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Wissenschaftliches Steuerungskomitee für den Wank

5. POLICY-ZYKLUS

5.3 Programmimplementation

5.3.3 Programmimplementation am alpinen Forschungsschwerpunkt Wank

5.3.3.2 Wissenschaftliches Steuerungskomitee für den Wank

Anläßlich einer der Wank-Begehungen im Frühjahr 1987 (i.Q.: PBWU, 28.4.1987) wird von den Teilnehmern ein leitender Mitarbeiter des ortsansässigen Forschungsinstituts „per Akkla-mation“ zum „Sprecher der Wissenschaftler“ gewählt. Außer der Anregung regelmäßiger Ge-spräche gehen nähere Ausführungen zu dessen Aufgaben aus dem Protokoll nicht hervor. Al-lerdings ergänzt der Leiter des Instituts in seiner Funktion als Mitglied des Beiratsgremiums gegenüber der PBWU, ob es nicht sinnvoll wäre, ein wissenschaftliches „Steering Committee zu bilden“, welches bei der Erstellung des Forschungsprogramms sowie bei der Begutachtung der Forschungsanträge und der laufenden Arbeiten mitwirken könnte (i.Q.: Leitungskomitee, 29.4.1987).

Der neu gewählte Sprecher der Wissenschaftler, der gleichzeitig die Erstellung der Infrastruk-tur am Wank betreut, greift diese Idee auf. Konkret hätte dieses Gremium derzeit mindestens die als dringend erachteten Aufgaben, die bisher laufenden Vorhaben in Hinblick auf eventuell weiteren Forschungsbedarf zu sichten und die Verfahrensweise zur Probennahme am Wank neu zu regeln (i.Q.: Leitungskomitee, 13.8.1987).

5.3.3.2.1 Kritik eines Wank-Forschers an der PBWU-Koordination

Die relativ kurzfristige Einladung der PBWU zur ersten Probennahme der beteiligten Arbeits-gruppen am Wank ist für den Sprecher der Wissenschaftler Anlaß, Kritik an der Vorgehens-weise der Projektgruppe zu formulieren (i.Q.: Leitungskomitee, 14.8.1987). Seiner Ansicht nach sei eine „generalstabsmäßige Vorbereitung unbedingt erforderlich“, die noch verbleibende Frist zum Beprobungstermin zu kurz, so daß „nicht mehr gutzumachende Folgen für das

Ge-samtprojekt“ befürchtet werden müßten. Die PBWU kommt der Anregung einer Vorbespre-chung zur Beprobung nach (i.Q.: PBWU, 16.9.1987); die Probennahme selbst kann plangemäß stattfinden. Des weiteren bringt der Sprecher der Wissenschaftler im Rahmen eines Jahresbe-richtes, den er an die am Wank beteiligten Forscher übersendet, deutlich seine Besorgnis über die trotz Zusage der PBWU noch immer nicht vorliegenden Finanzmittel zur Durchführung von Infrastrukturmaßnahmen am Wank zum Ausdruck (i.Q. Leitungskomitee, 22.12.1987).

Auch die erforderliche „nachdrückliche Intervention beim Projektträger“ zur adäquaten Vorbe-reitung der ersten Probennahme wird erwähnt. Der Bericht schließt mit der Ankündigung, ein wissenschaftliches Leitungskomitee für den Wank einzurichten. Der Leiter der PBWU sieht sich veranlaßt, den Vorwürfen zu entgegnen und die Bemühungen der Projektgruppe zur Pro-jektkoordination am Wank entgegenzuhalten (i.Q.: PBWU, 28.12.1987). Ein weiterer Schrift-wechsel folgt (i.Q.: PBWU, 2812.1987; Leitungskomitee, 7.1.1988).

