agegen, daß die bisherige Qualität der medizinischen Versorgung in einem „wei- teren chaotischen Gesetzgebungs- verfahren“ aufs Spiel gesetzt wird, wendet sich das „Bündnis Gesund- heit 2000“. In dieser Allianz der Heilberufe haben sich unter ande- rem Vertreter der Pflegeberufe, Ärzte, Apotheker, Arzthelferinnen, Assistenzberufe und Heilmitteler- bringer zusammengeschlossen, um – wie Bundesärztekammerpräsident Karsten Vilmar es formulierte – die Bevölkerung über die Folgen der
„völlig übereilten und systemverän- dernden Gesundheitsreform 2000 aufzuklären“.
Einigkeit im Protest
Am Tag nach der Vorstellung des Referentenentwurfs zur Ge- sundheitsreform (siehe auch Seite eins in diesem Heft) demonstrierten die Gesundheitsberufe Einigkeit im Protest. Werden die Pläne von Bun- desgesundheitsministerin Andrea Fischer realisiert, führt dies nach Ansicht des Bündnisses geradewegs in die Rationierung. Unter einem Globalbudget, das sich an der Ent- wicklung der beitragspflichtigen Ein- nahmen orientiert, lasse sich eine bedarfsgerechte medizinische Ver- sorgung der Patienten nicht aufrecht- erhalten. Vor dem Hintergrund der demographischen und medizin-tech- nischen Entwicklung müßten sich die zur Verfügung stehenden Mittel
am Versorgungsbedarf der Bevölke- rung ausrichten. Und: „Die Kran- kenkassen als Allein-Verfügungsge- waltige des Globalbudgets werden im Wettbewerb zwangsläufig um lei- stungsstarke gesunde Beitragszahler konkurrieren – auf der Strecke bleibt der Kranke“, führt Vilmar das Szenario weiter aus.
Daneben treibt die Heilberufler auch die Angst um die eigenen Ar- beitsplätze um. Immerhin zählt das Gesundheitswesen derzeit rund 4,2 Millionen direkt und indirekt Be- schäftigte. Der Regierung wirft das Bündnis vor, sie verkenne, daß es sich beim Gesundheitswesen um ei- nen Wachstumsmarkt der Zukunft handelt.
„Die von Ministerin Fischer an- gekündigte Dialogbereitschaft im Hinblick auf die Gesundheitsreform haben wir vermißt“, sagt Vilmar. Ei- ne Kritik, die alle Bündnispartner teilen. In ebensolcher Einigkeit si- gnalisieren alle weiterhin, daß sie für konstruktive Gespräche zur Verfü- gung stehen, um endlich sachgerech- te Lösungen für die Probleme im Gesundheitswesen erarbeiten zu können. Das Bündnis hat sich zu- mindest vorgenommen, die Bürger- und Patienteninformation so lange fortzusetzen, bis die Regierung be- greift, daß eine sinnvolle Weiterent- wicklung des Gesundheitswesens nur im Konsens mit den Beteiligten erreicht werden kann.
Eine eigene Informationskam- pagne hatte zuvor die Kassenärztli- che Bundesvereinigung ins Leben
gerufen. Sie plante unter dem Motto
„Heile Welt bald nur noch im Fern- sehen“ eine Kampagne in Presse, Rundfunk und Fernsehen über die Folgen der geplanten Gesundheits- reform. Allerdings haben sich mitt- lerweile einige Sendeanstalten we- gen rechtlicher Bedenken gewei- gert, die KBV-Spots auszustrahlen.
Dazu der Erste Vorsitzende der KBV, Winfried Schorre: „Wir woll- ten Aufklärungsarbeit betreiben.
Dieses Recht, zu informieren, wird uns auf völlig absurde Weise verwei- gert.“
Fischer fordert Mitarbeit
Bundesgesundheitsministerin Fischer zeigt sich derweil unbeein- druckt von den massiven Protesten.
Sie will in jedem Fall an den Grund- zügen ihrer Reform festhalten, über Details könne man jedoch reden. Sie hält die derzeitige „Panikmache“ für völlig unangemessen. Auch das Ar- beitsplatzargument der Heilberufler weist sie zurück: Arbeitsplätze wür- den verlagert, gingen aber nicht ver- loren. „Alle Beteiligten müssen zu Veränderungen bereit sein“, vertritt die Ministerin ihren Standpunkt.
Falls dies nicht der Fall sein sollte, hat sie ein passendes Rezept: „Wir erwarten, daß die Vorgaben einge- halten werden“, ansonsten gibt sie sich entschlossen, hart durchzugrei- fen. Der Rückendeckung aus dem Bundeskabinett ist sie sich sicher.
Thomas Gerst /Heike Korzilius A-1463
P O L I T I K LEITARTIKEL
Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 22, 4. Juni 1999 (15)