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ie Medizinische Fakultät Heidel- berg gehört zu den weltweit führenden biomedizinischen For- schungseinrichtungen. So sieht es das bri- tische „Times Higher Education Supple- ment“. Nach dessen Ranking vom März 2005 belegt Heidelberg weltweit Position 16 und in Europa Platz fünf. Die Rangli- ste basiert auf einer Befragung von 1 300 Wissenschaftlern aus 88 Ländern.Solche Umfragen sind es, mit der die baden-württembergische Landesregie- rung im Standortwettbewerb punktet, was Investitionen und Ar-
beitsplätze sichert. Noch – muss man sagen, ist doch die Wettbewerbsfähigkeit des Forschungsstandorts Baden- Württemberg zumindest im medizinischen Bereich inzwi- schen nicht mehr selbstver- ständlich. Denn die medizini- schen Fakultäten der Univer- sitätskliniken in Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm haben allmählich Pro- bleme, frei werdende Arzt- stellen adäquat zu besetzen.
„Zwar gibt es derzeit noch keine Vakanzen, doch die Be-
werberzahlen sind stark rückläufig“, sagt Dr. med. Martin Krause, Assistenten- sprecher aus Heidelberg und Mitinitiator einer wohl medienwirksamen Protest- aktion zur Eröffnung des 108. Deutschen Ärztetages am 3. Mai in Berlin. Mit der Auswahl sinke früher oder später auch die Qualität der Interessenten, befürch- tet Krause.
Anstatt dieser Entwicklung entgegen- zuwirken und die Tätigkeit in den Hoch- schulkliniken für den Ärztenachwuchs wieder attraktiver auszurichten, exerzie- ren die Länder als Arbeitgeber einen Sparkurs, der die Klinikärzte mit ihren
meist befristeten Arbeitsverträgen be- sonders hart trifft. Für neu eingestellte Ärzte und jene, deren Verträge verlängert oder höher gruppiert werden, bedeutet dies: Streichung des Urlaubsgeldes, Kür- zung des Weihnachtsgeldes auf 60 Pro- zent und Erhöhung der tarifvertraglichen Wochenarbeitszeit auf 41 bis 42 Stunden.
Trifft diese Lohnkürzung um neun bis zehn Prozent in anderen Berufsgruppen ausnahmslos Berufsbeginner, so dürfte von den Ärzten an den Hochschulkliniken inzwischen bereits weit mehr als die Hälfte
betroffen sein – beträgt doch die durch- schnittliche Vertragslaufzeit eines Arztes am Universitätsklinikum Heidelberg bei- spielweise gerade 1,8 Jahre. Nachdem sie das System jahrelang mit unbezahlten Überstunden subventioniert haben, emp- finden viele Universitätsklinikärzte die neuen Arbeitsverträge als Zumutung.
Manche sind gekränkt, andere frustriert, die meisten vor allem wütend.
In Baden-Württemberg formierte sich zuerst Protest:Am 11. Oktober 2004 riefen die Ärzte der vier Hochschulkliniken des Landes einen Warnstreik aus und demon- strierten durch die Stuttgarter Innenstadt.
Aus der Aktion, an der sich rund 1 000 der etwa 3 000 beim Land beschäftigten Ärzte beteiligten, entwickelte sich ein Gedan- kenaustausch mit Wissenschaftsminister Prof. Dr. Peter Frankenberg (CDU). Der Minister signalisierte Entgegenkommen in wichtigen Punkten.Inzwischen hat Fran- kenberg seinen Kabinettskollegen vom Fi- nanzressort, Gerhard Stratthaus (CDU), aufgefordert, eine Sonderregelung für die Ärzte an den Universitätskliniken zu prü- fen.Nach dessen abschlägiger Antwort und
„auch vor dem Hintergrund der derzeitigen Tarifverhandlungen“ regt Frankenberg nun ein Gespräch zwischen den Vertretern der Assistenzärzte und Stratthaus an.
Außerdem schrieb der Wissenschafts- minister einen Brief an die vier ärztlichen Direktoren der Universitätskliniken in Ba- den-Württemberg,in dem er anregt,für die Problemfelder Vertragsdauer, Überstun- denvergütung und Mitsprache akzeptable Lösungen zu finden. Die Assistenzärzte seien eine wesentliche Stütze nicht nur in der Krankenversorgung, sondern auch in Forschung und Lehre. An der Wiederher- stellung ihrer Arbeitszufrie- denheit sei er deshalb sehr in- teressiert.
Derweil erwägen die ange- stellten Ärzte des Univer- sitätsklinikums Heidelberg weitere Protestaktionen – DRG-Streik, Arbeit nach Vorschrift, Arbeitsniederle- gung oder Vertragsrückgabe.
Zunächst werden aber auch sie sich an der „aktiven Mit- tagspause“ beteiligen, mit der am 2. Mai, einem Tag vor Eröffnung des Ärztetages, an möglichst vielen Hochschulkli- niken auf die Senkung des Ta- rifstandards aufmerksam gemacht werden soll. Ein vom Marburger Bund angeregtes Netzwerk von Assistentensprechern zahl- reicher Universitätskliniken einigte sich auf vier Kernforderungen für diesen Tag: lei- stungsgerechte Vergütung, Wertschätzung der ärztlichen Arbeit, mehr Mitsprache- rechte und bessere Patientenversorgung durch adäquate Arbeitsbedingungen.
Auch zur Eröffnung des Ärztetages ist ein Protest geplant. Von jeder der 34 Uni- versitätskliniken sollen am 3. Mai je zehn Ärzte im weißen Kittel nach Berlin kom- men, um den Delegierten die Bedeutung des Themas zu verdeutlichen. Jens Flintrop P O L I T I K
Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 16⏐⏐22. April 2005 AA1093
Unruhe an den Hochschulkliniken
Immer mehr Ärzte von Kürzungen betroffen
An vielen Universitätskliniken formiert sich Widerstand.
Für den 2. Mai ist eine bundesweite Protestaktion geplant.
Warnstreik am Universitätsklinikum Marburg: Am 8. März legten rund 300 Ärzte aus Protest gegen Lohnkürzungen vorübergehend die Arbeit nieder.
Foto:BROWA