• Keine Ergebnisse gefunden

Datenauswertung: Inhaltlich strukturierende qualitative

Teil I: Organisatorische Ebene

4 Methodisches Vorgehen

4.4 Datenauswertung: Inhaltlich strukturierende qualitative

Die Interviews wurden mittels einer qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet.

Im deutschsprachigen Raum wird die Methode der qualitativen Inhaltsanalyse häufig mit der in Mayrings Buch gleichen Titels vorgestellten Auswertungs-methode gleichgesetzt (Mayring, 2010, vgl. auch Kuckartz, 2014b, S. 38).

Hierbei handelt es sich jedoch nur um eine spezifische Variante der qualitati-ven Inhaltsanalyse, welche Kuckartz (2014b, S. 98) als „evaluative qualitative Inhaltsanalyse“ bezeichnet. Allen Formen der qualitativen Inhaltsanalyse ge-meinsam ist, dass es sich um eine Methode der qualitativen Datenanalyse han-delt, bei der das gesamte verschriftlichte Material systematisch, sequenziell und nach klar definierten Regeln mittels Kategorien codiert wird. Die Auswer-tung des empirischen Materials erfolgt entlang dieser Kategorien (Kuckartz, 2014b, S. 39).

Die qualitative Inhaltsanalyse orientiert sich an den Grundregeln der Her-meneutik: In der Interpretation der Daten müssen die Entstehungsbedingungen des Textes berücksichtigt, Vor-Urteile der Forschenden reflektiert, der Text als Ganzes verstanden und einzelne Sequenzen vor dem Hintergrund des Gesamt-textes interpretiert werden. Zudem muss die Analyse durch ein Bewusstsein

unterschiedlicher, von denjenigen der Forschenden abweichender Ausdrucks-weisen, Deutungs- und Handlungsprinzipien („hermeneutische Differenz“) an-geleitet werden (Kuckartz, 2014b, S. 33).

Das im Projektteam sowie für diesen Analyseschritt der Dissertation aus-gewählte Vorgehen entspricht der inhaltlich strukturierenden qualitativen In-haltsanalyse (Kuckartz, 2014b, S. 77). Die inhaltlich strukturierende qualita-tive Inhaltsanalyse zielt darauf ab, das Datenmaterial methodengeleitet und systematisch zu komprimieren und zu strukturieren. Durch die Reduktion von Komplexität wird es möglich, die einzelnen Fälle in ihrer inneren Logik zu verstehen und Fälle zu vergleichen, zu kontrastieren, zu abstrahieren und Hy-pothesen zu generieren.

Computerunterstützung durch Atlas.ti

Die Analyse erfolgte mithilfe des Auswertungsprogramms Atlas.ti. Dank der Computerunterstützung war es möglich, die große Menge an Textmaterial im Projektteam gemeinsam zu bearbeiten. Neben dem Datenmanagement und der Kooperation im Team hatte die Verwendung von Atlas.ti zahlreiche weitere Vorteile: Unter anderem ermöglicht die Computerunterstützung die synchrone Arbeit mit Transkription und Audiodatei, die automatische Verwaltung sämt-licher Codes in einem gesonderten Codesystem (Code-Manager) sowie die schnelle Zusammenstellung aller mit einer bestimmten Kategorie codierten Textstellen (Text-Retrieval) (vgl. Kuckartz, 2014b, S. 148 f.).

Konsensuelles Codieren

Die ersten Auswertungsschritte (Codierung, Fallzusammenfassungen) erfolg-ten durch das sechsköpfige Forschungsteam. Dabei wurde die Methode des konsensuellen Codierens angewandt (Kuckartz, 2014b, S. 82). Sinn und Zweck dieses Vorgehens waren einerseits die Steigerung der Effizienz – nicht alle Teammitglieder mussten sämtliche fünfzig Interviews codieren und zu-sammenfassen – und andererseits die Verbesserung der Qualität der Codierung und der Analyse (vgl. Kuckartz, 2014b, S. 83).

