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Das letzte Kindergartenjahr

Im Dokument MASTERARBEIT/ MASTER S THESIS (Seite 66-70)

4. Der Übergang mit Blick auf die Organisationen Kindergarten und Schule

4.1 Der Kindergarten in (Nieder-)Österreich

4.1.3 Das letzte Kindergartenjahr

Für die Transition und die Vorbereitung darauf ist das letzte verpflichtende Kindergartenjahr von großer Bedeutung. Eingeführt wurde das beitragsfreie Kindergartenjahr vor Eintritt in die Schule in (Nieder-)Österreich im Herbst 2010. Der Besuch einer elementaren Bildungseinrichtung wurde dabei auf das Ausmaß von mindestens 16 bis 20 Stunden an mindestens vier Tagen pro Woche verpflichtet.

(vgl. Charlotte-Bühler-Institut 2010, S. 6) Kinder mit besonderen Bedürfnissen sind nach dem NÖ

Kindergartengesetz §19a, sofern sie nicht aus medizinischen Gründen oder unzumutbaren Belastungen sowie gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Verhaltensweisen, die eine Gefährdung anderer Kinder oder eine unzumutbare Störung des Kindergartenbetriebs befürchten lassen, auf jeden Fall in das letzte verpflichtenden Kindergartenjahr des Kindergartens aufzunehmen. (vgl. Land Niederösterreich 2006, § 19a)

Im Bundesgesetzblatt vom 19. August 2009 ist der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Einführung der halbtägig kostenlosen und verpflichtenden frühen Förderung in institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen zu entnehmen: „Vertragspartner werden einvernehmlich aufbauend auf dem […] Bildungsplan ein zusätzliches integriertes Modul für 5-Jährige bis Juni 2010 erarbeiten, das unter anderem auch die Stärkung der grundlegenden Kompetenzen des Kindes enthält. Es sind dabei insbesondere die Unterstützung der Schulreife und der Übergang zur Volksschule zu beachten.“

(BMWFJ 2009, S. 2). Dieses ausgearbeitete und im Jahr 2010 veröffentlichte Modul (für das letzte Jahr in elementaren Bildungseinrichtungen) gilt als pädagogische Grundlage für die Arbeit im Jahr vor dem Schuleintritt und stellt die Basis für Begleitung, Unterstützung und Dokumentation der individuellen kindlichen Lernprozesse. Der Fokus liegt auf der Vermittlung von lernmethodischen Kompetenzen, der Auseinandersetzung mit den eigenen Denk- und Lernprozessen im Sinne der Metakompetenz und der Förderung der Transitionskompetenz. Das Dokument hat den exakt selben Aufbau wie der Bundesländerübergreifende BildungsRahmenPlan (dessen relevante Aspekte bereits im Kapitel 4.1.1 aufgegriffen wurden) und versteht sich als Vertiefung und Ergänzung dazu. (vgl. Charlotte-Bühler-Institut 2010, S. 6)

Die Ausführungen zum Kapitel (4) Transitionen des Moduls für das letzte Jahr in elementaren Bildungseinrichtungen geht detaillierter auf die Veränderungsebene der Transition ein. Dabei wird die individuelle Ebene der kindlichen Identität im Wandel beleuchtet, die Anforderungen hinsichtlich der interaktionalen Ebene, wie Ablösungsprozesse und Beziehungsaufbau ausgeführt und die kontextuelle Ebene behandelt. Es wird angemerkt, dass die Transition vom Kindergarten in die Schule ein individuell unterschiedlich lang andauernder Prozess ist, der im Kindergarten beginnt und zumeist erst nach dem Schuleintritt (in der Regel im Laufe des ersten Schuljahres, in Einzelfällen auch erst im zweiten Schuljahr) endet. Dies bedeutet, dass die Begleitung der Kinder im Übergangsprozess sowohl die Aufgabe der Kindergartenpädagoginnen und Kindergartenpädagogen als auch der Lehrkräfte der Volksschule ist. Es wird ebenfalls auf Ressourcen und Kompetenzen zur Bewältigung von Transitionen eingegangen und diesbezüglich erläutert, dass erlernte lösungsorientierte Bewältigungsstrategien und vermeidende Taktiken eine unterstützende Funktion haben. Auch soziale Beziehungen können bei der Transitionsbewältigung helfen sowie ein frühes Kennenlernen der zukünftigen Schule und der Lehrkräfte. Große Bedeutung wird in der Übergangsbegleitung der Beständigkeit beigemessen. Der

