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Archiv "Leserservice: Börsebius-Telefonberatung „rund ums Geld“" (24.09.2004)

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E

inen Roman lesen, ohne zu rauchen, das ist nicht möglich“ (Italo Svevo).

Wie soll man da erst Schach spielen, ohne zu rauchen?

Und doch dürfen der russi- sche Weltmeister Wladimir Kramnik (der Kasparow ent- thronte), der immer noch hie

und da gern dem Tabak- genuss frönt, und sein ungari- scher Herausforderer Peter Leko (dieser allerdings völlig abstinent) bei ihrem in diesen Tagen beginnenden WM- Match vom 25. September bis zum 18. Oktober (WDR- Fernsehsendungen dazu am 4. und 20. Oktober) im „Cen- tro Dannemann“ der gleich- namigen Zigarrenfirma im schweizerischen Brissago am Lago Maggiore während ih- rer Partien auf keinen Fall zur Zigarre greifen. Von heutigen Schachturnieren ist jegliches Rauchen verbannt.

Das war nicht immer so.

Als sich 1886 Steinitz und Zu- kertort in New Orleans beim ersten offiziellen WM-Kampf der Schachgeschichte gegen- übersaßen, pafften beide ihre Zigarren, keiner nahm daran

Anstoß. Eher mochte man sich über ihre Getränke wun- dern.

Nach ärztlichem Rat hätte Wein die beiden Kämpen zu sehr erhitzt, Bier hingegen schläfrig gemacht, Milch und Limonade schienen für solch tiefe Denker schlicht lächer- lich, Kaffee und Tee wieder- um schadeten der Gesund- heit. So nahmen sie schließ- lich mit ärztlichem Plazet in regelmäßigen Intervallen Champagner mit Sodawasser verdünnt zu sich – zum allsei- tigen Vergnügen.

Das wäre auch heutzutage kein Problem, nur (blauen) Dunst dürfen sie sich nicht mehr vormachen. Das wäre dem einzigen deutschen Welt- meister Emanuel Lasker, der länger als irgendein anderer auf dem WM-Thron saß (1894 bis 1921), sicher äußerst hart angekommen – schließlich war er ohne seine Zigarren am Schachbrett schier nicht vorstellbar.

Kramnik bezeichnete im Vorfeld seinen Herausforde-

rer als den denkbar unan- genehmsten Konkurrenten.

Doch beim Turnier im spani- schen Linares in diesem Jahr gelang ihm gegen Leko ein feiner Sieg, mit dem er das Turnier vor diesem und Kas- parow gewann.

Leko als Weißer schien nach 1. . . . Txh3 2. Txg6 beziehungs- weise 1. . . . Dg7 2. Td7! zu- mindest nicht gefährdet, nach 1. . . . Dxf6 2. Dxh5 beziehungs- weise 1. . . . Dg5 2. Dg4 sogar auf dem Gewinnweg, doch mit einem fantastischen Zug stürzte Kramnik als Schwar- zer einen konsternierten Leko ins Verderben. Was kam?

Lösung:

W

em ist das nicht schon passiert.Da hast du ei- ne Aktie im Auge, kein Grummeln im Bauch, eigent- lich ein gutes Gefühl, auch Or- dentliches über das Unterneh- mer gelesen, es fehlt also nur noch ein Kick, um die Kauf- idee in die Tat umzusetzen. Da springt einen beim Blick in den Wirtschaftsteil eine negative Analysteneinschätzung voll an, und schon geht dir die Muf- fe dermaßen, dass der Kauf ad acta gelegt wird. Monate spä- ter ist der Ärger umso größer, die Aktie ist steil gestiegen.

Anders herum geht es frei- lich auch. Eine Aktie im Depot bereitet schier schlaflose Näch- te, das Gefühl, sich von dem Wert lieber trennen zu wol- len, ist zwar diffus, aber doch vorherrschend. Am nächsten Tag marschiere ich, die Ver- kaufsentscheidung mutig ge- fasst, zur Bank, doch der Anla- geberater erklärt mich milde für verrückt, wenn ich den Titel

jetzt abstöße, würde ich den Fehler meines Lebens machen.

Und schon lasse ich es sein, der Experte hat schließlich ein mächtiges Wort gesprochen.

Dass dieses Miststück von Ak- tie dann ordentlich abschmiert, ist sicher nur eine schiere Bös- willigkeit von ihr.

Gegen den Kamm zu bür- sten, ist demnach gar nicht so einfach,kann aber sehr hilfreich sein.Als vor rund zwei Monaten in der FAZ eine äußerst positi- ve Analystenmeinung zu Infi- neon veröffentlicht wurde, ein Kurs von 15 Euro gewisser- maßen nur eine Frage der Zeit, habe ich den Wert auf der Stelle zu 11,16 Euro verkauft, um dann in aller Ruhe den eklatan- ten Abstieg auf mittlerweile rund acht Euro mitzuerleben.

Ist das denn nun mehr die Regel denn die Ausnahme, dass Anlageempfehlungen, vor allem gedruckte und am Bank- tresen verkündete, nicht viel wert sind? Heerscharen von Anlegern haben in den letzten Jahren die schmerzliche Erfah- rung gemacht, dass die Exper- ten häufiger, als es dem gesun- den Menschenverstand zuträg- lich ist, schief lagen.

Dass solcherart Selbsterfah- rungen keine Einzelfälle sind, kann Holger Benke belegen.

Der Geschäftsführer der Her- tie-Stiftung, die ein Vermögen von 770 Millionen Euro ver- waltet, hat in einer Zeitreihen- betrachtung festgestellt, dass die Experten seit 1992 die Zu- kunft eines Marktes oder die Chancen einer einzelnen Aktie

signifikant falsch einschätzten.

Ich kann dieser Erfahrung nur zustimmen. Für die Zeitschrift Bankkaufmann habe ich in den 80er-Jahren eine ähnliche Un- tersuchung mit etwa den glei- chen erschreckenden Resulta- ten durchgeführt. Für clevere Anleger kann der Schluss hier- aus nur lauten, nicht zu sehr auf andere hören, sondern mehr auf das eigene Gefühl zu ach- ten und vor allem eine konser- vative Anlagestrategie ohne hek- tische Transaktionen zu verfol- gen. So gelingt alles besser. ) S C H L U S S P U N K T

[56] Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 3924. September 2004

Matt gesetzt ohne Zigarre

Dr. med. Helmut Pfleger

zu Anlageempfehlungen

Mehr Nieten als Treffer

Börsebius

Leserservice:

Börsebius-Telefonberatung

„rund ums Geld“

Wie an jedem 1. Samstag des Mo- nats können Sie auch am 2. Okto- ber 2004 in der Zeit von 9 bis 13 Uhr Börsebius (Diplom-Ökonom Reinhold Rombach) anrufen.Wäh- len Sie bitte die 02 21/35 15 87.

Die kostenlose Telefonberatung ist ein spezieller Service des Deut- schen Ärzteblattes für seine Leser.

Post Scriptum

Nach dem Eindringen der schwarzen Dame ins weiße Lager

mit 1 ..

..

Dc2

!war Leko überra- schenderweise plötzlich rettungs-

los verloren.Er versuchte noch

2.Dxh5 Dx e2

(trotz des T urms

mehr ist W eiß machtlos gegen die

Mattdrohungen auf d1 und g2)

3.g4 ,g ab aber nach 3

..

..

Df2 +

wegen 4. Kh1 Df3+ 5.Kg1 Dxd1+

6.Kg2 Txg4+

auf.

Referenzen

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