Notizen und Correspondenzen. 581
Ueber eine Tabari-Handschrift.
Von 0. Loth.
Herr Hofrath von Kremer hat die Güte gehabt, für die pro¬
jectirte Tabari-Ausgabe eine seiir werthvolle Handscbrift zur Ver¬
fügung zu stellen, welche er in Kairo erworben hat, und welche
eine noch unbekannte Arbeit des Tabari enthält. Mit seiner Er¬
laubniss gebe ich hier eine Beschreibung davon.
Die Handschrift (21 Centim. hoch, 12 Centim. breit) ist auf
ziemlich rauhem Baumwollenpapier, wasserfleckig, aber sonst in
gutem Zustande, nur die beiden ersten und das letzte Blatt sind
etwas beschädigt. Der Band besteht aus 7 getrennten Fascikeln
(^ip»), gewölmlich zu 12, einmal (Fasc. V) zu 16 und einmal
(F. VH) zu' 18 Blättern, zusammen 94 Bll. Die Seite hat durch¬
schnittlich 27 Zeilen, die Schrift ist sehr gedrängt, mittelgross
und alterthümlich steif; das End-Nün ist nach unten gezogen,
dagegen erscheint ^ gelegentlich als blosse Linie. Der Text ist
schwach punktirt, Unterscheidung der iJU^ kommt nur in Aus¬
nahmefällen vor. Flüchtigkeitsfehlem gegen die Grammatik be¬
gegnet man gelegentlich. Jeder Fascikel hat ein Titelblatt mit
identischer Aufschrift (X.«j>.j)^ welche über den Urspmng des
Buchs klare Auskunft giebt. Die Aufschrift des ersten Blatts,
welche sich von den übrigen ebenfalls nicht unterscheidet, ist
theilweise überklebt und von einer modernen Hand ergänzt, welche
auch zur Anlockung des Käufers ein jj^^^IaJl v-jUiJI liXJi
darüber gesetzt hat. Die Aufschrift des 2. Fascikels lautet — fast
ohne diacritische Punkte —
w 3
iULss^! gj^Lj ^J, JolXJ! Joö yjLx/ ^y, >_..^.s:U-UJ( J»^'
^yJal\ 0^.~i jJ^^ ^y) <X*:^ ^\ Oi^j ^^-jl^ij
ol-*^ ^ Cr^ CT? '^^^ L?^' ■'^b
»JLc y>jälJl
2) ^)Ju.^ Jüi Ju^ iJUi JcfC ^iJ. iOc
1) In emigen Aufschriften steht hier noch 2) «.aaJI unpunktirt in allen Aufschriften.
582 NoHzeH und Correspondenzen.
J 31^5 ^ ^ ßJMi\ ^ ^ ^1
' Bj'u>-'2(! i).**^ ikic ,_53i_j («JlS.
Das Ms. schliesst: JjtXjt J—jÖ «-jUS' ^y ol^U^sui!
«Jl, ÜiXy« jJ^j j_jl* jJU! i;jAJIjtit *^ Jui^j,
' Jw^^! jJLit Lu*wj>5 UiT (JL, ^y JiLkit (i. e. j^-Ikil) JaJI
Wir haben hier also einen Auszug aus fabari's jJoUl Jj>3
oder „Appendix zum Supplement" seines grossen Geschichtswerks,
und wir verdanken dieses an sich wenig erfreuliche Literatur-
product dem Abu 'Ali Maljlad b. Ga'far b. Maljlad b. Humrän
al-Bäkarhi '), von welchem es der bekannte Traditionist al-Häkim
al-Naisäbüri, auch Ibn al-Baiyi' genannt (A. H. 321—405) ^), authen¬
tisch überlieferte. Der Schreiber des Codex, Abu'l-Käsim 'Ali b.
