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Archiv "Marburger Bund verabschiedet sein gesundheitspolitisches Programm (Teil 1)" (25.07.1974)

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45. Hauptversammlung des Marburger Bundes in der Berliner Kongreßhalle Die Information:

Bericht und Meinung Die Lage der Psychiatrie

45. Hauptversammlung des Marburger Bundes

Schwerpunkte: Reform des Krankenhauswesens, des ärztlichen Dienstes am Krankenhaus sowie hochschulpolitische Fragen

Marburger Bund verabschiedet sein gesundheitspolitisches Programm

sation — ist als Idealnorm konzi- piert und nur als solche zu verste- hen. Jede Gesundheits- und Sozial- politik kann sich nur mehr oder weniger intensiv bemühen, dieser Idealvorstellung von Gesundheit im Rahmen der individuellen und so- zialen Gegebenheiten und Möglich- keiten näherzukommen. Ein zwar denkbares, aber generell und kon- kret nicht zu präzisierendes Opti- mum kann wohl kaum die Basis für eine Gesetzgebung mit definierten und von der Gemeinschaft zu er- bringenden Leistungen sein.

Fragen wir zum Schluß, was viel- leicht „neu" in der Psychiatrie ist

— und lassen dabei die biologi- sche Psychiatrie beiseite —, dann ist es sicher die Akzentuierung der Rehabilitation, auf die auch sämtli- che Reformpläne ausgerichtet sind.

Für die Rehabilitation sind aber zu- nächst die Rehabilitationsträger zuständig, die bisher bei der Psychiatrie-Reform offenbar ver- gessen wurden. Auch die Träger der Sozialhilfe blieben bisher von der extramuralen Psychiatrie weit- gehend verschont, obwohl etwa der so beliebt gewordene Begriff

„Sozialtherapie" in weiten Berei- chen der Sozialhilfe viel näher als der ärztlichen Behandlung, und damit einer Pflichtleistung der Krankenkassen, steht.

Ich bin also der Meinung, daß wir eine nennenswerte Verbesse- rung der psychiatrischen Versor- gung ohne eine sehr viel stärkere Beteiligung der Träger von Rehabi- litation und Sozialhilfe in absehba- rer Zeit nicht erreichen werden.

Literatur beim Verfasser

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Dr. phil.

Helmut E. Ehrhardt Direktor des Instituts für Gerichtliche und Sozial-Psychiatrie der

Universität 355 Marburg (Lahn) Ortenbergstraße 8

Die 45. Hauptversammlung des Marburger Bundes (Verband der angestellten und beamteten Ärzte Deutschlands) am 22. und 23. Juni in Berlin begann mit einem Pau- kenschlag: Mit 53 gegen elf Stim- men bei vier Enthaltungen ist der Landesverband Berlin aus dem Bundesverband des Marburger Bundes wegen „verbandsschädi- genden Verhaltens" ausgeschlos- sen worden. Dem Landesverband wurde ab sofort untersagt, den Na- men „Marburger Bund" zu führen.

In der Ausschlußbegründung heißt es, der Landesverband Berlin habe

„zum wiederholten Male und jetzt in besonders schwerwiegender Weise gegen die in der Verbands-

satzung festgelegten

des Marburger Bundes verstoßen."

Vorstandsmitglieder des MB-Berlin hätten die gegen die Ziele des Bun- desverbandes des Marburger Bun- des gerichtete „Arbeitsgemein- schaft unabhängiger Ärzte Deutschlands" unter Ausnutzung des Namens, des Ansehens und der technischen Mittel des Landes- verbandes in Berlin aktiv unter- stützt. (Über die ersten beiden Stun- den der Hauptversammlung, die mit der Aussprache über den Aus- schlußantrag ausgefüllt waren, ist bereits berichtet worden.)

Als ein Dokument einer sachlichen und intensiven Ausschußarbeit

2262 Heft 30 vom 25. Juli 1974 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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... Blick auf die Reihen der Delegierten und Gäste bei Beginn der Sitzung

Die Information:

Bericht und Meinung

wertete die Hauptversammlung das insgesamt 114 Seiten starke ge- sundheitspolitische Programm, das nach ausführlicher Diskussion und eingehender Überarbeitung verab- schiedet wurde. Traditionell bilden Fragen der Reform des Kranken- hauswesens, insbesondere der in- neren Struktur und der Organisa- tion und Honorierung des ärztli- chen Dienstes am Krankenhaus so- wie Reform der Hochschulmedizin die programmatischen Schwer- punkte.

Grundsätzliches über die Axiome und die gesundheitspolitischen Ziele des Marburger Bundes wird im Kapitel „Forderungen an unser Gesundheitswesen" ausgesagt. Zu- gleich wird hier Aufschluß über die Position gegeben, die der Verband der angestellten und beamteten Ärzte Deutschlands zu den gerade im gegenwärtigen Zeitpunkt heftig diskutierten gesundheitspolitischen Teilproblemen bezieht.

Nach der Überzeugung des Mar- burger Bundes können im Rahmen des Gesundheitswesens tätige und auf seine Reform einwirkende Or- ganisationen und Institutionen nur dann auf sicherem Boden operie-

ren, wenn oft benutzte, für be- triebe- und volkswirtschaftlich, ge- sundheits- und sozialpolitisch rich- tige Entscheidungen jedoch wertlo- se Begriffe wie „Mangel" und „Be- darf" endlich konkretisiert werden.

Ordnende und lenkende Planung, wie beispielsweise auf dem Gebiet des Gesundheitswesens, könne nicht nur im Interesse der Patien- ten, sondern auch wegen der Ko- stenexpansion im gesamten Ge- sundheitswesen erforderlich sein.

