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Notizen und Correspondenzen.
Iranisch-armenische Namen auf karta, hert, gird.
Von H. Hflbsehmami.
Sachau hat Zeitschrift XXVIII, p. 448 die Vermuthung
ausgesprochen, dass der moderne Name Baikand auf zend vai-
kereta zurückgehe und Vogelstadt bedeute. Nun heisst aber
Vogel im Avesta vaya, nicht va^ und, beiläufig gesagt, auch nicht
vi, wie Sachau meint, da viSkarsipta, Vd. 2, 139, nach Haug's
gewiss richtiger Auifassung der Eigenname eines Mannes, nicht aber
„der Vogel Karsipta" ist. Vaya aber mit kereta componirt müsste
zu vayokereta werden, wie vaya-\-bereta zu vayöbereta = von
den Vögeln getragen geworden ist. Ferner bedentet kereta im
Avesta nur gemacht, wie Jeder aus Justi's Lexieon ersehen kann,
wo er p. 84 auch die Composita .mit kereta als zweitem Gliede
zusammengestellt findet. Drittens geht iranisch karta nicht in kant
über, da r im Iranischen nie zu n wird. Die Pehleviformen mit n
für r muss ja jeder Besonnene ins Keich der Phantasie verweisen.
Vielmehr geht das karta der Composita, wie wir unten zeigen
werden, im Modemiranischen in gird, arabisirt jird über. Viertens
sind die Namen mit kand gar nicht iranisch. Wir finden sie jen¬
seits des Oxus im Lande der Türken, und Namen wie Taäkand,
Chokand, Üzkand, Yarkand, Samarkand etc. sind gewiss ebenso
wenig iranisch wie der Name Baikand. Mithin ist Baikand weder
= z. vaekereta, noch heisst dieses Vogelstadt
Anch Sachau's Identificirung von Xnehta mit XagMae
Zeitschrift XXVII, p. 147 leuchtet uns nicht ein: dass r im Ira¬
nischen zu n und n zu r werden könnte, geben wir durchaus
nicht zu.
1) Vielleicht steht vaekereta doch nur für vikereta, mit einer Steigerung des Vocales der Partikel wie in haosravanha, ditiSsravanh. — Jenes kand ist übrigens alt, wenn Samarkand, wie wahrscheinlich, mit MnqnaavSa (Arr.) identiscb ist.
Notizen und Correspondeneen. 139
■W'ir wollen nun nachweisen, dass — nicht das erwähnte kand
. wohl aber das moderne gird, jird armenisch-iranischer Städte¬
namen auf ursp. karta zurück geht, und zwar auf dasselbe karta,
das im Zend kereta lautet und die Bedeutung von „gemacht",
nicht die von „Stadt" hat.
Von Städtenamen auf karta führt Sachau, Ztschr. XXVII, p. 148
drei aus griechischen Schriftstellern an: ZaSqaxaQxa, Tiiygavoxegra,
KaQxad-ioxegra; mehr liefern uns die armenischen Schriftsteller,
denen wir die folgenden entnehmen: Adamakert, Bakurakert, Oag-
hakert, Manazkert oder Manavazakert, Samiramakert, VaXarsakert,
Tigranakert, Ervandakert. Man wird geneigt sein, das kert
dieser Namen durch „Stadt" zu übersetzen, also Gagkakert =
Gagikstadt, Samiramakert == Semiramisstadt, Tigranakert = Tigra-
nesstadt etc. So ist kert, wie Injiji, Storagruthiun hin Hay.
p. 74 angiebt, schon von Stephanus von Byzanz(?) und
Hesych. gedeutet worden, nur dass der erstere das Wort
ftir parthiscb, der letztere für armenisch erklärt. Auch Injiji
(a. a. 0.) glaubt, dass es armenisch sei, legt ihm aber die Be¬
deutung von arm. kerteal, sineal = gebaut bei. So übersetzt auch
Caxcax in seinem armen.-ital. Lexieon unser kert durch „fabbricato"
nnd führt als Beispiel an: phaitakert fatto di legno, und Tigrana-
Jeert = fabbricato da Tigrane. Nun heisst phaitakert allerdings
nur „von Holz gemacht" und kert kann in diesem Worte nichts als
„gemacht" bedeuten. Dasselbe ist aber auch der Fall in dem Namen
Xosrovakert = von Xosrov gemacht. Denn es ist dies der Name
des vom armenischen Könige Xosrov angelegten Waldes (Phaustos
Buzandatsi, ed. Venez. p. 18); vgl. noch dzerakert = dastakert
Feste, Stadt, eigentlich „mit Händen gemacht". Somit ist Gagkakert
= von Gagik gemacht, Samiramakert = von Semiramis gemacht,
Tigranakert — von Tigranes gemacht.
