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6 Lernen

6.1 Das vier-Stufenmodell von Gregory Bateson

6.1.5 Bedeutende Aspekte von Lernen III: Ethik, Liebe und Kommunikation

Zudem beschreibt Lernen auf der Ebene von „Lernen III“ eine Differenzierung zwischen den Phänomenen der Moral und der Ethik. Erste Schritte zur Unterscheidung von Moral und Ethik wurden bereits in Kap. 5.3 und Kap. 5.4 unternommen, wo Ethik als Tun des Menschen beschrieben wird in der er als Beobachter in seiner Welt auf Basis von Unterscheidung und Entscheidung selbst steuert und sich dabei gegenüber sich selbst verantwortet. Dem entgegen steht das Tun aus einer empfundenen moralischen Notwendigkeit. Ein solches Phänomen kann ebenso, wie die Ethik als Idee beschrieben werden – wo jedoch Ethik als

Selbstbestimmung aufgefasst werden kann und Moral als Instrument einer (ausschließlichen)

Verhaltensabstimmung in der Gesellschaft. Das Empfinden einer moralischen Notwendigkeit im Sinne eines

„du sollst“ entspricht jedoch nicht einer Ethik der Selbstbestimmung und kann unsinnige Züge annehmen – ein Beispiel:

Die moralische Kreierung eines „du sollst“ das bspw. lautet: „Du sollst nicht töten!“ und eine Zugleiche Ausformulierung der Konsequenz: „Wenn du tötest, musst du zwanzig Jahre im Gefängnis verbringen.“, würde im eigentlichen Sinne gar nicht „Du sollst nicht töten!“ lauten sondern vielmehr: „Du darfst töten, aber es kostet dich zwanzig Jahre.“, so von Foerster (2014, S. 20). Dieser führt weiter aus: „wo du Strafe und Lohn einführst, wird jede Handlung zum Geschäft“ (Ebd.). Ein solches „Geschäft“ ist Gesellschaftsphänomen und wird durch eine geteilte symbolische Konnotation von jeweiligen Phänomenen im menschlichen Miteinander konstituiert.

Eine Ethik, wie sie durch „Lernen III“ zu entstehen vermag, hebt die Konnotation des „Ich“ mit dem

vorherrschenden gesellschaftlichen Wertekodex (erlernt in „Lernen I und II“) auf und exkludiert eine solche Moralvorstellung in der Ökologie der Ideen des Menschen. Wittgenstein (2013, S. 106) schreibt hierzu (und es gilt der Umkehrschluss): „Die Welt ist unabhängig von meinem Willen“ und Schlussfolgert: „Der Sinn der Welt muss außerhalb ihrer liegen. In der Welt ist alles, wie es ist und geschieht alles wie es geschieht; es gibt in ihr keinen Wert – und wenn es ihn gäbe, so hätte er keinen Wert“ (Ebd., S. 107-108). „Die Lösung des Rätsels des Lebens liegt außerhalb von Raum und Zeit“ (Ebd., S: 109-110).

Ethik erscheint dementsprechend als ausschließlich implizites Phänomen eines freien Menschen, das in dessen Selbstbezogenheit zur Welt in dessen Tun, wie auch in dessen Sprache – aber nicht durch die Sprache zum Ausdruck kommt. Dies begründet von Foerster (2003, S. 296) wie folgt:

„...language protects itself against explanation by always speaking about itself. There is a word for language, namely »language«. There is a word for word, namely »word«. If you don’t

know what word means, you can look it up in a dictionary. I did that. I found it to be an

»utterance«. I asked myself, »What is an utterance?« I looked it up in the dictionary. The dictionary said that it means »to express through words«. So here we are back where we started. Circularity; A implies A.”

Von Foerster (2014, S. XXI) merkt hierzu weiter an:

„Das Problem, mit dem ich mich jetzt beschäftige, ist, in all meinen Gesprächen, ob sie die Wissenschaft oder die Therapie betreffen, ob es persönliche Gespräche sind, die Kunst zu erlernen, meine Sprache so zu beherrschen, dass Ethik implizit ist.“

Und führt weiter aus:

„Denn in dem Moment, wo ich anfange, über Ethik zu sprechen, in dem Sinne, was Ethik ist und was sie soll et cetera et cetera, rutscht die ganze Diskussion in das Moralisieren ab“ (Ebd.

2014, S. 17).