Kategorienbildung

In einem ersten Schritt wurde im Team ein Kategoriensystem entwickelt. Diese deduktiv gebildeten Kategorien wurden aus den Forschungsfragen und den verwendeten theoretischen Bezügen abgeleitet sowie dem Leitfaden entnom-men. Dann wurde ein Interview bestimmt, welches von allen sechs Teammit-gliedern parallel codiert wurde. Dabei wurden einerseits die deduktiven Kate-gorien angewandt, andererseits wurden weitere KateKate-gorien induktiv aus dem

Material entwickelt. Während des Codierens wurden zudem Memos verfasst, in welchen methodische und theoretische Überlegungen festgehalten wurden.

Codierprozess

Sämtliche Texte wurden sequenziell, d.h. von Anfang bis Ende des Interviews, codiert. Dabei wurden sinntragende Textstellen häufig mit mehreren Katego-rien codiert (z.B. „Rotation/Vorteil/Flexibilität/Projektkonvention“ oder „Bei-trittsgründe/Fachlichkeit/Abhängigkeit vom Verbundmodell“). Textstellen, die für die einzelnen Forschungsfragen nicht relevant waren, blieben uncodiert.

Die Größe der Codiereinheit wurde so gewählt, dass das codierte Segment auch außerhalb seines Kontexts verständlich ist.

In einem weiteren Schritt wurden die individuell vorgenommenen Codie-rungen für dieses erste Interview zusammengefügt („gemergt“). Alle Team-mitglieder kamen zu einer Auswertungssitzung zusammen und gingen die Co-dierungen durch, diskutierten Differenzen und die neuen (induktiven) Katego-rien. Ähnliche bzw. identische (aber unterschiedlich benannte) Kategorien wurden zu einer Kategorie zusammengeführt und sämtliche Kategorien wur-den definiert sowie mit Ankerbeispielen illustriert.

Probedurchlauf und fallbezogene thematische Zusammenfassungen

Als Nächstes erfolgte ein Probedurchlauf mit einem kleinen Teil des Auswer-tungsmaterials, wobei jedes Interview nur noch von einer Person codiert wurde. Parallel zur Codierung wurde pro Interview eine thematisch struktu-rierte Zusammenfassung mit Originalzitaten erstellt. Die inhaltliche Struktu-rierung der einzelnen Fallbeschreibungen erfolgte entlang thematischer Schwerpunkte, welche aus den Forschungsfragen abgeleitet worden waren.

Grundlegend für dieses methodische Vorgehen ist, dass alle Fallzusammenfas-sungen eine identische inhaltliche Strukturierung (Kapitel, Unterkapitel etc.) aufweisen.

Diese systematischen thematischen Fallzusammenfassungen stellen eine Matrix der inhaltlichen Strukturierung dar (vgl. Kuckartz, 2014b, S. 73). Diese ist ein grundlegendes Element der inhaltlich strukturierenden qualitativen In-haltsanalyse, da sie sowohl eine fallorientierte Perspektive (die einzelne Fall-zusammenfassung) als auch eine themenorientierte Perspektive (Vergleich ei-nes bestimmten Kapitels aller Beschreibungen) erlaubt. Diese thematisch strukturierten Fallzusammenfassungen sind zudem die Grundlage für die stär-ker reduzierte und abstrahierte, in tabellarischer Form dargestellte Themen-matrix (vgl. weiter unten).

Codierung des kompletten Materials

Nachdem alle sechs Teammitglieder die ihnen zugewiesenen Probeinterviews codiert und die Fallbeschreibungen erstellt hatten, wurden die bearbeiteten In-terviews wiederum zu einem File zusammengefügt. In einer Auswertungssit-zung wurden die aufgetauchten methodischen Fragen und die neu entwickelten Kategorien besprochen. Anschließend wurde das definitive Kategoriensystem festgelegt. Darauf folgte ein erneuter Durchlauf, bei dem das ausdifferenzierte Kategoriensystem auf alle Interviews angewandt wurde. Neue Kategorien wurden nur noch in Ausnahmefällen vergeben, da sie nun nicht mehr auf das gesamte Material angewandt werden konnten. Solche erst in dieser späten Phase geschaffenen Kategorien dienten eher dem Finden spezifischer Textstel-len als der systematischen Auswertung. Regelmäßige Auswertungssitzungen im Forschungsteam fanden weiterhin statt, um eine einheitliche Codierung si-cherzustellen und methodische Fragen gemeinsam zu besprechen.

