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Archiv "Marburger Bund: Nachhilfe nötig" (27.07.2007)

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A2116 Deutsches ÄrzteblattJg. 104Heft 3027. Juli 2007

B R I E F E

Blauäugigkeit und mangelnden Sachverstand ankreiden. Jetzt ist Be- denkzeit geschaffen worden um zu prüfen, was wir wollen und was nicht. Das, was hier verabschiedet wurde, war eine Vollbremsung vor dem absehbaren Totalschaden.

Dr. med. Karlheinz Bayer,Schwimmbadstraße 5, 77740 Bad Peterstal

MARBURGER BUND

Er will eine Ärztege- werkschaft bleiben und mit jedem Tarif- abschluss besser werden (DÄ 20/

2007: „111. Haupt- versammlung des Marburger Bundes: Eine Gewerkschaft als lernendes System“ von Jens Flintrop).

Nachhilfe nötig

Schön, dass der Marburger Bund als Gewerkschaft noch dazulernen will.

Etwas Nachhilfe im Prozentrechnen könnte hier Wunder wirken, zumal ja ursprünglich die Forderung nach 30 Prozent mehr Lohn im Raum stand.

Ende 2006 kam die gute Nachricht vom Marburger Bund: Beim Berliner Vivantes-Konzern werden Bereit- schaftsdienste künftig nicht mehr mit 80 Prozent, sondern mit 95 Prozent des Stundenlohns vergütet. Hörte sich gut an, dieses Verhandlungsergebnis.

Schade, dass niemand erwähnt hat, dass gleichzeitig die Stundenlöhne um ungefähr diesen Betrag sinken werden (z. B. von brutto 23,32 Euro auf 20,28 Euro). Es bleibt demnach eine Steige- rung von drei Prozent brutto. Davon hat öffentlich niemand gesprochen.

Klingt ja auch nicht so toll wie eine Steigerung von 80 Prozent auf 95 Pro- zent. Aber man fühlt sich irgendwie von der eigenen Gewerkschaft ver- schaukelt. Wer also das Prozentrech- nen beherrscht, sollte seinen Lohnzet- tel selbst prüfen, bevor vollmundige Tarifabschlüsse geglaubt werden.

Dr. med. Christian Herzmann, Vivantes Auguste-Viktoria-Klinikum, Rubensstraße 125, 12157 Berlin

Klinikarzt – herrlich!

Neuer Tarifvertrag, kein 24-Stunden- dienst mehr, wer nicht mehr als tarif-

lich festgesetzt arbeiten will (oder kann), darf nicht benachteiligt oder drangsaliert werden. Es ist herrlich!

In der wirklichen Klinikwelt machen Ärztinnen und Ärzte allerlei Verren- kungen, damit sie die Einkommens- verluste wieder ausgleichen. Der Trend zum Zweitjob ist längst keine verzweifelte Aktion hoch verschulde- ter Praxisgründer mehr, sondern Rea- lität für Familienväter und -mütter, die sonst deutliche Abstriche in Erzie- hung, Ausbildung und Betreuung ih- rer Kinder machen müssten. Da wer- den Vollzeitarbeitsverträge in Teilzeit- verträge gewandelt, damit mehr Zeit für agenturvermittelte Vertretungen bleibt, die – zwar ohne Sozialleistung – deutlich besser honoriert werden als die Angestelltentätigkeit. Kliniken müssen sich Ärzte leasen, weil die klinikeigenen angestellten Ärzte während der neu gewonnenen Freizeit als Leasingarzt in einer anderen Kli- nik arbeiten, deren Ärzte wiederum woanders als Leasingarzt . . . so wan- dern und reisen wir wie unsere mittel- alterlichen Kollegen landauf, landab oder ins Ausland. Fragt sich nur, ob die hohen Ansprüche des Qualitäts- managements mit Wanderärzten um- setzbar bleiben. Die unterschiedlich raffiniert konzipierten Modelle ärztli- cher Arbeitszeit verstärken die Ent- wicklung zum sozial isolierten Allein- gänger ohne Familie oder andere Ver- pflichtungen. Wer fünf oder sechs Ta- ge in der Woche 13 Stunden arbeitet, 30 bis 60 Minuten Wegezeit zum Ar- beitsplatz benötigt, dem bleibt nicht viel übrig für Familie, Regeneration und Fortbildung. Wer in einem sozia- len Gefüge lebt, der weiß, dass es auch mal Risse und Sprünge gibt . . . Der Höhepunkt der Neukonzeption ärztlicher Arbeit ist jedoch die Ver- minderung von Arbeitszeit durch Ar- beit? Das ist höhere Mathematik.