„Es ist klar, dass sich die Ethik nicht aussprechen lässt. Die Ethik ist transzendental. (Ethik und

Ästhetik sind Eins.)“, so Wittgenstein (2013, S. 108). Dies hat von Foerster (2014, S. XXI) zu Folge „mit den Grenzen der Sprache oder mit der Struktur der Sprache oder der Art, wie Sprache funktioniert“ zu tun. Wittgenstein (2013, S. 40) findet hierfür den folgenden Formalismus: „Was sich in der Sprache ausdrückt, können wir nicht durch sie ausdrücken“ – Ethik, wird vielmehr in der Sprache in den Formen des Wissens sichtbar, mit dem sich der Mensch durch „Lernen III“ in einer sich darin formenden Selbstverständlichkeit über das Symbol durch Veränderung in „Lernen I und II“ zu den Formen der Welt neu in Bezug setzt.

Eine solche Veränderung in der Selbstbezüglichkeit formt die Ethik bzw. das Ethos des Menschen. Pelzl (2011, S. 29) schreibt hierzu: „Durch das Ethos vermittelt ein Mensch seine Deutungen von Phänomenen im Zeugnis seines Verhaltens, seines puren Menschseins.“ Das Ethos des Menschen findet durch das Symbol in der Kommunikation bzw. der Sprache Ausdruck, welche diesen zu den Formen der Welt in Beziehung setzt bzw. Beziehung herstellt. Maturana et al. (2012, S. 209) finden hierfür die folgende Formulierung: „Diese soziale Phänomenologie beruht darauf, dass die beteiligten Organismen im wesentlichen ihre individuellen Ontogenesen als Teil eines Netzwerkes von Ko-Ontogenesen verwirklichen.“ Kommunikation hat

dementsprechend die Funktion, Beziehung herzustellen und kann als „das gegenseitige Auslösen von koordinierenden Verhaltensweisen unter den Mitgliedern einer sozialen Einheit betrachtet werden“ (Ebd., S.

2010). Pelzl (2011, S. 28) schreibt hierzu:

„Für mich ist Sprache nicht einfach eine Zeichensystem, das man erlernen und mit ihm Weltsicht erwerben muss, sondern für mich ist Sprache die wesentlichen Funktion von

»Beziehung«, ihr Ausdruck, ihr Resultat, vielleicht auch ihr Regulator, und als solche linguistisch codierte Beziehung – ganz im Sinne, wie es Aristoteles versteht: »Das System unserer Begriffe ist kein Spiegel der Welt, sondern ein Spiegel unserer Auseinandersetzung mit der Welt.« Oder noch schärfer formuliert: Sprache ist nicht die Voraussetzung für Beziehung, sondern ihre Konsequenz.“

Eine solche Auseinandersetzung lässt folgende Schlüsse zu:

· Lernen aus „Lernen I und II“ ermöglicht dem Menschen Beziehung zu führen.

· Veränderung aus „Lernen III“ und die dadurch entstehende Selbstverständlichkeit verändert die aus

„Lernen I und II“ stammende Beziehung zu den Formen der Welt und den Formen des Wissens – die individuelle Ontogenese, verwirklicht in einem Netzwerk von Ko-Ontogenesen.

· Eine solche Veränderung findet Ausdruck in der Kommunikation, mit Hilfe der der Mensch durch das Symbol neu Beziehung konstituiert. Bzw.: Die Kommunikation des Menschen ist Interaktion mit seiner Umwelt und ermöglicht diesem sich entsprechend seiner Ziele in seiner (Um)welt

wiederzufinden bzw. darin lernend zu steuern.

· Kommunikation ermöglicht aus diesem Grund die Existenz von Leben: den Mensch – und dessen Veränderung durch Lernen.

Kommunikation kann somit als Phänomen ständiger Ausdifferenzierung der Ökologie der Ideen eines Systems betrachtet werden, die im Sprachgebrauch sichtbar wird. Wittgenstein (2001, § 43) schreibt hierzu:

„Die Bedeutung eines Wortes ist sein Gebrauch in der Sprache.“ Der Mensch erscheint in diesem

Zusammenhang als einzigartiges Phänomen, das entsprechend seines Differenzierungsvermögens (bspw. in dem hier vorgestellten und ausformulierten vier-Stufenmodell von Bateson)

