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Charakterisierung der einzelnen Akteure

4. AKTEURE DES PBWU-PROJEKTES

4.2 Charakterisierung der einzelnen Akteure

4.2.1 Projektgruppe Bayern zur Erforschung der Wirkung von Umweltschadstoffen (PBWU)

Die PBWU-Projektgruppe wurde 1984 auf Beschluß des Bayerischen Ministerrats auf Grund-lage eines Vertrags des Bayerischen Umweltministeriums mit dem GSF-Forschungszentrum gegründet. Sie setzt sich zusammen aus 3 Naturwissenschaftlern unterschiedlicher, für die Waldschadensforschung relevanter Fachrichtungen und der entsprechenden Infrastruktur (Se-kretariat etc.). Die Projektgruppe kann als Projektträger des bayerischen Umweltressorts be-zeichnet werden. Wie für derartige Organisations- bzw. Administrationseinheiten zur For-schungsförderung üblich [BRAUN 1997, S. 231ff], ist sie dem Ministerium gegenüber wei-sungsgebunden, insbesondere in Förderentscheidungen, personalrechtlich und administrativ je-doch in die Großforschungseinrichtung GSF eingegliedert. Entsprechend ihrem intermediären Charakter steht die Projektgruppe zwischen den politischen und wissenschaftlichen Fronten.

Sie ist dem Druck, die Interessen aus Politik und Wissenschaft zu vereinbaren, direkt ausge-setzt [BRAUN 1997, S. 351]. Ihre größere Nähe zur Politik ergibt sich aus der vertraglichen Anbindung an ihren Auftraggeber, als dessen „verlängerter Arm“ sie handelt.

Aufgabe und damit formaler Handlungsplan der Projektgruppe ist es, für ihren politischen Auftraggeber als Koordinationsstelle für die Waldschadensforschung in Bayern zu fungieren.

Dies bedeutet aus steuerungstheoretischer Sicht die Vereinbarung politischer und wissen-schaftlicher Interessen, wobei wissenschaftliche Qualitätskriterien der Forschung ebenso zu be-rücksichtigen sind wie politische Relevanzkriterien [BRAUN 1997, S. 351]. Hierzu wird ein ei-genes Förderprogramm aufgelegt, das dem politischen Auftrag zur Verstärkung der Waldscha-densforschung Rechnung tragen soll. Wesentliche Aufgaben der Projektgruppe bestehen daher in der entsprechenden Programmerstellung und -implementation sowie der organisatorischen Verfahrensdurchführung zur Forschungsförderung.

Neben den formalen Aufgaben muß der Projektgruppe informal an ihrer Existenzsicherung ge-legen sein. Dem dient die möglichst umfassende und verantwortliche Ausfüllung der Koordi-nierungsaufgaben. Dem Streben nach Existenzsicherung käme ein umfangreiches, möglichst langfristig angelegtes Forschungsprogramm entgegen. Aus einer derartigen Interessenlage könnte ein entsprechender informeller Handlungsplan resultieren. Die enge Anbindung der PBWU an das politische Umweltressort macht zudem Strategien erforderlich, auch bei der Wissenschaft die Akzeptanz und Anerkennung im Sinne beidseitig erfolgreicher Kooperation herzustellen.

Zur Erfüllung ihrer Aufgaben wird die Projektgruppe vom Auftraggeber mit entsprechenden formalen Machtressourcen wie Organisations-, Administrations-, aber auch Lenkungsfunktio-nen ausgestattet. Letztere finden ihre Grenzen zwar in der Verpflichtung zur Beteiligung ihrer wissenschaftlichen und politischen Gremien, lassen aber bei der nur geringen Verfahrensnor-mierung im Projekt ausreichend Handlungsfreiräume oder zumindest Interpretationsspielräume offen, die für die Verfolgung informaler Interessen genutzt werden können.

