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Archiv "Firmenhilfen für die ärztliche Fortbildung" (11.09.1980)

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DEUTSCHE S

ÄRZTEBLATT Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Heft 37 vom 11. September 1980

Firmenhilfen

für die ärztliche Fortbildung

Otto Lippross*)

Eine differenzierte Betrachtung der

Firmenleistungen für die Fortbildung des Arztes zur Klärung

mancher mißverstandenen Debatte über

das Thema „Firmenhilfe"

Für die meisten Ärzte bedeutet be- rufliche Fortbildung nicht nur eine gesetzliche Verpflichtung, sie wird vielmehr im Regelfall als unabweis- bare Notwendigkeit permanent und freiwillig von ihnen geleistet.

Rasante Fortschritte der Wissen- schaft und der Technik und die sich überstürzenden Innovationen der pharmazeutischen Industrie mit oft vorzeitigen Publikationen der Gazet- ten führen zu immer neuen Fragen und Wünschen unserer auf diese Weise vorinformierten Patienten.

Das setzt uns über die eigenen Moti- vationen hinaus unter Druck und zwingt zur fortlaufenden Ergänzung unseres Wissens. Auch die Auffri- schung des einst Gelernten und die Vertiefung der gewonnenen Erfah- rungen machen bei der Erosion un- seres Wissensstandes durch das Ab- fließen der erworbenen Erkenntnis- se aus dem Gedächtnis Fortbildung und Wiederholung zu Dauerauf- gaben.

Um Lösungen dieser schwierigen Probleme haben sich Ärztekammern und verschiedene ärztliche Organi- sationen sowie Fachschriften, Buch- verlage, Filmmacher und andere Me- dientechniker, selbst berufsfremde, kommerzielle Unternehmer bemüht.

Mit dem größten Aufwand hat aber die pharmazeutische Industrie sich dieser Aufgabe zugewandt. Ihre Neuschöpfungen machen in der Tat intensive und aktuelle Informationen über das sich wandelnde Arzneian- gebot unerläßlich. Es ist daher für jedermann einsichtig, daß Firmen,

die neue Präparate auf den Markt bringen, ihre Gründe für die Einfüh- rung der neuen Mittel an den Mann bringen wollen. Ebenso leuchtet ein, daß der Wettbewerb der Firmen in der freien Marktwirtschaft zu kon- kurrierenden Informationen und Fortbildungsveranstaltungen ge- führt hat, z. B. bei verschiedenen Arzneiangeboten für dieselbe Krank- heit.

Seine erste Information über eine Neuentwicklung erhält der Arzt in der Praxis meistens durch den Phar- ma-Referenten der herstellenden Firma. Diese Pharma-Referenten ha- ben sich zu einem eigenen Berufs- stand entwickelt. Sie werden von ih- ren Firmen immer besser und effek- tiver ausgebildet. Manchmal kommt dabei freilich eine firmenspezifische Werbetechnik zum Ausdruck. Der in der Praxis beruflich leicht verein- samte Arzt kann sich bei diesem Pharmareferenten gut informieren.

Jede Frage ist erlaubt und wird — soweit als möglich —, bisweilen mit aufwendiger Bemühung prominen- ter Wissenschaftler, oft besser ge- klärt, als das auf anderem Wege überhaupt möglich wäre.

Fortbildungsfilme, Tonbänder, Vi- deokassetten und vor allem Druck- schriften mit nicht zu überbietender Abbildungsqualität, sogar Lehrbü- cher werden uns zum Verständnis und für die Begründung der Neuein- führungen zur Verfügung gestellt.

Rhetorisch-didaktisch hochqualifi-

*) Herrn Dr. W. Barkow, Iserlohn, zum 60. Ge- burtstag am 25. September 1980 gewidmet

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Aufsätze • Notizen

Firmenhilfen für ärztliche Fortbildung

zierte Wissenschaftler werden für Fortbildungsabende mobilisiert, die dem Informationsbedürfnis dieser Firmen entsprechen. Bei solchen In- formationsabenden ist naturgemäß ein unterschiedlicher Stil der veran- staltenden Firmen zu erkennen.

