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3 Methode, Untersuchungsansatz und Vorstudie

3.2 Fragestellung, Hypothesen und Untersuchungsgegenstand

3.2.2 Auswahlkriterien und Zugänge zum Untersuchungsfeld

Nicht vorausgesetzt wurde, dass die zu untersuchenden Heime nur wegen unseres Forschungsinteresses jeweils ein entsprechendes Entwicklungs- und Implementationsprojekt völlig neu planen müssten. Dies erschien im Rahmen der Dissertation für die Heime und für

die Forschung als zu aufwändig (vgl. auch Schone 1995, S. 20-60). Wir suchten nach entsprechenden geplanten Prozessen bei Versuchen der Entwicklung von Selbstevaluation im Rahmen von Qualitätsentwicklung durch EVAS, deren Umsetzung wir begleiten und untersuchen konnten. Weitere Prämisse: Die Forschung sollte nicht als die Wirklichkeit des Alltags zu stark beeinflussender Faktor auftreten (Filsinger & Hinte 1988, S. 34ff).

Die zentrale Frage im Blick auf Kriterien für mögliche Forschungsfelder lautete: Gibt es Erziehungsheime, die den Anspruch der Selbstevaluation im Rahmen von Qualitätsentwicklung und in Verbindung mit dem Evaluationssystem EVAS professionell umsetzen wollen und die eine erste mindestens zweijährige Praxis mit EVAS schon vorweisen können? Wichtig ist, dass Entwicklungsschritte zur Verbesserung des Selbstevaluationsanspruchs von EVAS gewollt sind. Selbstevaluation, so eine weitere Einschränkung, sollte in diesen Entwicklungsstadien nicht von vornherein im ersten Schritt alle Kriterien einer idealtypischen Selbstevaluation erfüllen wollen. Es sollte aber ein methodisches Bemühen und eine Entwicklung hin zur systematischen Selbstbewertung erkennbar sein.

Als potenzielles zugängliches Untersuchungsfeld standen dem Verfasser 25 katholische Heime der Bistümer Mainz, Limburg und Fulda zur Auswahl.

In der Vorstudie der Arbeit wurden mit heuristischer Intention befragt nach den Chancen und Möglichkeiten von Selbstevaluation befragt.

Ebenfalls in der Vorstudie wurden nach einer Vorauswahl 6 Heime plus das Referenzheim untersucht mit dem Ziel, 4 Heime auszuwählen für die Beantwortung unserer Fragestellungen.

Das Auswahlverfahren und die Kriterien werden in Punkt 3.4 dargestellt.

Unsere vier Untersuchungsprojekte in den ausgewählten Einrichtungen bestanden inhaltlich im Kern darin, jeweils in einem Testjahr die Aufmerksamkeit der Fachkräfte auf in jeder Einrichtung jeweils besonders ausgewählte Praxisausschnitte des Evaluationsprozesses zu fokussieren. Insbesondere sind wir der Frage nach den kontextuellen Voraussetzungen der Selbstevaluation nachgegangen. Zentrale Forschungsmethode war das Teaminterview.

Die ursprünglich geplanten Vorstudien I (Experteninterviews) und II (Konzeptstudien) zur Findung unserer Untersuchungsfelder sind hier in nunmehr nur einer Vorstudie in Abschnitt 3.5. zusammengefasst, da sich die zeitliche Differenzierung in Experteninterviews und Konzeptstudien in der praktischen Umsetzung als nicht gut möglich, aber auch nicht als notwendig erwies. Von den zunächst zehn einbezogenen Heimen in der Vorstudie sind zur

tatsächlichen Befragung in der Vorstudie nur sechs Heime übrig geblieben. Vier Heime hatten nicht die internen Ressourcen für das Projekt.