Sehen wir uns nun nach Verwandten von kert um, so bietet
nns das Lexieon nnr Ableitungen dieses kert selbst, wie kert-el
erbauen, kertok Schöpfer etc. Es wird aber keinem Zweifel
unterliegen können, dass kert = gemacht auf die arische Wurzel
kar oder kart zurückgeht. Da nun letztere im Armenischen in
ktr-el schneiden , kir-ots Messer etc. (mit der im Arm. sehr be¬
liebten Umstellung von r) vorliegt, so werden wir k&rt mit Ykar
zusammenstellen müssen, kert müsste das Particip von kar und
als solches = altpers. karta, z. kereta sein. Aber eben dieses
kar ist sonst im Armenischen gar nicht gebräuchlich, da statt
seiner ar (at-nel, ar-ar-i) gebraucht wird, und von dem Partici-
pialsuffix ta findet sich vollends keine Spur. Mithin kann kert nur
ans dem Iranischen entlehnt sein. Ist doch das ganze Compositum
dastakert, wie aus desta altp. = Hand (arm. dzer-, dzern) zu
1) Ki^ra, nolit, vno 'A(>ftT]vitov.
140 Notixen und Coy<'es,iond.enten.
ersehen iat, aus dem Persischen entlehnt. Durch Vertauschung von
pers. dasta mit arm. dzer- ist das armenopersische dzerakert ent¬
standen, aber erst dzeragorts ist das rein armenische Compositum.
Von persischen Namen mit kart ist der bekannteste der des
Sassaiiiden Jezdegerd. Die ursprüngliche Namensform muss yazata-
karta — von den Jazatas gemacht, gewesen sein. Zur Sassa¬
nidenzeit lautete der Name yazdakerti, arm. yazkert, worans später
mit Erweichung des k: ößc>yi, arabisirt öy>^ß wurde. Im Mino¬
kbired (West, the book of the Mainyo-i-khard p. Ill) finden wir
als Ortsname: jamkard = von Jima gemacht, der Vara (District)
des Jima. Wie aber karfM in Jazdagird zu gird geworden ist,
so liegt es auch in "ielen Städtenamen nun als gird vor, z. B. in
Ojji'L:*^, o^^^, LijiL^Lyw, o^ljb, ^ßSiS'j),
Justi, der diese Namen, Beiträge zur alten Geographie Persiens, I, p. 14, verzeichnet, leitet freilich dies gird von altp, vardanam
Stadt*) her. Aber v geht doch nur im Anlaut in g über, bleibt
aber im Inlaut v, wie es ja auch der Fall ist in den von Justi
angeführten Städtenamen auf wie ^^^^^ müsste denn
annehmen, dass ans vardana das selbständige gird Stadt geworden
nnd dies fertige gird mit den Eigennamen zusammengesetzt worden
wäre. Dann müssten übrigens die Namen alle aus der späteren
Sassanidenzeit herrühren, da die frühere den Uebergang von v zu
g noch nicht kennt. Nun wird aber auf Sassanidenmünzen Däräb¬
gird noch mit k geschrieben, vgl. Zeitschrift VIII, Tafel IV, N. 6,
nnd so der strikte Bev^eis geliefert, dass gird nicht aus vardana
sondern ans karta entstanden ist. Däräbgird heisst: von Däräb
gemacht, Werk des Däräb.
Für Baläägird ist, wie Nöldeke, Zeitsch. XXVIII, p. 95
nachweist, als ältere Form Valäsgird anzusetzen, aber die älteste
Form des Namens überliefert Plinius als Vologesocerta, Beweis
genug , dass gird überhaupt ans kert = karta hervorgegangen ist.