· sich durch seine Ökologie der Ideen determiniert

· und sich unter der Aufrechterhaltung seiner Autopoiesis,

· in den Formen der Welt und durch die Formen des Wissens,

· sich durch seinen Verstand und seiner Vernunft

rekursiv (lernend) verändert. Der Grund für eine solche Veränderung ist bei allen Menschen derselbe – ihrem Ziel, nämlich ihren Bedürfnissen entsprechend zu leben (Kap. 5.5). Hierfür findet Andreas Weber (2014, S. 32) in „Alles fühlt“, eine aus der Biologie abgeleitete poetisch-anschauliche Formulierung, welcher dieser in drei „Gesetze der Sehnsucht“ näher ausformuliert – Gesetz zwei beschreibt dieser wie folgt:

„Alles Lebendige strebt nach Sein. Dieses Streben ist seine Seele. Ein Wesen sehnt sich, zu sein, zu dauern, mehr zu sein, als es ist. Es dürstet danach, sich zu entfalten, fortzupflanzen,

auszubreiten, mehr von diesem kostbaren Stoff aufzusaugen – einem Stoff dessen man nur habhaft wird, wenn man atmet. Dieser Durst ist das Leben.“55

Die Ausformungen der Biologie des Lebens (Kap. 2) bzw. die Unterschiede zur Erreichung des von allen Lebewesen geteilten Ziels (dem Bedürfnis zu leben) wird in dessen Strategien zu leben (bzw. der Struktur eines lebendigen Systems; Kap. 2.3) sichtbar. Beim Menschen werden die Strategien in den sich

unterscheidende Ökologien der Ideen (dessen Wirklichkeitsbild) sichtbar, welche beschreiben, wie der Mensch seine Bedürfnisse erreichen will. Sie spiegeln so wieder, inwieweit der Mensch die Fähigkeit entwickelt hat „Unterscheidungen im Bereich kooperativen Verhaltens zu machen“ (Maturana et al. 2012, S.

240). Damit beschreiben Maturana et al. (2012) jene Dimension des Lernens, welche zu vereinen vermag – und einem „Lernen III“ implizit ist. Dies liegt in der „sprachlichen Koordination von Handlungen“ ebenso begründet, wie in der in Kap. 2 beschriebenen „Biologie der Kooperation“ (Ebd., S. 240)

55 Das Erste Gesetz der Sehnsucht formuliert Weber (2014, S. 33) mit den folgenden Worten: „Es bewirkt, dass alles, was lebt, mehr Leben will. Organismen sind Wesen, denen ihr Leben etwas bedeutet.“

Mit dem Dritten Gesetz der Sehnsucht antwortet Weber (Ebd., S. 34) auf das Dogma, dass „alle Merkmale von Lebewesen nur den Sinn hätten, die Fortpflanzungschancen zu erhöhen“: „Die Macht des Verlangens ist niemals unsichtbar, sondern im Lebenden Leib stets gegenwärtig. Der Lebenswunsch entspringt aus Durst und Hunger und Lust und strahlt nach außen in den Regungen des Körpers. Lebewesen sind deswegen keine Maschinen. Sie sind Werkzeuge der Sehnsucht. Sie sind Verlangen, das sich einen Körper gesucht hat und diesen regiert.“

(Das Dritte Gesetz der Sehnsucht wird weiter unten im Text wiedergegeben.)

Lernen wird aus solch einer Perspektive als Phänomen sichtbar, das unterscheidet bzw. trennt und zugleich Beziehung herstellt bzw. vereint. So führt „Lernen III“ zwar zu einer mutigen Loslösungen der

Konditionierungen aus „Lernen I und II“ (Kap. 5.4) und möglicherweise zu einer wahrgenommenen

Komplexität (und der damit einhergehenden Unvorhersehbarkeit und Unsicherheit für den Menschen und dessen soziales Umfeld; Kap. 3.6), vereint aber gerade durch sein Stattfinden: „Lernen III“ führt zur Herausbildung einer Ethik, die, wenn sie die Ethik eines anderen Menschen negieren würde sich selbst negieren müsste und somit „Lernen III“ nicht ermöglichen würde. Maturana et al. (2012, S. 264) schreiben hierzu:

„Bezugspunkt dieser Ethik ist die Bewusstheit der biologischen und sozialen Struktur des Menschen. Es ist eine Ethik, die aus der menschlichen Reflexion entspringt und die die Reflexion, die das Menschliche ausmacht, als ein konstitutives soziales Phänomen in den Mittelpunkt stellt. Wenn wir wissen, dass unsere Welt notwendig eine Welt ist, die wir zusammen mit anderen hervorbringen, dann können wir im Falle eines Konflikts mit einem anderen menschlichen Wesen, mit dem wir weiterhin koexistieren wollen, nicht auf dem beharren, was für uns gewiss ist (auf einer absoluten Wahrheit), weil das die andere Person negieren würde.“

