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Zukunftsszenarien und die Rezeption von religionsgeschichtlichen Motiven

„Außerirdische“ und „Neureligiöse Bewegungen“

3.4 Streifzug durch die Religionsgeschichte – die Abhängigkeit von religionsgeschichtlichen Quellen

3.4.1 Zukunftsszenarien und die Rezeption von religionsgeschichtlichen Motiven

Die im vorigen Kapitel dargelegte Webseitenanalyse248 hat spezifische Häufungen von Gestalten und Motiven ergeben249. Meist stammen diese Elemente aus der Religionsgeschichte und werden samt ihrer europäischen Rezeption aufgenommen und integriert. Dabei finden Verbindungen unterschiedlicher Vorstellungen Eingang in die Webseiten und werden dort zu „Mischformen“250 neu zusammengeführt. Dies trifft sowohl für „alte“ Motive aus der christlich-jüdischen Tradition der letzten zwei Jahrtausende zu, als auch für solche aus den letzten zwei Jahrhunderten. Die Motive werden nicht in ihren zeitlichen und inhaltlichen Kontexten bewertet und wahrgenommen.

Bei einer großen Zahl von Gemeinschaften wird auf das Buch Oahspe251 zurückgegriffen. In ihm findet sich eine große Anzahl verschiedener Gestalten und Motive aus der Religionsgeschichte wieder wie Zarathustra, Abraham oder auch Brahma. Diese Gestalten sind in der Regel weniger im Kontext ihrer religionsgeschichtlichen Umgebung dargestellt, sondern in neuen, sehr unterschiedlichen Zusammenhängen und inhaltlichen Kompilationen.

Aus diesen Neukompilationen werden wiederum religionsgeschichtliche Motive und Gestalten in der dort kompilierten Form auch von UFO-Bewegungen in großer Breite aufgenommen. In vielen Neureligiösen Gemeinschaften entdeckt man also nicht nur eine Aufnahme ersten Grades in Form einer direkten Rezeption, sondern vor allem eine Rezeption zweiten Grades aus schon neukompilierten Quellen:

„Ohne Zweifel liegt eine attraktive Leistung des UFO-Glaubens in der synthetisierenden Operation begründet, Elemente und ganze Teilsysteme der esoterischen, spiritistischen und theosophischen Tradition mit dem modernen Weltbild versöhnen zu wollen: Das ursprünglich numinose Personal esoterischer

248 Vgl. Kapitel: „Webseitenrecherche zu den Themen „Zukunftsprognostik“, „Außerirdische“ und „Neureligiöse Bewegungen“.

249 Es ist zu bedenken, dass eine Abgrenzung bzgl. der Frage, was aus religionswissenschaftlicher Sicht

klassische Motive sind und welche Motive man zur Neuzeit rechnen kann, in diesem Bereich fließend ist. Der Befund deutet aber an, dass beim Import von Motiven, Geschehnissen oder Gestalten aus der

Religionsgeschichte die zeitliche Einordnung im Hinblick auf die Vergangenheit für die Designer der Websites zu schrumpfen scheint.

250 Vgl. Grünschloß, A., 1999, S. 288.

251 Unter wechselnden Adressen zu finden, meist aber bei: Hare, J. B., http://www.sacred-texts.com/oah/

(08.10.02). Innerhalb der Website von Hare wird folgender Hinweis über die Herkunft der Buches Oahspe gegeben: „The Origin of Oahspe, "Issued for the Confraternity of Faithists by the Kosmon Press" [date unknown] This is the text of a very rare short pamphlet about Oahspe which was written by the Faithist organization. The text was scanned by Joe Hirst and donated to sacred-texts.” Hare, J. B., http://www.sacred-texts.com/oah/ (08.10.02). Da die Websites in letzter Zeit schwer zu erreichen sind, findet sich unter diesem Link eine Offlinekopie. (⇒OQ In vorliegender Version sind die Offlinequellen leider nicht verfügbar!).