Handelsnamen der in Frage stehen- den Arzneien werden vielfach gar nicht mehr genannt, um die wissen- schaftliche Neutralität zu dokumen- tieren, und längst sind die einst so opulenten Einladungen zum Essen (sogar mit künstlerischen Einlagen!) durch eine dezente Bewirtung er- setzt worden. Als Zeichen der Neu- tralität werden den ärztlichen Veran- staltern, z. B. Vorsitzenden der Kreisvereine, von anderen Firmen lange Listen mit verschiedenen The- menvorschlägen und bekannten Re- ferenten angeboten, aus denen sie wählen können, was sie für ihren Kreis wünschen, und dürfen es für einen bestimmten Abend gewisser- maßen bestellen. Alles andere, wie Einladungen, Finanzierung usw. er- ledigen für den auf diese Weise ent- lasteten Veranstalter problemlos die Firmen oder deren wissenschaftli- che Werbeabteilungen.

Ganz neutral —

dennoch eine Imagepflege

Verschiedene Firmen stellen zwar manchmal gleiche, meistens aber ganz verschiedene Kapitel und eine andere Auswahl von Referenten mit solchen Vorschlagslisten für Fortbil- dungsabende zur Verfügung, kleine- re Firmen natürlich kürzere Pro- gramme oder nur ein Thema mit ei- nem bestimmten Referenten.

Schwierig wird es aber für die Anfor- derer, wenn sie einen anderen Refe- renten oder ein anderes Thema wün- schen, als auf den Listen steht, erst recht, wenn das zu einer kontrover- sen Auffassung führen würde. Dann ist es ähnlich wie bei der Akquisition von Annoncen für Fachzeitschriften oder bei der Finanzierung eines vom Veranstalter frei erstellten Program- mes. In solchen Fällen kommen — verständlicherweise und mit vollem Recht — die hinter der Fortbildung

stehenden Werbungsabsichten der Firmen zum Ausdruck und wird deutlich, daß es sich bei den von Firmen gesponserten Fortbildungs- abenden selbstverständlich nicht ausschließlich um reine Good-will- Aktionen handelt. Tatsächlich kom- men gelegentlich auch solche vor, und viele Firmen haben in großzügi- ger Weise ganz neutrale Fortbil- dungsveranstaltungen gesponsert, die unmittelbar keineswegs den Um- satz der Sponsoren steigern konn- ten. Natürlich war das mit einer Imagepflege verbunden, die durch- aus im Interesse der Firmen liegt.

Es ist begreiflich, daß bei den ge- schilderten Fortbildungsveranstal- tungen mit Firmenhilfe gelegentlich Auswüchse vorgekommen sind, die angeprangert und abgewiesen wer- den mußten, beispielsweise, wenn versucht wurde, die Ärzte durch ein- seitige Informationen bei den Ver- ordnungen zu manipulieren. Nicht immer und keineswegs von allen ärztlichen Veranstaltern ist das er- kannt und in seinen Konsequenzen bedacht worden.

Wie die Kritiker unseres Gesund- heitswesens und die Aufsichtsbe- hörde haben aber gerade die ge- wählten Vertreter unserer Berufsor- ganisationen oft darauf hingewiesen und immer wieder betont, daß bei aller Anerkennung der von den Fir- men organisierten Fortbildungsver- anstaltungen zur Erfüllung der ärzt- lichen Fortbildungspflicht man sich nicht auf solche zweckgebundenen Veranstaltungen beschränken kann und damit nicht begnügen darf.

Beanstandet wird dabei nicht nur die Einseitigkeit von Informationen mit vorgetäuschter Sicherheit, son- dern die Vernachlässigung echter Schwerpunktthemen im Fortbil- dungsprogramm. Wie in fast allen anderen Staaten wird auch bei uns eine systematische Fortbildung mit sorgfältig ausgearbeitetem Lehrpro- gramm (Curriculum) für unerläßlich gehalten.

