• Keine Ergebnisse gefunden

Die gesetzlichen Grundlagen

Im Dokument MASTERARBEIT/ MASTER S THESIS (Seite 59-63)

4. Der Übergang mit Blick auf die Organisationen Kindergarten und Schule

4.1 Der Kindergarten in (Nieder-)Österreich

4.1.1 Die gesetzlichen Grundlagen

Rechtliche Bestimmungen etwa zu Begriffen, Aufgaben, Kindergartengruppen, Kindergartenpersonal, Ausstattung, Erhaltung und dem letzten verpflichtenden Kindergartenjahr sind im Niederösterreichischen Kindergartengesetz 2006 verankert.

§ 2 im Kindergartengesetz 2006 behandelt die Begriffsbestimmungen und formuliert unter anderem zu öffentlichen Kindergärten folgendes: „Ein Kindergarten, der von einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband errichtet und erhalten wird und der allgemein, ohne Unterschied des Geschlechts, der Sprache, der Staatsbürgerschaft und des Bekenntnisses im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes zugänglich ist.“ (Land Niederösterreich 2006, § 2) Der Niederösterreichische Landeskindergarten ist demnach ein öffentlicher Kindergarten für den sich das Land, nach Inbetriebnahme, zur Bereitstellung der Kindergartenleitung und der erforderlichen Anzahl an Kindergartenpädagoginnen und Kindergartenpädagogen sowie des notwendigen Personalaufwandes verpflichtet (vgl. Land Niederösterreich 2006, § 2).

Aufgabe des Kindergartens, ausgeführt durch das Kindergartenpersonal, ist laut Gesetz, die Familienerziehung der Kinder zu unterstützen und zu ergänzen. Insbesondere ist die körperliche, seelische und geistige Entwicklung der Kinder durch Bildungsangebote zu fördern und ein grundlegender Beitrag zu einer religiösen und ethischen Bildung zu leisten. Die Erreichung der Schulfähigkeit soll nach erprobten wissenschaftlichen Methoden der Kleinkind- und Kindergarten-pädagogik und bei Bedarf der HeilKindergarten-pädagogik unter Ausschluss jedes schulartigen Unterrichts unterstützt werden. Bildungsarbeit muss methodisch-systematisch sein und alle Bildungsbereiche umfassen. Dabei ist es wichtig, den Entwicklungsstand jedes einzelnen Kindes in körperlicher, seelischer und geistiger Hinsicht zu berücksichtigen. (vgl. Land Niederösterreich 2006, § 3ff)

Kinder mit einer Behinderung oder Beeinträchtigung sind in ihrer Entwicklung unter Berücksichtigung der speziellen Bedürfnisse integrativ zu betreuen und zu fördern. Bei Bedarf soll mit den Einrichtungen der öffentlichen Jugendwohlfahrt oder Behindertenhilfe sowie mit Fachleuten verschiedener Disziplinen (Medizin, Psychologie, Heilpädagogik, usw.) zusammengearbeitet werden. Eltern bzw.

Erziehungsberechtigte sind bei der Erfüllung der Aufgaben des Kindergartens regelmäßig miteinzubeziehen (z.B. Elternabende, schriftliche Informationen, gemeinsame Feiern). (vgl. Land Niederösterreich 2006, § 3ff)

Als Grundlage für die pädagogische Arbeit gelten der Bundesländerübergreifende BildungsRahmenPlan für elementare Bildungseinrichtungen in Österreich sowie der Bildungsplan für Kindergärten in Niederösterreich.