Aufgrund ihrer Weisungsgebundenheit gegenüber dem Ministerium kann die Projektgruppe in-direkt von den Machtressourcen des Auftraggebers profitieren. Die Projektgruppe kann sich in ihrem Handeln formal auf den Auftraggeber Umweltministerium berufen. Ebenso kann die per-sonelle wie administrative Zugehörigkeit zur GSF und die daraus resultierende Nähe zu deren Forschungsinstituten als informale Ressource genutzt werden. Die intermediäre Stellung der Projektgruppe zwischen Politik und Wissenschaft läßt zudem einen hohen Informationsstand erwarten, der als Machtressource gezielt gegenüber anderen Akteuren eingesetzt werden kann.

4.2.2 Projektrat der PBWU

Die Vertreter der Politik sind im eigentlichen Entscheidungsgremium des Projektes, dem Pro-jektrat, repräsentiert. Ihm gehören Fachbeamte aus den für Forschung zuständigen Abteilungen der einschlägigen bayerischen Ressorts, sowie der GSF-Geschäftsführer an. Die formale Handlungsrationalität des Gremiums besteht darin, den problemlösungsorientierten Auftrag des Projektes über die Einflußnahme in grundsätzlichen Fragen sowie über die Entscheidungskom-petenz in konkreten Fördermaßnahmen zu sichern und für die Berücksichtigung ressortpoliti-scher Interessen zu sorgen.

Das Bayerische Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen (Umwelt-ministerium) nimmt eine prominente Stellung im Projektrat ein. Noch vor Gründung des Pro-jektes übernimmt es im politischen Raum die Initiative zur Bildung einer Koordinierungsstelle für die Waldschadensforschung und erhält entsprechend dem Bayerischen Ministerratsbeschluß zur PBWU-Gründung die Federführung. Es ist Hauptfinanzgeber des Projekts und Vertrags-partner für die forschungsdurchführenden Institutionen sowie speziell für die GSF hinsichtlich der Finanzierung und Durchführung der Projektgruppe PBWU. Daraus ergibt sich formal wie informal eine enge Verbindung zwischen diesen beiden Akteuren. Das politische Ressort be-dient sich der externen Projektgruppe in einer Art „administrativer Brückenkopf-Funktion“, um den direkten Zugang zur Wissenschaft zu verbessern [BRAUN 1997, S. 231]. Maßgebliche Ent-scheidungen im PBWU-Projekt, insbesondere FörderentEnt-scheidungen, bedürfen der Beschlüsse des gesamten Gremiums Projektrat. Sie sind jedoch von der aus der Finanzierungshoheit des Umweltressorts resultierenden, formalen Durchsetzungsmacht bestimmt.

Wie für Behörden und Institutionen allgemein gültig, so prägen neben den allgemeinen, legitim zugeteilten Verwaltungsbefugnissen und der speziellen Finanzierungshoheit zur Forschungs-förderung im PBWU-Projekt auch informale Machtressourcen deren Handeln bzw. das ihrer Angehörigen. Zu nennen sind hier behördeninterne soziale Beziehungen, der Umgang mit dem Machtfaktor Information zwischen Politik und Fachverwaltung sowie Entscheidungsfreiräume, die gerade im Bereich der Forschungsadministration aufgrund der Unbestimmtheit und Unvor-hersehbarkeit verschiedener Vorgänge bestehen. Diese können von den einzelnen Verwal-tungsangehörigen je nach Typus und Interessenlage individuell genutzt werden [DOWNS 1967, S. 92-111; KROTT 1990, S. 78-81].

Mit dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ist das für das Objekt Wald zuständige Forstressort im Projektrat der PBWU vertreten. Über das Kultus-ressort wird die allgemeine Zuständigkeit für Wissenschaft und Hochschulfragen

berücksich-tigt. Bei beiden Ressorts kommt jedoch der Aspekt ressortspezifischer Forschungsförderung hinzu. So finanziert das Forstressort über das Kuratorium der ehemaligen Bayerischen Forstli-chen Versuchs- und Forschungsanstalt (heute: Bayerische Landesanstalt für Wald und Forst-wirtschaft) überwiegend forstliche Forschung der Forstwissenschaftlichen Fakultät und der Forschungsanstalt selbst, darunter auch die Tannen- und Fichtenforschung zu Beginn der Waldschadensforschung. Das Kultusressort beteiligt sich ab 1984 für mehrere Jahre maßgeb-lich an der Finanzierung der „Bayerischen Forschungsgruppe Forsttoxikologie“ mit ihrem nordbayerischen Forschungsschwerpunkt Fichtelgebirge [SCHULZE et al. 1989, S. 6].

