalls von generell gültigen Ergebnissen ausgegangen werden.

Der inhaltliche Aufbau der vorliegenden Diplomarbeit gliedert sich in zwei große Abschnitte: einen theoretischen und einen empirischen Teil. Das erste Kapitel dient dazu, den Begriff Lesen zu klären. Neben einer Begriffsdefinition werden der positive Einfluss des Lesens und die Einstellung von Kindern und Jugendlichen zum

(10)

Lesen betrachtet. Weiters werden das Lesen im Kontext der digitalen Medien und des Fernsehens sowie das literarische Lesen thematisiert.

Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit der Lesesozialisation von Kindern und Jugendlichen: Die drei Lesesozialisationsinstanzen Familie, Schule und Peer-Group werden beschrieben und der Einfluss des sozialen Status und des Vorlesens auf die Lesesozialisation geklärt.

Nach der Erörterung der literarischen Sozialisation folgt im vierten Kapitel eine Klärung des Begriffs Lesekompetenz, wobei hier zwischen dem Verständnis von Lesekompetenz in der PISA-Studie und im Sozialisationskontext unterschieden wird.

Weitere wesentliche inhaltliche Aspekte des vierten Kapitels bilden die Erläuterung jener Faktoren, die Einfluss auf die Lesekompetenz nehmen, sowie ein Blick auf den Zusammenhang zwischen Lesehäufigkeit, Lesefreude und Lesekompetenz. Zum Abschluss des vierten Kapitels werden Verfahren zur Förderung der Lesekompetenz vorgestellt und konkrete Beispiele für den Deutschunterricht angeführt.

Die Begriffe Lesemotivation, Leseselbstkonzept, Lesefreude und Leseflow sollen im fünften Kapitel erklärt werden. Es folgt ein Überblick über die Lesemotivation von Kindern und Jugendlichen im Verlauf der Lesesozialisation. Den Abschluss dieses Kapitels bilden Vorschläge zur Förderung der Lesemotivation, die durch leseanimierende Verfahren für den Deutschunterricht untermauert werden.

Das sechste Kapitel fokussiert empirische Befunde zu Buchlesegewohnheiten von Kindern und Jugendlichen: Die Medienumwelt, die Lesehäufigkeit und Lesedauer und die Lektürevorlieben von Kindern und Jugendlichen werden dargestellt. Darüber hinaus wird ein Einblick in die geschlechtsspezifischen Unterschiede beim Lesen und die Problematik der „Weiblichkeit“ von Literatur gegeben.

Das siebte Kapitel befasst sich mit dem schulischen Lesen. Zu Beginn des siebten Kapitels soll das schwierige Verhältnis von Schule und Lesemotivation betrachtet werden. Danach wird auf die Schwierigkeit bei der Auswahl von Büchern und Texten für den Deutschunterricht eingegangen, indem Wünsche und Erwartungen von SchülerInnen und Anforderungen von DeutschlehrerInnen einander gegenübergestellt werden. Anschließend werden im Deutschunterricht verwendete literarische und nichtliterarische Texte sowie die Erstbegegnungen mit Texten und die Arbeit mit diesen thematisiert. Den Abschluss des siebten Kapitels bildet ein

(11)

Exkurs zur Förderung der Lesemotivation im Deutschunterricht inklusive einer Beschreibung von Faktoren, die diese positiv beeinflussen können.

Den Abschluss des Theorieteils meiner Diplomarbeit bildet mit dem achten Kapitel eine Auseinandersetzung mit Kinder- und Jugendliteratur1: Neben der Definition des Begriffs selbst wird auf die Kind- und Jugendgemäßheit von KJL und das Thema Literaturkanon eingegangen. Es folgt eine Auseinandersetzung mit Kinder- und Jugendliteratur in der Schule sowie im Deutschunterricht. Dieses Kapitel schließt mit einer Ausführung der Funktionen von Kinder- und Jugendliteratur für den Deutschunterricht, welche bereits im siebten Kapitel kurz angeschnitten wurden. Es werden Funktionen, die KJL für Lehrende erfüllt, angeführt. Diese schulischen Funktionen von KJL können zur literarischen Sozialisation von Kindern und Jugendlichen beitragen.

Zu Beginn des empirischen Teils meiner Diplomarbeit (Kapitel 9) skizziere ich den Forschungsprozess der durchgeführten Studie. Anfangs werden das Ziel der empirischen Studie sowie die zu beantwortenden Forschungsfragen geklärt. Neben der eingesetzten Methode wird auf die Festlegung der Stichprobe, den Inhalt und Aufbau der problemzentrierten Leitfadeninterviews sowie die Erhebungssituation eingegangen. Außerdem werden in diesem Kapitel die Transkription und anschließende Auswertung der Interviews thematisiert.

Im zehnten Kapitel werden die gewonnen Ergebnisse der problemzentrierten Leitfadeninterviews dargestellt. Die Präsentation der Ergebnisse orientiert sich an den Forschungsfragen.

Im Fazit werden die wichtigsten Ergebnisse dieser Diplomarbeit zusammengefasst.

Im Anhang der vorliegenden Arbeit befinden sich der Interviewleitfaden sowie die Transkriptionen der acht Leitfadeninterviews.

1 Der Begriff ‚Kinder- und Jugendliteratur’ wird in der weiteren Diplomarbeit durch das Kürzel ‚KJL’

ersetzt.

(12)

2. Lesen

2.1 Begriffsdefinition

Schön (1999: S. 1, zit. nach Böck 2007a: S. 26) definiert Lesen folgendermaßen:

Lesen ist Handeln von Menschen, die in der kognitiven Dimension des Lesens aus einem Text Sinn bilden und in seinen sinnlichen und emotiven Dimensionen sich durch ihr Tun ein Erleben selbst bereiten. Dabei entsteht die Lese-Erfahrung gerade durch die untrennbare Einheit der verschiedenen Dimensionen des Lesens.

Um zu lesen werden drei Dinge benötigt, nämlich ein/e LeserIn, ein Text und eine Situation, in der gelesen wird (vgl. Böck 2007a: S. 27). Wie das Schreiben ist das Lesens sowohl auf eine Einzelperson als auch auf eine Gemeinschaft ausgerichtet – hier kann vor allem das Lesen in der Schule genannt werden (vgl. Abraham 2006: S.

110). Die „multiple Tätigkeit“ (Bertschi-Kaufmann 2011: S. 12) des Lesens gilt als Basiskompetenz der Wissensgesellschaft (vgl. Garbe 2011: S. 67) und kann laut Abraham (2006: S. 106) gleichzeitig Arbeit und Vergnügen, Last und Lust bedeuten, denn Lesen heißt immer auch Lernen.

Spinner (2004, zit. nach Bertschi-Kaufmann 2011: S. 8) schreibt, dass Lesen dazu beiträgt, Teil einer Gesellschaft, die durch Schrift kommuniziert, zu werden. Es ermöglicht – so Böck (2007a: S. 26) – den Zugang zu unterschiedlichen Erfahrungsräumen, denn „alles, was in schriftlicher Form zugänglich ist und kommuniziert wird, setzt für seine Erschließung Lesekompetenz voraus.“ Garbe (2005: S. 12) bezeichnet Lesen als „die Schlüsselqualifikation für jede Art des Wissenserwerbs und der Informationsverarbeitung“. Das Geschriebene bildet die Basis für vielerlei Informationen, die wir im Alltag aufnehmen und verarbeiten:

Informationen, Fakten, Ideen, Wertvorstellungen und kulturelle Inhalte werden über die Schrift aufgenommen, und so können sich uns nach und nach ganze Lebensbereiche erschließen (vgl. Artelt et al. 2001: S. 69).

Beim Lesen handelt es sich um einen aktiven Vorgang, bei dem Informationen eines Textes und das Vorwissen von LeserInnen aufeinander wirken. Da die Lesevoraussetzungen bei jeder Person unterschiedlich sind und Texte je nach LeserIn verschieden wirken, bezeichnet Graf (2007: S. 11) Lesen als einen individuellen, biografischen Prozess. Christmann und Groeben (2006: S. 146ff.) nennen die Wechselwirkung, die bei literarischen und nicht-literarischen Texten entsteht, Text-Leser-Interaktion.