Kriterien

Hier werden die Kriterien benannt und begründet, die bei der Auswahl der untersuchten Einrichtungen angewandt wurden.

a) Selbstevaluation ist ein Thema der Organisationsentwicklung

Wenn Selbstevaluation als auf Dauer implementierte, methodisch konstruierte Funktion möglich sein soll, dann sind Kontextbedingungen konzeptioneller, struktureller, prozessualer und personeller Art zu suchen und zu beschreiben, die die Umsetzung erfolgreich möglich machen können. Die Untersuchung dieser Kontextbedingungen, so eine Arbeitshypothese, ist schwierig bis gar nicht möglich in Einrichtungen, die sich diesem Thema nicht stellen wollen bzw. die Selbstevaluation nicht als Entwicklungsthema für sich sehen. In solchen Handlungskontexten fehlt die Bereitschaft zum empirieorientierten Diskurs.

b) Normalpraxis versus Best-Practice

Das, was man Best-Practice nennt, in unserem Fall gut gelungene Selbstevaluation meint, ist sicher als Referenzpraxis interessant im Blick auf die vergleichende Untersuchung. Allerdings gibt es solche Praxen im Blick auf das Thema Selbstevaluation in der Heimerziehung nur sehr selten. Daher hat dieser Ansatz bestenfalls heuristischen Wert im Sinne von Antworten auf die Frage, was praktisch möglich ist und wie es möglich ist, wobei hier oft Besonderheiten vorliegen, die nicht einfach in Normpraxen übertragbar sind. Schon eher interessant erschienen hier Normalpraxen, die bereits auf dem Wege sind, Selbstevaluation in irgendeiner Form zu entwickeln. Wir vermuteten, dass gerade hier die vorhandene Entwicklungsdynamik einen guten Anschluss für Fragen bildet, weil sich die Praxis selbst schon in einem Suchprozess befindet und nicht künstlich nur von außen Fragen herangetragen werden müssen. Maßstab für die Normalpraxis ist die formale Orientierung an Standards, wie sie vom KJHG und den einschlägigen Kommentaren sowie von der Fachaufsicht der Heime vorgegeben sind.

c) Mindestmaß an QE und Qualitätszirkel

Hierdurch ist erwartbar, dass schon ein Grundverständnis von Qualitätsentwicklung da ist, jedenfalls ein auf das Thema bezogenes Bewusstsein, Interesse und eine besondere Motiva-tion, Entwicklung durch systematische Forschung zu intensivieren. Ein Mindestmaß an QE ist gegeben, wenn in der Einrichtung ein Qualitätszirkel etabliert ist.

d) Anschluss an laufende Prozesse

Der Anschluss an schon laufende Entwicklungsprozesse, die gerade im Normalheim ohne besonderen Projektanspruch vonstatten gehen, verspricht einen realistischen, empirisch relativ unverfälschten Blick der Erforschten und des Forschers. Fokus der Untersuchung sollte dann ein ausgewählter Entwicklungsschritt sein, der projektiert ist im Sinne eines thematisch und zeitlich singulären Projekts. Indikator ist hier die Bereitschaft zur Projektierung geplanter Entwicklungsschritte.

Dass die laufenden Prozesse in verschiedenen Entwicklungsstadien sind, macht die direkte Vergleichbarkeit schwieriger, aber die Variationsbreite erhöht die Kontrastierungs-möglichkeiten.

e) Anschluss an Großversuch, Möglichkeit der Verschränkung von Selbst- und Fremdevaluation

Es bietet sich weiter an, nach Entwicklungsprozessen in verschiedenen Heimen mit einer gewissen thematischen Gleichzeitigkeit, wie dies bei EVAS der Fall ist, zu fragen. Hier ist auch die Möglichkeit gegeben, der Verschränkung von Selbst- und Fremdevaluation nachzugehen bzw. deren Möglichkeiten auszuloten.

f) Wohngruppen als Untersuchungsfeld

Eine weitere Einschränkung wurde gemacht, indem nicht nur vergleichbare Heime, sondern vor allem eine vergleichbare Form der Heimerziehung, nämlich die traditionelle vollstationäre Erziehung in Gruppen mit durchschnittlich 8-10 Kindern und Jugendlichen, als Kriterium gewählt wurde.

g) Bereitschaft zu Teaminterviews

Die Offenheit für eine qualitative Untersuchung, also die Bereitschaft für Interviews im Team, sollte gegeben sein.