'Abd al-'aziz befand sich wiederum im Besitz einer „Licenz" des
letztgenannten. Somit gehört die Handschrift gewiss noch in den
Ausgang des 4. Jahrhunderts d. H. , und ist sie vermuthlich in
Khorasan geschrieben. Für ihre weitere Geschichte finden vrir
nur noch zwei Notizen. Unmittelbar unter dem Schluss ist von
einer auderen, aber alten Hand hinzugefügt : ^U*-
I .VJ üJLJJ! Jd. öLä.^. y lN-«..^ y\ , und auf dem Titel¬
blatt jedes Fascikels in einer ähnlichen Hand: ^..XiS^ KJi^j>\
— beides ohne diacritische Punkte.
In dem Mudaiyal scheint Tabari seine kritischen Vorarbeiten
zum Ta'rilj zusammengestellt zu habeh. Einen derartigen Anhang
kündigt er bereits in der Vorrede zu dem letzteren an. Der Dail
wäre dann aus einer weiteren Nachlese hervorgegangen. Fol. 11
unserer Handschrift heisst es von 'Ali : oLxJ' j, «jl.;-»-! ci*xax Oö - -)
Jojm C^^")- D*^^ enthält ausschliesshch Biographisches
über „Genossen" und „Nachfolger" |^.^_^Lxil^ XjLs=UaJt beiderlei
Geschlechts, und zwar theilweise in chronologischer Anordnung,
nach den Todesjahren. Unser Auszug beginnt mit IJadiga in
folgender Weise : ^J:_-kki! iAj^j y ß~>- y lX*^
1) Die Familie Bäkarhi war nocti iu späterer Zeit sehr aussehen; oin Urenitel unseres Epitomators starb SOjährig A. H. 481. YäkÖt s. v. L>.sLj I, 476 Wüstenf.
2) Ibn Ijallikän no. 626 Wüstenf.
Notizen und Correspondenzen. 583
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yt Lot} ^j-A-»-jL-iüt} iüLswil y> J^A-it Joi ujLü' j
^JU} üJt} o-dc «Jüt ^jLo »JLI! »/?vs> J^ yji ^L«aJ!
g.J! 5iÄj(Ai> »Jtj »uJLc jJJt i^jJLa üJLit . Darauf
folgen vier Personen, die A. H. 8 gestorben sind: Zainab, die
Tochter des Propheten, Ga'far b. Abi Talib, Zaid und Täbit b. al-6id'
al-Ansäri; u. s. w. Pol. 29 beginnt eine neue Aufzählung
der Genossen des Propheten, welche Autorität für Traditionen
i
sind — ^JLc i^»,^ äjL^I ^^yA . . iJÜI iy^j »Axj (jäLc tU^I
>
^Jlc IM JJij ^t. Sie sind nach Stämmen und Pamilien geordnet,
wie in den Tab.ikät des Ibn Sa'd. Fol. 49 v. folgen Biographien
von Frauen derselben Classe, insbesondere Gattinnen Muhammeds.
Der zweite Abschnitt über die „Nachfolger" (fol. 66 v.
iJLiuj iUJLxJ! y y^U.\ U>L^\s ^yäJLsAJli y*^'^\ ^J^)
ist noch weniger systematisch, die chronologische Folge hört bald
auf. Dies kann freüich auch dem Epitomator zur Last fallen.
Den Schluss bilden verschiedene Zusammenstellungen über Na¬
men (fol. 87 gOjU!! y ^ß^^s »>JLj): Listen solcher
Genossen und Nachfolger, welche inuner nur mit ihrer Kimya
genannt werden, femer die Kunya's solcher, welche meist nur mit
ihrem Eigennamen genannt werden, u. s. w.
Man wird nicht erwarten, in dem „Appendix zum Supplement"
viel absolut Neues zu finden. Tabari fusst hier hauptsächlich auf den
Arbeiten des Wäkidi, welche wir zum Theü durch Ihn Sa'd besser
und authentischer kennen. Der officielle Isnäd lautet: T. — al-Härit
[b. Abi Usäma] — Tbn Sa'd — al-Wäkidi; doch wird letzterer ge¬
wöhnlich direet citirt (^c y\ u. ä.). Auch Ibn Sa'd wird
unmittelbar angeführt, soweit er von Wäkidi unabhängig ist, des¬
gleichen auch die selbständigen Sammlungen des oben genannten
al-Härit. Ibn Ishäk (mit oder ohne den stehenden Isnad : T. —
Ibn Ilumaid — Salama — 1.1.) , Hisäm al-Kalbi, al-Madä'ini werden
seltener benutzt. Die Isnäde aller dieser Quelienschriftsteller wer¬
den gewöhnhch mit angegeben. —
Jedenfalls wird dieses Werk, von welchem sieh schwerlich
eine zweite Handschrift finden wird, am Ende der Annalenausgabe
abzudrucken sein.
