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Archiv "Gesundheitsreform 2000: „Konzeptionslos“" (28.08.2000)

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it ihrer Reform hat Bundesge- sundheitsministerin Andrea Fi- scher nicht eines der drängen- den Probleme im Gesundheitswesen gelöst“, sagt Dr. med. Manfred Richter- Reichhelm. Der Vorsitzende der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung (KBV) hat zudem den Eindruck, dass die Re- gierungskoalition die Gesundheitsre- form 2000 „zu den Akten legen will“.

Trotz mehrerer Gespräche im Bundes- gesundheitsministerium und im Bundeskanzleramt und trotz zahl- reicher Aktionen des Bündnisses Gesundheit 2000, der KBV und der Kassenärztlichen Vereinigungen sind bisher keine gesetzgeberischen Korrekturen erfolgt. Dass diese jedoch nötig sind, wird in vielen Bereichen des Gesundheitswesens deutlich.

Betroffen sind in der ambulanten Versorgung insbesondere die Fach- ärzte. Bei der gesetzlich verfügten Trennung der Gesamtvergütung in einen hausärztlichen und einen fachärztlichen „Topf“ sind sie offen- sichtlich die Verlierer. „Grundsätz- lich begrüßen wir die Besserdotie- rung der Hausärzte“, betont Rich- ter-Reichhelm, „aber das kann und darf nicht zulasten der Fachärzte ge- hen.“ Die Hausärzte müssten statt- dessen durch zusätzliche Finanzmittel gefördert werden, meint der KBV-Vor- sitzende. Durch die Verschiebung der Gelder sind die Existenzen fachärztli- cher Praxen – besonders in den neuen Bundesländern – bedroht. Hinzu kommt, dass die Fachärzte indirekt die Psychotherapeuten subventionieren, denn deren eigenständige Finanzierung ist immer noch nicht gesichert. Das ge- setzlich vorgegebene Ausgabenbudget der Krankenkassen für die Psychothe- rapie, das weder die Zahl der Leistungs-

erbringer noch deren erbrachte Lei- stungen berücksichtigt, reicht nicht aus.

1999 betrug der jährliche Durchschnitts- umsatz eines Psychotherapeuten auf- grund des extremen Punktwertverfalls etwa 61 000 DM. Damit können gerade die Betriebskosten gedeckt werden.

Das Gesundheitsreformgesetz 2000 hat diese Misere keineswegs behoben – eher noch verschärft. Es könne nicht richtig sein, die psychotherapeutische

Versorgung als Teil der fachärztlichen Versorgung zu definieren, kritisiert Richter-Reichhelm. Vielmehr müssten die Krankenkassen den Mehrbedarf für die Psychotherapie bezahlen. Für eine solche Lösung plädieren auch die FDP und der Petitionsausschuss des Bundes- tages.

In den neuen Bundesländern sind die niedergelassenen Ärzte besonders von den Auswirkungen der Gesundheitsre- form betroffen. Dass im Osten die Mor- bidität höher sowie die Lebenserwar-

tung und Arztdichte geringer ist, igno- riert das Gesetz. Trotz des erhöhten Versorgungsbedarfs erhalten die ost- deutschen Vertragsärzte von den Kran- kenkassen nur etwa 75 Prozent der fi- nanziellen Mittel je Versicherten im Vergleich zum Westen. Die KBV for- dert deshalb weiterhin die Anhebung der Ostvergütung auf das Westniveau.

Richter-Reichhelm kritisiert zudem, dass die Kassenärzte auch den Wettbe- werb der Krankenkassen auszuba- den haben. Viele Versicherte wech- seln zu Krankenkassen, die mit gün- stigeren Beiträgen locken. Diese zahlen jedoch den Ärzten niedrige- re Kopfpauschalen, teilweise statt 1 000 DM nur noch 400 DM pro Versicherten. Das Geld fehlt den KVen bei der Vergütung ihrer Ver- tragsärzte. Für Richter-Reichhelm ein absurder Mechanismus: „Die Menschen sind nicht weniger krank oder suchen seltener einen Arzt auf, nur weil die Kassen mit uns andere Kopfpauschalen vereinbaren kön- nen.“ Bundesgesundheitsministerin Fischer verhält sich abwartend, zeigt jedoch Verständnis für die Si- tuation der Ärzte. Erst soll ein vom Bundesgesundheitsministerium in Auftrag gegebenes Gutachten den Risikostrukturausgleich untersu- chen. Mit ersten Ergebnissen ist im Frühjahr 2001 zu rechnen.

Entlastung für die Ärzte soll die Trias aus neuem EBM (DÄ 33/2000), HVM und Morbiditätsindex bringen, der erstmalig den tatsächlichen Versor- gungsbedarf bei bestimmten Erkran- kungen zeigt. Doch zunächst stehen Gespräche mit der Bundesgesundheits- ministerin (Ende September) und dem Bundeskanzler an. Die KBV will erneut auf die drückenden Probleme der Kas- senärzte hinweisen. Dr. med. Eva A. Richter P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 34–35½½½½28. August 2000 AA2203

Gesundheitsreform 2000

„Konzeptionslos“

Ein halbes Jahr nach der Gesundheitsreform 2000 zog der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Dr. med. Manfred Richter-Reichhelm, eine negative Bilanz.

22. September 1999 in Berlin: Das „Bündnis Gesundheit 2000“ mobilisiert 25 000 Menschen. Der Protest gegen die Gesundheitsreform verhallte.

Foto: Archiv/Aevermann

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