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Die vorliegende Untersuchung beschäftigt sich synchron mit der morphologi-schen Modifikation des gesprochenen Italienimorphologi-schen1 und entsprechenden Adjekti-ven wie piccolo, grande usw. Unter Modifikation ist die semantische Abwandlung der Kernkonstituente einer Konstruktion hinsichtlich bestimmter Eigenschaften zu verstehen. Dies kann mittels Adjektiven oder Adverbien geschehen, aber auch morphologisch ausgedrückt werden durch Präfixe oder durch Suffixe, z.B. dt.

Häuschen mit dem Diminutivsuffix -chen; ital. analog casetta von casa.

Es sollen grundlegende Beobachtungen über den Zusammenhang zwischen Ad-jektiven und modifizierenden Suffixen2 gemacht werden. Dass es zwischen ihnen Entsprechungen gibt, wird beispielsweise klar bei der Übersetzung in oder aus Sprachen, in denen nicht dieselbe Suffixvielfalt bzw. Ausdrucksbreite vorliegt.

Hier gibt es bereits Untersuchungen zum Übersetzungsvergleich (Pellegrini 1977;

Holtus/Pfister 1985 und Mayrhofer 1993 alle zum Vergleich Deutsch-Italienisch sowie Würstle 1992 zum Vergleich Deutsch-Französisch-Englisch ebenso Wandruszka 1986 zum Vergleich Deutsch-Französisch-Spanisch-Englisch, Harden 1997 für einen Vergleich zum Deutschen und Portugiesischen, Schmitt 1997 für einen Vergleich der Diminutive Spanisch-Deutsch und Spanisch-Französisch sowie Windisch 1995 für die Übersetzung spanischer Diminutive ins Französische).

Zudem zeigt sich auch, dass in Sprachen, die modifizierende Suffixe zwar besitzen, aber kaum nutzen, Adjektive den Ausdruck z.B. des Diminutivs übernehmen (siehe hierzu beispielsweise Hasselrot 1957 für das Französische).

Untersuchungsgegenstand ist in dieser Arbeit das heutige gesprochene Italienisch, da die Modifikation vor allem ein Phänomen der spontanen gesprochenen All-tagssprache ist. Der Schwerpunkt der Untersuchung betrifft die Semantik der mo-difizierenden Suffixe, die sich anhand eines Modifikators, wie z.B. KLEIN, ange-wandt auf eine (Basis) (kurz KLEIN(Basis)), in die Satzsemantik einfügen lässt, jedoch sollen auch strukturelle Eigenschaften dieser Suffixe nicht außer Acht ge-lassen werden.

Die Analyse der Diminutiva als Modifikator wie KLEIN(Basis) beruht auf der Hypothese, dass die Bedeutung des Derivationssuffixes der Bedeutung eines

1 Es soll in der Arbeit das Standarditalienische behandelt werden. Rein dialektale Arbei-ten, wie beispielsweise Del Puente (1996), bleiben deshalb außer Acht.

2 Die Benennungen modifizierende Suffixe, Modifikativsuffixe und Modifikationssuffixe werden in dieser Arbeit synonym verwendet.

jektivs entspricht. Diese Ausgangshypothese der Arbeitsteilung zwischen modifi-zierendem Suffix und Adjektiv lässt sich in einzelne Aussagen aufteilen:

i Die modifizierenden Suffixe haben eine lexikalische Bedeutung.

ii. Es besteht prinzipiell die Möglichkeit, dass es für jedes Suffix (jede Suffix-gruppe) ein oder mehrere Adjektive mit gleicher Bedeutung gibt (z.B. -ino, -etto 3... heißen 'klein', piccolo, piccino... heißen ebenfalls 'klein').

iii. Die Suffixe und die ihnen semantisch entsprechenden Adjektive haben die-selbe Variation der Bedeutung; z.B. wird 'klein' interpretiert als 'niedlich', oder als 'nicht wichtig', gleichgültig, ob dieses Prädikat als Suffix oder als Adjektiv realisiert ist.

iv. Die lexikalische Bedeutung eines modifizierenden Suffixes lässt sich im Rahmen der lexikalisch-funktionalen Grammatik als ein DPRED darstellen;

dieses ist die Entsprechung eines normalen (d.h. auf der Satzebene angesie-delten) Prädikats (PRED) auf der Wortebene.

