Die Information:
Bericht und Meinung NACHRICHTEN
Nur durch Motivierung der gesam- ten Bevölkerung aus den eigenen Bedürfnissen heraus und unter Ausschöpfung der landeseigenen Kräfte kann nachhaltige und konti- nuierliche Entwicklungshilfe im Be- reich des Gesundheitswesens in Gang gesetzt werden.
Der Entwicklungshelfer-Arzt soll dementsprechend nicht mehr allein als Vermittler medizinischer Lei- stungen isoliert an Krankenhäu- sern tätig sein, sondern integriert als Erzieher, Ausbilder, Organisa- tor, Koordinator und Überwacher die Leitung eines Gesundheits- teams übernehmen. Die Mehrzahl der Teilnehmer der Medicus-Mun- di-Versammlung, die langjährige Erfahrung im Bereich der Entwick- lungshilfe nachweisen konnte, war der Überzeugung, daß nur auf die- se Weise qualifizierte Hilfe gelei- stet werden könne.
Die Tatsache, daß die Gesund- heitsminister aus Panama, Dahomä und Tansania sowie viele hohe Re- gierungsvertreter aus anderen Ent- wicklungsländern an diesen Bera- tungen so aktiv teilnahmen, be- weist, welche Bedeutung sie der Arbeit von „Medicus Mundi" bei-
messen. hpb
KBV/Rechenzentrum:
Neue Anschrift
Der Neubau für das Rechenzen- trum der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung in Köln-Lövenich ist termingerecht fertiggestellt wor- den. Nach dem Umzug am 10. Juli 1975 erhalten der Bereich „Infor- matik/EDV" der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, die Beratungs- stelle „EDV in der Arztpraxis" so- wie die Forschungsgruppe DOMI- NIG III des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland fol- gende Anschrift:
5023 Köln-Lövenich Ottostraße 1
Telefon: (0 22 34) 7 60 56-59 DÄ
Fortbildung für Ärzte
im Strafvollzug
Die erste Fortbildungstagung, die die Bundesärztekammer für eine spezielle ärztliche Berufsgruppe ausrichtete, galt den Ärzten im Strafvollzugsdienst, einer Fach- gruppe, die zwar derzeit aus aktu- ellem Anlaß häufiger in der öffent- lichen Diskussion steht, deren Pro- bleme aber weithin unbekannt sind. Etwa 50 „Gefängnisärzte", zu- meist hauptberuflich tätige, trafen sich am 20. und 21. Juni 1975 im Münchener Ärztehaus.
Bei dieser Zahl ist zu berücksich- tigen, daß es derzeit lediglich 90 (sic!) hauptberufliche Ärzte im Strafvollzug gibt; darüber hinaus ist eine nicht genau erfaßbare An- zahl von Ärzten nebenberuflich tätig.
Der Fortbildungskongreß — veran- staltet in Verbindung mit der „Bun- desarbeitsgemeinschaft der Ärzte und Psychologen in der Straffälli- genhilfe e. V." — befaßte sich mit den Themen Suizidprophylaxe, Ursache und Behandlung von Haft- reaktion, Behandlung erregter und schwieriger Anstaltsinsassen, Ver- sorgung von Nahrungsmittelverwei- gerern (gemeinhin als „Zwangser- nährung" bekannt) sowie mit Orga- nisationsfragen des vollzugsärztli- chen Dienstes.
Der erste Kongreßtag war weithin von Diskussionen um das Suizid- problem bestimmt, angeregt und auch provoziert durch ein enga- giertes Referat des Wiener „Pap- stes" auf diesem Gebiet, Prof. Dr.
E. Ringel.
Ringels Kernthesen, jeder Selbst- mörder beziehungsweise Selbst- mordkandidat sei letztlich psychisch krank, sie seien daher entspre- chend zu behandeln; Selbstmord- gefährdung sei im Grunde rechtzei- tig zu erkennen, begegneten Zu- stimmung und Widerspruch, wobei letzteres sich entzündete vor allem an (vielleicht teils mißverstande-
nen) Vorwürfen gegen die Vollzugs- praxis. Im übrigen konzentrierte sich die Diskussion dann aber auf Feststellungen der Art, daß es ein Selbstmordproblem rein vom Quantitativen in bundesdeutschen Haftanstalten nicht gebe. Dennoch war man sich klar darüber, daß endgültige Aussagen über die quantitative Seite erst gemacht werden könnten, wenn eine ver- feinerte Statistik dazu vorliege.
Erwartungsgemäß begegnete das Hauptthema des zweiten Kongreß- tages, die sogenannte Zwangser- nährung, dem größten öffentlichen Interesse. In Referaten und Diskus- sionen wurde über Erfahrungen in den Haftanstalten gesprochen, vor allem Verhältnisse in Berlin (Refe- rent: Dr. R. Meitzno) und Hamburg (Dr. Friedland) kamen in den Refe- raten zum Ausdruck. Ergänzt wur- den diese Berichte durch Erfahrun- gen bei der Versorgung von Nah- rungsverweigerern in Großbritanni- en, vorgetragen von Dr. John Hap- pel von der British Medical Asso- ciation. Zur Sprache kamen vor al- lem auch Rechtsfragen (Referent:
Dr. jur. R. Hess) im Zusammenhang mit der Zwangsernährung, ein auch im Hinblick auf parlamentari- sche Beratungen recht aktuelles Thema.
Der Präsident der Bundesärzte- kammer, Prof. Dr. med. Hans Joa- chim Sewering, faßte die Auffas- sungen der Bundesärztekammer, in Grundzügen in einer Entschließung des Präsidiums des Deutschen Ärztetages (DEUTSCHES ÄRZTE- BLATT, Heft 51/1974) aus aktuellem Anlaß veröffentlicht, zusammen. Er verwies u. a. darauf, daß zwischen Häftlingen und anderen Bürgern prinzipiell kein Unterschied ge- macht werden dürfe. Auch Häftlin- gen müsse — eine freie Willensent- scheidung vorausgesetzt — das Recht zugestanden werden, ihr Einverständnis zu einem ärztlichen Eingriff zu verweigern.
Sewering setzte sich dafür ein, daß der Gesetzgeber die Problematik eindeutig klärt, um die Arbeit der Ärzte im Strafvollzug auf sichere Rechtsgrundlage zu stellen. NJ
2096 Heft 29 vom 17. Juli 1975