Innerhalb der einzelnen Fachgebiete werden solche systematischen Lehr- gänge seit langem regelmäßig

durchgeführt (z. B. bei Augenärzten, Röntgenologen, Kinderärzten usw.).

Aber auch bei der Basisfortbildung — d. h. bei Fortbildung in den medizini- schen Grundlagen für Ärzte aller Be- rufsrichtungen — ist eine systemati- sche Planung erforderlich, wenn be- denkliche Wissenslücken und Fehl- einschätzungen durch einseitige In- formation vermieden werden sollen.

Darum ist beispielsweise der Deut- sche Senat für ärztliche Fortbildung bei der Bundesärztekammer be- müht, darum ging es auch bei der Einrichtung der Akademien in den einzelnen Landesärztekammern.

Man hat eingesehen, daß neben den zweifellos großartigen Fortbildungs- leistungen der Firmen eine unab- hängige, von unserer beruflichen Selbstverwaltung korrigierte, also quasi amtliche Fortbildungsmög- lichkeit angeboten werden muß.

Das bedeutet keineswegs eine Absa- ge an die Firmen bei Durchführung der Fortbildungsaufgabe oder den Versuch, die von den Firmen ge- sponserten Fortbildungsvorträge in den Ärztevereinen zu mißkreditie- ren. Es geht vielmehr darum, sie zu ergänzen, zur Vermeidung des Vor- wurfs der Einseitigkeit und der Gän- gelung bei einer unserer wichtigsten Berufspflichten. Eine finanzielle Un- terstützung der von ärztlichen Ver- anstaltern programmierten unab- hängig und frei durchgeführten Lehrgänge zur ärztlichen Fortbil- dung durch die pharmazeutische In- dustrie werden wir stets dankbar ak- zeptieren.

Es gibt viele bemerkenswerte Bei- spiele für solche Hilfen, wie in der Bereitstellung von Übungsmöglich- keiten zur Erlernung oder Ausfüh- rung bestimmter Tätigkeiten, wie bei Laborkursen, mikroskopischen Übungen, bei Betriebsbegehungen und anderen Demonstrationen. Be- sonders geschätzt sind die vielen Symposien, welche pharmazeuti- sche Firmen durchführen und die meistens eine international-wissen- schaftliche Bedeutung haben. Ne- ben den selbstverständlich kommer- ziellen Zielen der einladenen Firmen

2178 Heft 37 vom 11. September 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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THEMEN DER ZEIT

Das Krankenhaus — ein Industriebetrieb?

Jan Blumenstock

Aufgrund der Kostensteigerungen in den Krankenhäusern und der Diskussionen um die Notwendigkeit der Ausgabendämpfung werden zunehmend Stimmen laut, die eine Rationalisierung der Krankenhäu- ser nach betriebswissenschaftlichen Kriterien fordern. Dabei entsteht die Gefahr, daß durch die Gleichsetzung der Krankenhäuser mit Groß- unternehmen im üblichen Sinne der humanitäre Auftrag der Kranken- häuser außer acht gelassen wird. Am Beispiel des „Personalbedarfs- berechnungsverfahrens" (PBBV) werden Tendenzen zur Verwissen- schaftlichung des Krankenhauses nach den Methoden der industriel- len Arbeitswelt beschrieben und kritisiert, jetzt schon praktizierte Rationalisierungsmaßnahmen werden dargestellt. Die Ursachen der Kostensteigerungen und die jetzige Situation an den Krankenhäusern werden kurz analysiert.

1,2 Prozent seiner Arbeitszeit hat ein Arzt auf einer chirurgischen Abtei- lung für Gespräche mit Patienten und 0,4 Prozent für Gespräche mit den Angehörigen zur Verfügung.