(13)

Beim Lesen spielen höchst komplexe Prozesse zusammen, die auf mehreren Ebenen erfolgen. Die Buchstaben- und Worterkennung findet auf der Wortebene statt, die Semantik und Syntax gehören zur Satzebene und die satzübergreifenden Integrationsmechanismen zur Textebene (vgl. Christmann/Groeben 2006: S. 148- 172). Satzübergreifende Integrationsmechanismen müssen durchgeführt werden, um eine semantische Textstruktur aufzubauen: „Die Inhalte verschiedener Sätze müssen aufeinander bezogen, integriert und ein sinnvoller Zusammenhang hergestellt werden“ (McElvany 2008: S. 19). Die einfacheren kognitiven Leistungen, wie die Wort- und Satzerkennung und das Schaffen von lokaler Kohärenz, erfolgen bei guten LeserInnen automatisiert. Sie müssen sich bei diesen Leistungen meist nicht mehr geistig anstrengen und haben so mehr kognitive Ressourcen für anspruchsvollere Tätigkeiten wie beispielsweise das Konstruieren von globaler Kohärenz oder das Erkennen sprachlicher Gestaltungsmittel (vgl. Rosebrock 2009: S. 61).

Grundsätzlich unterscheidet man zwei Arten des Lesens: das ästhetische und das instrumentelle Lesen (vgl. Schönbaß 2008: S. 16). Unter dem ästhetischen Lesen, welches oft auch genussorientiertes oder intimes Lesen genannt wird, wird

„die Lektüre von Belletristik aus rein persönlichen Motiven – zur geistigen Bereicherung, zur Identitätsentwicklung oder Selbstvergewisserung, als Mittel zum Eskapismus oder einfach zur Unterhaltung“ (Schönbaß 2010b: S. 20) verstanden.

Graf (2007: S. 140) formuliert dies folgendermaßen: „Ein Buch ist nicht Mittel zu einem Zweck, sondern Selbstzweck.“ Instrumentelles Lesen ist immer an einen Zweck gebunden: Informationen zu einem bestimmten Thema zu erhalten, die Erweiterung seines Wissens oder die Verbesserung beruflicher Chancen stehen hier im Mittelpunkt. Dem instrumentellen Lesen kann anders als dem ästhetischen Lesen kaum ausgewichen werden, da es eine unverzichtbare Voraussetzung für das alltägliche Leben darstellt (vgl. Schönbaß 2010b: S. 20). Graf (2007: S. 129) geht von sieben Lesemodi aus. Er unterscheidet zwischen instrumentellem Lesen, intimem Lesen, partizipatorischem Lesen, Konzeptlesen, Lesen als Erkenntnis, ästhetischem Lesen und Pflichtlektüre. Diese unterschiedlichen Lesemodi greifen manchmal aber auch ineinander und können miteinander kombiniert werden (vgl.

Graf 2007: S. 145).

(14)

Der positive Einfluss des Lesens

Kindern und Jugendlichen, die das Lesen nicht ausreichend beherrschen, fehlt „eine zentrale Voraussetzung für Bildung, Berufszugang und gesellschaftliche Teilhabe“

(Ehmig/Reuter 2013: S. 2). Lesen ist in allen Lebensphasen essentiell: Im Rahmen der Lesesozialisation und auch später in der schulischen und beruflichen Karriere gilt Lesen als eine Grundvoraussetzung für Erfolg (vgl. Artelt et al. 2001: S. 70). Lesen kann, wie Steinbrecher (2007: S. 7) schreibt, positiven Einfluss auf viele Bereiche der kindlichen Persönlichkeit nehmen:

• Durch den Umgang mit Büchern und durch das Lesen entwickeln LeserInnen häufig die Fähigkeit, mit anderen Medien, wie dem Fernseher und dem Computer, besser umgehen zu können (vgl. ebd.). Gute LeserInnen sind häufig auch kritischere MediennutzerInnen (vgl. Fürst/Helbig/Schmitt 2000: S.

118).

• Lesen kann dazu beitragen, die Welt besser kennenzulernen, Informationen zu verstehen und in der Lage zu sein, kritisch darüber nachzudenken.

• Beim Lesenlernen handelt es sich um einen Bereich der Bildung, und Lesen ist grundlegend, so Steinbrecher (2007: S. 7), um sich Bildung anzueignen.

Ohne das Lesen zu beherrschen, kann der Bildungsweg „stark erschwert bis fast unmöglich“ (ebd.) werden.

• Lesen und Hören können als eine Einheit betrachtet werden, denn beim Vorlesen werden die gesprochenen Worte und Satzkonstruktionen genauso aufgenommen wie die Geschichte selbst, und Kinder denken in diesem Zusammenhang über Sprache nach.

• Vor allem im Vorschulalter sind Lesen und Sprechen meist stark voneinander abhängig. Sehr kommunikationsfreudige Kinder sind im Vorteil, da sie einen großen Wortschatz besitzen und zusätzlich „die besten Voraussetzungen (haben), das gesprochene und das geschriebene Wort in Zusammenhang zu bringen“ (ebd.).

• Lesen und Schreiben sind nicht voneinander trennbar, da das Schreiben auf das Lesen aufbaut und umgekehrt. Gute LeserInnen haben keine Probleme, Buchstaben zu Wörtern zusammenzusetzen, da sie sich das Schriftbild bereits beim Lesen eingeprägt haben (vgl. ebd.).

• Lesen bewegt LeserInnen häufig emotional. Kinder leiden oder freuen sich mit den HeldInnen aus Büchern und erleben Spannung und Erleichterung je nach

(15)

Ausgang der Geschichten. Das bedeutet, dass durch das Lesen Sympathie- und Empathiefähigkeiten gesteigert werden können (vgl. Steinbrecher 2007:

S. 7).

• „Lesen hilft, soziale Kompetenz zu lernen“ (ebd.). Situationen, Probleme und Konflikte werden oft am Beispiel von Buchcharakteren kennengelernt und Kinder haben die Möglichkeit, über mögliche Konsequenzen nachzudenken.

Darüber hinaus können sich Kinder mit Hilfe von Geschichten in fiktionale Welten hineinversetzen, diese erleben und durch die kennengelernten Themen, Szenen, Probleme, Figuren und Inhalte über Lösungen nachdenken und diese eventuell auf die reale Welt übertragen.

• Durch die Beschäftigung mit Büchern kann die Gedächtnis- und Konzentrationsfähigkeit von Kindern gestärkt werden (vgl. ebd.).

2.2 Lesen in der Mediengesellschaft

Im Medienalltag von Jugendlichen haben Bücher und Romanhefte über zwei Jahrhunderte lang die Hauptrolle gespielt und hatten die Hauptaufgabe, Kinder zu unterhalten. Bischof und Heidtmann (2002: S. 31) weisen darauf hin, dass Literatur diesen Stellenwert mit dem Auftauchen der digitalen Medien größtenteils verloren hat. Digitale Medien haben bereits ab der frühen Kindheit Einfluss auf Menschen, denn mediale und literarische Sozialisation 2 vollziehen sich gleichzeitig (vgl.

Mikulášová/Mikuláš 2010: S. 52).

Schon in den 90er-Jahren ging Haas (1995: S. 213) davon aus, dass Lesefähigkeit notwendig ist, um elektronische Medien überhaupt verwenden zu können, denn „nur der in einem nicht nur technischen Sinne Lesefähige werde das elektronische Medienzeitalter voll ausschöpfen können“ (Haas 1995: S. 213). Böck und Bergmüller (2006: S. 331) zählen die Lesekompetenz nach wie vor zu einer der Basisqualifikationen in unserer Gesellschaft. Das Lesen und Schreiben hat mit den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien sogar noch an Bedeutung dazugewonnen (vgl. ebd.). Für den mündigen Umgang mit Medien sind Fähigkeiten, wie dem Gelesenen einen Sinn entnehmen, es zu interpretieren oder sich mit dem Inhalt kritisch auseinanderzusetzen, Schlüsselkompetenzen (vgl. Wehlend 2007: S.