Ein solches Erkennen hat somit Konsequenz und verlangt dementsprechend, im Tun des Menschen Ausdruck zu finden – in einer „menschlichen“ Ethik. Von Foerster (2014, S. 319) spricht in diesem

Zusammenhang von einem Entschluss – dem Entschluss zu lieben und veranschaulicht dies in der folgenden Geschichte:

„…ich kann ja nur von mir selber sprechen. Als ich mich einmal verliebt habe, wirklich fundamental verliebt habe, war es für mich ein Entschluss; und das Schöne war, dass mein Liebespartner denselben Entschluss gefasst hat, nämlich: „Wir bleiben zusammen, wir sind jetzt eine Einheit; und wenn immer eine Störung hereinkommt, was immer für Schwierigkeiten kommen werden, wir stehen zusammen. […] So habe ich das Gefühl, war meine Liebe ein Entschluss und von meiner Partnerin auch.“

Liebe wird dabei als eine dem Lernen implizite Konzeption bzw. Idee von von Foerster (2014) sichtbar, die nicht nur im „Gefühl starker Zuneigung“ zum Ausdruck kommt, sondern im (bzw. als) „Gegensatz zum Hass“, die „Grenzen“ des „Ich“ und des „Anderen“ (durch Lernen) aufzuheben verspricht (Duden 2002, S. 234) –, wo der Entschluss zu lieben erst dazu führt, dass „Lernen III“ stattfinden kann. Dies beschreiben Maturana et al. (2012, S. 266) mit ihrer Konzeption von Liebe ausgehend von einer Biologie wie folgt:

„Die Biologie zeigt uns auch, dass wir unseren kognitiven Bereich ausweiten können. Dazu kommt es z.B. durch eine neue Erfahrung, die durch vernünftiges Denken hervorgerufen wird, durch die Begegnung mit einem Fremden als einem Gleichen oder, noch unmittelbarer, durch das Erleben einer biologischen interpersonellen Kongruenz, die uns den anderen sehen lässt und dazu führt, dass wir für sie oder für ihn einen Daseinsraum öffnen. Diesen Akt nennt man Liebe oder, wenn wir einen weniger starken Ausdruck bevorzugen, das Annehmen einer anderen Person neben uns selbst im täglichen Leben.“

Zuvor wurde von der impliziten Dimension der Ethik geschrieben. Eine Auseinandersetzung damit führte zu einer klaren Trennung von der Idee der Moral und der Idee der Ethik und der damit einhergehenden Unaussprechbarkeit von Ethik. Ethik sei dementsprechend implizit und kommt im Tun – im Entschluss zu lieben, der für den Anderen einen Daseinsraum öffnet (– einem Annehmen einer anderen Person neben uns selbst im täglichen Leben), zum Ausdruck. Implizit ist auch die Anerkennung bzw. der Lohn eines solchen

Tuns, welcher dabei hervorgeht: Als Erfüllung der Bedürfnisse des Menschen im Jetzt durch das Vermögen des Verstandes und der Vernunft sich in Liebe zu entscheiden: sich aus der Unmündigkeit (Kap. 5.4) bzw.

dem eigenen Unvermögen dies nicht tun zu können durch „Lernen III“ zu befreien. Es bedeutet ein negieren von Moral und dem damit einhergehenden Trivialisierungsversuch in der Beobachtung von bzw. in der Auseinandersetzung mit Leben, das nichttrivial ist, das sich selbst erkennen will und das Vermögen dazu besitzt56. Von Foerster (2014) und Maturana et al. (2012) machen auf jene Weise eine Idee von Liebe sichtbar, die im Kontext des bisher erläuterten vermitteln vermag, was in dieser Arbeit unter „Lernen III“

„qualitativ“ und konzeptuell verstanden werden soll. Zugleich ist jene Idee Ausgangspunkt für eine konkrete naturwissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Phänomen des „Lernen III“, welche sich in Kap. 6.3 fortsetzt.

Weiters wird ersichtlich, dass das Wissen (um die Liebe) bzw. das Vermögen eines Menschen, lieben zu können, sich in einem jedem Moment auf das Neue formt – in dem dieser fähig ist bzw. sich entscheidet,

„die richtigen Mittel (Handlungen) auf dem Weg zu wertegeleiteten Zielen zu wählen“ (Reuting 2016, S.

