uf die Pläne von Bundesge- sundheitsministerin Andrea Fischer zur Gesundheitsre- form 2000 reagierten die Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) deutlich positiver als die übrige Ärzteschaft. Kurz nach Vor- lage des Referentenentwurfs sprach die Ministerin in Weimar anläßlich der Eröffnung des 49. Wissenschaft- lichen Kongresses des Berufsver- bandes der Ärzte des Öffentlichen Gesundheitswesens e.V. Sie erhielt von den Amtsärzten – entgegen der sonstigen massiven Kritik – „war- men“ Beifall.
Daß die Amtsärzte im Gegen- satz zu ihren niedergelassenen Kol- legen und den Krankenhausärzten den Referentenentwurf durchaus begrüßen, mag zunächst verwun- dern. Bei näherer Betrachtung wird diese Reaktion jedoch verständlich:
Der ÖGD, seit Jahrzehnten der Prävention verpflichtet, sieht nun- mehr seine Interessen gewahrt und hofft auf eine Stärkung von seiten der Politik. „Mit Freude haben wir gehört, daß im nunmehr vorliegen- den Referentenentwurf in § 20 (1) SGB V Maßnahmen zur Prävention und Gesundheitsförderung durch die gesetzlichen Krankenkassen wie- der vorgesehen sind und auch der Öffentliche Gesundheitsdienst be- teiligt werden soll“, erklärte der Vorsitzende des Verbandes, Dr.
med. Burkhardt Jaeschke. Die Prä- vention sei der richtige Weg, um Ge- sundheitsstörungen und Fehlent- wicklungen zu vermeiden und so die
Kosten im Gesundheitswesen zu dämpfen: „Eine nicht eintretende chronische Erkrankung entlastet unser Gesundheitssystem um Hun- derttausende DM pro Mitglied in der Solidargemeinschaft.“ Die Prä- vention, bestätigte die Ministerin, sei in den letzten Jahren viel zu we- nig beachtet worden.
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Die Vorstellungen des ÖGD scheinen in etwa den Zielen von Fi- scher zu entsprechen. Deren Kon- zept zur Ausgabensenkung basiert unter anderem auf einer verstärkten Kooperation zwischen den Kas- senärzten, den Krankenkassen und dem ÖGD. So sollen in einem ein- heitlichen Katalog der Spitzenver- bände der Krankenkassen Maßnah- men zur Krankheitsverhütung festge- legt werden. Dieser soll nach Ansicht von Andrea Fischer gemeinsam mit dem ÖGD entwickelt werden. Dabei sieht sich der ÖGD als besonders ge- eigneten Kooperationspartner, kann er doch Zielgruppen erreichen, die eher selten in Arztpraxen anzutref- fen sind, wie Jugendliche, aber auch verschiedene Risiko- und Randgrup- pen. „Ich messe den Leistungen der Gesundheitsämter für die Gesund- heit der Bevölkerung einen hohen Stellenwert bei“, stellte die Bundes- gesundheitsministerin fest.
Der ÖGD ist nicht nur bereit, mit den Kassen auf dem Gebiet der
Prävention zu kooperieren – mehr noch: Die Ärzte könnten als Mo- deratoren und Koordinatoren des Ganzen fungieren, sagte Jaeschke, da sie dem Gemeinwohl verpflichtet seien und den Überblick über die regionalen Angebote hätten.
Ganz zufrieden ist der Öffentli- che Gesundheitsdienst jedoch auch nicht: Die Krankenkassen müßten verpflichtet werden, primärpräven- tive Maßnahmen zu leisten, appel- lierte Jaeschke an die Politik. Der Gesetzentwurf sieht nur vor, den Krankenkassen wieder zu gestat- ten, sich an Beratung und Vor- sorge zu beteiligen. Diese Möglich- keit war den Kassen in der ver- gangenen Legislaturperiode genom- men worden. Jetzt hofft der ÖGD auf eine gute Kooperation mit den Kassen auf dem Gebiet der Prä- vention. Diese kann nach Ansicht von Jaeschke aber nur gewährlei- stet werden, wenn sie gesetzlich verankert werde.
Der Kongreß war von großen Erwartungen an die Zukunft ge- prägt: In diesem Jahr sollen ein neues Infektionsschutzgesetz und demnächst eine neue Trinkwasser- verordnung erarbeitet und die Ge- sundheitsberichterstattung verbes- sert werden. Die erhoffte Stärkung und der Ausbau des Öffentlichen Gesundheitsdienstes scheint in Sicht.
„Ich will mich dafür einsetzen“, ver- kündete die Bundesgesundheitsmi- nisterin, „daß der ÖGD in Zukunft nicht länger das ,fünfte Rad am Wa- gen‘ ist.“ Eva Hofmann A-1751
P O L I T I K LEITARTIKEL
Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 26, 2. Juli 1999 (15)