Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 28–2914. Juli 2003 AA1897
S E I T E E I N S
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er Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen.“ Von den Seg- nungen der Einkommensteuerre- form werden viele niedergelassene Ärzte wenig oder gar nichts zu spüren bekommen. Geht es nach dem Willen der rot-grünen Bundes- regierung, sollen sie – wie alle An- gehörigen der Freien Berufe – im Zuge der Gemeindefinanzreform zur Zahlung der Gewerbesteuer herangezogen werden. Nachdem sich eine von der Regierung einge- setzte Reformkommission aus Ver- tretern der kommunalen Spitzen- verbände und der Wirtschaft, aber ohne Beteiligung des Bundesver- bandes der Freien Berufe, auf kei- nen einheitlichen Vorschlag verstän- digen konnte, wollen nun Bundes- finanzminister Hans Eichel und Bundeswirtschaftsminister WolfgangClement mit einem eigenen Gesetz- entwurf für die rasche Neuordnung der Gemeindefinanzen sorgen.
Vor allem gut gehende Arztpra- xen in Ballungsgebieten, wo höhere Gewerbesteuerhebesätze die Regel sind, werden mit Mehrbelastungen zu rechnen haben. Bei kommunalen Hebesätzen bis zu 350 Prozent wird es dagegen nach Verrechnung mit der zu zahlenden Einkommensteuer nur zu geringfügigen Mehrbelastun- gen nach Einführung der neuen kommunalen Wirtschaftsteuer kom- men. Ob sich allerdings der Steuer- berater bei dem komplizierteren Be- rechnungsverfahren mit den bisheri- gen Gebühren zufrieden geben wird, ist durchaus zweifelhaft.
Wirklich kritisch würde es für vie- le niedergelassene Ärzte in den Großstädten, wenn – wie derzeit in
der Diskussion – in die Bemessungs- grundlage für die neue Wirtschaft- steuer auch Kosten, wie Mieten, Schuldzinsen oder Leasingraten, einfließen. Nach derzeit geltendem Steuerrecht haben Freiberufler bei dieser Form der Substanzbesteue- rung wesentlich höhere Steuerbela- stungen zu erwarten.
Zu einem Zeitpunkt, wo die öko- nomischen Rahmenbedingungen für Ärzte, die sich in eigener Praxis nie- derlassen wollen, ohnehin alles an- dere als rosig sind, wäre eine solche zusätzliche Besteuerung sicher das falsche Signal. Investitionen in auf- wendige Medizintechnik würden dann immer weniger erfolgen. Einer Politik, die ohnehin für die Zukunft auf die fachärztliche Versorgung in Gesundheitszentren setzt, wird dies allerdings egal sein. Thomas Gerst
Gewerbesteuerpflicht
Ärzte sind mit betroffen
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er Beitragssatz der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) soll mit der anstehenden „Gesundheits- reform“ von heute durchschnittlich 14,4 auf „unter 13 Prozent“ gedrückt werden. Zudem sollen die Finanzie- rungslasten noch mehr den Kranken und gesetzlich Versicherten aufgela- stet werden. Einschließlich der heute schon spürbaren Zuzahlungen und Direktbeteiligungen, die zusammen mit dem kollektiv aufzubringenden Krankenversicherungsbeitrag bereits mehr als 60 Prozent des Gesamt- GKV-Finanzierungsvolumens und der Zubußen betragen, würde der Gesamtfinanzierungsanteil zulasten der Kranken und Versicherten auf nahezu 68 Prozent erhöht werden – dies trotz der einkommensabhän- gigen jährlichen Höchstbelastungs-und Überforderungsgrenzen für so- zial Schwache, chronisch Kranke und Kinderreiche. Bereits bei den beiden vorangegangenen Gesundheitsrefor- men unter der Ägide der damaligen Gesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) und von Andrea Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) wurde dar- über lamentiert, dass die wiederholt erhöhten Zuzahlungen insbesondere bei Arzneimittelverordnungen die chronisch Kranken überforderten.
Andererseits sind die Sparmecha- nismen der derzeit diskutierten Re- form ganz darauf ausgerichtet, die Arbeitgeber teilweise zu entlasten, die Arbeitnehmer, Versicherten und Kranken jedoch nicht. Bei einer Reprivatisierung des Krankengeld- risikos würden die Arbeitgeber um 0,35 Prozentpunkte entlastet, die
Versicherten entsprechend belastet.
Schon kritisierten Sozial- und Ge- sundheitspolitiker der Union dies als „Abkassier-Modell pur“ – ob- wohl CDU/CSU und vor allem die FDP in all ihren Reformvorschlägen auf „pekuniäre Therapie“, mehr Selbstverantwortung (sprich: Selbst- beteiligung) setzen.
Ob nun der Zahnersatz aus dem Pflichtleistungskatalog der Kranken- kassen verbannt werden soll (wie die CDU anregt) oder aber künftig das Krankengeld allein aus Ver- sichertenbeiträgen bestritten wer- den soll – eine Zusatzbelastung der Versicherten bleibt, die Ar- beitgeber würden durch die monisti- sche Krankengeldfinanzierung um sieben Milliarden Euro pro Jahr entlastet. Dr. rer. pol. Harald Clade