Es gilt nun festzustellen, welche Gemeinsamkeiten und welche Unterschie-de vorliegen. AußerUnterschie-dem ist zu sehen, ob die Annahme eines Adjektivs als direkte Ausdrucksalternative für ein Suffix bzw. mehrere derselben Gruppe gilt oder ob dies nicht ausreicht.

Aus diesen Aussagen ergeben sich unterschiedliche Fragestellungen:

a. Welche Argumente nehmen die modifizierenden Suffixe? Gibt es konzep-tuelle Präferenzen oder grammatische Beschränkungen?

b. Wie erfolgt die Interaktion von Suffix und Adjektiv im Satz (und gegebe-nenfalls im Text)?

c. Unterscheiden sich die modifizierenden Suffixe und die ihnen entspre-chenden Adjektive unter dem Gesichtspunkt der Sprechakte (in engerem Sinn)? Welche Beziehung besteht also zwischen dem Gebrauch der Modifi-kativsuffixe und dem Typ von Sprechakt, in dem sie auftreten?

d. In welcher pragmatischen Funktion werden die Suffixbildungen (z.B.

librone) und die ihnen entsprechenden syntaktisch komplexen Nomina (z.B.

grosso libro, libro voluminoso) verwendet? Es ist anzunehmen, dass Unter-schiede bezüglich der Diskurssituation bestehen.

Ziel der Arbeit wird es sein, genauer zu klären, wie die Entsprechungen zwischen Adjektiven und Suffixen aussehen und durch welche Restriktionen die Ausdrucks-alternative geregelt wird.

3 Natürlich handelt es sich bei -ino um das Derivationssuffix -in- sowie das Flexionssuffix -o für Maskulin Singular. In dieser Arbeit werden die modifizierenden Suffixe aus Grün-den der Lesbarkeit jeweils mit Flexionssuffix genannt, bei Suffixen zur Bildung von Ver-ben werden diese zusammen mit der Infinitivendung genannt, z.B. -acchiare.

Methode

Die Vorgehensweise in dieser Arbeit beruht auf linguistischen Standardmethoden wie der Korpusauswertung und, ergänzend, der Informantenbefragung. Aus der Auswertung des Korpus können quantitative und qualitative Daten ermittelt werden, die Auskunft über tatsächliche Vorkommen und Verwendung der unter-suchten Ausdrucksmittel geben. Aus dem Korpus lassen sich so auch Daten ermit-teln, die vielleicht bei reiner Introspektion oder Informantenbefragung nicht ins Licht der Untersuchung gerückt wären. Allerdings können im Rahmen einer Kor-pusanalyse natürlich keine Rückschlüsse über ungrammatische Daten gemacht werden. Aus diesem Grund wurde die Korpusauswertung durch Informantenbe-fragung erweitert.

Korpus ist De Mauro et al. (1993), im Folgenden LIP. In einem ersten Schritt wur-de mittels Korpusanalyse ermittelt, welche Adjektive im LIP zum Ausdruck von quantitativer und/oder qualitativer Bewertung auftreten. Anhand der ermittelten Adjektive wurde eine Datenbank angelegt, in der sämtliche relevanten Vorkom-men der Adjektive erfasst wurden (Datenbank 1 'Adjektiv'). Nicht erfasst wurden jedoch Adjektive, die in der Funktion eines Nomens (il piccolo) verwendet werden.

Parallel zu dieser Datenbank wurde eine weitere angelegt, in der die Bildungen mit modifizierenden Suffixen des LIP erfasst wurden (Datenbank 2 'Suffix'). Die Einträge in der Datenbank wurden versuchsweise für Adjektive und Suffixe gleich gehalten, um die Ausdrucksalternative besser herausarbeiten zu können. Zu-nächst geht aus dieser Untersuchung hervor, welche Adjektive bzw. Suffixe eine Rolle beim Ausdruck von quantitativer und qualitativer Bewertung spielen, auch bezüglich der Häufigkeit ihres Auftretens.