Planung setze jedoch die verläßli- che Ermittlung von Nachfrage und Bedarf voraus. Bedarfsermittlung sei wiederum nicht möglich ohne genaue, alle Faktoren und Einflüs- se berücksichtigende, mit wissen- schaftlichen Mitteln und Methoden (Statistiken!) vorgenommene Ana- lyse.

Auf das Krankenhaus bezogen, ge- höre zu Analyse, Bedarfsermittlung und Planung vor allem die Herstel- lung der Kostentransparenz. Es müsse endlich erkennbar werden, wo und unter welchen Bedingun- gen welche Leistungen erbracht werden und welche Kosten sie auslösen. Nur eine intensive Zu- sammenarbeit von Ärzten, Pflege-

kräften, Verwaltungsfachleuten und Krankenkassenexperten kann nach der Überzeugung des Marburger Bundes Methoden entwickeln, die den Besonderheiten des Gesund- heitswesens und den spezifischen Eigenheiten des Krankenhauses — auch im Rechnungswesen — ge- recht werden. Der Verband appel- liert an alle Beteiligten, liebgewor- dene und früher vielleicht einmal richtige, jetzt aber für das gesamte Gesundheitswesen immer bedrohli- cher werdende Abgrenzungsten- denzen zu überwinden. Der Ein- blick in den Wirkungsbereich des Partners dürfe nicht länger als In- diskretion, das Angebot eigener Erfahrungen nicht länger als Auf- dringlichkeit empfunden werden.

Warnend heißt es in dem Doku- ment:

„Werden nicht sehr bald in ge- meinsamer Anstrengung vergleich- bare Daten gefunden — z. B.

über Art, Schwierigkeitsgrad und Dauer diagnostischer und thera- peutischer Maßnahmen — und werden die im Krankenhaus er- brachten Leistungen nicht bald durchschaubar, so muß in abseh- barer Zeit mit einem so heftigen Anstieg der Kosten gerechnet wer- den, daß niemand sie mehr bezah- len will und kann." Hierbei sei je- doch zu beachten, daß sich die auf Angebot und Nachfrage beruhen- den Regeln der Marktwirtschaft nicht ohne weiteres auf das Ge- sundheitswesen übertragen lassen.

Es bestehe kein „echter" Markt in diesem Bereich, Gesundheit sei nicht „käuflich", diagnostische und therapeutische Möglichkeiten könnten nicht von den finanziellen Möglichkeiten der Betroffenen ab- hängen.

Plädoyer

für mehr Teamwork

Bei der Zusammenarbeit aller Be- teiligten und Betroffenen, die der Marburger Bund fordert, werden sich nach seiner Auffassung die

„Konferenzen" als hilfreich und nützlich erweisen, die einen inte- grierenden Bestandteil seines

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT lieft 30 vom 25. Juli 1974 2263

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Die Information:

Bericht und Meinung Marburger Bund

Vorstand, Berater und Mitarbeiter der Geschäftsführung des Marburger Bundes bei der 45. Hauptversammlung in Berlin

Saarbrücker Modells (1971) bilden.

Hier unterscheidet der Marburger Bund scharf zwischen der ge- genseitigen, krankenhausinternen Sachinformation und der gesetzlich geregelten Mitbestimmung, für de- ren Ausbau und Stärkung er sich ebenfalls nachdrücklich einsetzt.

Mitbestimmung am Krankenhaus ist für ihn allerdings nur dann sinn- voll, wenn sie durch die im Kran- kenhaus Tätigen und Beschäftigten ausgeübt wird und nicht in eine

„von außen" gesteuerte Postenver- teilung ausartet.

Zu dem Schlagwort vom angeblich

„tiefen Graben" zwischen Praxis und Krankenhaus bemerkt der Marburger Bund, es sei sicher

„übertrieben und irreführend".

Dennoch könne nicht übersehen werden, daß die Grenze zwischen diesen beiden Bereichen der ärztli-

ZITAT

Bewährtes Prinzip

„An dem bewährten Prinzip der Selbstverwaltung im Be- reich der ambulanten ärztli- chen Versorgung der Bevöl- kerung wird festgehalten. Es bietet die Möglichkeit, durch Weiterentwicklung neuen An- forderungen gerecht zu wer- den und damit eine dem me- dizinischen Fortschritt ent- sprechende Versorgung si- cherzustellen. Eine grundle- gende Änderung der gesetz- lichen Bestimmungen zur Si- cherstellung, etwa eine um- fassende staatliche Regle- mentierung, wird abgelehnt."

„Zur Reform des Gesundheits- wesens", vorgelegt vom Mar- burger Bund am 22. 6. 1974.

chen Versorgung oft zu wenig durchlässig ist. Verbesserte gegen- seitige Information und Kommuni- kation wäre ein erster Schritt, um Reibungsmöglichkeiten zu beseiti- gen.

Bewußt geht der Marburger Bund bei seinen Vorstellungen zur Re- form des Gesundheitswesens nicht von „Ansprüchen", sondern von

„Anforderungen" aus, die an das Gesundheitswesen in der Bundes- republik Deutschland zu stellen sind.

„Ansprüche" werden als ein

„viel zu subjektives Element" be- zeichnet, als daß allein sie bei Re- formen den Maßstab bilden könn- ten. Sie würden die ohnehin ge- fährlich weit verbreitete Neigung zum unkontrollierten und unverant- wortlichen Ansprüchestellen nur

• Fortsetzung auf Seite 2283

2264 Heft 30 vom 25. Juli 1974 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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