Kulturwissenschaftliches Institut
Institut Arbeit und Technik
Altersübergang im Wandel – Schlüssel zur höheren Altersbeschäftigung liegt bei den Frauen
Präsentation zum 8. Runden Tisch Frauen und Arbeit
Essen, 9.11.2005
PD Dr. Matthias Knuth
EU-15: Erwerbstätigenquoten der 25-44-
Jährigen und der 55-65-Jährigen, „Alterslücke der Beschäftigung“
*)68 67 66
60 58
52 51
47 45
42
39 39
34 33
19
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90
B A L I F D NL EL E FIN IRL P UK DK S
Beschäftigtenquoten (Prozent)
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90
Alterslücken (Prozent)
25-44 Jahre 55-65 Jahre Alterslücke
Quelle: Europäische Arbeitskräftestichprobe; nach Bosch/Schief 2005
*) Differenz der Erwerbstätigenquoten in Prozent der Erwerbstätigenquote 25-44
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Frührenten zurückgedrängt?
Zugänge von 50 bis 69- Jährigen in Versichertenrenten nach Rentenarten in Deutschland
0 200.000 400.000 600.000 800.000 1.000.000 1.200.000
1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003
Regelaltersrente (ab 65) Altersrente für langjährig Versicherte (ab 63)
Altersrente für Frauen (ab 60)
Altersrente nach
Altersteilzeitarbeit (ab 60) Altersrente wegen
Arbeitslosigkeit (ab 60) Altersrente für
Schwerbehinderte (ab 60) Erwerbsminderungsrente (ab 50 Jahre berücksichtigt)
Quelle: Verband deutscher Rentenversicherungsträger; Auswertung: Projekt
„Altersübergangsmonitor“ des IAT, gefördert von der Hans-Böckler-Stiftung
Altersbaum 2001
1931 65
1932 64
1934 62
1936 60
1945 1944
1943 1942
1941 1940
1939 1938
58
1933 1935 1937
1996 1998 2000 2002
63 61 59
2003 2001
1999 1997
• Rückgang der Rentenzugänge ab 2001 bedingt durch
• schwächere Jahrgänge ab 1942
• Verschiebung von Rentenzugängen auf Folgejahre
• deshalb wieder mehr Rentenzugänge 2003
• vor allem durch mehr Regelaltersrenten
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Frauen und Männer unterscheiden sich
hinsichtlich der genutzten Rentenarten
Rentenabschlagsregelungen führen zur
Verschiebung der Renteneintritte ab 50 um durchschnittlich ein Jahr (1996-2003)
Anteil der Zugänge in Versichertenrenten an der Bevölkerung nach Alter in Deutschland
0%
10%
20%
30%
40%
50%
1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003
50-59 Jahre 60 Jahre 61 Jahre 62 Jahre 63 Jahre 64 Jahre 65 Jahre
Quelle: Verband deutscher Rentenversicherungsträger; Auswertung: Projekt
„Altersübergangsmonitor“ des IAT, gefördert von der Hans-Böckler-Stiftung
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Frauen und Männer unterscheiden sich auch beim Rentenzugangsalter
• Allgemein beginnen mehr Frauen als Männer den Rentenbezug mit 60, aber auch mit 65.
• Insbesondere die Frauen haben in Reaktion auf Abschlagsregelungen Renteneintritte von 60 auf 61, zuletzt auch 62 verlagert.
• Sie taten das später als die Männer, weil die Abschläge auf Frauenaltersrente später griffen als auf Rente wegen Arbeitslosigkeit.
Zeitliche Wirksamkeit der
Rentenabschläge bei vorzeitigem
Renteneintritt nach Rentenart und Alter
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„Später in Rente“ heißt
nicht unbedingt „länger gearbeitet“
• Maximal 40% der Rentenzugänge erfolgen unmittelbar aus sv Beschäftigung.
• Erst durch Altersteilzeitarbeit haben die Männer die Frauen in dieser Hinsicht überflügelt – vorher erfolgten die Zugänge der Männer mehrheitlich aus Arbeitslosigkeit bzw.
erleichtertem Leistungsbezug.
