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4. Lesekompetenz

4.4 Förderung der Lesekompetenz

Rosebrock und Nix (2012: S. 27ff.) schreiben, dass teilweise sogar SchülerInnen der Sekundarstufe nicht in der Lage sind, Texte flüssig und sinnkonstruierend zu lesen, da sie bereits an den Grundlagen des Lesens scheitern:

Sie müssen viele Wörter noch mühsam erlesen, wodurch sich ihre Lektüre nur langsam, zögerlich und mit sichtbarer Mühe vollzieht; sie verlesen sich oft; sie lesen weitgehend ohne sinnvolle Betonung in einer typischen monotonen und stockenden Wort-für-Wort-Lektüre. (ebd. S. 28).

Dies kann mit Hilfe von Lautleseverfahren und Vielleseverfahren geändert werden.

4.4.1 Lautleseverfahren

Die Lesekompetenz kann mit Hilfe von Lautleseverfahren gefördert werden. Durch lautes Lesen oder Vorlesen von Textausschnitten oder ganzen Texten wird das Erkennen von Wörtern, die Verbindung von Wortfolgen im Satzgefüge und die Herstellung von Zusammenhängen zwischen einzelnen Sätzen verbessert. Die hierarchieniedrigen Prozesse des Lesens werden gefördert und die Leseflüssigkeit trainiert. Indirekt nehmen Lautleseverfahren auch Einfluss auf das Leseverständnis von SchülerInnen, denn SchülerInnen die flüssiger lesen, können sich eher auf einzelne Wörter und den Inhalt von Texten konzentrieren. Dies wirkt sich in weiterer Folge positiv auf ihre Lesemotivation aus (vgl. ebd. S. 27).

Durch das Vorlesen von Texten oder Textausschnitten wird die Lesefähigkeit im hierarchieniedrigen Bereich trainiert. Man unterscheidet zwei Grundformen von Lautleseverfahren: das wiederholte Lautlesen und das begleitende Lautlesen (vgl.

ebd. S. 36):

• Wiederholtes Lautlesen: Hierbei lesen SchülerInnen TutorInnen einen kurzen mittelschweren Text so lange vor, bis sie ihn fehlerfrei lesen können. Durch das wiederholende Lesen prägen sie sich Buchstaben- und Wortkombinationen ein, lernen auf bestimmte Textsignale zu achten und den Text betont vorzulesen. Die Vorlesesituation sollte durch Lehrpersonen so

gestaltet werden, dass es für die SchülerInnen nicht langweilig wird (vgl.

Rosebrock/Nix 2012: S. 36ff.).

• Begleitendes Lautlesen: Bei diesem Verfahren sollen leseschwächere SchülerInnen vom kompetenteren Lesemodell lernen. Mehr und weniger kompetente LeserInnen bilden Paare, lesen sich gegenseitig vor oder lesen gemeinsam im Chor (vgl. ebd. S. 39).

Ein praktisches Beispiele für Lautleseverfahren sind ‚Lautlese-Tandems’:

Lautlese-Tandems

Lautlese-Tandems dienen der Steigerung der Leseflüssigkeit. Die Besonderheit ist, dass das Verfahren in eine Rahmenhandlung eingebettet wird, um den sportlichen Charakter des Lesetrainings zu betonen. Lehrpersonen bilden Paare aus besseren (Lese-TrainerInnen) und schlechteren LeserInnen (Lese-SportlerInnen) (vgl. ebd.

S.49). Der Ablauf eines Lautlese-Tandems wird in Abbildung 1 ersichtlich:

Abbildung 1: Trainingsablauf im Lautlese-Tandem (vgl. Rosebrock/Nix/Rieckmann/Gold 2011: S. 98).