270)57: dem Bild von Fraktalen entsprechend (Abbildung 12), in der das bewusste Sein des Menschen dem Ziel entspricht, in dem es sich (immerwährend auf das Neue wiederfindet bzw.) befindet (Kap. 5.5). Von Foerster (2014, S. XVII) spricht in diesem Zusammenhang von „Fraktale einer Ethik“. Diese Ethik (in) der Ethik, weist Selbstähnlichkeit58 auf und ist das Ergebnis von „Lernen III“ – der Autopoiesis des Menschen (Kap. 2.2), dessen Bedürfnis vereinfacht ausgesprochen, Liebe ist (Kap. 5.5.2), er sich immerwährend für die Liebe entscheiden kann und sich dadurch selbst als sein Ziel (Abbildung 11; Kap. 5.5) – in Liebe – erfährt.

56 Weber (2014, S. 34) formuliert das dritte Gesetz der Sehnsucht von Leben wie folgt: „Nur im Spiegel anderen Lebens können wir uns selbst verstehen. Wir brauchen den Blick des Allerfremdesten. Den Blick des Tiers. Den Blick des stummen Molchs. Nur er eröffnet jene Tiefen in uns, die sonst für immer verschlossen blieben. Wir brauchen das Erlebnis, dass etwas Inneres vor uns steht, etwas, das sich zugleich als verletzlicher Körper zeigt. Wir brauchen die anderen Organismen, denn sie sind das, was auch wir sind, was wir aber nicht sehen können, weil wir es sind.“

57 Reuting (2016, S. 270) findet sich dabei in der Auseinandersetzung mit dem Begriff der Weisheit wieder, welcher ihr zufolge (Bezug nehmend auf Wenninger (2000)) ein vielfältiges Wissen und Erfahrungen beinhaltet, die (Bezug nehmend auf Baltes et al. (1990)) die Kriterien von

· Faktenwissen über „den Lebensverlauf und verschiedenen Lebenslagen“,

· Handlungswissen über „Lösungsstrategien für verschiedene Lebensprobleme“,

· Kenntnis von Lebenskontexten,

· Wissen um die „Unterschiede in Werten und Prioritäten zwischen Menschen“ (Relativismus),

· und Wissen um das Nicht-Wissen beinhalten.

58 Der Begriff der Selbstähnlichkeit beschreibt die Eigenschaft eines Systems, wo Zustände einer jeden beliebigen Größenordnung Teilen von sich selbst ähneln (Füllsack 2011, S. 26). Dieser ist Ergebnis von Rekursivität – der rekursiven Anwendung eines Zustandes zu einem Zeitpunkt auf dem ihn vorausgegangenen Zustand. Anhang 11.2 veranschaulicht dies.

Abbildung 12: Fraktal

Quelle: von Foerster (2014, XVIII)

Damit wird ein Bild des Lebens sichtbar, das für den Beobachter als Fraktal – einer immer wiederkehrenden Auseinandersetzung mit dem Selbstähnlichen – dem Leben bzw. der Liebe gleicht. Eine solche Begegnung ist nichttrivial, voller Möglichkeiten, Offenheit und führt zu einer andauernden Auseinandersetzung mit dem Unbekannten (das oftmals sehr ähnlich dem bereits Erfahrenen gleicht – aber doch nur Selbstähnlichkeit aufweist) – dem Anderen, dem durch „Lernen III“ ein Daseinsraum eröffnet wird. Von Foerster (in Auer et al.

2003) sagt hierzu:

„Es ist sehr amüsant und voller Abwechslungen; es ist ein reiches Leben, in dem man sich in jedem Moment für eine Art und Weise zu denken entscheidet. Man akzeptiert eine Prämisse, oder man akzeptiert sie eben nicht. Entweder nähert man sich seinen Mitmenschen, um ihnen mit donnernder Stimme klarzumachen, dass sie alle sterben und den Tod bedenken müssen.

Möglich ist es jedoch auch, an diese anderen Menschen, die noch leben, heranzutreten, um mit ihnen gemeinsam das eigene Lebendigsein zu feiern. Die Akzeptanz einer Prämisse ist eine Entscheidung für eine jeweils besondere und andere Welt. Und es liegt an uns, diese anderen Welten entstehen zu lassen.“