Dies führt zu der besonderen und hinsichtlich Forschungskoordination konfliktträchtigen Kon-stellation, daß politische Vertreter bereits etablierter Forschungsförderungsprogramme in das neu gegründete PBWU-Projekt an entscheidungsbefugter Stelle integriert werden. Die PBWU mit übergreifendem Koordinierungsanspruch trifft auf bestehende und kooperierende Förder-bzw. Forscherkoalitionen, deren Vertreter im Projektrat der PBWU - und vergleichbares gilt auch für den Wissenschaftlichen Beirat - ihre Interessen informal zugunsten der von ihnen be-treuten Klientela verfolgen können. Neben der formalen Ressource der Entscheidungsmacht im Rahmen des Gremiums Projektrat können die ressortspezifischen Förderer-/Forscherkoalitionen als informale, forschungspolitische wie fachliche Ressource eingebracht werden.

Die GSF nimmt hierbei eine Sonderstellung ein. Ihr wissenschaftlich-technischer Geschäftsfüh-rer ist im Projektrat der PBWU vertreten. Als Vertragspartner des Umweltministeriums bzgl.

der Projektgruppe PBWU und als deren dienstvorgesetzte Instanz ist die Beteiligung der GSF im Projektrat formal unter überwiegend administrativen Gesichtspunkten zu betrachten. Die Verschränkung mit forschungspolitisch-wissenschaftlichen Interessenlagen der Forschungsin-stitution GSF stellt jedoch einen erheblichen informalen Macht- bzw. Konkurrenzvorteil zur Einflußnahme auf die Waldschadensforschung dar, der an förderentscheidender Stelle im Pro-jektrat genutzt werden kann. Durch den direkten dienstvorgesetzten Zugang der GSF-Geschäftsführung zur Projektgruppe sowie die spätere Mitgliedschaft eines GSF-Institutsleiters im Wissenschaftlichen Beirat kann das formale wie informale Einflußnahmepotential der GSF auf das PBWU-Projekt noch vergrößert werden.

Das Bayerische Staatsministerium des Inneren, welches in den ersten Jahren des PBWU-Projektes dem Projektrat angehört, tritt so gut wie nicht in Erscheinung.

4.2.3 Wissenschaftlicher Beirat der PBWU

Ungeachtet der Bedeutung der Waldschadensforscher als eigentlich Durchführende der For-schung stellt in der Programm- und ForFor-schungssteuerung das Gremium des Wissenschaftlichen Beirats den wissenschaftlichen Hauptakteur dar. Der Beirat setzt sich aus mehreren namhaften Fachvertretern universitärer und außeruniversitärer Forschungseinrichtungen Bayerns zusam-men, die meist selbst in die Waldschadensforschung involviert sind. Der Beirat hat die Aufga-be, bei der Erstellung fachlicher Programme maßgeblich mitzuwirken und Projektgruppe sowie Projektrat insbesondere in Hinblick auf die Förderentscheidungen zu Forschungsanträgen fach-lich zu beraten.

Die formale Handlungsrationalität des Wissenschaftler-Gremiums ist geprägt durch den An-spruch, durch die Einflußnahme auf Forschungskonzeption und Fördermittelvergabe die Pro-duktivität der Wissenschaft zu verbessern [s.a. BRAUN 1997, S. 351]. Die vertraglich vorgese-hene, verfahrensmäßige Beteiligung des Gremiums stellt eine erhebliche formale Machtres-source dar, die zur wissenschaftlichen Steuerung des Projektes verwendet werden kann. Die hohe wissenschaftliche Reputation der Beiratsmitglieder, die Abdeckung relevanter For-schungsdisziplinen und somit hochrangige fachliche Kompetenz ergänzen das Machtpotential des Gremiums wesentlich in Hinblick auf die Abgabe fachlicher Empfehlungen zu Forschungs-anträgen.