32f.). Die Kommunikations- und Medienforschung geht davon aus, dass die

2 Eine nähere Erklärung zur literarischen Sozialisation findet sich in Kapitel 3.3.

(16)

‚Schlüsselkompetenz’ Lesen zu einem korrekten Umgang mit Medien führen kann (vgl. Aumayr 2005: S. 80).

Ein Zusammenhang zwischen Literarität und gewissenhafter Mediennutzung konnte mit Hilfe der Knowledge-Gap-Forschung nachgewiesen werden, wonach Lesen zu einer Steigerung der sozialen Handlungs- und Kommunikationsfähigkeit führen kann (vgl. ebd.).

Einfluss der digitalen Medien auf das Leseverhalten

Garbe (2003a: S. 20) schreibt, dass bei der Frage, ob die digitalen Medien Bücher verdrängen, zwischen den Geschlechtern differenziert werden muss. Dazu halten Plath und Richter (2012: S. 499) fest, dass das Leseverhalten von Mädchen nicht durch die Nutzung digitaler Medien beeinflusst wird. Diese dienen ihnen eher als Ergänzung, während das Buch bei Jungen oft durch den Computer oder das Internet ersetzt wird. Dies ergibt sich – so Garbe (2011: S. 73) – vor allem daraus, dass „die sozialen Kontexte und Institutionen sowie die medialen Angebote im Printmedienbereich [...] die Interessen von Mädchen besser [bedienen] als die der Jungen“. Als Folge daraus kann bei Jungen eine Leseschwäche oder Leseunlust hervorgerufen werden (vgl. Garbe 2011: S. 73) (vgl. Kap 6.5).

Lesen und Fernsehen

Die KIM-Studie 2014 zeigt, dass 6- bis 13-jährige Kinder nach dem Lernen und dem Erledigen von Hausaufgaben die meiste Zeit dafür aufwenden, fernzusehen. Für 36% ist es die liebste Freizeitbeschäftigung. Vier Fünftel der Kinder sehen jeden Tag oder fast jeden Tag fern, 18% einmal oder mehrmals pro Woche (vgl.

Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2015: S. 20). Bei den 12- bis 19- Jährigen liegt die Fernsehnutzung neben dem Internet und dem Handy mit 83% auf dem dritten Platz, wie die JIM-Studie 2014 zeigt (vgl. Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2014: S. 20). Bei der PISA-Studie 2009 (vgl. Böck 2012a: S. 49) geben Jugendliche an, dass sie fernsehen, um sich auszuruhen, weil ihnen langweilig ist oder „um Spaß zu haben“.

Ergebnisse der Erfurter Studie (vgl. Richter/Plath 2005) sowie der Sächsischen Studie (vgl. Plath/Richter 2010) zeigen, dass sich bei Entscheidungen zwischen Lesen und Fernsehen 70% der Mädchen und 63% der Jungen für das Lesen entscheiden (vgl. Richter 2014: S. 385). Ein hoher Fernsehkonsum wirkt sich eher bei Buben negativ auf die Lesezeit aus. Mädchen hingegen lassen sich durch

(17)

den Fernseher eher nicht vom Lesen abhalten. Bücher und Fernsehen schließen sich offensichtlich eher bei Buben gegenseitig aus; bei Mädchen gibt es keine Hinweise darauf, ob die Nutzung anderer Medien die Lesedauer beeinflusst (vgl.

Plath/Richter 2010: S. 46).

Lesen und Computer/Internet

Aus der KIM-Studie 2014 (vgl. Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2015: S. 31f.) geht hervor, dass 76% der Kinder zumindest selten einen Laptop oder Computer verwenden, wobei Jungen den Computer häufiger nutzen und die Nutzung mit zunehmendem Alter steigt. (Fast) täglich nutzen 37% ihren Computer oder Laptop, 48% ein- bis mehrmals pro Woche und 14% seltener als einmal pro Woche.

Die JIM-Studie 2014 (vgl. Feierabend/Plankenhorn/Rathgeb 2014: S. 600) zeigt, dass das Internet von 81% der 12- bis 19-Jährigen täglich und von 13%

mehrmals pro Woche genutzt wird. Eigenen Einschätzungen zufolge verbringen 12- bis 19-Jährige täglich durchschnittlich 192 Minuten online. Internetzugriff erhalten die Jugendlichen größtenteils (86%) über ihre Handys. Computer und Laptops nehmen als Medien für den Internetzugang mit 82% nur mehr Rang zwei ein (vgl. ebd. S.

600).

Böck (2007a: S. 26) schreibt, dass Computer und Internet ohne die Basisqualifikation Lesen nicht in vollem Maße genutzt werden können. Böck und Bergmüller (2006: S. 334) merken an, dass durch die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien so viel gelesen wird wie nie zuvor. Das Lesen selbst verändert sich aber:

So führt der Bildschirm als Ausgabemedium z.B. dazu, dass Texte in kürzere Segmente unterteilt werden, die durch Links verknüpft sind. Die Anforderungen an den Leser bzw. die Leserin, sich im Text zu orientieren und Kohärenz zwischen einzelnen Textbausteinen herzustellen, steigen dadurch. (Böck/Bergmüller 2006: S.

334)

Diese Veränderungen führen dazu, dass das Lesen als Form der Informationsaufnahme höhere Ansprüche an LeserInnen stellt (vgl. ebd.). Die Entwicklung von neuen Formen des Lesens bringt aber nicht mit sich, dass herkömmliche Text- und Lektüreformen nicht mehr von Bedeutung sind, vielmehr spielen sowohl gedruckte als auch posttypographische Texte eine wichtige Rolle in unserer Kultur und unserem Alltag (vgl. Böck 2012a: S. 17).

(18)

2.3 Literarisches Lesen

Sahr (2009: S. 4) schreibt, dass das Buch keinesfalls ‚vom Aussterben bedroht’ ist, aber dass es immer öfter der Fall sein wird, dass nicht mehr als erstes zum Buch, sondern eher zu einem anderen Medium gegriffen wird. Laut Bucher (2004: S. 15) kommt dem Buch trotz der Medienvielfalt, die uns zur Verfügung steht, eine große Bedeutung zu:

Das Buch ist nach wie vor wie kein anderes Medium dafür geeignet, umfangreiche, strukturierte Wissensbestände und abstrakte Vorstellungsgehalte zu vermitteln.

Auch heute ermöglicht es nur eine gut ausgebildete Lesekompetenz, an der Tradition und Entwicklung der Gesellschaft teilzunehmen (Hurrelmann 1993: S. 12, zit. nach Bucher 2004: S. 15).

Für Kinder haben Bücher – wie bereits erwähnt – nicht immer einen großen Reiz.

Meist kann die Lesefertigkeit dafür verantwortlich gemacht werden, denn Lesen beginnt erst ab einem gewissen Niveau, Spaß zu machen. Anfangs sind sie während des Lesens noch häufig frustriert, da der Leseprozess für sie ‚harte Arbeit’ bedeutet (vgl. Graf 2006: S. 53).

Böck (2002: S. 27) sagt, dass beim Buchlesen vor allem die Motivation der LeserInnen, eine Rezeptionssituation zu schaffen, eine große Rolle spielt. Für die Buchlektüre muss man sich im Gegensatz zum Fernsehen zurückziehen, egal ob ein Roman oder ein Fachbuch gelesen wird (vgl. ebd.). Bei den Lesemedien handelt es sich im Gegensatz zu den digitalen Medien um sehr individuelle Medien, da LeserInnen nicht von Ausstrahlungsgeräten und Sendezeiten abhängig sind, ihre Rezeptionsgeschwindigkeit selbst steuern können und auch die Möglichkeit haben, ihre Lesemedien aufzubewahren (vgl. Böck 2007a: S. 26). Ein Charakteristikum von Büchern ist, dass sie eher aufbewahrt und mit mehr Wertschätzung behandelt werden: Aus sogenannten ‚Prestige-Antworten’ auf Fragen über das Lesen ging hervor, dass Bücher, besonders ‚Klassiker’ und anspruchsvolle Gegenwartsliteratur sowie Bestseller, nach wie vor Kennzeichen für Bildung und Kultur sind (vgl. Böck 2002: S. 27)

Zur Erschließung literarischer Texte benötigen LeserInnen Fähigkeiten und Wissen auf unterschiedlichen Ebenen. Dazu zählen kognitive Fähigkeiten, fachlich- inhaltliches Wissen, fachspezifische Arbeitsweisen, persönlichkeitsbezogene Kompetenzen, kommunikative Fähigkeiten und metakognitive Kompetenzen (vgl.