• Der Zugang der Frauen erfolgt erheblich häufiger und in steigendem Maße aus Nicht- (sv- pflichtiger) Erwerbstätigkeit bzw. aus „Anrechnungszeit“ = Arbeitslosigkeit ohne
Leistungsanspruch.
Altersarbeitslosigkeit und erleichterter Leistungsbezug
0 200 400 600 800 1.000 1.200 1.400 1.600
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
erleichterter
Leistungsbezug Arbeitslose 58- unter 65
Arbeitslose 50- unter 58
• Altersarbeitslosigkeit mit abnehmender Konjunktur wieder steigend, trotz Entlastung durch schwache Jahrgänge.
• seit 2001 zunehmende Umdefinition in „erleichterten Leistungsbezug“ (hauptsächlich neue Bundesländer)
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Quellen: Mikrozensus, eigene Berechnungen (gewichtet) © IAT, 2005 Erwerbsstatus von Älteren zwischen 50 und 65 Jahren (1996)
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65
vollendete Lebensalter in Jahren
kumulierte Anteile
ausschließlich Erwerbstätige ausschließlich Nichterwerbstätige Sozialhilfebezieher
Rentenbezieher arbeitslos Registrierte
1996
Quellen: Mikrozensus, eigene Berechnungen (gewichtet) © IAT, 2005 Erwerbsstatus von Älteren zwischen 50 und 65 Jahren (2003)
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65
vollendete Lebensalter in Jahren
kumulierte Anteile
ausschließlich Erwerbstätige ausschließlich Nichterwerbstätige Sozialhilfebezieher
Rentenbezieher arbeitslos Registrierte
2003
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Erwerbstätigenquoten Älterer nach Altersgruppen, 1996-2001
72,0% 72,1% 71,8% 73,3% 74,4% 74,5%
52,9% 53,6% 54,1% 55,6% 56,7% 57,9%
18,1% 19,0% 19,2% 19,7% 20,3% 21,5%
4,9% 5,2% 5,3% 5,4% 5,3% 5,7%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
1996 1997 1998 1999 2000 2001
50 bis 54 Jahre 55 bis 59 Jahre 60 bis 64 Jahre 65 bis 69 Jahre
Quelle: Mikrozensus; Auswertung: Projekt „Erwerbstätigkeit 50 Plus“ des IAT, Auftrag des BMFSFJ
nach Alterskategorien
Frauen
Männer
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Entwicklungen des Erwerbsstatus im Übergangsalter
• Der Anteil der Rentenbezieher nimmt in der Altersgruppe 60- 64 ab, vor allem bei den Männern.
• Bei den Frauen nimmt die Nichterwerbstätigkeit in allen drei Altersgruppen ab.
• Erwerbstätigkeit nimmt in allen Alterskategorien zu, mit Ausnahme der Männer 50-55.
• Bei den Frauen ist diese Erwerbstätigkeit zu einem
beträchtlichen Anteil „geringfügige Beschäftigung“. (Mini-Job- Regelung dürfte das seit 2003 verstärkt haben.)
• In dieser Gruppe und bei den Männern über 60 nimmt die Arbeitslosigkeit zu; in der letzten Altersgruppe trifft das auch für Frauen zu. Wegen der Abschläge wartet man eher als früher in Arbeitslosigkeit auf die Rente.
Entscheidend für die Erwerbstätigkeit im
Alter ist die Qualifikation
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Erwerbstätigenquoten Älterer nach Einzelalter und Berufsabschluss, Bundesrepublik
Deutschland 2001
Quelle: Mikrozensus; Auswertung: Projekt „Erwerbstätigkeit 50 Plus“ des IAT, Auftrag des BMFSFJ
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
15-24
25-49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64
65-69
70+ ohne Berufsabschluss Lehrausbildung
Meister, Techniker Hochschulabschluss
Wollen die Deutschen länger arbeiten?
Geplantes Ausstiegsalter von Erwerbstätigen bis 40
50,3%
35,0%
12,7%
13,6%
18,7%
19,9%
18,3%
31,6%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
1996 2002
weiß noch nicht
mit 65 J. oder später
mit 61- 64 Jahren
mit 60 J. oder früher
Quelle: Alterssurvey 1996 und 2002 (Engstler 2004)
• Die harte
„Vorruhestandsorientierung“
scheint gebrochen.
