Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 1114. März 2008 A549
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udolf Henke hat es satt: „Die Arbeitgeberseite bleibt seit Monaten im Ungefähren“, kritisiert der Vorsitzende des Marburger Bun- des (MB). Deswegen sei es jetzt an der Zeit, mit Warnstreiks auf die Dringlichkeit besserer Einkommen für Klinikärzte hinzuweisen. In den ersten drei Verhandlungsrunden mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) habe man viel über die gedeckelten Bud- gets der Krankenhäuser diskutieren müssen – „dafür sind die Ärzte aber nicht verantwortlich“. Die Gewerk- schaft fordert stattdessen eine inten- sive Beschäftigung mit ihrer Forde- rung nach Erhöhungen in den ein- zelnen Entgeltgruppen und Leis- tungsstufen der VKA-Tabelle (im Schnitt um 10,19 Prozent).Damit die Gespräche mit der VKA „jetzt endlich einmal von der Stelle kommen“ (Henke) hat der MB die rund 55 000 Ärztinnen und Ärzte an den 700 kommunalen Kranken- häusern für den 13. März zu Arbeits- niederlegungen aufgerufen (nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe).
Am selben Tag sollte es auch zu einer zentralen Kundgebung der Ge- werkschaft in Wiesbaden kommen, wo auch die nächste Tarifverhand- lungsrunde angesetzt war.
Armin Ehl, Hauptgeschäftsführer des MB, rechnete im Vorfeld des Warnstreiks mit einer guten Beteili- gung der Mitglieder. Zwar sei die Si- tuation nicht mit der vor zwei Jahren vergleichbar – „damals ging es um mehr als Tarifpolitik“ –, der Unmut der Ärzte über die Hinhaltetaktik der kommunalen Klinikarbeitgeber sei aber enorm: „Letztlich war es sogar der Druck aus der Mitgliedschaft, der uns zu diesem Schritt bewogen hat.“
Die Ärzte registrierten, dass sie an- derswo mehr verdienen könnten, als
in einem kommunalen Krankenhaus – und wegen des verschärften Ärzte- mangels sei ein Arbeitsplatzwechsel derzeit leichter denn je. Zudem dürfe man nicht vergessen, dass die durch- schnittlichen Gehaltssteigerungen im Zuge des Tarifabschlusses 2006 mit einem bis vier Prozent eher be- scheiden ausgefallen seien: „Viele sehen hier Nachholbedarf.“
Das Arbeitgeberargument, wo- nach den kommunalen Krankenhäu- sern das Geld für Tarifsteigerungen fehle, lässt Henke nicht gelten:
„Schließlich haben die Unikliniken und die Berufsgenossenschaften be- wiesen, dass bessere Ärztegehälter auch für öffentliche Träger finan- zierbar sind.“ Auf lange Sicht kom- me es die Arbeitgeber sogar viel teurer, den MB-Forderungen nicht nachzukommen, meint der MB- Chef: „Denn mit mehr besetzten Arztstellen lässt sich nach der Freischaltung des DRG-Systems zum 1. Januar 2009 ein größerer Er- lös erzielen.“ Je schlechter die kom- munalen Arbeitgeber ihre Ärzte im Vergleich zu anderen Trägern vergü- teten, desto mehr Arztstellen blieben unbesetzt – ein Trend, der schon jetzt zu beobachten ist (siehe Grafik).
Ehl rechnet nicht mit einem baldigen Ende des Tarifkonflikts:
„Nachdem die Verhandlungen mit Verdi vorerst gescheitert sind und das Schlichtungsverfahren eingelei- tet wurde, kann die VKA uns zum jetzigen Zeitpunkt wohl kaum mehr bieten, als sie Verdi bisher geboten hat.“ Dies waren fünf Prozent mehr Lohn, gestaffelt in drei Stufen – für
den MB zu wenig. I
Jens Flintrop
KOMMUNALE KRANKENHÄUSER
Marburger Bund ruft die Ärzte zu Warnstreiks auf
GRAFIK
Stellenmarkt für Ärztinnen und Ärzte im Deutschen Ärzteblatt (in Tausend)
Stellenangebote in Heft 4/2006 insgesamt: 152
Stellenangebote in Heft 3/2008 insgesamt: 314
Kirchliche Private Kommunale
Träger Träger Träger
32 53 53
74 78 142
Mehr als andere Träger haben die kommunalen Krankenhäuser derzeit Probleme, ihre ärztlichen Stellen zu besetzen.
Mit befristeten Arbeitsniederlegungen zum Auftakt der bereits vierten
Verhandlungsrunde soll der Druck auf die Klinikarbeitgeber erhöht werden.
Foto: ddp