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Zweite Begutachtungsrunde im Frühjahr 1986

5. POLICY-ZYKLUS

5.3 Programmimplementation

5.3.1 Startphase des PBWU-Forschungsprogramms

5.3.1.2 Zweite Begutachtungsrunde im Frühjahr 1986

5.3.1.2.1 Einreichung von Forschungsanträgen

Für die zweite Begutachtungsrunde im Frühjahr 1986 werden wiederum über 20 Anträge vor-gelegt. Mit rund 17 Mio. DM beantragter Mittel übertrifft der Finanzumfang dieser Runde die der ersten um etwa 3 Mio. DM. Einige der Antragsteller waren - wie aus Anschreiben zu den eingereichten Anträgen hervorgeht - explizit von der PBWU angesprochen worden. Anzuneh-men ist, daß die Mitglieder der PBWU-Gremien für die Verbreitung des PBWU-RahAnzuneh-men- PBWU-Rahmen-programms in Forscherkreisen sorgten und auch die Fördermaßnahmen der ersten Begutach-tungsrunde weitere Antragsteller zur Beteiligung am PBWU-Projekt animierten.

Wiederum sind als Antragsteller Münchner sowie nordbayerische Universitäten stark vertreten (s. Tabelle 5). Auch zwei privatrechtliche Firmen reichen nach Vorgesprächen mit der PBWU Anträge ein (i.Q.: PBWU, 30.10. und 18.12.1985). Die zur Bearbeitung vorgesehenen Fachge-biete sind denen der erste Runde ähnlich, Fragen der pflanzenphysiologischen und biochemi-schen Wirkungsforschung stehen im Vordergrund (s. Tabelle 6). Einen weiteren Schwerpunkt stellen Anträge aus dem Bereich Bodenkunde und Stoffhaushalt dar. Als Besonderheit sind vergleichsweise finanzaufwendige Anträge zur Bewilligung von Analyse-Geräten sowie zur Einrichtung von Versuchsbeständen zu erwähnen.

Gerade im Rahmen der zweiten Begutachtungsrunde wird der geplante alpine Forschungs-standort mit nur drei Anträgen unzureichend berücksichtigt. Die Mehrzahl der Anträge stellt Laborarbeiten dar, läßt sich keinem Schwerpunktstandort zuordnen oder betrifft - als Samme-lantrag eingereicht - den bereits etablierten Standort Fichtelgebirge (s. Tabelle 7).

Die PBWU teilt den Antragstellern mit, daß die Begutachtung diesmal in schriftlicher Form erfolgte; die Anträge würden externen Gutachtern zur schriftlichen Bewertung zugeleitet wer-den. Formal begründet wird dieses Vorgehen mit der etwas geringeren Zahl von Anträgen im Vergleich zur ersten Begutachtungsrunde (i.Q.: PBWU, 8.1.1986).

Antragsteller Anzahl Anträge Kosten (Mio. DM)

Univ. Bayreuth 7 11,2

Univ. München 5 2,3

TU München 3 0,5

Univ. Würzburg 3 0,5

Firmen 2 1,6

Univ. Regensburg 1 0,1

Univ. Erlangen/Nbg. 1 0,3

GSF 1 0,5

Summe: 23 17,0

Tab. 5: Forschungsanträge und Antragsteller (Frühjahr 1986) (eigene Erhebung)

Fachdisziplin Anzahl Anträge Kosten (Mio. DM) Physiologie /

Pflanzen-soziologie

6 2,7

Biochemie 5 1,9

Bodenkunde / Stoff-haushalt

5 3,0

Analysen-Geräte, Flä-cheneinrichtung

3 7,3

sonstige 4 2,1

Summe: 23 17,0

Tab. 6: Forschungsanträge und Fachdisziplinen bzw. Investitionsanträge (Frühjahr 1986) (eigene Erhebung)

Standort Anzahl Anträge Kosten (Mio. DM)

Fichtelgebirge 7 5,4

Kalkalpen 4 1,1

Bayer. Wald -

-Höglwald 2 0,9

Laubwald 2 1,0

Labor od. nicht zuorden-bar

8 8,6

Summe: 23 17,0

Tab. 7: Forschungsanträge und Forschungsstandorte (Frühjahr 1986) (eigene Erhebung)

5.3.1.2.2 Schriftliches Begutachtungsverfahren zur Forschungsförderung

Die PBWU erarbeitet wie bisher zu jedem der eingegangenen Anträge eine Stellungnahme.

Darin werden wiederum die Einordnung in das Rahmenprogramm, die wissenschaftliche Ziel-setzung und Forschungsinhalte sowie ggf. die Anbindung an weitere, bereits bewilligte oder

beantragte Vorhaben bewertet. Teilweise ist der beantragte Mittel- oder Personalbedarf Be-standteil der PBWU-Bewertung. Mitsamt diesen Stellungnahmen werden die Anträge den ex-ternen Fachgutachtern zur schriftlichen Bewertung vorgelegt.

Das Gutachtergremium ist nur teilweise identisch mit dem der ersten Runde. Da nicht alle Gut-achter der ersten Runde verfügbar sind und neue Fachgebiete abgedeckt werden müssen, wer-den zusätzliche Experten einbezogen. Die PBWU tritt hierzu mit der DFG in Kontakt. Dabei bekommen alle Gutachter wiederum sämtliche Anträge zur Kenntnis, um sich eine Bild über den Gesamtrahmen der Antragsrunde machen zu können. Besonders gekennzeichnet werden die dem jeweiligen Gutachter fachspezifisch zugedachten Anträge. Insgesamt werden minde-stens 2 Gutachter pro Antrag eingeholt (i.Q.: PBWU, 15.5.1986). Darüber hinaus wird es je-dem Gutachter freigestellt, sich zu weiteren Anträgen zu äußern, wovon auch umfangreich Ge-brauch gemacht wird.