Thematische Zusammenfassungen für Praxispartnerinnen und Praxispartner Als nächster Schritt wurden thematische Zusammenfassungen für die Praxis-partnerinnen und Praxispartner erstellt und mit der Bitte um eine Rückmeldung verbunden. Die Besprechung der Analyseergebnisse mit den Forschungsteil-nehmenden ist einerseits aus forschungsethischen Gründen wichtig, anderer-seits dient sie der kommunikativen Validierung der Resultate (Kuckartz, 2014b, S. 169). Für sämtliche Kommunikation, welche außerhalb des For-schungsteams stattfand, wurden die Daten anonymisiert. Namen von Personen und Firmen, Orte etc. wurden durch Decknamen bzw. durch Platzhalter ersetzt.

Erstellung einer Themenmatrix

Der letzte Auswertungsschritt bestand darin, auf der Grundlage der Fallbe-schreibungen pro Forschungsthema eine Themenmatrix in tabellarischer Form zu erstellen. Diese Auswertungsphase fand nicht mehr im Team statt und be-zog sich nur noch auf meine eigenen Forschungsfragen.

Die Themenmatrix ist ein zentrales Auswertungsinstrument der qualitati-ven Inhaltsanalyse. Sie stellt die Resultate der Auswertung in einer höchst kon-densierten Form dar. Die Themenmatrix hat die Form einer Tabelle, wobei die Zeilen die einzelnen Fälle darstellen, während die Spalten durch die zu analy-sierenden Themen bzw. Unterthemen gebildet werden. In den einzelnen Zellen der Tabelle befinden sich Textstellen bzw. paraphrasierte Zitate. So wird es möglich, die Komplexität zu reduzieren und zu abstrahieren, ohne die Kon-textkontrolle aufzugeben. Tabelle 6 ist das Beispiel einer Themenmatrix, wel-che die Motive von Ausbildungsbetrieben für die Verbundausbildung analy-siert.

Tabelle 6: Beispiel einer Themenmatrix (eigene Darstellung in Anlehnung an Kuckartz, 2014b, S. 90) Effizienzsteigerung

dank Outsourcing Abdeckung des

Berufsprofils Größere

Flexibilität etc. Fallorientierte Analyse Betrieb 1 Eigene Ausbildung

würde hohe

Betrieb 2 Angestellten fehlt die notwendige

Beim Beispiel in Tabelle 6 werden die Spalten durch die Subkategorien der Hauptkategorie „Beteiligungsmotive“ gebildet. Hier finden sich alle in den In-terviews genannten Beteiligungsmotive. In der horizontalen Perspektive (fall-orientierte Perspektive) hat man alle Beteiligungsmotive eines Betriebs im Blick, während die vertikale Perspektive (themenorientierte Perspektive) eine Übersicht über die Variationen eines Beteiligungsmotivs sowie über alle Be-triebe, für welche dieses Motiv relevant ist, gibt. Auf diese Weise werden die zentralen Tendenzen sowie Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen einzel-nen Betrieben bzw. Verbünden sichtbar gemacht.

Werden solche Subkategorien im Forschungsbericht dargestellt, ergibt es laut Kuckartz (2014b, S. 94) Sinn, Häufigkeiten zu nennen, auch wenn es sich nicht um ein statistisch repräsentatives Sample handelt. „Denn für die Leserin-nen und Leser kann es durchaus relevant sein, ob etwa nur 3 von 39 oder 29 von 39 Forschungsteilnehmenden [eine bestimmte Subkategorie nennen]“

(ebd.).

5 Lehrbetriebsverbünde: Flexibilisierte Berufsbildung