Dahmen 2011: S. 5). „Das literarische Lesen“, so Spinner (2011: S. 87), „[ist] immer auch ein Prozess des Selbst-Verstehens [...], eine Auseinandersetzung mit eigenen Wünschen, mit Leid, mit Wut, mit moralischen Konflikten, die einen beschäftigen.“

(19)

Dies kommt daher, dass man in Büchern Eigenes wiederfindet und zum Nachdenken darüber angeregt wird (vgl. Spinner 2011: S. 87).

Funktionen von Büchern

Böck (2000: S. 199) schreibt, dass das Buch für Kinder im Alter von 12 bis 14 Jahren nach deren Auskunft unterschiedlichste Funktionen erfüllt: 26% der Jugendlichen geben an, Bücher zu lesen, um unterhalten zu werden. 27% gelangen durch Bücher zu Informationen, 30% nutzen Bücher zum Ausruhen, 30% lesen, wenn sie alleine sind, und 37% lesen aus Langeweile. Bucher (2004: S. 103ff.) vergleicht in ihrer Studie 12- und 15-Jährige in Bezug auf Buchlesefunktionen. Alle Funktionen werden von 15-Jährigen öfter genannt als von 12-Jährigen. Bucher zeigt mit ihrer Untersuchung außerdem die Bedeutung des sozialen Status und des Bildungsniveaus auf. Höher gebildete SchülerInnen aus höheren sozialen Schichten nennen alle Funktionen deutlich häufiger als weniger gebildete SchülerInnen aus niedrigeren sozialen Schichten (vgl. Bucher 2004: S. 105).

(20)

3. Lesesozialisation

‚Sozialisationstheorie’ vereint verschiedene Theorien aus Psychologie und Soziologie, die auf das erkenntnisleitende Modell der produktiven Verarbeitung von Realität Bezug nehmen (vgl. Hurrelmann 2002a: S. 40).

Hurrelmann (2002a: S. 24-39) erläutert sieben Thesen der Sozialisation, die seinem ‚Modell des produktiv Realität verarbeitenden Subjekts’ zugrunde liegen:

Jeder Mensch setzt sich das ganze Leben hindurch aktiv mit seinen Umwelten auseinander, entwickelt eine Persönlichkeit und wird durch diese Auseinandersetzungen zu einem gesellschaftlich handlungsfähigen Subjekt. Man unterscheidet zwischen einer ‚inneren’ und ‚äußeren’ Realität und einer produktiven Vermittlungs-, Verarbeitungs-, und Bewältigungsinstanz von Entwicklungsaufgaben – der Persönlichkeit eines Menschen. Bei der ‚inneren Realität’ handelt es sich um psychische und körperliche Grundstrukturen, bei der ‚äußeren Realität’ um soziale und physikalische Umweltbedingungen, wie beispielsweise die Sozialisationsinstanzen Familie, Erziehungs- und Bildungseinrichtungen oder soziale Organisationen. Hurrelmann setzt die Sozialisation in diesem Modell mit der Persönlichkeitsentwicklung gleich. Durch die lebenslange Sozialisation werden biologische Anlagen, körperlicher Aufbau und die Grundstruktur der Persönlichkeit ausgeformt und in den unterschiedlichen Lebensphasen verändert und weiterentwickelt (vgl. Hurrelmann 2002a: S. 20).

Böck (2007a: S. 30-33) fügt hinzu, dass dieser Prozess einsetzt, sobald wir in der Lage sind, unsere Umwelt wahrzunehmen.

Auf der Basis des Sozialisationsbegriffes von Hurrelmann werden nachfolgend die Begriffe ‚Lesesozialisation’ und ‚literarische Sozialisation’ erklärt.

3.1 Begriffsdefinition

Weinkauff und Glasenapp (2010: S. 227) schreiben: „Lesesozialisation meint die Begegnung mit schriftsprachlich codifizierten und üblicherweise in Printmedien publizierten Texten gleich welcher Art – also sowohl fiktionalen als auch faktualen, sowohl ästhetischen als auch pragmatischen Texten.“ Rauch (2012: S. 38) merkt an, dass es sich hier um den „Verbund von printmedialen, auditiven, audiovisuellen und anderen literarischen Texten“ handelt. Medien, die sich gegenseitig ergänzen, können den Einstieg in eine Lesekarriere erleichtern.

(21)

‚Lesesozialisation’ ist Teil der Bildungsbiografie, die sich innerhalb und außerhalb der Schule vollzieht (vgl. Philipp 2011: S. 29). Sie bezieht sich auf Kompetenzen wie die Beherrschung des Schriftsystems und das sinnvolle Erfassen von längeren Texten unterschiedlicher medialer Art mit Hilfe von Lesestrategien (vgl.

Plath/Richter 2012: S. 487). Dieser Prozess verläuft nicht für alle Kinder gleich, sondern ist von Merkmalen wie dem Geschlecht, der Umwelt, der sozialen Herkunft und dem Zusammenspiel all dieser Faktoren abhängig (vgl. Philipp 2011: S. 22). Für die familiäre und schulische Sozialisation ist der sozioökonomische Status nach Philipp (2008a: S. 22) der stärkste Einflussfaktor, während das Geschlecht den größten Einfluss auf die Sozialisation in der Peer-Group hat.

Selbstsozialisation

In der Fachliteratur wird des Öfteren der Begriff ‚Selbstsozialisation’ genannt. Damit wird der Einfluss der Innenwelt, der auf die Lesesozialisation – neben Einflüssen der Außenwelt – stark einwirkt, bezeichnet (vgl. Böck 2007a: S. 33). Besonders im Jugendalter nimmt die Selbstsozialisation zu: „Lektüre hat nun normalerweise die Form der einsamen Rezeption, der Text wird der primäre Bezugspunkt der Ko- Konstruktion“ (Hurrelmann 2004: S. 188). Eine Vermittler-Instanz wird dann weitgehend nicht mehr benötigt. Wenn Jugendliche freiwillig lesen, bilden sich individuelle Lektürefunktionen, Leseweisen, Lesepräferenzen und Leseerfahrungen aus (vgl. ebd.). Aus der lesebiografischen Forschung (vgl. Graf 1995: S. 122, zit.

nach Hurrelmann 2004: S. 188) geht hervor, dass sich der Lesemodus in der Pubertät verändert: Der kindliche lustbetonte, identifikatorische Lesemodus hält entweder in der Unterhaltungslektüre an (GefühlsleserInnen) oder verändert sich zum instrumentellen (KonzeptleserInnen) oder zum literarischen Lesen. Die kindliche Leselust hebt sich mit der Freude an literarischer Erkenntnis auf.

3.2 Instanzen der Lesesozialisation

Kinder kommen mit schriftlichen Texten durch die „kulturelle Vermittlung zwischen den Generationen“ (Hurrelmann 1998: S. 55) in Kontakt. Die Hauptinstanz der Lesesozialisation ist die informelle Instanz Familie. Mit dem Schuleintritt der Kinder beeinflussen die Institution Schule, sowie Einrichtungen des literarischen Lebens die Lesesozialisation (vgl. ebd.). In der Pubertät beginnt die Peer-Group den größten Einfluss auf Jugendliche zu nehmen (vgl. Hurrelmann 2000: S. 914).