Die Gutachten werden wiederum von der PBWU schriftlich zusammengefaßt. Dabei werden die Kriterien aufgeführt, auf Grund derer die jeweiligen Voten gefällt wurden. Mit diesen Un-terlagen wird der Projektrat der PBWU zur nächsten Sitzung am 15.5.1986 eingeladen (i.Q.:

PBWU, 15.5.1986). Den Mitgliedern des an der Sitzung nicht beteiligten Wissenschaftlichen Beirats wird neben den eingereichten Anträgen eine Liste der beteiligten Gutachter übersandt.

5.3.1.2.3 Beratung und Entscheidung im Projektrat der PBWU

Die Beratung der Forschungsanträge der zweiten Begutachtungsrunde steht im Mittelpunkt der Projektratssitzung vom 15.5.1986. Das einvernehmlich zwischen PBWU und Umweltministe-rium durchgeführte Verfahren erfordert wiederum erheblichen Aufklärungs- und Rechtferti-gungsaufwand gegenüber den weiteren Projektratsmitgliedern (i.Q.: PBWU, 15.5.1986). So muß die Antragsakquisition und das Begutachtungsverfahren im Detail geschildert und die Beteiligung von DFG-Gutachtern versichert werden. Ergänzend stellt das Bayerische Kultus-ministerium klar, „daß die Fachgutachter ausschließlich die wissenschaftliche Begutachtung der jeweiligen Anträge zu übernehmen hätten“. Es sei aber Sache des Projektrats, „zu entscheiden, ob der jeweilige Antrag in das Projekt passe oder nicht“. Die Vorbegutachtung durch die PBWU und Mitteilung an die Gutachter wird als „unüblich und nicht vertretbar“ angesehen (i.Q.: Bayer. Kultusministerium, 20.6.1986).

Im weiteren Verlauf der Sitzung werden die Anträge trotz bestehender Verfahrenskritik auf Grundlage der von der PBWU zusammengefaßten Gutachtervoten weiterbehandelt und För-derentscheidungen getroffen. Dabei folgt der Projektrat wiederum weitestgehend den Emp-fehlungen der Gutachter [STEUER 1997, S. 46]. Die Ergebnisse sowie eine kurzgefaßte Be-gründung werden als Übersicht dem Sitzungsprotokoll beigefügt.

Weiterhin wird auf der Sitzung dem Umweltministerium und der PBWU „ungünstige Informa-tionspolitik“ vorgeworfen. So seien Gerüchte im Umlauf, wonach keine weiteren Fördermittel mehr zur Verfügung stünden. Dies wird von Vertretern des Bayerischen Umweltministeriums zwar verneint, aus Finanzgründen seien aber Einschränkungen und Prioritätensetzungen - wie

die Einrichtung des alpinen Forschungsschwerpunktes - unumgänglich (i.Q.: PBWU, 4.6.1986).

5.3.1.2.4 Zurückstellung bewilligungswürdiger Forschungsanträge

Im Anschluß an die Projektratsitzung vom 15.5.1986 verfaßt die PBWU im Auftrag des Um-weltministerium einen Vermerk über die Programmabwicklung in finanzieller Hinsicht (i.Q.:

PBWU, 11.6.1986). Darin scheint die auf der Sitzung bereits angedeutete Finanzmittelknapp-heit auf: Die vom Umweltministerium eingeplanten Fördermittel bis einschließlich 1988 in Hö-he von 7 Mio. DM seien durch finanzielle Förderverpflichtungen aus der ersten Begutach-tungsrunde bereits weitgehend gebunden. Der noch verbleibende Betrag von nurmehr 1 Mio.

DM würde durch die Bewilligung der förderungswürdigen Vorhaben der zweiten Gutachter-runde aufgezehrt. Zudem müßten aber für die Bearbeitung wichtiger Forschungsthemen am al-pinen Forschungsschwerpunkt zusätzlich 2 Mio. DM reserviert werden, ohne daß hierfür je-doch bereits konkrete Anträge vorlägen. Mitsamt den förderungswürdigen, aber zurückge-stellten Anträgen der zweiten Runde in Höhe von ca. 3,5 Mio. DM ergäbe sich bis einschließ-lich 1988 ein zusätzeinschließ-licher Mittelbedarf von insgesamt über 6 Mio. DM.

Die große Diskrepanz zwischen Mittelbedarf und -verfügbarkeit äußert sich in den Mitteilun-gen des Umweltministeriums an die Antragsteller der zweiten Begutachtungsrunde zum Er-gebnis der Förderentscheidung (i.Q.: Bayer. Umweltministerium, 11.6.1986). Neben 12 För-derablehnungen aufgrund negativer Begutachtungsergebnisse wird 6 Antragstellern die Zu-rückstellung ihrer grundsätzlich positiv beurteilten Anträge mitgeteilt. Mehrere Antragsteller, deren Antragsförderung beschlossen worden war, erhalten lediglich eine „eingeschränkte Zu-sage“. Den alpinen Forschungsstandort betreffende Antragsteller werden mit erforderlichen Abstimmungen hinsichtlich Konzeption und Forschungsinhalten und eventuell notwendigen Anpassungen an das interdisziplinäre Programm auf „gegebene Zeit“ vertröstet. Eine definitive Zusage könne derzeit nicht erfolgen. Dieser Typus von Mitteilung kommt faktisch einer Zu-rückstellung gleich. Letztlich führt die zweite Begutachtungsrunde über insgesamt 23 Einze-lanträge vorerst zu keiner einzigen Bewilligung.