Nächtliche Arbeitszeit wird aufgeteilt in Regelarbeitszeit und Bereitschafts- zeit, sodass der Arzt in 13 Stunden nur sechs Stunden Arbeitszeit erwirt- schaftet. Bei fünf Nachtschichten in der Woche kommen also nur 30 Stun- den zusammen, bei einer Wochenar- beitszeit von 42 Stunden sind das zwölf Stunden zu wenig. Macht nix, kommen wir eben öfter! Die Vergü- tung der nächtlichen Dienstzeit hat sich zwar auf dem Papier verbessert,

aber nach wie vor wird die nächtliche oder Feiertagsarbeit eines Arztes ge- ringer vergütet als wochentags. Sagen Sie das mal dem Mann vom Schlüs- seldienst . . .

Constanze Rumpel-Sodoma,Irisgrund 1, 14552 Michendorf/ Wilhelmshorst

ÄRZTETAG

Zur Dokumentation der Beschlüsse (DÄ 21/

2007: „Entschließun- gen zum Tagesord- nungspunkt V: Tätig- keitsbericht der Bun- desärztekammer“).

Principiis obsta!

In einer Entschließung zum Tätig- keitsbericht der Bundesärztekammer geht es um Kassenanfragen zum Fortbestehen von Arbeitsunfähigkeit.

„Ständig erreichen die Behand- ler . . .“ heißt es da, und der Terminus Behandler wird wiederholt ge- braucht. Man suche mal im Lexikon oder Duden nach dem Begriff Be- handler. Gemeint sind die behan- delnden Ärzte. Diese despektierliche Ausdrucksweise hat sich schon vor Jahren in Formulare eingeschlichen, die, von Neidern entworfen, den Arzt in seiner Spitzenstellung wenigstens verbal vom Sockel zu stoßen ver- sucht. Wer sich angesprochen fühlt, ist selber schuld. Wenn sich das DÄ dieser Wortwahl anschließt, soll es sich konsequenterweise Deutsches Behandlerblatt nennen und vom Deutschen Behandlertag berichten.

Dr. med. Josef Schult,Postfach 2724, 84011 Landshut

BEHANDLUNGSFEHLER

Nicht erst durch das Aktionsbündnis ist Patientensicherheit zum Thema gewor- den (DÄ 18/2007:

„Ärztliche Behand- lungsfehler: Wider die Schuldgefühle“ von Martina Merten).

Fehleranalyse notwendig

Heftig zu widersprechen ist dem Schlusssatz der Autorin: „Denn nur

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Deutsches ÄrzteblattJg. 104Heft 3027. Juli 2007 A2117

B R I E F E

so kann vermieden werden, was viel schlimmer ist als ein Fehler selbst:

Schuldgefühle.“ Das Schlimmste ist und bleibt der Fehler, durch den ein Patient zu Schaden kommt, mögli- cherweise irreversibel oder sogar mit Todesfolge. Fehlerhaftes ärztliches Handeln führt in jedem Fall – und das ist Folge der ärztlichen Grund- überzeugung – zu existenzieller Er- schütterung durch Scham- und Schuldgefühle. Richtig ist, dass es da- bei nicht bleiben darf. Fehleranalyse und die Solidarität derer, denen mor- gen andere Fehler unterlaufen kön- nen, sind die wirksamsten Mittel, mit deren Hilfe aus diesem Affektdesaster herauszufinden ist. Fehleranalyse, weil sich in der Regel zeigt, der feh- lerhaft Handelnde steht am Ende ei- ner Kette von fehlerbegünstigenden Weichenstellungen, die teils struktu- rell, teils individuell bedingt sind.

Medizinische Praxis ist mit einer ho- hen Risikobereitschaft und Fehler- freudigkeit verknüpft; und wenn noch von einer ärztlichen Kunst zu reden wäre, dann dürfte es die Kunst sein, trotz dieser, der ärztlichen Alltagspra- xis inhärenten Fehlerträchtigkeit den- noch Tag für Tag zu versuchen, zu heilen, zu lindern und zu trösten . . .

Dr. Michael Bentfeld,Heidhofsweg 14, 22589 Hamburg

PATENTE

Die Kritik lautet, dass durch Patente die lebensnotwendi- gen Medikamente unerschwinglich teuer seien oder gar nicht erst entwickelt würden (DÄ 22/2007: „Patente verhin- dern die Therapie“ von Heike Korzilius).

Vergleiche

Anhand des Beispiels eines Arznei- mittels gegen HIV, das in Thailand eingesetzt wird, argumentiert die Au- torin für eine weitere Beschränkung von Patentrechten auf Arzneimittel und gibt einem Boykottaufruf gegen Produkte der Firma Abbott eine wei- tere Öffentlichkeit. Die Priorität einer öffentlichen Aufgabe für die Regie- rung eines Landes spiegelt sich unter anderem im Anteil der Ausgaben am

Bruttoinlandsprodukt (BIP). Die Prio- rität der öffentlichen Gesundheit im Vergleich z. B. mit der des Militärs stellt sich damit wie folgt dar: In den USA werden mehr als 15 Prozent (Militär: 4,06 Prozent), in Deutsch- land mehr als zehn Prozent (Militär:

1,5 Prozent), in Brasilien 8,8 Prozent (Militär: 2,6 Prozent) und in Thailand 3,5 Prozent (Militär: 1,8 Prozent) des BIP für Gesundheit ausgegeben.