5.3.3.2.2 Gründung eines wissenschaftlichen Leitungskomitees für den Wank

Noch im Dezember 1987 bittet der Sprecher der Wissenschaftler fünf renommierte Forscher, die selbst am Wank beteiligt sind oder dies beabsichtigen und z.T. dem Wissenschaftlichen Bei-rat angehören, zur Mitarbeit in einem Leitungskomitee für den alpinen Forschungsschwerpunkt (i.Q.: Leitungskomitee, 21.12.1987). Auch der Leiter der PBWU wird hierzu aufgefordert.

Vordringlichste Aufgabe sei die Überarbeitung der bestehenden Konzeption der PBWU und die Übernahme der wissenschaftlichen Koordination der Arbeiten am Standort.

Die angeschriebenen Wissenschaftler schließen sich dem Vorschlag gerne an. Die Bereitschaft zur Beteiligung wird z.T. mit den Argumenten eigener Forschungsarbeiten am Standort und möglicher Forschungskooperationen ergänzend begründet. Dabei werde hohes Niveau des wis-senschaftlichen Konzepts sowie der finanziellen Ausstattung am Forschungsstandort gefordert (i.Q.: Wank-Forscher 7.1. und 6.3.1988).

Auf der konstituierenden Sitzung des wissenschaftlichen Leitungskomitees für den Schwer-punkt „Kalkalpen“ am 8.2.1988, an der auch der Leiter der PBWU teilnimmt, herrscht Über-einstimmung, daß die Forschungskonzeption am Wank klarer ausgerichtet und die Koordinie-rung der Forschungsarbeiten gestrafft werden müsse. Der Wissenschaftliche Beirat der PBWU solle damit in seiner Funktion nicht beeinträchtigt, sondern ergänzt werden (i.Q.: Leitungsko-mitee, 8.2.1988). Aufgaben des Komitees seien,

•ein mittelfristiges Forschungskonzept zu erstellen,

•die Forschung zu koordinieren,

•eingehende Anträge hinsichtlich ihrer Konzeptkonformität zu bewerten,

•Forschungslücken aufzudecken und Vorschläge zu deren Schließung zu unterbreiten,

•Arbeitstreffen und Workshops einzuberufen sowie

•gemeinsame Forschungsberichte etc. abzufassen und herauszugeben.

Zur Aufgabenerfüllung müsse das Komitee allerdings vom Wissenschaftlichen Beirat mit ent-sprechenden Entscheidungskompetenzen ausgestattet werden.

5.3.3.2.3 Diskussion des Forschungskonzeptes des Leitungskomitees

Den ersten Vorschlag eines Forschungskonzepts legt der Sprecher des Komitees im März 1988 vor (i.Q.: Leitungskomitee, 15.3.1988). Unter dem Dach der Photooxidantien-Hypothese ent-hält es verschiedene Detail-Hypothesen zu den Schadursachen im alpinen Bergwald. Eine all-gemeine Zielsetzung, die geplanten Untersuchungsstrategien und ein detaillierter Forschungs-plan folgen. Anläßlich der erster Diskussion des Konzeptvorschlags herrscht Übereinstimmung, daß die Arbeit in einem derartigen Leitungsgremium nur bei mittelfristiger Finanzierung, wel-che eine Forschungsplanung überhaupt ermöglichte, sinnvoll sei (i.Q.: Leitunmgskomitee, 25.3.1988).

In überarbeiteter Form wird das Forschungskonzept, Stand 28.3.1988, von dessen Sprecher den PBWU-Gremien vorgelegt. Im Anschreiben werden die PBWU-Gremien über die Konsti-tuierung des Leitungskomitees in Kenntnis gesetzt. Es werde gebeten, das Forschungskonzept kritisch zu prüfen und bei Zustimmung die erforderlichen Mittel zu seiner Realisierung bereit-zustellen (i.Q.: Leitungskomitee, 28.3.1988). Auf der am darauffolgenden Tag stattfindenden Sitzung der PBWU-Gremien wird hierzu lediglich konstatiert, daß das Vorgehen des Leitungs-gremiums am Wank in etwa dem Vorschlag des Wissenschaftlichen Beirats entspräche, regio-nale oder fachliche Koordinationszentren zu bilden. Aufgrund weiteren Abstimmungsbedarfs wird das Papier bis zur nächsten Sitzung zurückgestellt (i.Q.: PBWU, 29.3.1988).