Informale Handlungspläne des Gremiums bzw. seiner Mitglieder können die Stärkung der je-weils vertretenen Forschungsdisziplin und Eigeninteressen im Gesamtkontext des Forschungs-programms betreffen. Koalitionsbildungen im Gremium, z.B. auf fachlicher Ebene, und der ho-he Informationsstand können die Position noch verbessern und versprecho-hen wissenschaftlicho-he Konkurrenzvorteile gegenüber externen Forschern. Die Option, daß sich Beiratsmitglieder selbst mit Forschungsvorhaben am PBWU-Projekt beteiligen können und dies auch in erhebli-chem Umfang nutzen, verdeutlicht diese informale Ressource.

Weitere, informelle Machtressourcen einzelner Beiratsmitglieder sind bereits bestehende Ko-alitionen mit den weiteren, im Projektrat vertretenen Förderressorts. Der Schulterschluß zwi-schen Förderer und Forschern, die gleichzeitig Beiratsmitglied sind, begünstigt die jeweilige Interessenvertretung im PBWU-Projekt in politischer wie wissenschaftlicher Hinsicht.

4.2.4 Externe Fachgutachter

Um die fachliche Beurteilung von eingereichten Forschungsanträgen auf eine hohe qualitative Basis zu stellen, werden in das Förderverfahren des PBWU-Projektes - wie üblich - externe Gutachter als Experten einbezogen [s.a. BRAUN 1997, S. 339; FELT et al. 1995, S. 235ff;

JASANOFF 1990, S. 61ff]. Diese sind als eine weitere, wissenschaftlich orientierte Akteursgrup-pe im PBWU-Projekt zu nennen. Die fachliche Bewertung durch Gutachter dient dem Wissen-schaftlichen Beirat als Grundlage für eine Förderempfehlung an den förderentscheidenden Projektrat.

Formaler Handlungsplan der Gutachter ist die umfassende, wissenschaftlich-fachliche Beurtei-lung von Forschungsanträgen. Dies soll die Ausgewogenheit und Qualität der fachlichen Ein-schätzung durch die Entscheidungsgremien erhöhen und ein möglichst objektives Urteil erlau-ben. Die dominierende, formale Ressource fachlicher Kompetenz wird durch die Auswahl als Gutachter verliehen. Ein persönliches, wissenschaftliches Interesse an den Forschungsinhalten der zu begutachtenden Anträge kann dabei ebenso unterstellt werden wie das Interesse an ei-gener Reputationssteigerung [BRAUN 1997, S. 339ff].

Mit der formalen Gutachterfunktion ist gleichzeitig in hohem Maße informales Machtpotential verbunden. Die fachspezifische Information kann als wissenschaftlicher Konkurrenzvorteil ge-genüber dem zu begutachtenden Antragsteller für Eigeninteressen des Gutachters genutzt wer-den. Zumindest theoretisch zeigt sich in der gutachterlichen Antragsbeurteilung ein Zielkonflikt

zwischen formalen und informalen Interessen, nämlich zwischen objektiver, fachlicher Beur-teilungskompetenz und subjektiver, persönlicher oder fachlicher Beziehung. Letztere kann sich im Rahmen des Begutachtungsverfahrens als Zu- oder Abneigungsverhalten (Konkurrenz) ge-genüber dem Antragsteller äußern.

Auf die generelle Wahrheits-Problematik der Begutachtung wissenschaftlicher Erkenntnis mit-tels des Urteils von Experten, die bspw. von MOHR [1995, S. 120-136] als „Expertendilemma erster und zweiter Art“ bezeichnet wird, soll im Rahmen dieser Arbeit nicht eingegangen wer-den.