(22)

Obwohl sich Lesegewohnheiten im Laufe des Lebens häufig verändern können, werden sie in den ersten Lebensjahren innerhalb der Familie besonders geformt (vgl. Böck 2007a: S. 33).

3.2.1 Lesen in der Familie

Prägende Einflüsse für die Lesekarrieren von Kindern sind beispielsweise der Ausbildungsgrad der Eltern, die ökonomischen Verhältnisse der Familie, die Sprachkultur sowie Lese- und Mediengewohnheiten der Familie und inwiefern gesellschaftliche und kulturelle Angebote innerhalb der Familie genutzt werden (vgl.

Bertschi-Kaufmann 2011: S. 9).

Während ‚Literalität’ in der Schule erworben wird, da viele Kinder Lesen und Schreiben erst dort lernen, findet die ‚Literarisierung’ bereits innerhalb der Familie statt, da dieser Prozess auch über das Erzählen von literarästhetischen Texten und das Vorlesen erfolgt (vgl. Plath/Richter 2012: S. 487): Bereits im Kleinkindalter wirken Gute-Nacht-Geschichten, Lieder und Bilderbücher auf die Lesesozialisation von Kindern ein (vgl. ebd. S. 487f.). Auch Wortspiele, Rollenspiele, das Wahrnehmen und Erzählen von Geschichten oder das Erlernen von Kinderreimen und Kinderliedern beeinflussen die spätere Leseentwicklung maßgeblich (vgl.

Hurrelmann 2000: S. 912). Diese „prä- und paraliterarischen“ Kommunikationsformen fördern Voraussetzungen für das Lesen wie die phonologische Bewusstheit (vgl.

Böck 2000: S. 134) und bereiten „das Lesen im Bereich der Mündlichkeit“

(Hurrelmann 2004: S. 178) vor. Eine emotionale Verbundenheit zwischen den Erwachsenen und den Kindern wirkt sich positiv auf diese Kommunikationssituationen aus (vgl. ebd. S. 179).

Nach Rauch (2012: S. 39) beginnen die Anfänge für die Entwicklung von stabilen Lesegewohnheiten innerhalb der Familie. „Eine Kindheit, in der literarische Kommunikation zum Alltag gehört, ist die lebensgeschichtliche Basis nicht nur für literarästhetisches Lesen, sondern insgesamt für die Leseentwicklung und den Erwerb der Schriftsprachlichkeit“ (Rosebrock 2003: S. 157). Der Familie kommt die Aufgabe zu, den Kindern neben dem Vermitteln der mündlichen Sprachkompetenz auch die Schriftsprachlichkeit näherzubringen (vgl. Garbe 2010: S. 181).

Die Einstellung der Eltern zum Lesen beeinflusst die Lesesozialisation: „Kinder sehen und erleben von Anfang an mit, welchen Stellenwert ihre zentralen Bezugspersonen der Schriftlichkeit und dem Lesen im Alltag geben“ (Böck 2007a: S.

33). Sie ahmen gerne ältere Geschwister oder ihre Eltern nach, so auch beim Lesen

(23)

(vgl. Steinbrecher 2007: S. 11). Vor allem Mütter gelten meist als Lesevorbild, was daran liegen könnte, dass Frauen meist mehr lesen als Männer (vgl. Böck 2000: S.

134). Der Umgang mit dem Gelesenen, in welchen Situationen gelesen wird, ob das Lesen einen hohen Stellenwert innerhalb der Familie einnimmt und ob man sich über das Gelesene gemeinsam austauscht, beeinflusst das Leseverhalten von Kindern (vgl. Steinbrecher 2007: S. 11). Wenn sich Eltern für das Leseverhalten ihrer Kinder interessieren und Gespräche zwischen den Familienmitgliedern stattfinden, hat das einen positiven Einfluss auf die Lesesozialisation der Kinder, während eine negative elterliche Einstellung gegenüber dem Lesen hemmend auf Kinder wirken kann (vgl.

Plath/Richter 2012: S. 487f.). Auch Steinbrecher (2007: S. 10) geht von einem starken Einfluss der literalen Gewohnheiten innerhalb der Familie auf die kindlichen literalen Fähigkeiten aus.

Des Weiteren ist es bedeutend, dass Eltern ihren Kindern das Gefühl geben, dass sie selbst wirklich gerne lesen und nicht nur versuchen, ihre Kinder zum Lesen zu animieren (vgl. Steinbrecher 2007: S. 12). Wenn Kinder sehen, dass ihre Eltern gerne und oft lesen, dann ist es naheliegend, dass sie mit dem Lesen etwas Positives verbinden und es für sich ausprobieren wollen (vgl. Schönbaß 2008: S. 27).

Eltern, die ihre Kinder zum Lesen motivieren und eine hohe Leseleistung erwarten, selbst aber nicht lesen, können dagegen einen negativen Einfluss auf ihre Kinder haben, da hier ein Widerspruch besteht, der Kinder irritieren kann (vgl. Steinbrecher 2007: S. 12). Eltern, die nicht oft lesen, da sie es nicht gerne tun, können kein positives Vorbild für ihre Kinder sein (vgl. Schönbaß 2008: S. 30). Hier zeigt sich in einer Studie von Bucher (2004) ein deutlicher Unterschied zwischen den sozialen Schichten: 42% der Kinder aus höheren sozialen Schichten haben den Eindruck, dass ihre gesamte Familie gerne liest. Bei Kindern aus niedrigeren sozialen Schichten können dies nur 17% für ihre Familie bestätigen. Bemerkenswert ist, dass nur 8% der Kinder aus höheren sozialen Schichten, jedoch 26% der Kinder aus niedrigeren sozialen Schichten von den Eltern zum Lesen aufgefordert werden (vgl.

Bucher 2004: S. 168).

Lesen wird von Kindern und Jugendlichen mitunter dazu genutzt, sich von der Familie abzugrenzen. Da es eine häusliche und von den Eltern gewünschte Tätigkeit ist, wenden sich Kinder und Jugendliche oft bewusst davon ab (vgl. Hurrelmann 2004: S. 185). Eine Studie von Hurrelmann et al. (1993) zeigte, dass sich Kinder aus buchorientierten Familien manchmal gegen das Lesen entschieden, um die

(24)

Aufmerksamkeit ihrer Eltern zu gewinnen. Um ihre Kinder zum Buchlesen zu motivieren, mussten sich die Eltern mit ihren Kindern auseinandersetzen und Zeit mit ihnen verbringen (vgl. Hurrelmann et al. 1993: S. 331ff.).

Der Besitz eigener Bücher, Comics und Zeitschriften oder das Vorhandensein einer Tageszeitung wirkt sich positiv auf das Leseverständnis aus (vgl. Steinbrecher 2007: S. 12). Ein Umfeld, in dem Bücher zum Alltag gehören und die Beschäftigung mit ihnen als selbstverständlich empfunden wird, regt Kinder zum Lesen an. Das bedeutet, dass ein Bücher’reichtum’ wertvoll für die literale Sozialisation sein kann (vgl. Steitz-Kallenbach 2003: S. 29f.).

Der Besuch von Bibliotheken und Buchhandlungen im Kindesalter ist wichtig für die Lesesozialisation, da Kinder dabei lernen, wie sie mit Büchern umgehen und wo sie sie ausleihen oder erwerben können. Mit Hilfe der Familie knüpfen sie erste Kontakte zu solchen Institutionen (vgl. Steinbrecher 2007: S. 12).

Sahr (2009: S. 30f.) stellt bei der Vermittlung von Kinderbüchern drei Forderungen an die Eltern:

1. Es ist wichtig, dass Eltern ihren Kindern zeigen, dass sie Interesse an den Büchern der Kinder haben. Dies können sie tun, indem sie mitlesen und sich anschließend mit ihnen über das Gelesene unterhalten.

2. Eltern sollen sich (kinder)literarisch weiterbilden und die Lesesozialisation in der Schule unterstützen.

3. Den Eltern muss bewusst sein, dass sie durch ihr eigenes Verhalten, was das Lesen und Fernsehen betrifft, Einfluss auf ihre Kinder nehmen.

