DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
U
nter den Themen des 13.Interdisziplinären Fortbil- dungs-Forums der Bun- desärztekammer, das der Präsi- dent der Bundesärztekammer, Dr. Karsten Vilmar, am 18. Ja- nuar in Köln eröffnet hat, be- fand sich eines, das auf den er- sten Blick so spezialistisch er- scheint, daß es eigentlich für die breite ärztliche Fortbildung un- interessant sein könnte: die Transplantationsmedizin. In der vorangegangenen Pressekonfe- renz aber sagte der Forumsorga- nisator, Dr. Erwin Odenbach, anderes: Noch sind wir bei Spenderorganen ein „Import- land", und das nicht zuletzt des- wegen, weil in vielen Kranken- häusern in geeigneten Fällen an die Möglichkeit einer Explanta- tion gar nicht gedacht wird.
Dem, so Odenbach, könne dadurch mit abgeholfen werden, daß die Fortbildung den Kran- kenhausarzt mit der Transplan- tationsmedizin so weit bekannt macht, daß er ihre Möglich- keiten und Chancen sieht und deshalb eher die erforderlichen
Fortbildung
Wer soll
explantieren?
Maßnahmen einleitet, wobei an der Spitze meist das Einwilli- gungsgespräch mit den Angehö- rigen steht (falls nicht ein Spen- derausweis vorliegt). Daß in ei- nigen Krankenhäusern die Ärz- te den Träger von grundsätz- licher Ablehnung abbringen müssen, steht auf einem ande- ren Blatt: Wie Prof. Dr. Ecke- hard Renner (Köln) vor den Journalisten sagte, fürchten ei- nige um den „Ruf des Hauses" , wenn es als „Ausschlachtkli- nik" diffamiert würde.
Auf dem Interdisziplinären Forum wird auch viel diskutiert.
Daß dies auch kontrovers ge- schehen kann, zeigte sich in der Pressekonferenz zum selben Thema: Soll die Equipe eines
Kreiskrankenhauses auch selbst explantieren? Nein, sagte Prof.
Renner. Es gebe heute keine Engpässe mehr: jedes Trans- plantationszentrum sei in der Lage, auf einen Anruf hin sofort ein Explantationsteam zu schik- ken. Doch, sagte Prof. Dr. Ed- gar Ungeheuer, Präsident der Chirurgen-Gesellschaft (die für dieses Problem ein eigenes Gre- mium gebildet hat): Gerade in entlegeneren Krankenhäusern dauere es lange, bis jenes Team da sei; dann erst käme die ei- gentliche Operation — und so sei dann der möglicherweise einzige Operationssaal samt Personal sieben Stunden lang blockiert.
In Berlin gibt es aus geogra- phischen Gründen das Problem nicht. Und in manchen periphe- ren Krankenhäusern sind inzwi- schen Ärzte tätig, die in ihrer Weiterbildung schon an Ex- oder Transplantationen beteiligt waren und deshalb die erforder- lichen Kenntnisse besitzen (Un- geheuer). Vielleicht wird also in absehbarer Zeit das eine und das andere üblich sein. bt
W
ieviel sind zehn Pro- zent von ungefähr?Zugegeben: Die Frage klingt nach einem Treppenwitz.
Doch wenn es nach dem Bun- desarbeitsminister und seinem zu Jahresbeginn in Kraft getre- tenen Gesundheits-Reformge- setz geht, kann für die Kassen- ärzte aus dem vermeintlichen Witz schnell bitterer Ernst wer- den.
Der Sprengstoff steckt im Paragraphen 34 GRG: „Versi- cherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, haben zu den Kosten der Heilmittel eine Zu- zahlung von 10 vom Hundert an die abgebende Stelle zu leisten.
Dies gilt auch, wenn das Heil- mittel in der Praxis des Arz- tes . . . abgegeben wird."
Die Bestimmung an sich läßt noch nichts Schlimmes be- fürchten. Doch so, wie das Bon- ner Arbeitsministerium sie nun offenbar interpretiert, kommt eine Situation zustande, die für
Heilmittel
Zehn Prozent von ungefähr
alle Betroffenen geradezu gro- tesk ist. Nach der Auslegung des Bundesarbeitsministeriums wür- de quasi das komplette Kapitel E des neuen Einheitlichen Be- wertungsmaßstabes (Physika- lisch-medizinische Leistungen) als Abgabe von Heilmitteln ge- wertet und fiele damit unter die Zuzahlungspflicht.
Im Klartext: Der Arzt müß- te die Registrierkasse in der Pra- xis aufstellen und sich fortan als
„Hochrechnungs-Künstler" be- tätigen. Denn wieviel die einzel- ne Leistung wert ist, weiß zum Zeitpunkt der Erbringung we- der der Arzt noch die Kranken-
kasse. Beim derzeitigen Vergü- tungssystem stehen die Punkt- werte bekanntlich erst Monate später fest. Wieviel sind also zehn Prozent von ungefähr?
Doch das ist nur die prakti- sche (beziehungsweise unprakti- sche) Seite. Die andere betrifft Grundsätzliches: die eindeutige Unterscheidung zwischen ärzt- licher Behandlung und der Ab- gabe von Heilmitteln.
Für die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) ist die Sachlage völlig unstrittig.
Was der Arzt auf der Grund- lage der ärztlichen Gebühren- ordnungen abrechnet, ist ärzt- liche Behandlung ohne wenn und aber. Und eine Zuzahlungs- pflicht für ärztliche Leistungen lehnt die KBV generell ent- schieden ab. Um aber die aufge- tretenen Meinungsverschieden- heiten
auszuräumen, hat die
KBV dem Bundesarbeitsmini- ster ein klärendes Gespräch an- geboten. ma
Dt. Ärztebl. 86, Heft 4, 26. Januar 1989 (1) A-137