4.2.5 Waldschadensforscher

Die eigentliche Durchführung der naturwissenschaftlichen Forschung und somit der Erkennt-nisfortschritt zum Thema wird von den Waldschadensforschern, den eigentlichen Adressaten des Forschungsförderprogrammes, geleistet. Im PBWU-Projekt sind über 40 Forschergruppen verschiedener Fachdisziplinen beteiligt, die als Forschungs-Durchführende auftreten. Weitere Antragsteller, die nicht zu einer Umsetzung der vorgeschlagenen Forschungsbeiträge im Rah-men des PBWU-Förderprogrammes gelangen, komRah-men hinzu. Insgesamt werden bei der PBWU während der Gesamtprojektlaufzeit rund 120 Forschungsanträge eingereicht. Beteiligt sind Forschergruppen staatlicher, universitärer sowie außeruniversitärer Forschungseinrichtun-gen Bayerns. Zu nennen sind insbesondere Forschergruppen der Münchener Universitäten, der Universitäten Bayreuth und Würzburg, des Fraunhofer-Instituts für Atmosphärische Umwelt-forschung in Garmisch-Partenkirchen und der GSF, Neuherberg. Vereinzelt werden For-schungsvorhaben vom Max-Planck-Institut für Biochemie, Martinsried, der Fachhochschule Weihenstephan und - überwiegend Serviceleistungen - von der ehemaligen Bayerischen Forst-lichen Versuchs- und Forschungsanstalt, München, durchgeführt [REUTHER et al. 1993, An-hang 1].

Die antragstellenden Waldschadensforscher können von den vorhandenen fachlichen, instru-mentellen, infrastrukturellen und personellen Ressourcen an ihren Institutionen profitieren; dies umso mehr, je stärker die künftigen Forschungsarbeiten auf den bisherigen aufbauen. Zusätzli-che personelle Ressourcen für die im Rahmen des PBWU-Projektes durchzuführenden For-schungsarbeiten, die überwiegend von kostengünstigen, meist hochmotivierten Doktoranden geleistet werden [s.a. KROTT 1994a, S. 149], sind vergleichsweise einfach zu akquirieren. Auch für Geräteinvestitionen bietet das PBWU-Programm grundsätzlich Möglichkeiten.

Formal gilt das Hauptinteresse der Forscher dem Fortschritt in der wissenschaftlichen Erkennt-nis. Sie sind dem wissenschaftlichen Ethos als verbindlichem Wertesystem der Wissenschaft verpflichtet [MOHR 1981]. Daneben bestehen jedoch informale Ziele wie Autonomie, Konkur-renzvorteil, Renommee, Prestige und persönliche Anerkennung, die den formalen Handlungs-plan des Forschers überprägen. Neben Information, etwa in Form von fachlicher Kompetenz, kann der Forscher auch auf Macht als Durchsetzungsmittel zurückgreifen. Aufgrund bereits geleisteter Forschungsarbeiten in der entsprechenden Disziplin ergibt sich jeweils ein Vor-sprung an fachlichem Wissen oder an wissenschaftlichen Daten gegenüber Konkurrenten, wel-cher die Anerkennung in der „scientific community“ stärkt.

Zur Verbesserung der Konkurrenzsituation und damit der Bewilligungschancen für einen For-schungsauftrag wird daher bei der Antragstellung häufig auf die Exklusivität des erarbeiteten wissenschaftlichen „know hows“ verwiesen und mit der beabsichtigten Forschung ein erhebli-cher Erkenntniszugewinn in Aussicht gestellt. Im Rahmen der über wissenschaftliche Reputati-on verlaufende Selbststeuerung der Forschung innerhalb der scientific community [BRAUN

1997, S. 66ff] ist deren Interesse allerings primär im Bereich der Grundlagenforschung gele-gen.

Darüber hinaus bestehen Möglichkeiten, mit wissenschaftlichen Gruppen desselben Fachbe-reichs oder im interdisziplinären, fachbeFachbe-reichsübergreifenden Forschungsverbund zu koalieren, um die wissenschaftliche Attraktivität gegenüber dem Finanzgeber zu erhöhen. Entsprechende Forschungsverbünde müssen denn auch bei der Analyse des PBWU-Projektes berücksichtigt werden.