Weit vor dem Schuleintritt und dem Erwerb der Schriftsprache wird das Interesse an Büchern schon geweckt (vgl. Hurrelmann/Hammer/Nieß 1993: S. 11, zit. nach Plath/Richter 2012: S. 488). Neurophysiologische und kinderpsychologische Untersuchungen zeigen, dass „die Basis für das Lesenlernen bereits im frühen Alter der Kinder gelegt wird. Fehlt im frühen Kindesalter die Förderung der Erstsprache und der sogenannten ‚Vorläuferfertigkeiten’ für das Lesen, kommen Kinder bereits mit schweren Defiziten in die Schule“ (Böck 2012b: S. 6). Sowohl die Lesemotivation, als auch die Häufigkeit des Lesens in der Freizeit wird durch die frühen Erfahrungen, die mit dem Lesen gemacht werden, geprägt (vgl. Philipp 2011: S. 93).

Böck (2007a: S. 34) hält fest: „Kinder und Jugendliche, die nicht gerne lesen, kommen zumeist aus lesefernen Familien, während begeisterte LeserInnen weit überwiegend in lesefreundlichen Elternhäusern aufwachsen. Traditionen des Lesens

(25)

setzen sich sozusagen über Generationen hinweg fort.“ Kinder, bei denen eine Förderung der Lesefreude im Elternhaus stattfand, haben darüber hinaus meist ihr ganzes Leben lang eine starke Bindung zu Büchern, lesen mehr und besitzen häufig viel mehr Bücher als andere (vgl. Sahr 2009: S. 29).

Sozialer Status und Lesen

Der soziale Status der Familie ist ein starker Einflussfaktor auf die Leseentwicklung eines Kindes (vgl. Bertschi-Kaufmann 2010: S. 231).

Laut Scarborough/Dobrich (1994) hat der sozioökonomische Status der Eltern eine starke Auswirkung auf die kindliche literale Entwicklung. Dieser Faktor soll sogar mehr Einfluss auf die Lesesozialisation von Kindern haben als die im familiären Kontext gemachten Leseerfahrungen. Mehrere Studien zeigen, dass ein engerer Zusammenhang zwischen sozioökonomischem Status und literarischen Fertigkeiten als zwischen literarischen Fertigkeiten und gemachten Leseerfahrungen innerhalb der Familie besteht (vgl. Steinbrecher 2007: S. 23). Das Leseverhalten von Kindern steht in enger Verbindung mit der Bildung der Eltern und der sozialen Schicht, der diese zuzuordnen sind (vgl. Rauch 2012: S. 39).

Aus der sogenannten Erfurter Studie zur Entwicklung der Lesemotivation in der Grundschule (vgl. Richter/Plath 2005) geht hervor, dass der Buchbesitz je nach sozialem Status der Familien stark variiert (vgl. Richter/Plath 2005: S. 44f., zit. nach Plath/Richter 2012: S. 488). Böck (2012b: S. 4) erachtet Schulbildung und berufliche Position der Eltern als maßgeblich für ihren Bücherbesitz. Eltern in höheren beruflichen Positionen besitzen demnach mehr Bücher, unter anderem auch mehr Kinderbücher. Die KIM-Studie 2008 (vgl. Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2009) bestätigt, dass die Bindung an Printmedien stärker ist, je höher die formale Bildung von Eltern ist (vgl. Pieper 2010: S. 124). Unterschiede sind bezüglich der Genres erkennbar: Eltern mit einer höheren Bildung lesen öfter Belletristik, während bei Personen mit einer niedrigeren sozialen Bildung einfache Unterhaltungsliteratur bevorzugt wird (vgl. Böck/Wallner-Paschon 2002a: S. 16).

Fenkart (2013: S. 21f.) schreibt in Bezug auf die Ergebnisse von PIRLS und TIMSS 2011 (vgl. Suchan et al. 2012), dass „der Leistungsvorsprung der 9-/10-Jährigen aus Haushalten mit mehr als 100 Büchern gegenüber Haushalten mit maximal 100 Büchern [...] in Österreich etwa neun Prozent [beträgt].“

Groeben und Schroeder (2004) haben die Rolle der Eltern bei der Lesesozialisation untersucht und herausgefunden, dass Eltern aus niedrigen

(26)

sozialen Schichten ihre Kinder zuhause weniger im Lesen fördern als Eltern aus mittleren sozialen Schichten. Während Eltern aus niedrigen sozialen Schichten diese Aufgabe eher der Institution Schule überlassen, fördern Eltern aus mittleren sozialen Schichten ihren Nachwuchs schon vor dem Schuleintritt mit spielerischen literalen Aktivitäten (vgl. Philipp 2011: S. 89). Familien aus höheren sozialen Schichten kommunizieren öfter und altersentsprechender medial mündlich, aber konzeptuell schriftlich mit ihren Kindern als Eltern aus niedrigen sozialen Schichten. Diese Kinder treten dann mit besseren literalen Voraussetzungen in die Schule ein (vgl. Rosebrock 2003: S. 158).

Zusätzlich hat das Ausmaß des Sprechens von Erwachsenen mit Kindern einen positiven Einfluss auf die literarischen Fähigkeiten von Kindern (vgl.

Snow/Burns/Griffin 1998, zit. nach Steinbrecher 2007: S. 23). In einkommensschwachen Familien ergibt sich seltener die Gelegenheit, dass Kinder mit ihren Eltern sprechen, als in Familien mit einem höheren Einkommen (vgl.

Snow/Tabor/Dickinson 2001, zit. nach Steinbrecher 2007: S. 23). Philipp (2011: S.

100) weist darauf hin, dass Kinder, die in Familien aus niedrigen sozialen Schichten aufwachsen, weniger sprachliche Stimuli erhalten und dass ihre Eltern oft überfordert sind, wenn sie ihren Kindern positiv, dialogisch und flexibel vorlesen sollen.

Verbote und negative Äußerungen bezüglich des allgemeinen Verhaltens von Kindern in den ersten Lebensjahren haben eine nachhaltige negative Wirkung auf ihre sprachliche und kognitive Entwicklung (vgl. Steinbrecher 2007: S. 23). Wie Hart und Risley (1995) belegen, hängt die Menge der positiven Aussagen gegenüber Kindern stark mit dem sozioökonomischen Status zusammen. Eine Längsschnittuntersuchung konnte darlegen, dass von einkommensschwachen Eltern doppelt so viele Verbote an ihre Kinder gehen als an Kinder aus Familien mit einem mittleren bis hohen Einkommen.

Manchmal treten bei Kindern sogar Lesehemmungen auf. Kinder, die der niedrigeren Bildungsschicht angehören, bevorzugen ihren Aussagen zufolge deshalb eher das Fernsehen, weil sie häufig nicht so gute LeserInnen sind. Als Ursache für die schlechtere Leseleistung nennen sie oft den Grund, keine Ahnung zu haben, welche Bücher interessant sind (vgl. Steinbrecher 2007: S. 23).

Zusammenfassend kann gesagt werden: „Je höher der Bildungsgrad der Eltern und ihre berufliche Position sind, umso positiver ist ihre Einstellung zum

(27)

Lesen, umso mehr Freude am Lesen haben sie und umso häufiger lesen sie“ (Böck 2012b: S. 26).

Die Bedeutung des Vorlesens

Beim Vorlesen kommen Kinder erstmals in Kontakt mit Schrift. In vielen Studien wurde der positive Einfluss des Vorlesens auf den späteren Wortschatz, die frühe Sprachentwicklung und ein besseres Verständnis von Texten bereits nachgewiesen (vgl. Steinbrecher 2007: S. 12). Laut Bus (2001) ist die Menge des Vorlesens vor dem Schuleintritt entscheidend für die weitere literale Entwicklung von Kindern.

Feneberg (1994) konnte zeigen, dass Kinder motivierter sind, Lesen zu lernen, wenn ihnen in der Vorschule regelmäßig vorgelesen wird. Kinder, denen mehrmals die gleiche Geschichte vorgelesen wurde, waren im Gegensatz zu jenen, denen nur selten vorgelesen wurde, in der Lage, komplexere Sätze zu formulieren (vgl.