„Der BildungsRahmenPlan ist eine Maßnahme der Sicherung der pädagogischen Qualität in Österreich und definiert in komprimierter Form die Grundlagen elementarer Bildungsprozesse. […] Durch diesen Rahmenplan werden der Grundsatz des lebenslangen Lernens und die Bedeutung der Kontinuität des Bildungsverlaufs im österreichischen Bildungskanon unterstrichen. Ziel ist es, durch eine Übereinstimmung hinsichtlich Bildungsverständnis und didaktischer Ansätze im Elementarbereich sowie im Volksschulbereich die Anschlussfähigkeit von Bildungsprozessen zu erreichen.“ (Ämter der Landesregierungen der österreichischen Bundesländer/Magistrat der Stadt Wien/Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur 2009, S. 1) Der Rahmenplan ist in die Kapitel (1) Pädagogische Orientierung, (2) Bildung und Kompetenzen, (3) Bildungsbereiche, (4) Transitionen und (5) Pädagogische Qualität gegliedert. Relevante Aspekte dieses Dokumentes für den nachstehenden empirischen Teil und die Beantwortung der Forschungsfrage werden nun kurz umrissen.

Im ersten Kapitel finden sich das Bild vom Kind und das Rollenverständnis der Pädagoginnen und Pädagogen sowie Prinzipien für Bildungsprozesse in elementaren Bildungseinrichtungen. Es ist anzumerken, dass Kinder hier als individuelle Persönlichkeiten betrachtet werden, die über unterschiedliche Interessen, Begabungen und Bedürfnisse sowie über vielfältige Ausdrucksweisen und Kompetenzen verfügen. Auch erkannt wird demnach die einzigartige Bildungsbiographie jedes einzelnen Kindes und das damit verbundene Recht auf Individualität hinsichtlich der Entwicklung des eigenen Lern- und Lebensrhythmus. (vgl. Ämter der Landesregierungen der österreichischen Bundesländer/Magistrat der Stadt Wien/Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur 2009, S. 2) Als Ko-Konstrukteurinnen und Ko-Konstrukteure sind sie aktiv an der Mitwirkung ihres Bildungsprozesses beteiligt, der gemeinsam mit den Erwachsenen gestaltet wird (vgl. Fthenakis 2003 zit. nach Ämter der Landesregierungen der österreichischen Bundesländer/Magistrat der Stadt Wien/Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur 2016, S. 4). Pädagoginnen und Pädagogen sollen die Rolle der Begleitung und Moderation im kindlichen Lernprozess übernehmen und durch vielfältige Impulse und Bildungsangebote diesen anregen und unterstützen. Damit dies in der pädagogischen Praxis gelingt, ist die Kenntnis aktueller Forschungsergebnisse aus Pädagogik, Psychologie und Soziologie sowie Grundlagenwissen zu den verschiedenen Bildungsbereichen erforderlich. Eine weitere Voraussetzung dafür ist die Reflexion des eigenen Handelns und die kontinuierliche Weiterentwicklung der eigenen Professionalität. Festgehalten wird hier auch die Notwendigkeit Bildungspartnerschaften zwischen elementaren Bildungseinrichtungen und den Familien der Kinder und gegebenenfalls externen Fachkräften zu pflegen sowie die Arbeit transparent

zu machen. Dieses Kapitel erfasst ferner 12 Prinzipien der Planung und Durchführung von Bildungsangeboten, die für eine ko-konstruktive Gestaltung von Bildungsprozessen in elementaren Bildungseinrichtungen sorgen: Ganzheitlichkeit und Lernen mit allen Sinnen, Individualisierung, Differenzierung, Empowerment, Lebensweltorientierung, Inklusion, Sachrichtigkeit, Diversität, Geschlechtssensibilität, Partizipation, Transparenz und Bildungspartnerschaft. (vgl. Ämter der Landesregierungen der österreichischen Bundesländer/Magistrat der Stadt Wien/Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur 2009, S. 2ff) Aufgrund der Relevanz für diese Arbeit werden folgende Prinzipien hervorgehoben und explizit ausformuliert:

- „Individualisierung: Jedes Kind ist einzigartig in seiner Persönlichkeit, seiner sozialen und kulturellen Herkunft, seinen Bedürfnissen und Lernpotenzialen sowie seinem Entwicklungstempo. Im Sinne der Individualisierung wird das Recht jedes Kindes ernst genommen, auf seine spezielle Art und in seinem Rhythmus zu lernen. Durch systematische Beobachtung und Dokumentation können die individuellen Lernvoraussetzungen jedes Kindes festgestellt und zum Ausgangspunkt der Planung und Durchführung pädagogischer Angebote werden.

