O
bsession, pass auf deine Schwestern Dior und Infinity auf!“ ermahnt die Mutter ihre Kinder. Das ist keine Satire, sondern Wirklichkeit. Zumindest in den USA, wo immer mehr Kinder nach Designerlabels benannt werden. Ob Nike, Ikea oder Armani, ob Char- donnay oder Chianti, ob Porsche oder Lexus – alles ist möglich. Denn drüben gibt es kein Gesetz, das Fantasie- namen einschränkt. Schon die Clintons haben ihre Toch- ter „Chelsea“ getauft – nach dem gleichnamigen Stadtteil in London, der ihnen so gut gefiel.Man stelle sich vor, hier- zulande heißt einer Schwa- bing Meier oder Reeperbahn Schneider. Da schieben die Standesämter einen Riegel
vor. Obwohl die Abwehr im- mer brüchiger wird. Jesus, Pumuckl, Rapunzel, Bavaria, Asia, Soleil – das alles gibt es schon. In Leipzig residiert die einzige Universitätsstelle für Namensberatung in ganz Deutschland als oberster Na- menswächter. Standesbeam- te, Mütter, Väter und Firmen rufen dort ständig an. Ab- gelehnt wurden bereits Vor- namen wie zum Beispiel McDonald, Lenin, Judas oder Borussia. Zwei Indianerfans, die ihren Sprössling „Crazy Horse“ nennen wollten, ka- men ebenfalls nicht durch – so wie eine Börsenfrau, die ihr Kind „Nemax“ nennen wollte.
Auch das Zusammenspiel von Vor- und Nachnamen ist entscheidend. Denn Hans Wurst, Axel Schweiß, Rosa Schlüpfer, Anna Bolika,
Wilma Ficken, Reiner Hohn, Martha Pfahl wären ja ideale Witzvorlagen. Verboten sind vor allem Produktnamen.
Deshalb darf in Deutschland kein Kind auf den Namen Porsche getauft werden –
Mercedes hingegen ist gestat- tet, weil die heutige Marke nach der Tochter des Er- finders Emil Jellinek benannt wurde. Warum aber Lenor und Omo verboten sind, Sunil oder Persil im Ein- zelfall aber nicht, bleibt dennoch ein Rätsel.
Nicht nur in den USA, auch in an- deren Ländern gibt man sich großzü- giger. In Indien wurde etwa ein Mäd- chen „Buhkamp“ ge- nannt, was so viel wie Erdbeben be- deutet. Das Kind kam nach einer großen Erdbeben- katastrophe zur Welt.
Ein Spanier nannte seine Tochter „An- dalucia“, weil sie in Anda- lusien gezeugt wurde. Aller- dings weigerten sich Standes- beamte in Brasilien und Ru- mänien standhaft, ein Kind auf den Namen „Bin Laden“ tau- fen zu lassen. Bernd Ellermann
N
iki Lauda trug die Kappe mit dem Logo jahrelang stolz vor sich, der Padro- ne des Unternehmens hielt sich als Spielzeug einen eigenen Fußballclub der Liga Naziona- le. Heute sitzt Calisto Tanzi, der„buon padre de famiglia“ und Gründer des Milchkonzerns Parmalat, im Kerker von San Vittore in Untersuchungshaft.
Unbedrängt von Wirtschafts- prüfern und Kredit gebenden Banken konnten die Tanzis und ihre Helfershelfer jahrelang die Öffentlichkeit über die wahre Si- tuation beim Milchproduzenten belügen und eine Milliarde nach der anderen beiseite schaffen.
Der größte Wirtschaftsskan- dal der europäischen Geschich- te ist aber nicht nur das Er- gebnis erheblicher kriminel- ler Energie, sondern auch ein Zeugnis der kumpanhaften Ver- strickung der beteiligten Ban- ken, die am spinnenhaften Netz von Scheinfirmen und Verschie-
beadressen ihre dicken Pro- visionen absäbelten. Erst die Bank of America ließ Mitte Dezember die Bombe platzen.
Was gehen uns denn eigent- lich die Milchbubis aus Italien an, könnten Sie anmerken, die Verhältnisse seien doch nicht übertragbar. Das mag zwar stimmen, impliziert aber doch, dass kriminelle Machenschaf- ten selbst in Milliardengröße allüberall auf der Welt möglich sind und „Enron“ (USA 2003) beileibe kein Einzelfall war und vermutlich auch nicht bleiben wird.
Der vorsichtige Anleger sieht sich in seiner Anlagehal- tung bestätigt, selbst bei schein- bar tollen Investments keines-
wegs mehr als fünf bis zehn Prozent in einem Einzelengage- ment unterzubringen.
Im Übrigen ist der Fall Parmalat sowieso keine rein ita- lienische Angelegenheit. Noch Ende letzten Jahres war die Deutsche Bank bei einer großen Parmalat-Anleihe-Emis- sion mit im Boot. Unzählige Kunden dieses Geldhauses („Vertrauen ist der Anfang von allem“) fanden in ihren Jahresdepotauszügen Parma- lat-Bonds, und es kann durch- aus vermutet werden, dass die Deutsche Bank die Vorsicht eines ordentlichen Kaufman- nes nicht walten ließ. Auf den Ausgang von diesbezüglichen Schadenersatzprozessen blickt
der Beobachter mit einiger Spannung. Anleger sollten je- denfalls nicht jedem telefoni- schen Ratschlag ihrer Banker, dieser oder jener Investment- idee zu folgen, blind vertrauen.
Erst recht gebietet diese Erfah- rung (und andere) eine Nach- prüfung, ob die Bank wirklich frank und frei über das Portfolio verfügen darf und ob nicht der Umfang der Dispositionsgewalt einzuschränken sei. Misstrauen ist der Anfang von allem. Gut fürs Selbstvertrauen. ) S C H L U S S P U N K T
[80] Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 530. Januar 2004
Nivea und Pepsi kommen zum Essen
Vornamen werden immer kurioser.
zu Parmalat
Tanzi & Helfershelfer
Börsebius
Leserservice:
Börsebius-Telefonberatung
„rund ums Geld“
Wie an jedem 1. Samstag des Mo- nats können Sie auch am 7. Febru- ar 2004 in der Zeit von 9 bis 13 Uhr Börsebius (Diplom-Ökonom Reinhold Rombach) anrufen.Wäh- len Sie bitte die 02 21/35 15 87.
Die kostenlose Telefonberatung ist ein spezieller Service des Deut- schen Ärzteblattes für seine Leser.
Post Scriptum
Foto:BilderBox