Steinbrecher 2007: S. 13). Kinder, denen vorgelesen wurde, haben eine positivere Einstellung gegenüber dem Buchlesen als solche, denen nicht vorgelesen wurde.

Das Leseverhalten und die Lesedauer werden ebenfalls beeinflusst: Kinder und Jugendliche, denen vorgelesen wurde, lesen öfter und länger als solche, die keine Erfahrungen mit dem Vorlesen gemacht haben (vgl. Ehmig/Reuter 2013: S. 9f.).

Wie Richter und Plath 2005 in ihrer Studie zur Lesemotivation in der Grundschule herausfanden, lesen vorwiegend Mütter ihren Kindern zuhause vor und fühlen sich als Verantwortliche für die Lesesozialisation (vgl. Plath/Richter 2012: S.

488). Lesedauer und Lesehäufigkeit der Mütter nehmen großen Einfluss auf die Lesefreude und Lesehäufigkeit der Kinder (vgl. Steinbrecher 2007: S. 11).

Lesen wird daher oft als eine „weibliche Tätigkeit“ verstanden. Positiv wäre, wenn auch Väter als Lesevorbilder auf ihre Kinder einwirken würden (vgl. Rauch 2012: S. 40). Steinbrecher (2007: S. 13) schreibt, dass das Vorlesen dann mehr Interesse an Büchern bewirken würde, wenn Väter vorlesen würden. Lyytinen, Laakson und Poikkeus (1998) zeigten in einer Studie über vorlesende Väter, dass Kinder beim Zuhören mehr Geduld hatten und wollten, dass der Vorleseakt länger anhält. Eine Studie von Mullan (2010) in Großbritannien belegte, dass Jungen mehr lesen, wenn sie ihre Väter als Lesevorbilder haben (vgl. Philipp 2011: S. 91). Nicht nur Mütter, sondern auch Väter nehmen eine wichtige Rolle ein, wenn es darum geht, Kinder zum Lesen anzuregen (vgl. Steinbrecher 2007: S. 13).

Lonigan (1994) fand heraus, dass ein früherer Vorlesebeginn durch die Eltern das Leseinteresse erhöht: Das frühe Vorlesen machte Kinder selbst zu

(28)

regelmäßigeren LeserInnen, die es mehr genossen, wenn ihnen vorgelesen wurde, interessierter zuhörten und das Interesse am Buch nicht so leicht verloren (vgl.

Steinbrecher 2007: S. 13f.).

Sowohl die Sächsische Studie zur Lesemotivation, bei der von Plath und Richter (2010) 750 sächsische GrundschülerInnen befragt wurden, als auch die Erfurter Studie (vgl. Richter/Plath 2005) unterstreichen die Wichtigkeit des Vorlesens innerhalb der Familie. Kinder, denen zuhause oft3 vorgelesen wird, weisen eine höhere Lesemotivation auf als Kinder, denen nie vorgelesen wird (vgl. Plath/Richter 2012: S. 488). Aus den beiden Studien geht deutlich hervor, dass sich Kinder, denen ohnehin schon viel vorgelesen wird, wünschen, noch mehr vorgelesen zu bekommen. Kindern, denen gar nicht vorgelesen wird, fehlt dieses ‚Ritual’ scheinbar nicht, denn sie äußern keinen Wunsch nach dem Vorlesen (ebd. S. 490). Es besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Häufigkeit des Vorlesens und der Entwicklung von Lesefreude, Lese- und Freizeitverhalten sowie den schulischen Leistungen: „Je häufiger in der Kindheit vorgelesen wurde – am besten täglich –, desto wahrscheinlicher eine positive Entwicklung“ (Ehmig/Reuter 2013: S. 27). Damit die Kinder möglichst viel profitieren, wird den Eltern geraten, ihnen täglich oder zumindest mehrmals die Woche vorzulesen und Geschichten zu erzählen (vgl. ebd.

S. 27f.).

Wieler (1997) erforschte in ihrer Studie zum Vorlesen in der Familie die Qualität des Vorlesens. Sie untersuchte den Zusammenhang zwischen den ersten Erfahrungen der Kinder mit Literatur und den Interaktions- und Gesprächsroutinen innerhalb der Familie in verschiedenen sozialen Milieus (vgl. Wieler 1997: S. 111).

Die Vorlesegespräche zwischen vierjährigen Kindern und ihren Eltern aus unterschiedlichen sozialen Schichten unterschieden sich dahingehend, ob Eltern die Bilderbuch-Kommentare ihrer Kinder berücksichtigten oder nicht. Es zeigte sich, dass Eltern aus niedrigeren sozialen Schichten das kindliche Nachfragen eher abwehrten oder nur kurz beantworteten, während Eltern aus mittleren sozialen Schichten auf die Fragen der Kinder ausführlich eingingen. Vorlesesituationen in Familien aus höheren sozialen Schichten bezeichnet Wieler als ‚offene’ familiale Vorlesepraxis, da sie meist in einen ausführlichen dialogischen Austausch zwischen Eltern und Kindern münden. Im Gegensatz dazu bezeichnet sie Vorlesesituationen in Familien aus niedrigeren sozialen Schichten als ‚geschlossen’, da es sich hierbei

3 Oft bedeutet hier täglich oder mehrmals wöchentlich.

(29)

meist um ein monologisches Vorlesen handelt, bei dem das Kind nur als ZuhörerIn fungiert (vgl. Wieler 1997: S. 313-317). Da Vorleseprozesse, bei denen ein Text lediglich mitgeteilt wird, jüngere Kinder nicht erreichen, setzt sich Wieler (1997: S.

319) dafür ein,

die gemeinschaftliche Bilderbuch-Rezeption in der Familie verstärkt auch als Anlaß für den kommunikativen Austausch mit dem Kind wahrzunehmen. Wie die Untersuchung zeigt, entscheidet die dialogische Struktur des Vorlesens darüber, inwieweit es den Vierjährigen gelingt, ihre Verstehensfragen und Verstehensprobleme bei der Bilderbuch-Rezeption zur Sprache zu bringen und einer Lösung zuzuführen (Wieler 1997: S. 319).

Nicht nur das Vorlesen selbst, sondern auch die Vorlesesituation ist von Bedeutung, um das Vorlesen als etwas Positives zu erfahren. Diese sollte als etwas Außergewöhnliches angesehen werden und sich vom Alltag abgrenzen. Zwischen dem Kind und dem/der Erwachsenen, der/die vorliest, wird für die Zeit des Vorlesens eine intime Beziehung aufgebaut (vgl. Steitz-Kallenbach 2003: S. 30f.), die sich positiv auf die Lesemotivation in der Grundschule auswirken kann. Kinder, die viel- lesende Eltern haben, lesen häufiger, wenn ihnen in vertrauten, von Nähe und Dialogizität geprägten Situationen vorgelesen wird (vgl. Philipp 2011: S. 93ff.). Beim Vorlesen ist es besonders wichtig, als Vorlesende/r auf die Forderungen des Kindes einzugehen. Dies bedeutet, dass das Kind entscheidet, wann umgeblättert wird und dass sich der/die VorleserIn auf Fragen und Gedachtes des Kindes bewusst einlässt (vgl. Steitz-Kallenbach 2003: S. 31). Nachweislich sind Mütter aus mittleren sozialen Schichten im Vergleich zu Müttern aus niedrigen sozialen Schichten besser in der Lage, beim Bilderbuchlesen einen Dialog zwischen ihnen und ihren Kindern aufzubauen und die Kinder dazu zu bringen, sich auf die Geschichte zu konzentrieren (vgl. Philipp 2011: S. 100). Für Mütter aus einer niedrigeren sozialen Schicht ist es wichtig, dass ihre Kinder den Sinn eines Textes ‚begreifen’, während Mütter aus höheren sozialen Schichten eher der Verständigung über den Text und der Anschlusskommunikation zum Gelesenen Bedeutung zuschreiben (vgl.