- Differenzierung: Das Prinzip der Differenzierung bezieht sich auf die Gestaltung der Bildungsangebote, die Anregung verschiedener Lernformen sowie eine breit gefächerte Ausstattung an Bildungsmitteln. Differenzierte Bildungsarbeit berücksichtigt die individuellen Begabungen, Fähigkeiten und Interessen jedes Kindes.

- Inklusion: Inklusion ist als grundsätzliche Haltung zu verstehen, die über Integrationsbestrebungen hinausgeht: Alle Menschen in einer Gesellschaft werden als Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen angesehen, auf die individuell reagiert wird.

- Diversität: Diversität bezieht sich auf individuelle Unterschiede, wie z. B. Geschlecht, Hautfarbe, physische Fähigkeiten, ethnische Zugehörigkeit und soziale Herkunft. Diese Vielfalt wird als Ressource für Lernerfahrungen berücksichtigt. Die Begegnung mit Verschiedenartigkeit ist eine Voraussetzung für die Aufgeschlossenheit, sich mit Vorurteilen kritisch auseinanderzusetzen.

- Partizipation: Partizipationsfähigkeit ist eine wichtige Voraussetzung zur aktiven Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen. Elementare Bildungseinrichtungen leisten einen Beitrag zur frühen politischen Bildung, indem sie Kindern vielfältige kindgemäße Möglichkeiten zur Beteiligung, Gestaltung und Mitbestimmung bieten. Dadurch können Kinder lernen, zunehmend mehr Verantwortung für sich und für andere zu übernehmen. Das Prinzip der Partizipation bezieht sich auch auf die Mitgestaltung des Bildungsgeschehens durch die Familien der Kinder.

- Bildungspartnerschaft: Bildungspartnerschaften sind Kooperationsbeziehungen zwischen elementaren Bildungseinrichtungen und den Familien der Kinder bzw. gegebenenfalls externen Fachkräften. Vorrangiges Ziel ist der gemeinsame Aufbau einer lern- und entwicklungsförderlichen Umgebung für Kinder. Die Zusammenarbeit zeichnet sich primär durch gegenseitiges Interesse aus und verdeutlicht die gemeinsame Verantwortung für das Kind.“

(Ämter der Landesregierungen der österreichischen Bundesländer/Magistrat der Stadt Wien/Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur 2009, S. 3f)

Das Kapitel (4) im BildungsRahmenPlan behandelt Transitionen. Der Übertritt vom Kindergarten in die Schule wird dabei nicht bloß als „Übergang“ bezeichnet, sondern aufgrund der damit verbundenen

Belastungen, Anpassungsleistungen und Lernprozesse des Individuums als Transition angesehen.

Diese Bezeichnung greift den Aspekt von Diskontinuitäten im Sinne von Entwicklungsaufgaben auf und weist auf die notwendige Anschlussfähigkeit hin. Auch die systemische Perspektive wird hier sichtbar, indem formuliert wird, dass alle beteiligten Systeme wie etwa Kindergarten, Schule und Eltern die gemeinsame Verantwortung für das Gelingen von Transitionen tragen. (vgl. Ämter der Landesregierungen der österreichischen Bundesländer/Magistrat der Stadt Wien/Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur 2009, S. 22) Als gelungen gilt der Übergang: „Wenn das Kind und seine Familie in der Lage sind, auf die Anforderungen des neuen Systems konstruktiv und selbstverantwortlich zu reagieren.“ (Ämter der Landesregierungen der österreichischen Bundesländer/Magistrat der Stadt Wien/Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur 2009, S.