Armenisch lautet Valäs bekanntlich VakarS, und Vologesocerta
würde ins Armenische übersetzt zu VaXarSakert werden müssen.
Und dies ist in der That der Name einer armenischen Stadt, den
1) yazata ist nicht eigentlich persisch, sondem der Sprache der heiligen Biieher , dem Avesta entnommen , da für z. yaz im Altpersischen yad steht, wie altp. dyadana = assyr. hiU sa ili Göttertempel, yadä Verehrung (Gottes und des Königs), äiriyädiya auf die Feuerverehrung bezüglich, bägayddi auf die Götterverehrung bezüglich (zwei Monatsnamen) beweisen, (cf. aucli Jiura- mazddm yadäta, Spiegel, Keilinschr. p. 40). Mithin ist auch arm. yaa-el nicht aus dem Altpers. entlehnt, sondem ist aus dem Avesta durch priesterlichen Einfluss nacb Armenien gekommen.
2) Die Zusammenstellung von vardana mit arm. berd Burg ist ganz fklsch.
Notizen und Correspondenxen. 141
armenische Historilcer überliefert haben, vgl. Injiji, Storagruthiun
hin Hay. p. 405. Vologesocerta heisst also: von Vologeses ge¬
macht, Werk des Vologeses
Wie aber ValarSaJcert persisch ist, so wird anch der Name
der Stadt VakarSapat persisch sein. Denn arm. apat ist die ältere
Form des nenpers. oLt, von gleicher Bedentung wie dieses, und
gewiss aus dem Persischen entlehnt. Ein Theil der iranischen
Namen mag unter den Arsaciden, die selbst persische Namen trugen*)
und gewiss auch persisch sprachen, eingeführt worden sein, doch
finden wir schon in den altp. Keilinschriften einen Armenier, der
den persischen Namen Dädarsis trägt. Dass überhaupt schon zur
Zeit des Darius iranische Namen über Iran hinaus verbreitet waren,
zeigen uns die Namen der Susianer Atrina und Upadarma, des
Sagartiers Citraiaxma, der Meder Taxmaspäda, Fravartis, Vin¬
dafrä (lies Vindafranä, gemäss der „medischen" Uebersetzung:
Vintaparna, B. III, 87).
Der Miles gloriosus des Plantus in 1001 Nacht.
Von Dr. Wilh. Bacher.
Dass die grosse Märchensammlung des islamischen Orients auch
griechische Sagenelemente enthält , ist längst anerkannt '). Merk¬
würdiger und meines Wissens bisher nicht hervorgehoben ist die
Thatsache, dass eine Erzählung in „Tausend und eine Nacht"
wesentlich auf eine Comödie des alten Plautus zurückzuführen ist.
Die Erzählung findet sich in der Habicht'schen Textausgabe Bd. XI,
S. 140—145 und trägt die Ueberschrift: Geschichte vom Fleisch¬
hauer, seiner Gattin nnd dem Soldaten. Ihr Inhalt ist folgender.
In einer Stadt lebt ein Fleischer mit seiner schönen Frau,
welche während der -Abwesenheit ihres Mannes die Besuche eines
Soldaten empfängt. Da letzterer es bequemer habeu und ihr stets
nahe sein will, macht er ihr folgenden Vorschlag: „Ich will ein
1) Aehnlich würde OySi^^, wenn es hei classischen Schriftstellern vor¬
käme, Phrahatocerta — von Phrahates gemacht, lauten.
2) Dies ist entsciiieden gegen O. Rawlinson, the sixth great oriental monarchy p. 21 flg. festzuhalten. Dass die Parther Turanier gewesen seien, ist bis jetzt noch keineswegs bewiesen. Natürlich beweisen auch die iranischen Namen der arsacidiscben Herrscherfamilie nicht , dass die Parther Iranier ge¬
wesen wären.
3) S. Grässe, Allgemeine Literaturgeschichte II, 1, 459 f.; Dunlop, Ge¬
schichte der Prosadicfatung, deutscb von Liebrecht, S. 412.