Traditionen (z.B. die sog. »aufgestiegenen Meister« aus der Theosophie) taucht nämlich mit weitgehender Funktionsgleichheit im Spektrum der verschiedensten Ufo-Bewegungen häufig wieder auf – wenn auch stark erweitert um interplanetarische >Neuzugänge< wie etwa den Raumflottenkommandeur und Weltenlehrer »Ashtar (Sheran)« oder andere herausragende Mitglieder der

»kosmischen Bruderschaft«, der »Lichtflotte der Sternengeschwister« bzw. der

»galaktischen Föderation«.“252

Der Befund der Webseiten mit verschiedenen Formen der Zukunftsprognostik lässt aber auch erkennen, dass sog. „klassische“ mantische Techniken zur Zukunftsprognostik253 in den hier relevanten Webseiten kaum vorkommen und auch nicht darauf verwiesen wird. Als Ausnahmen könnten Formen von Channeln interpretiert werden, deren Ergebnisse sich häufig auf zukünftige Ereignisse beziehen.

Zur genaueren Sondierung des Internetbefundes bezüglich der Integration religionsgeschichtlicher Elemente führt im vorliegenden Fall der Hinweis von Zinser254 auf den interpretatorischen Prozess in der Verbindung mit den Vorstellungen von Andreas Grünschloß255 zu Cargoismen256 in Neureligiösen Bewegungen weiter.

Wenn sich Personen, Gemeinschaften oder deren Webdesigner aus den untersuchten Websites auf Elemente aus der Religionsgeschichte beziehen, geschieht das auf verschiedenen Ebenen und in mehrfacher Weise. Es werden beispielsweise Artefakte, Bauwerke, Texte oder Elemente aus der Ikonographie interpretatorisch257 mit Außerirdischen in Verbindung gebracht und die Artefakte und Bauwerke auch gleichzeitig als steinerne beziehungsweise bildliche Zeichen der Außerirdischen selbst gedeutet. Die Auswahl, der Rückgriff und die Deutung der religionsgeschichtlichen Elemente geschieht in der Regel selektiv

252 Grünschloß, A., 1999, S. 289f. Die Begrifflichkeit „versöhnen“ bezieht Grünschloß auf E. Benz und John A.

Saliba.

253 „Es gibt außerordentlich viele mantische Techniken. Bei diesen wird eine mehr oder weniger genau bestimmte Frage oder Problemlage vorgetragen und soll durch vorgeblich unabhängig von den Menschen erscheinende Zeichen beantwortet werden. Was als Zeichen angesehen wird und wie dies zu deuten ist, ist freilich von den Menschen gemacht. Als Zeichen bei mantischen Verfahren werden herangezogen:

Beobachtung des Vogelfluges, Eingeweideschau, Beobachtung außergewöhnlicher Naturereignisse

(Erdbeben, Blitze, Schneefall im Sommer etc.), Hühnerfraß, Träume, Beobachtung der Gestirne (Astrologie), Schreien des Käuzchens, Aufschlagen eines Buches (der Bibel, der sibyllinischen Bücher), Lose Würfel, Gottesurteil durch Schwimmen oder Untergehen im Wasser, Befragung von Spezialisten mit und ohne Trance, Befragung von Toten (Nekromatik), Deutung von außergewöhnlichen Ereignissen und Gegenständen.“ Zinser, H., 1998, S. 110.

254 Vgl. Zinser, H., 1998, S. 110.

255 Vgl. Grünschloß, A., 1999, S. 287ff.

256 Vgl. zum Cargokult Luchesi, B., 1990, S. 190 ff.

257 „Mantische Techniken sind zunächst psychische und soziale Prozesse, deren Deutung als von Geistern oder Göttern gelenkt oder inspiriert bereits Resultat eines Reflexionsvorganges zur Erklärung dieser Prozesse darstellt.“ Zinser, H., 1998, S. 110.

zweckgebunden und ergibt bei einer großen Zahl von Websites eine Legitimationsmatrix für gegenwärtige Aussagen über die vergangene Anwesenheit der Außerirdischen auf der Erde.

In der Deutung als Cargoismen werden Artefakte, Bauwerke258 oder Elemente aus der Ikonographie im Rahmen der Zukunftsprognostik insofern neu interpretiert, als sie Beispiele fremder höherentwickelter Kulturen sein sollen. Einige Gemeinschaften sind der Meinung, es gelte, diese hochentwickelte Kultur oder diese technische oder spirituelle Progression mittels außerirdischer Hilfe durchzuführen oder in der Rezeption außerirdischer Vorstellungen zu erreichen. Die Beispiele aus der Religionsgeschichte dienen unter anderem bei den Gemeinschaften mit Progressions- oder Degressionsvorstellungen dann immer wieder als Hintergrund, Legitimation und prognostiziertes Ziel ihrer Aussagen über eine zu erreichende Zukunft.