Lese-TrainerInnen und Lese-SportlerInnen sitzen dicht nebeneinander und lesen sich einen Text synchron halblaut vor. Wenn sich Lese-SportlerInnen verlesen, tritt eine sogenannte Verbesserungsroutine ein: Die Lese-SportlerInnen haben dann ca.

drei Sekunden Zeit, sich selbst zu verbessern. Wenn der Fehler von den Lesenden nicht selbst erkannt wird, greifen die TrainerInnen ein. Wenn Lese-SportlerInnen über einen längeren Zeitraum fehlerfrei lesen, setzt eine Allein-Routine ein: TrainerInnen hören dann mit dem Vorlesen auf und Lese-SportlerInnen lesen den Text eigenständig und ohne Hilfe entweder bis zum Ende

oder bis ein Fehler passiert. Auf einem Plakat, welches später in der Klasse aufgehängt wird, werden die einzelnen Schritte der Leseroutine festgelegt. Jedes Team nimmt an einer ‚Lesemeisterschaft’ teil, bei der das beste und fleißigste Team gewinnt. Je nach Trainingsniveau stehen verschiedene Texte in einer gut lesbaren Schrift zur Verfügung, die vor allem den schwächeren LeserInnen das Lesen erleichtern. Aufgabe der SchülerInnen ist es, den Text jeweils viermal zu lesen und ihn dann auf einem Arbeitsblatt abzuhaken. Bevor mit dem nächsten Abschnitt begonnen werden darf, müssen die SchülerInnen den Text den LehrerInnen vorlesen. Wenn diese mit ihrer Leseleistung zufrieden sind, dürfen die SchülerInnen mit dem nächsten Text beginnen. Eine Trainingseinheit sollte nicht länger als 15 bis 20 Minuten dauern, da die Konzentration der SchülerInnen dann nachlässt (vgl.

Rosebrock/Nix: S. 49ff.).

4.4.2 Vielleseverfahren

„Unter dem Begriff ‚Vielleseverfahren’ werden solche Verfahren der Lesedidaktik zusammengefasst, bei denen sogenannte freie Lesezeiten als feste Termine im Unterrichtsgeschehen verankert werden“ (ebd. S. 57). In dieser Zeit können die SchülerInnen KJL lesen, die sie selbst ausgewählt haben. Bücher, die von den Kindern in dieser Zeit gelesen werden, fließen nicht in den regulären Unterricht mit ein. Diese Lesezeit ist vielmehr als Selbstzweck gedacht, denn man erhofft sich, dass sich das Lesen an sich positiv auf die Lesekompetenz auswirkt. Die SchülerInnen sollen zum Lesen motiviert werden und beiläufig soll sich dadurch auch die Lesekompetenz von Kindern verbessern. Die Lesezeiten finden im Unterricht statt, und die SchülerInnen sind verpflichtet an diesen teilzunehmen.

Durch Vielleseverfahren sollen hauptsächlich buch- und bildungsferne SchülerInnen gefördert werden, die Lesen als Anstrengung wahrnehmen. Ihnen sollen so interessante Stoffe zugänglich gemacht werden, um sie zum Lesen zu motivieren.

Vielleseverfahren sind aber nicht nur für schwache LeserInnen geeignet, auch kompetente LeserInnen können von ihnen profitieren. Sie starten mit einer besseren Lesekompetenz und haben dadurch eine höhere Lesemotivation. Vielleseverfahren ermöglichen es ihnen, neue interessante Bücher kennenzulernen und ihre Interessen im Unterricht einzubringen (vgl. Rosebrock/Nix 2012: S. 57-60).

Ein Beispiel für Vielleseverfahren ist die ‚Leseolympiade’:

Leseolympiade

Bei diesem Vielleseverfahren sollen die SchülerInnen freiwillig daran arbeiten, ihre Lesekompetenz zu verbessern. Bei der Leseolympiade werden die SchülerInnen motiviert, möglichst viele Seiten zu lesen. Sie müssen mindestens ein Kinder- und Jugendbuch pro Woche lesen und zwar außerhalb des Unterrichts. Begleitend zum Lesen führen die SchülerInnen einen Lesepass. Im Lesepass tragen sie die Titel ihrer gelesenen Bücher ein und geben eigene Bewertungen darüber ab. Dies soll die SchülerInnen zu einem Wettkampf untereinander motivieren, denn wer am Ende die meisten Bücher gelesen hat, gewinnt. Dieser Wettkampf kann auch von ganzen Schulen ausgetragen werden. Aufgabe der Lehrpersonen ist es, die Lesegeschwindigkeit der SchülerInnen in Zeitabständen von zirka einem Monat zu testen und das Textverständnis mit Hilfe von Fragen zu überprüfen. Auch diese Ergebnisse zum Lesetempo und zur Leistungssteigerung werden im Lesepass notiert und sind für die Kinder so immer sichtbar (vgl. ebd. S. 57f.).