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Eckpunkte, die festgehalten werden sollen für die Betrachtung des empirischen Materials werde ich hier nicht formulieren, vielmehr sollen Fragen gestellt werden, deren Antworten aus dem empirischen Material eine Aussage erlauben soll über die Rezeption von Beratung unter dem Blickwinkel der Kategorie Geschlecht.

Allerdings sollen Zielrichtungen benannt werden, die sich aus der theoretischen Grundlage ergeben, um eine Art Leitfaden zu haben für die Interpretation der Erfahrungen.

Wie sich im Abschnitt über eine Alltags- und Lebensweltorientierung in der Beratung als Ziel der gelingendere Alltag, die gesellschaftliche Teilhabe und soziale Gerechtigkeit abgebildet haben, soll auch hier eine Zielformulierung eine Art „Leitutopie“ prägen, auf der als Folie das empirische Material ausgewertet werden kann. Diese Zielformulierung kann helfen, im Zauber der Details des konkreten Falles den Blick für das Ganze nicht zu verlieren, also einen Maßstab bereit zu stellen, mit dem (empirische) Erfahrungen sich auseinander-, - oder in Beziehung setzen müssen.

Für die Beratung unter dem Vorzeichen der Geschlechtersensibilität will ich nur wenige Orientie-rungspunkte herausgreifen. So kann mit Connell (1999, 247), der die „Männlichkeitskonstruk-tionen“ untersucht, also auf der Seite der Männerforschung, ein „Projekt der sozialen Gerech-tigkeit in den Geschlechterbeziehungen“ formuliert werden. Engelfried (1997) fordert die Aner-kennung der situativ unterschiedlich gelebten, dabei der positiv hervortretenden Männlichkeiten.

Von Gildemeister wird -unter der Disziplin Geschlechterforschung- eine „Flexibilisierung des Umgangs mit Geschlechtsbedeutungen“ (2001, 688) markiert.

Was aber bedeutet dies für meine Untersuchung zur Wahrnehmung von Beratung ?

Fraglich wird nämlich– im Rahmen der Dekonstruktionsdebatte - hier sofort das mögliche Ansinnen, weibliche und männliche Beratungskommunikation zu identifizieren. Dies erscheint nicht zielführend, wenn wir davon ausgehen, dass die Dichotomisierung, die binäre Klassifikation schon immer vorgängig gegeben ist, aber Geschlechtsrollenstereotypen nur bestätigen hilft. Und dies erfolgt durch die Einteilung in weibliche versus männliche Charakteristika, die zudem ge-schlechtshierarchisch fungieren.

Ziele der Dekonstruktion von Geschlecht, Utopien der Egalität, können ganz offensichtlich nur als Leitidee hier einfließen, die sensibilisieren kann für das, was in der geschilderten Interaktion im Beratungssetting abläuft, eben nicht abläuft oder ablaufen könnte. So leisten sie einen Beitrag zur Schärfung des Forscherblicks, und das soll an dieser Stelle genugsein.

Die De-konstruktion muss anvisiert werden als Ausblick, als Konsequenz, kann hier jedoch nicht weiter verfolgt werden, als dass ich mir stets der Tatsache bewusst bin, dass eine binäre Einteilung auch eine Klassifikation, eine Hierarchisierung auf sozialer Ebene bedeutet, die schon immer da war, und dass ich diese als Denkfigur voraussetzen muss.

Ich wähle deshalb hier einen sehr basalen Zugang, indem ich mich mit den Fragen an die Empirie ganz auf das konzentriere, was von den Klienten sozialer Beratung als relevant konnotiert wird.

Wie nehmen Frauen, wie Männer Beratung als gleich- oder andersgeschlechtliche Dyade der Hilfebeziehung wahr? (im „Innenverhältnis“ zwischen BeraterIn und KlientIn).

Hier bedarf es auch der Sensibilität für durch Beziehungswünsche geleitete oder auf Sexualität bezogene Verhaltenweisen der Fachkräfte: Gibt es geschlechtsbezogene Übergriffe, subjektiv als solche erlebte Grenzverletzungen? Oder haben, vice versa, KlientInnen weitergehende diesbezügliche Erwartungen an die Fachkräfte?

Welche Konsequenzen aus Beratung zeigen sich bei einer Betrachtung der Erfahrungen im Rahmen des Geschlechterverhältnisses, also in der Auswirkung auf „Außenverhältnisse“ zu ande-ren Interaktionspartnern? Fragen hierzu wäande-ren: Wo werden durch Beratung althergebrachte Geschlechtsrollenstereotypen zementiert, oder vice versa, herausgefordert, gar aufgelöst? Können mögliche geschlechtshierarchische Verdeckungszusammenhänge (vgl. Bitzan 2000) sichtbar gemacht werden?

Weitere Fragen sind: Was ist KlientInnen wichtig, was nicht? Wo treten geschlechtsbezogene Aspekte von Beratung allgemein auf, wie sehen sie aus? Gibt es hier auch geschlechtsspezifische Aussagen, also nehmen Männer die Geschlechtskategorie anders wahr als Frauen, oder eben nicht? Zeigt sich möglicherweise eine Dichotomie zwischen der Relevanz, die die Geschlechterforschung ihrem Gegenstand zuschreibt, und der Rezeption deren allgemeiner Wissensbestände bei meiner Zielgruppe der Beratungssuchenden. Wie sieht deren tatsächliche Haltung, z.B. als Erwartung, oder Indifferenz, oder Ablehnung aus?

Zweiter Teil: Forschungsprozess und Methodik 4 Ausrichtung

In dieser Studie gehe ich von der Selbstdarstellung der AdressatInnen von Beratung aus.

Um die subjektive Sichtweise von Menschen über eine bestimmte Art von Erfahrung zu erheben, eignet sich vorrangig eine nicht standardisierte, offene Forschungsform, die auch Raum gibt für narrative Teile. Mit einem Anreiz zum Gespräch als narrativem Interviewteil und einem leitfadengestützten Nachfrageteil komme ich diesem Anforderungsprofil nach. So kann der Mensch als Subjekt wahrgenommen und in der Komplexität seiner Erfahrung, auch aus seiner lebensweltlichen Situiertheit heraus verstanden werden. Ebenso können so auch Prozessverläufe und Entwicklungen nachgezeichnet und rekonstruiert werden, die ja explizit meinen besonderen Fokus darstellen. Im Vordergrund steht bei einem qualitativen Zugang nicht die Repräsentanz, sondern die Typik des Falles (Heiner 2001).

In diesem Kapitel werde ich vier Aspekte zur Methodologie und zum Forschungsprozess dieser Arbeit darlegen.

Die folgenden Ausführungen bewegen sich entlang dem chronologischen Ablauf dieses itinerativen Prozesses, beginnen also mit den Zugängen zur Methodik im Sinne eines Absteckens des methodologischen Instrumentariums, dessen Anwendungsplanung und Überlegungen zur sinnvollen Validierung. Danach werden die fokussierten Forschungsfragen mit narrativem Eingangsteil und einem Nachfrageteil entwickelt und der Interviewstil vorgestellt. Diese sind mit relevant erscheinenden Bemerkungen zur Durchführung dieser Interviews verbunden, wie sie im Forschungstagebuch festgehalten wurden.

Die Stichprobenauswahl bzw. das sample wird danach offen gelegt. Schließlich expliziere ich die Auswertung und die Interpretation des empirischen Materials und lege so die Grundlage für die Einzelfalldarstellungen und die Querinterpretation.