• An ihre Stelle ist Unsicherheit getreten.
• Eine stabile Orientierung auf ein neues
Lebensarbeitszeitmuster ist (noch?) nicht festzustellen.
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Berufliche Weiterbildung und Alter:
Mikrozensus (2000)
• 50-64-jährige Erwerbstätige haben bei Kontrolle für
• Geschlecht, Nationalität
• Schul- und Berufsabschluss, berufl. Stellung
• Wirtschaftszweig, Betriebsgröße, Vollzeit/Teilzeit
• eine um 38% geringere
Weiterbildungsbeteiligungswahrscheinlich-keit als 35-49-jährige Erwerbstätige.
• Dieser Unterschied ist statistisch signifikant.
Beschäftigungsfähigkeit Älterer im Urteil der Betriebe
7 6
16 13 7 3
5 17
53 8
26
75 64
71 75 82 73
79
44 73
70 66
18 30
13 12
11 32
22 4
3 19
4 30
65
4
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Kreativität Körperliche Belastbarkeit Theoretisches Wissen Psychische Belastbarkeit Teamfähigkeit Lernfähigkeit Lernbereitschaft Loyalität Erfahrungswissen Flexibilität Qualitätsbewusstsein Arbeitsmoral, - disziplin
eher bei Älteren kein Unterschied eher bei
Jüngeren
Quelle: IAB-Betriebspanel 2002; Auswertung: Projekt „Altersübergangsmonitor“ des IAT, gefördert von der Hans-Böckler-Stiftung
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Vorsprung für Ältere?
• Nennungen der Betriebe von leistungsrelevanten Eigenschaften, die sie „eher bei Älteren“ sehen, summieren sich zu 191 Prozentpunkten
(gegenüber 172 für Jüngere).
• Liste geordnet nach Wichtigkeit der Eigenschaft für die Arbeit im jeweiligen Betrieb.
• Aber: werden Arbeitsmoral, Loyalität,
Qualitätsbewusstsein, Erfahrungswissen,
theoretisches Wissen heute wirklich ebenso hoch geschätzt wie Lernfähigkeit, Lernbereitschaft,
Teamfähigkeit, Flexibilität und Kreativität?
Bereitschaft der Betriebe zur Neueinstellung Älterer
15% der Betriebe würden grundsätzlich keinen 50+
einstellen
54% würden dies ohne Bedingungen tun
31% knüpfen an eine Einstellung von älteren
Bewerbern Bedingungen (z. B. Eingliederungszuschüsse) Die Relationen bleiben erhalten, wenn man nur
Betriebe ab 20 Mitarbeiter betrachtet:
10%, 53%, 36%.
• Nur eine knappe Mehrheit äußert sich diskriminierungsfrei.
• Ein Teil davon stellt niemanden ein, ein weiterer Teil wird sich im Einstellungsfall mit vielen guten Gründen anders verhalten als geäußert.
Einstellungschancen Älterer faktisch gering.
Quelle: IAB-Betriebspanel 2002; Auswertung: Projekt „Altersübergangsmonitor“ des IAT, gefördert von der Hans-Böckler-Stiftung
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Ausblick
• Veränderungen langsam, aber in die richtige Richtung.
Tendenz zum späteren Renteneintritt könnte durch „Hartz IV“
gebremst oder umgekehrt werden.
• „Rente mit 67“ für einen Teil der Bevölkerung durchaus möglich und zumutbar.
Problem: Zunehmende Differenzierung von Gesundheit, Beschäftigungschancen und Lebenslagen im Alter
• Schlüssel für höhere Erwerbsbeteiligung im Alter liegt bei den Frauen.
• Arbeitsmarktbedingte Risiken bei den Männern, die derzeit 50-55 sind.
• Bildung und Weiterbildung entscheidend: Die Zukunft der Altersarbeit wird in der Kita entschieden.
• Betriebe gegenüber Älteren weiterhin indifferent bis
ambivalent. Sie werden erst bei Arbeitskräfteknappheit ab 2015 umdenken.
• Ohne vermehrte Einstellungen Älterer keine grundlegende Besserung.