Thailand hat bei einer Bevölkerung von etwa 65 Millionen etwa 570 000 Einwohner, die mit HIV/Aids leben.

Die jährliche Sterblichkeit beträgt et- wa 58 000. Brasilien hat bei einer Be- völkerung von etwa 90 Millionen et- wa 660 000 Einwohner, die mit HIV/

Aids leben. Die jährliche Sterblich- keit beträgt etwa 15 000. Die USA ha- ben bei einer Bevölkerung von etwa 300 Millionen etwa 950 000 Einwoh- ner, die mit HIV/Aids leben. Die jährliche Sterblichkeit beträgt etwa 17 000. Deutschland hat bei einer Be- völkerung von etwa 82 Millionen et- wa 43 000 Einwohner, die mit HIV/

Aids leben. Die jährliche Sterblich- keit beträgt weniger als 1 000. Patente garantieren auf Zeit die Exklusivität geistigen Eigentums, das nach Ablauf der Exklusivität in das Eigentum der Allgemeinheit übergeht. In der tech- nischen Forschung wie in der Arznei- mittelforschung stehen hohen Risiken in Forschung und Entwicklung hohe Erträge im Erfolgsfall gegenüber. Fäl- schungen und Produktpiraterie unter- graben in beiden Fällen die Innovati- onskraft von Unternehmen . . . TRIPS gestattet die Abweichung von den verbindlichen Patentschutzbestim- mungen bei Gefahren für die öffentli- che Gesundheit eines Landes. Diese Bestimmung muss in Zusammenhang mit den Prioritäten der jeweiligen Landesregierung gesehen werden, auch im Zusammenhang mit den Aus- gaben für die Gesundheit der Bevöl- kerung. Die billige Nachahmung pa- tentgeschützter Arzneimittel ver- kommt andernfalls von der von TRIPS unterstützten Nothilfe zur Pro- duktpiraterie. Speziell Brasilien dul- det in seinem Arzneimittelmarkt seit Jahren teils gesundheitsgefährdende Fälschungen wie auch Generika zu patentgeschützten Arzneimitteln. In Thailand liegt ein wesentlicher Schlüssel zur Bekämpfung von HIV

in der Behandlung aller Infizierten, nicht nur von 20 Prozent von ihnen, auch mit bereits generisch verfügba- ren Arzneimitteln. Auch die noch im- mer hohe Kindersterblichkeit muss thematisiert werden . . .

Dr. Florian Abel,

Bahnhofstraße 4, 78351 Ludwigshafen

TELEKOMMUNIKATION

Ärzte, Anwälte und Journalisten protes- tieren gegen die Ausweitung von Überwachungsmaß- nahmen und warnen vor der Einschrän- kung des Rechtsstaats (DÄ 20/2007: „Te- lekommunikationsüberwachung: Unter staatlicher Beobachtung“ von Heike E.

Krüger-Brand).

Demokratie ade!

Deutschland. Demokratie. Aber Da- tenschutz gibt es nicht. Privatsphäre – was ist das? Heute oder gestern kommt/kam man drahtlos überall rein. Das weiß der Staat. Was tut er zum Schutz seiner Bürger? Nichts.

Dazu passt die „geplante Differenzie- rung beim Zeugnisverweigerungs- recht“. Geistliche, Strafverteidiger, Abgeordnete sollen durch ein absolu- tes Erhebungs- und Verwertungsver- bot geschützt werden. Nicht z. B.

Ärzte, Psychotherapeuten, Rechtsan- wälte. Stattdessen „sorgfältige Ver- hältnismäßigkeitsabwägung im Ein- zelfall in Ermittlungsmaßnahmen“.

Wie sorgfältig? Nach welchem Ver- hältnis abwägen? Einzelfall, gibt es den? . . . Wir leben in einer hoch technisierten Welt. Gibt es Grenzen?

Für den Einzelnen? Muss jeder jeder- zeit alles Technische bis ins Einzelne mitmachen? Die „alten Grenzen“

existieren nicht mehr, siehe Daten- schutz, Privatsphäre, elektronische Gesundheitskarte. Diese Grenzen sollten weiter gelten für Geistliche, Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Strafverteidiger, Abgeordnete, Journalisten. Wenn nicht, dann können wir alle ein- packen. Ade Demokratie sowieso!

Dr. med. Marlies Wriede,Garstedter Weg 53 c, 22453 Hamburg

Referenzen

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