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Archiv "Börsebius: Rund um die Finanzmärkte" (28.03.1991)

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Bei genauem Hinsehen ist es ja schon eigenartig: Da ar- beiten die Leute ihr Leben lang emsig, optimieren ihren Praxisablauf, verbessern ihre Produktivität und schrauben ihre (berufliche) Eigenkapi- talrentabilität auf soundsoviel Prozent hoch. Wenn's aber dann um eine optimale (pri- vate) Geldanlage geht, dann fühlen sich etliche hilflos und verlassen, manche von ihrem Anlageberater gar über den Tisch gezogen.

Dschungel Börse

Zunächst einmal sollte man die Schuld nicht nur au- ßen suchen, sondern erst mal bei sich selber anfangen. Ich frage mich oft, wann es denn endlich den Leuten dämmert, daß Börse im Grunde nichts anderes ist als ein großer Wo- chenmarkt. Freilich auch mit Marktschreiern, die lauthals ihre Mogelpackungen anbie- ten. Und je vornehmer so mancher tut, um so mogelver- dächtiger ist er. Aber was fast jede Hausfrau auf dem Markt längst begriffen hat, läßt sich von vielen Geldanlegern überhaupt noch nicht sagen.

Je salbungsvoller der Name des Finanzproduktes ist, de- sto gieriger greifen die Anle- ger zu. Beredtes Beispiel sind die vor rund zwei Jahren er- fundenen covered warrants, die nun in Massen wertlos werden, aber den Geldinsti- tuten ein Zubrot von mehre- ren Milliarden _Mark einge- bracht haben. Ähnlich aben- teuerlich beurteile ich die vielen Zinsoptionsscheine und Dollaroptionsscheine, die sich — wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge — am Fälligkeitstag zu 80 Prozent in Nichts auflösen.

Das Fatale aber ist bei die- sen — in der Branche großspu-

rig als „derivative Finanzin- strumente" bezeichneten An- lageformen, daß der Anleger glaubt, er habe bei deren Ge- brauch Ahnung von der Bör- se. Nichts davon ist wahr; er ist lediglich — siehe Wochen- markt — auf besonders dreiste Verführer hereingefallen.

Leserservice:

Wenn Sie Ihre Bank nicht davon überzeugen können, ab 100 000 DM Festgeld, auf jeweils drei Monate angelegt, minde- stens 7 5/8 Prozent zu bezah- len, wenden Sie sich an Börsebius. Er hilft Ihnen weiter. Schreiben Sie an Diplom-Ökonom. Rein- hold Rombach, Postfach 50 50 50, 5000 Köln 50.

Prüfen, prüfen und nochmals prüfen, kann die Lektion auf dem Wege zum erfolgreichen Investor somit nur lauten.

Geld, bloß Ware

Auch beim Verhandeln um Festgelder lassen sich noch viel zu viele Sparer ins Bockshorn jagen. Glauben gar, man könne doch nicht mit einer Bank feilschen.

Aber ja, man kann nicht nur, man muß es sogar. Eine Bank kauft Ihnen Ihr Geld ab (für eine gewisse Zeit) und hat Ih- nen dafür auch einen anstän- digen Preis zu zahlen. Und wenn Sie tatsächlich einmal günstige Termingeldkonditio- nen ausgehandelt haben soll- ten, achten Sie genau darauf, ob es nicht ein Lockangebot war. Manche Banken gewäh- ren (nur) zu Beginn großzügi- ge Sätze und schnippeln bei jeder Prolongation wieder ih- re Viertelprozentpünktchen ab. Bei 100 000 Mark sollten Sie zur Zeit einen Festgeld- satz für 3 Monate unter 7 5/8

nicht akzeptieren oder halt die Bank wechseln.

Halbe Wahrheiten Wer sich im Aktienge- schäft tummeln will, hat ebenso gravierende Informa- tionsprobleme. Aber auch hier gilt die eherne Regel:

Bloß nicht jedem alles glau- ben. Die Börsenstudien der Banken sind ja noch ver- gleichsweise harmlos, weil nicht bösartig. Aber zu etwas nütze sind sie nach aller Er- fahrung auch nicht, da sie Sachverhalte reflektieren, die an der Börse schon jeder weiß. Kritischer beurteile ich schon die diversen Börsen- briefe, ob sie nun Effekten- spiegel, Actienbörse oder wie auch immer heißen. Glauben Sie mir, wenn die Herausge- ber wirklich wüßten, wie die Börse läuft, würden sie kei- nen Börsenbrief herausge- ben. Makaber nur, daß man- che Anlageberater bei den Banken das Zeugs unter dem Tisch haben und auch noch ihre Meinung daraus rekru- tieren — auf Kosten des Kun- den, versteht sich. Soweit ich mich umsehe, gibt es in Deutschland nur eine erst- klassige Adresse für gutge- machte Börsenstudien, die der Bank in Liechtenstein (Frankfurt) GmbH. Anson- sten bleibt der mühsame Weg zum wirklich guten Börsianer:

tägliches Studium der Wirt- schaftspresse.

Beratersuche

Wer sich dem, mangels Zeit oder Lust, entziehen will, kann sich natürlich ei- nem professionellen Ver- mögensberater anvertrauen.

Leserservice:

Gegen Einsendung von 5 Mark (Schein oder Scheck) erhalten Sie von Börsebius eine Liste mit ausgesuchten Vermögens- verwaltern aus dem In- und Ausland. Schreiben Sie an die oben genannte Adresse.

Grundsätzlich gilt aber, daß jeder den Berater hat, den er verdient. Wer auf vollmundi- ge Riesengewinne verspre- chende Burschen hereinfällt, braucht sich anschließend über havarierte Depots nicht zu wundern. Je größer die Annonce, je vollmundiger das Versprechen, desto fragwür- diger die Adresse dieses Branchenvertreters.

Wahr ist leider auch, daß bei den seriösen Banken von individueller Betreuung oft nicht die Rede ist. Besonders bei schweizerischen Institu- ten betreut ein Berater nicht selten 500 Depots. Wer aber an die Leistung eines Vermö- gensberaters und an dessen Honorierung (I) die gleichen Maßstäbe wie bei sich selber anlegt, kommt recht schnell zu folgender Erkenntnis:

c,

Die Vermögensverwal- tung bei Banken ist zwar op- tisch preiswert, dafür aber lieblos und häufig nutzlos.

C) Die Suche nach guten und unabhängigen Vermö- gensverwaltern ist schwierig.

C) Der Umgang mit mei- nem Geld ist so sensibel, also muß ich zu meinem Berater ein gutes Vertrauensverhält- nis haben.

Es ist zwar traurig, aber wahr. Unter 250 000 Mark Anlagesumme lohnt sich die professionelle Vermögens- verwaltung nicht. Wirklich gute Leute nehmen nur hand- verlesene Kundschaft an und schrauben dafür die Zahl der Klienten nicht über hundert.

Als Entgegenkommen wird von seiten der Kundschaft dann eben ein hübsches Sümmchen erwartet.

Wer betragsmäßig unter diesen Summen liegt, muß entweder selber Börsenreife beweisen oder aber Invest- mentsfonds kaufen.

Börsebius DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Börsebius:

Rund um die Finanzmärkte

Mein Geld, mein armes Geld!

Dt. Ärztebl. 88, Heft 13, 28. März 1991 (83) A-1099

Referenzen

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