Als nächster Schritt wurde ein Vergleich der beiden Datenbanken vorgenommen.

Zuerst wurden aus der Datenbank der Adjektive die auftretenden Bezugsnomina extrahiert und überprüft, ob bei demselben Nomen jeweils eine Modifikation mit-tels Suffix überhaupt möglich ist. Diese mögliche Derivation wurde wie folgt überprüft: Zunächst wurde verifiziert, ob im Korpus eine solche Bildung vorlag, zusätzlich wurde überprüft, ob eine Bildung in Alberti et al. (1991, einem Wörter-buch der modifizierten Formen4) verzeichnet ist, schließlich wurde auch im Zingarelli 1999 eine mögliche Bildung gesucht (aus den Bezugsnomina aus Alberti et al. und dem LIP sowie aus Einzelfunden aus Presse u.ä. wurde Datenbank 3 'Alberti/LIP' erstellt, um Beleglücken des Korpus einzuschränken). Wurde in kei-ner der untersuchten Quellen eine Bildung gefunden, wurden zur Verifikation

4 Natürlich handelt es sich bei den Daten aus Alberti et al. (1991) nicht um Daten des ge-sprochenen, zeitgenössischen Italienischen. Deshalb wurden die hieraus übernommenen Daten nicht unreflektiert in die Untersuchung miteinbezogen und gegebenenfalls anhand von Informantenbefragungen auf ihre Gültigkeit hin überprüft.

muttersprachliche Informanten befragt. Falls eine Bildungsmöglichkeit vorlag, wurde untersucht, ob diese Bildung in denselben Kontext des Adjektivs einsetzbar ist, und zwar unter Beibehaltung der Äußerungsbedeutung. Aus dieser Untersuchung können Restriktionen abgeleitet werden, die die Verteilung der Adjektive und modifizierenden Suffixe systematisch darstellbar machen.

Aufbau

Im 1. Kapitel der Arbeit wird ausschnitthaft ein Bericht über die Forschung zu den modifizierenden Suffixen gegeben. Im 2. Kapitel wird dies für die Adjektive ge-schehen, allerdings bereits fokussiert auf die für diese Arbeit relevanten Adjektive zum Ausdruck von qualitativer und quantitativer Bewertung. Auf der Grundlage der ersten beiden Kapitel wird im 3. Kapitel ein erster Vergleich zwischen modifi-zierenden Suffixen und Adjektiven gezogen. Es werden u.a. morphologisch be-gründete Unterschiede zwischen den Adjektiven als syntaktisches Wort und den Suffixen als Affixe gezogen. Im 4. Kapitel werden die Vorgehensweise und das Arbeitskorpus sowie Ergebnisse aus der Korpusanalyse erläutert. Im 5. Kapitel er-folgt schließlich die Auseinandersetzung mit möglichen Restriktionen im Bereich der suffixalen bzw. der adjektivischen Modifikation. In Kapitel 6 erfolgt eine Syn-these der Ausdrucksalternative zwischen modifizierenden Suffixen und Adjekti-ven. In den Anhängen finden sich eine Aufstellung aller für die Arbeit relevanten Diskurssituationen im Korpus LIP (Anhang A), die Angabe des Auftretens in attri-butiver oder prädikativer Stellung für alle Adjektive der Untersuchung (Anhang B) und schließlich ein Lexikon der Adjektive und der modifizierenden Suffixe, in dem mögliche Lexikoneinträge aufgeführt werden, wobei kein Anspruch auf deren Vollständigkeit erhoben werden soll (Anhang C).

Es folgt eine Zusammenstellung dessen, was in der Literatur zu den modifizie-renden Suffixen zu finden ist (Kapitel 1), dann zu den für diese Arbeit relevanten Adjektiven (Kapitel 2).