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584 Notizen und Correspondenzen.
Aus einem Briefe des Herrn Professor Ernst Kuhn
an den Herausgeber.
München, Juni 1878.
— Das Studium von Pausböll's Jätaka-Ausgabe hat meine Auf¬
merksamkeit auch wieder dem christlichen Gegenbilde der Buddha-
Legende zugewendet. Die Ursprünge der xpvxuxpeXrjs iatogia
von Barlaam und loasaph liegen trotz allem, was darüber gesagt
ist, noch sehr im Dunkeln. WoUte man freiUch Max Müller
(Chips rv, p. 174 ff.) folgen, so wäre Sehr klar und probabel, wie
der auch sonst schriftsteUerisch thätige loannes Damascenus seinen
Stoff kennen gelemt und bearbeitet hat. Leider sind nun aber
Müller's Voraussetzungen wenig stichhaltig. Denn dass die Ver¬
fasserschaft des loannes Damascenus sehr fraglich ist, die einzigen
Lidicien in dem Buche selbst vielmehr auf einen in Aegypten
lebenden Verfasser hinzudeuten scheinen, ist von H. Zotenberg und
P. Meyer in ihrer Ausgabe des altfranzösischen Barlaam und Josa¬
phat von Gui de Cambrai (BibUothek des litterarischen Vereins
in Stuttgart LXXV) p. 312 — 314 zur Genüge dargethan. Die
ZDMG XXIV, p. 480 nachgewiesene Identität der Namensform
loasaph mit einer bei den Arabem übUchen, aus dem arabischen
Alphabet erklärbaren EntsteUung des indischen bodhisattva macht
(trotz der Gründe von Zotenberg und Meyer a. a. 0. p. 314
—315) den Durchgang durch eine arabische Version wahrschein¬
Uch*). Die christUch - arabischen Versionen des Barlaam lond
loasaph fördem uns nun allerdings nicht, da sie sämmtlich auf
den griechischen Text zurückgehen; aber der Pihrist p. 305, 20 f.
(vgl. p. 119,4) erwähnt unter den in's Arabische übersetzten
indischen Büchem neben einem Buche, das von loasaph aUein
handelt, ein Buch Bilauhar und loasaph, dessen Bedeutung
noch nicht genügend beachtet zu sein scheint. Identisch oder
mindestens nahe verwandt mit diesem ist nämUch offenbar der
von Blau ZDMG Vü, 400—403 besprochene Text einer damals
im Besitze des Herm von Wüdenbrach befindlichen Handschrift,
der sich selbst als „Auszug aus dem Buche eines der ausgezeich¬
neten Weisen Indiens* bezeichnet und durch den weisen Asketen
BUauhar auf der Insel Serendib, wie durch den Elephanten statt
des Einhorns in der Parabel vom Mann im Brannen directer auf
indischen Ursprang hindeutet, als die andern Texte. Wie wichtig
eine genauere Untersuchung dieser Handschrift wäre, liegt danach
am Tage. VieUeicht veranlasst diese Notiz Herm Blau selbst,
oder wer sonst dazu im Stande ist, nähere Auskunft über den
mir unbekannten Verbleib dieser Handschrift zu geben.
1) Es müsste denn — was ich andem zur Entscheidung überlasse —• die Form loasaph durch das syrische oder Pahlavi-Alphabet gleichfalls eine be¬
friedigende Erklärung finden. (?) Vgl. über die in der Erzählung vorkommen¬
den syrischen Namen a. a. O. p. 312.
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