Hurrelmann 2000: S. 912). Schon in den 1990er-Jahren konnten Hurrelmann et al (1993) nachweisen, dass bereits in der frühen Lesesozialisation die Qualität der Gespräche über das Gelesene eine bedeutendere Rolle spielt als die Quantität des Vorlesens (vgl. Hurrelmann 2000: S. 912). Sonnenschein und Munsterman (2002) fanden heraus, dass die Lesemotivation in der ersten und zweiten Klasse stark von den erlebten positiven Interaktionen beim Vorlesen abhängt (vgl. Philipp 2011: S.

90).

(30)

Da die Familie einen so starken Einfluss auf die Lesesozialisation hat, gestaltet es sich meist schwierig, später die Einstellungen gegenüber dem Lesen und den Lesegewohnheiten zu verändern (vgl. Böck 2007a: S. 34). Für die Schule ist es oft schwer, dieser Chancenungleichheit entgegenzuwirken (vgl. Garbe 2010: S. 178).

3.2.2 Lesen in der Schule

Literalität wird vorwiegend in der Schule erworben, da viele Kinder Lesen und Schreiben erst mit dem Schuleintritt lernen (vgl. Plath/Richter 2012: S. 487). Kinder, die das Lesen vor dem Schuleintritt als etwas Positives wahrgenommen haben, werden die Mühen des Lesenlernens viel eher auf sich nehmen, da sie diese Fähigkeit, die sie als etwas Erstrebenswertes kennengelernt haben, gerne erlernen wollen (vgl. Schönbaß 2008: S. 48).

Der Grundstein für das schulische literale Lernen wird in der Grundschule gelegt (vgl. Büker 2006: S. 120). Die Aufgabe der Familie von Schulkindern ist es,

„Misserfolgserfahrungen abzufedern und die Lesemotivation aufrecht zu erhalten“

(Philipp 2008a: S. 32). Kindern soll Freude und Genuss an Literatur in der Schule möglich gemacht werden (vgl. Pieper 2010: S. 123).

Die Schule hat Einfluss auf die Lesemotivation, das Leseverhalten und die Lesekompetenz. Unter anderem kommen der Schule die Aufgaben zu, die Persönlichkeit der SchülerInnen zu fördern, die SchülerInnen darüber hinaus noch zu bewerten und bildungsabhängige gesellschaftliche Positionen zuzuteilen (vgl. Philipp 2011: S. 102ff.). Drei Ebenen – die Systemebene, der Unterricht selbst und die Lehrkräfte – nehmen Einfluss auf die schulische Lesesozialisation (vgl. ebd. S. 119).

Diese drei Ebenen werden im Laufe des Kapitels näher beschrieben.

Auch Faktoren wie Bildungsnähe und sozioökonomischer Status spielen in der Schule eine Rolle (vgl. Bertschi-Kaufmann/Kassis/Schneider 2004: S. 31).

Schwierigkeiten treten in der Schule zum Beispiel deshalb auf, weil SchülerInnen unterschiedlich gut lesen können, wenn sie in die Schule eintreten und aus unterschiedlichen Lesekulturen stammen (vgl. Gölitzer 2004: S. 122). Kinder kommen mit völlig unterschiedlichen Grundlagen in die Schule (vgl. Garbe 2010: S.

186) und „das (prototypische) Mittelschicht-Kind hat in allen Dimensionen seiner literalen und literarischen Kompetenz deutlich bessere Voraussetzungen als das Kind aus der Unterschicht-Familie“ (ebd.). Für Kinder aus buchfernen Familien gestaltet sich das Lesen- und Schreibenlernen oft als sehr schwierig (vgl. Rauch 2012: S. 41). Während Philipp (2011: S. 143) geht davon aus, dass diese

(31)

Unterschiede nur schwer ausgeglichen werden können, schreibt Böck (2007a: S.

34), dass die Schule es schaffen kann, die Defizite von Kindern in Bezug auf die Lesekompetenz auszugleichen.

Für Gölitzer (2007: S. 214f.) hat die Schule bezüglich der Lesesozialisation zwei Funktionen zu erfüllen: Erstens muss sie die SchülerInnen zu einer Teilhabe an der Schriftkultur im weiteren Sinne und einer literarischen Kultur im engeren Sinne befähigen. Das bedeutet, dass SchülerInnen lernen müssen, Literatur kritisch zu lesen, von literarischen Texten auf Bilder und andere Ausdrucksgestalten zu schließen, unterschiedliche Leseweisen anzuwenden und verständigungsorientiert zu handeln. Zweitens ist es Aufgabe des Unterrichts, die Lesekompetenz und literarische Rezeptionskompetenz von SchülerInnen zu verbessern und komplexe Fähigkeiten durch möglichst vielfältige Lesesituationen zu unterstützen (vgl. Gölitzer 2007: S. 214ff.).

In der Schule soll nicht nur die Kulturtechnik Lesen erworben werden, sondern auch die literarästhetische Bildung und das Sprechen über die Literatur sind wichtige Bestandteile der schulischen Lesesozialisation (vgl. Plath/Richter 2012: S. 493f.).

„Die Schule sollte die Schülerinnen und Schüler von Anfang an mit der Vielfalt der Lesestoffe und Textgattungen, den verschiedenen Lesemedien sowie der Funktionsvielfalt des Lesens bekannt und vertraut und so das Lesen für sie attraktiv machen“ (Böck 2007a: S. 34). Ziel eines lesefördernden Unterrichts ist es, durch den Aufbau und die Arbeit an Lesehaltungen das Leseverhalten von jungen LeserInnen zu stabilisieren, sodass die Kinder in der Lage sind, dieses eigenständig zu steuern (vgl. Bertschi-Kaufmann 2011: S. 10). Im Literaturunterricht sollen SchülerInnen Handlungsschemata erwerben, ihre Lesegewohnheiten ausbilden und die Möglichkeit bekommen, am literarischen Leben und der literarischen Kultur teilzuhaben. Dies bedeutet, dass sie lernen, Literatur kritisch und auf verschiedenste Arten zu lesen, sich gemeinsam mit der Lehrperson und ihren MitschülerInnen mit Literatur beschäftigen und zum Beispiel literarische Texte in andere Textsorten übersetzen (vgl. Gölitzer 2004: S. 123).

Die Buchauswahl in der Schule ist entscheidend dafür, ob SchülerInnen gerne lesen, denn meist wird anderes und anders als in der Familie oder unter Freunden gelesen (vgl. Gölitzer 2007: S. 209). Während sich Kinder und Jugendliche Lesestoffe für ihre Freizeit selbst aussuchen, bestimmt in der Schule meist die Lehrperson, was gelesen wird. In Studien äußern sich Kinder und Jugendliche nur

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

BrightStor CA-Vtape, BrightStor CA-Vantage Tape Resource Manager BrightStor CA-1 Agent’s, BrightStor CA-Dynam/TLMS Agenten. Storage

Hier finden sich auch Updates für die jeweilige Software, die nötig sind, um auch aktuelle Viren auf dem Rechner finden und ausschalten zu

Sollten nicht genügend Computerarbeitsplätze für alle Schüler vorhanden sein, können auch immer zwei Kinder zusammen an einem PC arbeiten. Es ist auch möglich, die Arbeit im

Computer & Internet – Fit im Umgang mit neuen Medien Unterrichtsplanung Gefahren für den Computer: Der Informationstext gibt den Schülern einen Überblick über die Krankheiten, die

Zu Beginn einer Prüfung wird ein Satz von standardi- sierten Formblättern ausge- druckt, auf denen alle ad- ministrativen und wissen- schaftlichen Planungsgrund- lagen

[r]

Serien oder Filme aus dem Internet können über den Fernseher, auf dem Computer und dem Smartphone laufen. Der Zuschauer sucht aus, wann er welche Filme oder Serien schaut. Feste

Für Berufsgruppen, die auf ein sehr gutes Sehen in der Ferne, bei schlechten Lichtverhältnissen oder in der Nacht angewiesen sind – beispielsweise LKW-Fahrer –, sind bi-