Die Konstellation, daß Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirats der PBWU gleichzeitig als Antragsteller bzw. Forschungsnehmer auftreten, muß als ein gesonderter Konkurrenzvorteil gegenüber den sonstigen Antragstellern gewertet werden. Das ohnehin hohe Renommee der Forscher im Beirat kann mit der Machtressource hohen Informationsstandes über das Projekt sowie Beteiligung im Rahmen des Förderverfahrens kombiniert werden.

Zu erwähnen ist abschließend, daß die wissenschaftlichen Akteure als Mitglieder des Wissen-schaftlichen Beirats, des Gutachtergremiums sowie als Antragsteller die Gemeinsamkeit auf-weisen, in die scientific community und deren Selbststeuerung über Professions-, Qualifika-tions-, Bewertungs-(Evaluations-) und Publikationsverfahren eingebunden zu sein [s.a. BRAUN

1997, S. 66ff].

4.2.6 Externe Koordinationseinrichtungen

Die bisher dargestellten Akteure sind interner Bestandteil der Organisationsstruktur des PBWU-Projektes. Die Integration in die bundesweite Forschung zum Thema erfolgt über eine interministerielle Arbeitsgruppe. Diese, bezogen auf das PBWU-Projekt externe Koordinati-onsstruktur soll abschließend skizziert werden.

Zur Abstimmung der Forschungsaktivitäten zwischen Bund und Ländern war zu Beginn der Waldschadensforschung 1982/83 die „Interministerielle Arbeitsgruppe Waldschäden/Luft-verunreinigungen“ (IMA) unter Federführung des Umweltbundesamtes (UBA) gegründet wor-den. Zu ihrer wissenschaftlichen Beratung wurde ein „Forschungsbeirat Waldschäden/ Luftver-unreinigungen“ (FBW) eingesetzt [MÖHRING 1992, S. 15; UMWELTBUNDESAMT 1996, S. 4;

DER BUNDESMINISTER FÜR FORSCHUNG UND TECHNOLOGIE 1985, S. 113-134]. Die PBWU gehört neben weiteren vergleichbaren Länder- und Bundes-Koordinationsstellen bzw. For-schungsförderressorts der IMA an und ist damit in die bundesweite Forschungskoordination eingebunden.

Neben Querschnittsveranstaltungen der IMA zu bestimmten Problemfeldern sind insbesondere die 3 Berichte des FBW in den 80er Jahren und der Internationale Kongreß Waldschadensfor-schung im Jahr 1989 wichtige Markierungen des Standes der WaldschadensforWaldschadensfor-schung und

richtungsweisend für künftige Forschungsschwerpunkte [FORSCHUNGSBEIRAT WALDSCHÄDEN

1984, 1986 und 1989a, b].

Das formale Ziel der ressort- und länderübergreifenden Forschungsabstimmung kann allerdings nur mit begrenzten, im wesentlichen auf Information beruhenden Machtressourcen verfolgt werden. Im Rahmen der „IMA-Frühkoordination“ der Forschung findet ein schriftlicher, for-malisierter Informationsaustausch über beabsichtigte Forschungsaktivitäten statt. Laufende Forschungsaktivitäten werden dokumentiert [z.B. IMA 1983] und länderübergreifende, for-schungskonzeptionelle Empfehlungen der Förderpolitik erarbeitet (s. verschiedene Jahresbe-richte der IMA). Derartige Koordinierungsmaßnahmen sind jedoch mangels Durchsetzungs-macht weitgehend unverbindlich. Die Finanzierungshoheit der Länderressorts bzgl. Förder-maßnahmen bleibt uneingeschränkt bestehen, länder- bzw. ressortspezifische Förderinteressen können weiterverfolgt werden. So beschränkt sich auch die Interaktion zwischen PBWU-Projekt und IMA auf informative Kooperation. Weder in wissenschaftlicher, noch in for-schungspolitischer Hinsicht muß sich das Projekt koordinierend-steuernden Einflüssen einer bundesweiten Koordinierungsstelle unterwerfen.