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ach Angaben von Ärz- ten aus London soll es bereits 1,7 Milliarden Fettleibige weltweit geben.Dagegen stehen nach interna- tionalen Schätzungen etwa 800 Millionen Unterernährte.
Wahrlich ein perverser Ver- gleich. In vielen Industrie- staaten ist der Trend fast nicht mehr zu stoppen. Der Anteil Fettleibiger hat sich in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt. In Deutschland haben rund 20 Prozent der Minderjährigen jetzt schon Übergewicht, ein Drittel von ihnen leidet gar unter Fett- sucht. Mit dem Bauchumfang nehmen Krankheiten zu, die bisher nur in höherem Alter auftraten: Diabetes Typ II, Knochenschwund, Bluthoch- druck, Arterienverkalkung und sogar Schlaganfall.
Schuldige sind schon aus- gemacht: die Fast-Food-Ket- ten. Doch diese wehren sich.
Man hätte bereits reagiert und fettärmere Kost angebo- ten. Bei einigen ging der Schuss nach hinten los; zwar werden in der Tat mehr Salate und Grünzeug offeriert, doch die fetten Dressing-Soßen dürften noch gesundheits- schädlicher sein als Cola, Bur- ger und Fritten.
In allen Medien gibt es Rat- schläge gegen das Dickwer- den. Diätkuren werden in al- len Schattierungen gehandelt.
Peinlich allerdings, dass sich der weltbekannte Erfinder der Atkins-Diät mit erheb- lichem Übergewicht aus die- ser Welt verabschiedet hat.
Viele Diäten bringen nur denen etwas, die sie propagie- ren. Vor allem in den USA
laufen – zum Teil nutzlose – Kampagnen. So wird dort zum Beispiel jährlich die „Fet- teste Stadt Amerikas“ ermit- telt. Aber immer mehr inter- nationale Verbände schalten sich ein. Die Weltgesund- heitsorganisation etwa rät, dass die Regierungen Zucker, Salz und gesät- tigte Fette mit höheren Steuern belegen soll- ten, um die Menschen vom übermäßigen Verzehr der Dick- macher abzuhalten.
Immer dann,wenn alle Wissenschaftler und Ärzte mal einer Meinung sind – der Meinung nämlich, dass Dicke früher sterben, melden sich Abweichler zu Wort.
So wie man es von
Politikern gewohnt ist. Gabrie- le Doblhammer-Reiter vom Rostocker Max-Planck-Insti- tut hält in einem Spiegel- Interview dagegen: „Noch ist aber nicht bewiesen, dass Übergewicht das Leben ver- kürzt. Wir beobachten eher, dass ältere Menschen länger leben, wenn sie ein paar Kilo zu viel haben.“Bernd Ellermann
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eit Monaten freuen sich die Finanzmärkte auf den Bör- sengang der Deutschen Post- bank. So sehr erwarten die Akteure nach den geplatzten Neuemissionen X-Fab und Sil- tronic das IPO (Initial Public Offering) der Bonner Posttoch- ter, dass deren Chef Wulf von Schimmelmann das gesamte Pro- jekt von ursprünglich Herbst 2004 auf den 21. Juni vorzog.Seit Monaten bereitet das Ban- kenkonsortium unter Führung der Deutschen Bank und Mor- gan Stanley nunmehr das Going Public vor und durch- leuchtet dabei das Unterneh- men bis ins kleinste Detail.
Die dabei studierten Zahlen sind offenbar sehr attraktiv,denn Anfang Mai tauchen plötzlich Gerüchte auf, die Deutsche Bank wolle sich die Postbank lieber selbst und direkt einver- leiben. Ein Übernahmeange- bot sei schon in Vorbereitung, munkeln Finanzkreise.Die Kon-
sorten, darunter die Commerz- bank, reagieren schockiert, die gesamte Branche gerät in Auf- ruhr. Zu Recht.
Wie kann es angehen, dass die Deutsche Bank ein treuhän- derisches Mandat, nämlich den Börsengang anzuführen, so schamlos ausnutzt, um für sich selbst Vorteile durch das erlang- te Herrschaftswissen herauszu- schlagen? Die Deutsche Bank spielt offenbar ein doppeltes Spiel. Ein ordentlicher Kauf- mann wäre,wenn er wirklich ein Übernahmeangebot im Sinn ge- habt hätte,gut beraten gewesen, zuvor das Emissionsmandat zurückzugeben. Offenbar macht die Geldgier auch die Verant- wortlichen bei der Nummer eins des deutschen Bankgewerbes so
geil, dass alle guten Sitten über Bord geworfen werden.
Haltbar ist die Deutsche Bank als Konsortialführer der Postbank-Emission in gar kei- nem Fall mehr. Das Image der Bank, noch schlimmer des Fi- nanzplatzes Deutschland ist ziemlich ramponiert. Zu einer ordentlichen Kumpanei bedarf es aber meist mehrerer Akteu- re, soll der Schaden ordentlich groß werden. Oder anders, erst die Versuchung macht in vielen Fällen die Unschuld zunichte.
Hätte sich die Bundesregierung aus der Sache rausgehalten, wä- re das Kind vielleicht nie in den Brunnen gefallen.
Das genau hat sie aber be- wusst nicht getan, vor allem nicht Bundeskanzler Gerhard
Schröder. Es war ihm offenbar wieder einmal wichtig, in unter- nehmensinterne Dinge „gestal- terisch“ einzugreifen. Wie zu hören ist, wurde die Übernah- me der Postbank durch die Deutsche Bank vom Kanzler- amt aus betrieben. Selbst wenn dem Bund dadurch mehr Geld zugeflossen wäre, ist ein solches Verhalten mindestens fahrläs- sig. In der Kanzlers Spielkiste befinden sich anscheinend nicht nur Marionetten, sondern auch
Hampelmänner. )
S C H L U S S P U N K T
[72] Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 2121. Mai 2004
Suche nach der „fettesten Stadt“
Der Anteil Adipöser hat sich in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt.
zur Postbank
Des Kanzlers Spielkiste
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