Unter den am Wank beteiligten Forschern wird das Konzeptpapier auf deren Arbeitsgruppen-besprechung am 13.4.1988 jedoch ausführlich diskutiert. Die PBWU hält es für erforderlich, auf ihr bereits bestehendes Rahmenprogramm aus dem Jahr 1995 sowie ihr Konzeptpapier zur Wank-Forschung hinzuweisen, in dem wesentliche Teile des neuen Forschungskonzeptes be-reits enthalten seien. Von einigen Wank-Forschern werden der Entwurf des Konzeptpapiers fachlich-inhaltlich kritisiert und Modifizierungen gefordert. Diese betreffen insbesondere die zusätzliche Einbeziehung von Forschungsthemen, die deren Vertreter in dem Papier zu wenig repräsentiert sehen. Besonders kontrovers werden die beabsichtigte Antragsvorbewertung und Ergebnispräsentation durch das Komitee diskutiert. Dies wird von der Mehrzahl der Anwesen-den als „Bevormundung“ und gegen die Unabhängigkeit der Forschung gerichtet empfunAnwesen-den.

Die Entfernung entsprechender Passagen aus dem Aufgabenkatalog wird daher gefordert (i.Q.:

PBWU, 13.4.1988).

Daß das Konzeptpapier in seinen Grundlagen, nämlich der Hypothesenbildung und deren Be-gründung, sowie dem gewählten Untersuchungsansatz nicht unumstritten ist, zeigen auch kriti-sche Anmerkungen von Wank-Forkriti-schern, Komitee-Mitgliedern und der PBWU, die im Som-mer 1988 um schriftliche Änderungsvorschläge gebeten werden (i.Q.: Wank-Forscher, 16.8., 30.8. bzw. 31.8.1988).

Das vorgesehene Aufgabenspektrum des Komitees ist auch für das Bayerische Umweltministe-rium Anlaß zur Stellungnahme. In seinem Schreiben an den gesamten Wank-Adressatenkreis wird ausgeführt, daß die Organisation und Koordination der staatlich finanzierten, bayerischen Waldschadensforschung und damit insbesondere die Durchführung von Begutachtungsverfah-ren, Workshops, Ergebnisbewertung etc. der PBWU oblägen. Weitere Gremien neben dem Wissenschaftlichen Beirat und Projektrat sowie den Gutachtern seien weder vorgesehen, noch sei eine Aufgabenverlagerung von der PBWU auf andere Institutionen geplant. Im Rahmen der

bestehenden Strukturen werde die Zusammenarbeit der beteiligten Arbeitsgruppen jedoch un-terstützt (i.Q.: Bayer. Umweltministerium, 16.5.1988).

Auch gegenüber einem führenden Vorhabenleiter am Wank, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats und Leitungskomitees zugleich, äußert das Ministerium seine Sorge um eine Verlage-rung von PBWU-Aufgaben auf das Leitungskomitee. Der Wissenschaftler betont jedoch die Notwendigkeit eines neuen Konzeptes und hält es für sinnvoll, daß die mit dem Forschungs-standort vertrauten Wissenschaftler auch Einfluß auf die Prioritätensetzung bei der For-schungsförderung und der Bewertung der Ergebnisse nehmen könnten (i.Q.: Bayer. Umwelt-ministerium, 2.8.1988). Allein die vom Umweltministerium tolerierte Beteiligung des Gremien-sprechers bei Rahmenprogrammerstellung und Behandlung von Forschungsanträgen erscheint dem Leitungskomitee jedoch nicht ausreichend. Es besteht weiterhin auf den im Konzept be-schriebenen Aufgaben; die der PBWU seien demgegenüber vielmehr im administrativen Be-reich anzusiedeln (i.Q.: Leitungskomitee, 22.9.1988).