Aufbau realistischer Erwartungen und die positive Einstellung zur Schule sind mitunter einer der wichtigsten Faktoren für die Bewältigung des Übergangs. Dies kann durch Kooperationserfahrungen und der Vermittlung sachrichtiger Informationen über die Schule unterstützt werden. Letztlich wird darauf hingewiesen, dass breit gefächerte Sachkompetenzen sowie lernmethodische Kompetenzen eine positive Schullaufbahn begünstigen. Wenn dabei Materialien, Methoden und Lernformen der Schule an die des Kindergartens anknüpfen, dann lassen sich auch anschlussfähige Bildungsprozesse erreichen. (vgl. Charlotte-Bühler-Institut 2010, S. 46)

Pädagoginnen und Pädagogen übernehmen bei der Übergangsbegleitung zum einen die Rolle der Moderatorinnen und Moderatoren und zum anderen gestalten sie die Transition aktiv mit.

Kommunikation und Kooperation mit der Schule, außerschulischen Bildungs- und Betreuungseinrichtungen, externen Fachkräften sowie der Familie ist dabei zentral. Ziel ist es, durch wechselseitigen Austausch und gemeinsam geplanten und durchgeführten pädagogischen Aktivitäten, die positiven Erwartungen und das Vertrauen der Kinder in die Schule zu stärken, Unsicherheiten und Ängste zu reduzieren sowie die Kontinuität in den Bildungsbiographien der Kinder zu erhöhen. (vgl.

Charlotte-Bühler-Institut 2010, S. 47f)

Für Kinder mit besonderen Bedürfnissen ist eine kontinuierliche Fortführung der begonnenen Fördermaßnahmen und eventuell eine Anpassung der Infrastruktur in der Schule und in außer-schulischen Bildungs- und Betreuungseinrichtungen besonders bedeutsam. Daher ist die Kooperation mit Fachkräften z.B. aus dem psychologischen, medizinischen, logopädischen oder ergotherapeutischen Bereich sehr wichtig. Sie ermöglicht für diese Kinder eine sensible und interdisziplinäre Begleitung des Übergangs in die Schule. (vgl. Charlotte-Bühler-Institut 2010, S. 49) Oberste Prämisse ist: „Jedes Kind individuell so zu fördern, dass es unter den gegebenen Rahmenbedingungen erfolgreich an den schulischen Lernprozessen und sozialen Interaktionen teilnehmen kann“ (Hinz 2008 zit. nach Charlotte-Bühler-Institut 2010, S. 48)

Das Land Niederösterreich hat in Anlehnung daran in einem Arbeitskreis mit dem Titel „Bildungsalltag im letzten Kindergartenjahr“ das Dokument Entwicklungsbegleitung im letzten verpflichtenden Kindergartenjahr für Kinder von 5 - 6 Jahren (2010) verfasst und veröffentlicht. Es gliedert sich in Teil A: Entwicklungspsychologische Aspekte im letzten Kindergartenjahr und Teil B: Pädagogische und methodische Aspekte im letzten Kindergartenjahr. Beachtenswert ist im Teil B das Kapitel 3 Bildungspartnerschaft Schule. Es wird erläutert, dass der Schulanfang Anforderungen auf unterschiedlichen Ebenen mit sich bringt - so müssen etwa neue Beziehungen aufgebaut werden, Einstellungen und Erwartungen an Verhalten und Leistungen ändern sich und auch die räumliche und materielle Umwelt und das Zusammenleben in der Gruppe ist neu. Weiters wird darauf eingegangen,