22) Hinsichtlich der Transition von elementaren Bildungseinrichtungen in die Volksschule weist der BildungsRahmenPlan in diesem Kapitel auch auf die Notwendigkeit der Vernetzung von Kindergarten, Schule, außerschulischer Nachmittagsbetreuung und Eltern hin. Eine partnerschaftliche Kooperation, die bewusst, zielgerichtet und gemeinsam verantwortet ist, dient als Grundlage für die Begleitung des Übergangs. Ein regelmäßiger, gegenseitiger Austausch mündet in die Formulierung gemeinsamer Ziele und Strategien für die Übergangsgestaltung und ermöglicht dadurch eine erfolgreiche und nachhaltige Zusammenarbeit. Der Kontinuität bzw. Anschlussfähigkeit von vorschulischen und schulischen Bildungsprozessen und Lernmethoden wird große Bedeutung beigemessen. So etwa schließt die Volksschule laut Lehrplan durch Lernen im Spiel und offenes, projektorientiertes sowie entdeckendes Lernen an die vorrangigen Lernformen elementarer Bildungseinrichtungen an und baut auf bereits erworbenen und differenzierten Kompetenzen auf. Auch Pädagoginnen und Pädagogen der abgebenden und aufnehmenden Institutionen können einen wichtigen Beitrag leisten, indem sie den Transitionsprozess gemeinsam begleiten und moderieren. Dies gelingt, durch regelmäßige Gelegenheiten zur Verzahnung der beteiligten Systeme, institutionenübergreifende Aktivitäten und gemeinsamen Gespräche. (vgl. Ämter der Landesregierungen der österreichischen Bundes-länder/Magistrat der Stadt Wien/Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur 2009, S. 23f) Der Bildungsplan für Kindergärten in Niederösterreich ist an den Bundesländerübergreifenden BildungsRahmenPlan für elementare Bildungseinrichtungen in Österreich angelehnt. Er ist im Grunde eine bundesländerspezifische Weiterentwicklung und Schwerpunktsetzung der Bildungsbereiche aus dem Bundesländerübergreifenden BildungsRahmenPlan, Kapitel 3 (Emotionen und soziale Beziehungen, Ethik und Gesellschaft, Sprache und Kommunikation, Bewegung und Gesundheit, Ästhetik und Gestaltung, Natur und Technik). Der Bildungsbereich „Ethik und Gesellschaft“, der im Bildungsplan für Kindergärten in Niederösterreich unter dem Bereich: „Ethik, Religion und Gesellschaft“ festgehalten ist, beinhaltet einen relevanten Abschnitt, der hier kurz ausgeführt werden

dass dies in Niederösterreichischen Kindergärten bereits jahrelang gelebte Praxis ist und dadurch Kindern die Möglichkeit geboten wird, gemeinsam zu leben und miteinander zu lernen. (vgl. Land Niederösterreich 2010b, S. 10) In der Broschüre 30 Jahre SonderkindergartenpädagogInnen - Auf dem Weg zur Inklusion in den NÖ Landeskindergärten (2017) werden die Schritte zum gemeinsamen Leben und Lernen aller Kinder in den NÖ Landeskindergärten beschrieben. So eröffnete das Niederösterreichische Kindergartengesetz von 1987 die Möglichkeit, Kindergartengruppen integrativ zu führen. Daraufhin folgte eine Phase umfassender Projektentwicklung, Konzepterarbeitung und Erprobung integrativer Kindergartengruppen. Unter der Leitung von Dr. Franz Xaver Kerschbaumer wurde ein erfolgreiches Konzept zur integrativen Erziehung in NÖ Kindergärten entwickelt und erprobt und konnte 1996 größtenteils ins Niederösterreichische Kinderbetreuungsgesetz aufgenommen werden. Darauf aufbauend befindet sich der Niederösterreichische Landeskindergarten weiter auf dem Weg, alle Kinder in ihrer Entwicklung zu bestärken und bestmöglich zu unterstützen. (vgl.

Niederösterreichische Landesregierung 2017, S. 7)

Im Dokument MASTERARBEIT/ MASTER S THESIS (Seite 59-63)