Optionen und Zugangsmöglichkeiten

Auf der Grundlage der oben formulierten Auswahlkriterien kamen grundsätzlich alle Heime mit Wohngruppen und einer mindestens zweijährigen Praxis mit EVAS in Frage. Überprüft werden mussten die zusätzlichen Auswahlkriterien, was in der noch folgenden Vorstudie dargestellt wird. Weitere wichtige Kriterien waren die Zugangsmöglichkeiten. Hier war von Vorteil, dass der Verfasser selbst langjährig in der Jugendhilfe tätig ist, Heimleiter ist und über gute Kontakte zu vielen Einrichtungen des bundesweit tätigen Verbandes verfügt.

Hierdurch war Vertrauen und eine realistische Voreinschätzungsmöglichkeit der Qualität der einzelnen Heimpraxen gegeben.

Einwände könnte man erheben, weil es nur katholische Heime sind, die ausgesucht wurden.

Doch katholische Heime sind mittlerweile durch kaum ein Merkmal von anderen Heimen etwa der evangelischen Kirche oder anderer Träger zu differenzieren. Sie bilden durchaus die Realität des Durchschnitts der Heimerziehung ab, da insbesondere die pastorale Dimension und eine vielleicht relativ starke normativ-moralische Ausprägung der Pädagogik der Vergangenheit angehören. Die ehemals religiöse Orientierung katholischer Einrichtungen ist mit dem Fortgang der Ordenschwestern und Ordensbrüder weitgehend erloschen, bestenfalls noch formal, aber relativ wenig folgenreich in Leitbildern als christliche Ethik formuliert.

Bedacht werden muss hier auch, dass die Kinder und Jugendlichen zum Großteil konfessionslos sind.

Die Option auf Wohngruppen erfasst den traditionellen und immer noch bestehenden Kern der Heimerziehung und deren typische Merkmale wie Gruppenarbeit, Teamarbeit, Schichtdienst, Alltagsorientierung.

Wir erachten unsere Ergebnisse trotz der kleinen Stichprobe von vier Heimen zum einen für exemplarisch, weil die ausgesuchten Heime Kriterien von Standardheimen entsprechen, die Standorte in vier verschiedenen Städten und Kreisen in zwei Bundesländern liegen. Zum anderen ist eine gewisse Übertragbarkeit gegeben durch die Anzahl der untersuchten 20 Heimgruppen mit insgesamt ca. 100 Fachkräften, die sämtlich in die Interviews und die schriftlichen Befragungen direkt einbezogen waren. Wegen der Entscheidung für Wohngruppen, deren Konzepte in der Heimerziehung relativ hoch standardisiert sind, ist eine durchaus gute Vergleichbarkeit gegeben.

3. 3. Ablaufschritte der Untersuchung und Erhebungsmethoden, Datenmaterial, Auswertungs- und Interpretationsverfahren sowie Forschungsdesign

Die Forschungsmethode ist schwerpunktmäßig an qualitativen Verfahren orientiert, wie sich schon aus unserer Begründung in Punkt 3. 2 ergibt. Sie wird ergänzt durch quantitative methodische Aspekte dort, wo dies zusätzlichen Gewinn und Absicherung in der Erkenntnis bringt.

Wir werden hier entlang der einzelnen Forschungsphasen der dort eingesetzten Erhebungsinstrumente und dem ausgewerteten Material jeweils versuchen, die eingesetzten Auswertungs- und Interpretationsverfahren zu benennen und zu begründen. Sofern in besonderen Situationen von den beschriebenen Verfahren abgewichen wurde, werden wir dies gesondert begründen.