dass Transitionen von starken Emotionen begleitet werden. Freude, Neugierde und Stolz sind positive Begleiterscheinungen. Der bevorstehende Schuleintritt kann aber auch Verunsicherung, Angst, Verlustgefühle und Frustration auslösen und von den Kindern im letzten Kindergartenjahr als Bedrohung wahrgenommen werden. Deshalb wird darauf hingewiesen, dass gerade das letzte Kindergartenjahr, mit pädagogischer Aufmerksamkeit, guter Planung und Begleitung sowie besonderen Angeboten, die Transition unterstützen kann. Die Bewältigung von Übergängen wird auf Resilienz zurückgeführt und Fördermöglichkeiten aufgelistet. Hinsichtlich der Kooperation von Kindergarten und Schule wird angegeben, dass diese bei der Übergangsbewältigung eine wichtige Rolle spielt und alle Beteiligten, darunter das übertretende Kind, dessen Eltern, die Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen, die Lehrerinnen und Lehrer sowie die Schulkinder miteinzubeziehen sind. (vgl. Land Niederösterreich 2010a, S. 46f) Es werden folgende Empfehlungen für Kooperationsanlässe dargestellt:

„mit Blick auf die Schulanfänger (Fragen der Kinder hinsichtlich der bevorstehenden Einschulung, Kinder des ersten Schuljahres besuchen gemeinsame Feste, Ausflüge, LehrerInnen der ersten Klasse informieren sich im Kindergarten über Lernerfahrungen und Bildungsangebote)

mit Blick auf die Eltern der Schulanfänger (Informationsabende für Eltern, Elternmitwirkung in Hinblick auf die Einstimmung der Kinder bezüglich der neuen Lernsituationen, ...)

mit Blick auf die Kooperationspartner (Verzahnung der päd. Bezugspersonen durch Hospitation, Gesprächskreise von LehrerInnen und KindergartenpädagogInnen, ...)

mit Blick auf die gesetzlichen Grundlagen und bildungspolitischen Empfehlungen (Einlösen bildungspolitischer Erwartungen, Umsetzung der gesetzlichen Grundlagen und Trägererwartungen)“

(Land Niederösterreich 2010a, S. 48)

Um die Zusammenarbeit zwischen Kindergarten und Schule zu intensivieren, strukturieren und verbindlich festzulegen, wird die Verwendung eines Kooperationskalenders (Hacker 1998) vorgeschlagen (vgl. Land Niederösterreich 2010a, S. 48)

Der letzte relevante Abschnitt des Dokuments, befasst sich mit Übergangsgesprächen. Darin wird das Recht der Eltern, der Leitung des Kindergartens oder der Schule auf Beantragung eines gemeinsamen Übergangsgespräches thematisiert sowie die Möglichkeit gegebenenfalls Kindergarten- oder Schulaufsichtsverantwortliche und Expertinnen bzw. Experten hinzuzuziehen. Es wird ebenfalls darauf hingewiesen, die Gesprächstermine so zu vereinbaren, dass etwaige erforderliche Maßnahmen (Schullaufbahnentscheidung, Personalressource, Raumerfordernisse, Hilfsmittel, etc.) bis zum Beginn des nächsten Schul- bzw. Kindergartenjahres zeitgerecht getroffen werden können. (vgl. Land Niederösterreich 2010a, S. 48)

Folgende aussagekräftige Formulierung in der Entwicklungsbegleitung im letzten verpflichtenden Kindergartenjahr für Kinder von 5 - 6 Jahren (2019) bringt Transitionsbemühungen auf den Punkt: „Es liegt in der gemeinsamen Verantwortung der Bildungsinstitutionen Kindergarten und Schule, dass die Kinder mit ihren Familien die nötige Begleitung und Unterstützung erfahren, um diesen Übergang positiv bewältigen zu können.“ (Land Niederösterreich 2010a, S. 46)

Im Dokument MASTERARBEIT/ MASTER S THESIS (Seite 66-70)