Erst auf der Sitzung vom 15.12.1988 kann der Sprecher des Leitungskomitees den PBWU-Gremien die Forschungskonzeption für den Wank selbst vorstellen (i.Q.: PBWU, 15.12.1988).

Vom Wissenschaftlichen Beirat wird eine grundsätzlich positive Stellungnahme zu dem Kon-zeptpapier abgegeben. Das Umweltministerium wiederholt allerdings die Aussage, daß es über die PBWU hinaus keiner weiteren koordinierenden Institution bedürfe, wenn der Wissen-schaftliche Beirat seine beratende Funktion „ernst nähme“. Angesichts der angespannten Fi-nanzlage wird die Diskussion jedoch auf die nächste Sitzung zurückgestellt.

Der Sprecher des Leitungskomitees teilt die Ergebnisse der Sitzung seinen Kollegen mit (i.Q.:

Leitungskomitee, 21.12.1988). Er schildert die Bedenken des Umweltministeriums sowie die Vertagung des Themas, da vom Wissenschaftlichen Beirat noch keine Stellungnahme zu dem Konzeptpapier abgegeben worden sei, welche das Ministerium aber wiederum erwarte. Die als

„katastrophal“ empfundene Situation zahlreicher Forschungsanträge einerseits, knapper Fi-nanzmittel andererseits, lassen den Sprecher „ernsthaft die Frage“ stellen, „ob es überhaupt sinnvoll ist, das Forschungskonzept weiter zur Förderung über die PBWU vorzusehen“.

Auf der nächsten Sitzung der PBWU-Gremien steht das Forschungskonzept des Leitungsko-mitees wiederum auf der Tagesordnung. Dessen Sprecher unterstreicht, daß weder ein zu den PBWU-Gremien konkurrierendes Gremium, noch eine Vorbegutachtung von Anträgen beab-sichtigt sei. Ansonsten werden weitgehend die bereits bekannten Standpunkte ausgetauscht (i.Q.: PBWU, 14.3.1989). Die abschließende Festlegung, wonach sich der Beirat erst dann mit dem Konzeptpapier befassen solle, wenn es aktualisiert sei, hält der Sprecher des Leitungsko-mitees allerdings für „unzumutbar“. Im Schreiben vom Mai 1989 an die PBWU führt er aus, daß das Papier seit über einem Jahr dem Gremium vorläge, „ohne daß es zu einer detaillierten Stellungnahme (...) gekommen wäre“. Zwar sei eine Aktualisierung erforderlich, diese sollte jedoch auf der Basis von Empfehlungen des Beirats erfolgen (i.Q.: Leitungskomitee, 8.5.1989).

In seiner Übermittlung der Sitzungsergebnisse an die Kollegen kann der Sprecher des Lei-tungskomitees jedoch auch auf einige positive Aspekte verweisen. So schiene das Bayerische Umweltministerium „jetzt eher die Namensgebung zu stören als das Gremium als solches“.

Auch die finanzielle Situation der Forschungsförderung stelle sich „nicht mehr ganz so hoff-nungslos“ dar wie früher. Nochmals hätte allerdings deutlich gemacht werden müssen, daß dringend die Empfehlungen des Wissenschaftlichen Beirats zu dem Forschungskonzept erwar-tet würden (i.Q.: Leitungskomitee, 9.5.1989).

Das erste Statusseminar der PBWU im Februar/März 1989 zum Forschungsschwerpunkt Waldschäden [PBWU 1989] nutzt der Sprecher des Leitungskomitees dazu, das Forschungs-konzept öffentlich vorzustellen [S. 351-356]. Er verbindet die inhaltliche Präsentation mit deutlicher Kritik an der bisherigen Wank-Forschung und der zögerlichen Behandlung des Kon-zeptes in den PBWU-Gremien.