Das sind vier Minuten für alle Patien- ten seiner Station insgesamt und ei- ne Minute für alle Angehörigen. Fünf Minuten Zeit hat eine Kranken- schwester in der Frühschicht, fünf bis zehn Minuten in der Spätschicht für persönliche Gespräche mit dem Kranken. Das sind die Ergebnisse des Personalbedarfsberechnungs- verfahrens (PBBV), das letztes Jahr im Städtischen Krankenhaus Moabit in Berlin durchgeführt wurde.

Was ist das PBBV?

Das PBBV ist ein sieben Millionen (!) DM teures Forschungsvorhaben, das im Auftrag des Ausschusses für Fragen der wirtschaftlichen Siche- rung der Krankenhäuser mit den Geldern des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung in sechs Bundesländern durchgeführt wird, und zwar in Berlin, Bremen, Baden-Württemberg, Nordrhein- Westfalen, Rheinland-Pfalz und

Schleswig-Holstein. Dabei werden wie bei Refa- und MTM-Verfahren in der Industrie die einzelnen Tätigkei- ten der Beschäftigten im Kranken- haus mit der Stoppuhr in der Hand gemessen, um damit „den Personal- bedarf in Einklang mit den wirt- schaftlichen Möglichkeiten zu brin- gen".

Also man beachte, mit den wirt- schaftlichen Möglichkeiten und nicht mit den Bedürfnissen der Pa- tienten und des Personals. Das stati- stische Material wird an insgesamt sechs Krankenhäusern in jedem Land erhoben, die zu drei unter- schiedlichen Versorgungsstufen ge- hören. In die Untersuchungen einbe- zogen werden die Abteilungen: In- nere Medizin, Allgemeine Chirurgie, Gynäkologie und Geburtshilfe, Röntgen- und Strahlenheilkunde, Labor und Anästhesie.

Im September 1978 teilte das Bundes- ministerium für Arbeit und Sozial- ordnung mit, daß nun doch beab- sichtigt sei, ein Sonderforschungs- vorhaben für den Personalbedarf in den psychiatrischen Krankenhäu- sern zu vergeben.

Aufsätze • Notizen Firmenhilfen

geht es dabei offensichtlich in erster Linie um die Wahrheitsfindung, wie auch bei einem von Firmenseite ver- anstalteten Symposium zur Verbes- serung der Fortbildungstechnik durch neue Medien und zur Ent- wicklung einer effektiven Fortbil- dungsdidaktik.

Während diese Symposien meistens an neutraler Stelle durchgeführt werden, haben andere Firmen Räu- me, Lehrmaterial, Bewirtung und ih- re betriebliche Organisation zur Ver- fügung gestellt und eingeladen zu tatsächlich unabhängigen Fortbil- dungskursen, unter Berücksichti- gung der von den Körperschaften herausgestellten Schwerpunktthe- men und bei freier Gestaltung durch einen wissenschaftlichen Organi- sator.

Es kann kein Zweifel bestehen, daß die Bescheinigung der Teilnahme an solchen Veranstaltungen jeden Kriti- ker davon überzeugen muß, daß hier anerkennungswerte Fortbildung ge- boten und geleistet wird. Wenn die Ergebnisse solcher oft mit lebhaften Diskussionen verbundenen Veran- staltungen dann noch in Buchform für die Teilnehmer zum Nachschla- gen bei entsprechenden Fällen in der Praxis zur Verfügung gestellt werden, kann man nur respektvoll danken, wie für so viele Druckschrif- ten, Übersichten, Tabellen, Atlanten, Diasammlungen oder gar ein ganzes Lexikon der modernen Naturwissen- schaft, wie es in mancher Praxis griffbereit steht.

Diese differenzierte Betrachtung der Firmenleistungen für die ärztliche Fortbildung auch einmal schriftlich zum Ausdruck zu bringen war dem Verfasser nach so mancher mißver- standenen Debatte über das Thema

„Firmenhilfen und ärztliche Fortbil- dung" aus gegebener Veranlassung ein aufrichtiges Bedürfnis.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Otto Lippross Vorsitzender des deutschen Senats für ärztliche Fortbildung Hohenzollernstraße 35

4600 Dortmund

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 37 vom 11. September 1980 2179

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