Derartige „Cargoismen“ werden in vielen Fällen auch als Beispiel nicht nur für höherentwickelte Außerirdische benannt, sondern auch als andere technische und damit einhergehend „spirituelle“ Errungenschaften259 früherer Menschheitsepochen gedeutet. Diese Errungenschaften sollen meist durch Außerirdische induziert sein. So kann der interpretatorische Prozess in der Reflexion mit der Grundannahme der Cargoismen als Rückbindung für mögliche Zukunftsprognostiken dienen. Innerhalb einer beachtlichen Zahl von Websites sind diese Vorstellungen dann in sich stringent, und deren Erreichbarkeit wird in vielen Fällen als Ziel im Rahmen des gegenwärtigen menschlichen Lebens zu erreichen versucht.260

Im Hinblick auf die Frage, welche speziellen religionsgeschichtlichen Formen, Motive oder Ideen aus älteren Religionen in neue übernommen worden sind, kann die Frage nach den räumlichen Kontexten als ein Schlüssel zur Beschreibung gesehen werden. Mit diesen räumlichen Kontexten sind gewissermaßen mundane oder transmundane Vorstellungen gemeint, die sich durchaus auch in Parallelwelten konstituieren. In diese sich überschneidenden, räumlichen Kontexte wird die Zukunft hineinprognostiziert. Auf der Befundebene einiger Neureligiöser Bewegungen kann man erkennen, dass mit übernommenen und neukompilierten Vorstellungen auch deren „geographisch-räumlicher“

Rahmen der Prognostik übernommen und neu kontextualisiert, aber kaum verändert wurde.

258 Hierzu zählen z.B. Pyramiden oder andere große Bauwerke, die nach Einschätzung vieler Neureligiöser Bewegungen heute nicht mehr erstellt werden können.

259 Vgl. hier Grünschloß und seine Anmerkungen zum „Homo Novus“. Grünschloß, A. 2000, S. 17f.

260 Hier sei auf die Vorstellungen vieler Gemeinschaften verwiesen, bei denen Außerirdische im Rahmen der Unsterblichkeit eine zentrale Rolle spielen. Mitunter scheint die Unsterblichkeit der wichtigste Punkt der ungeheuren Anstrengungen zu sein. Vgl. auch die treffende Analyse von Gregor Ahn zur

Postmortalitätsvorstellung und künstlichen Unsterblichkeit u.a. bei der RAEL-Gemeinschaft. Ahn, G., 2001a.

In einer Podiumsdiskussion des Verfassers dieser Arbeit und Vertreterinnen der RAEL-Gemeinschaft nannten diese „die Unsterblichkeit“ als Hauptziel der Firma „Clonaid“. Diese Firma soll im Jahre 2002 das erste Kind mithilfe des Klonens „auf den Weg gebracht“ haben. Vgl. http://www.clonaid.com/ (05.03.03).

Die Analyse der Websites lässt beobachten, dass viele Zukunftsprognostiken die Erde als Ausgangsort ansehen. Der Zielpunkt kann aber dann zu höchst unterschiedlichen Orten führen. Diese „Motivbewegung“ ist sowohl bei Neureligiösen Gemeinschaften als auch innerhalb der „alten“ europäischen Religionsgeschichte zu finden. Der Befund lässt den Schluss zu, dass sowohl in der „alten“ wie der „modernen“ europäischen Religionsgeschichte die Konzepte im Hinblick auf den Inhalt einer weitreichenden Zukunftsprognostik sehr variabel sind. Demgegenüber steht eine geringe Variationsbreite bezogen auf die räumliche Konzeption.

In der Tendenz der prognostizierten Orte lassen sich mehrere große, sich überschneidende Bereiche261 erkennen. Zu diesen Bereichen gehören Progressions- und Degressionsvorstellungen sowie auch apokalyptische Vorstellungen. Sehr wichtige Hinweise im Zusammenhang mit dem Teilbereich Apokalyptik262 und Kosmologie gibt Andreas Grünschloß in seinem Artikel, in dem er sich mit UFO-Gemeinschaften und deren millenaristischen263 Kosmologien befasst. Seine Befunde aus verschiedenen Neureligiösen Gemeinschaften der UFO-Bewegung264 und seine Konzeptionen sind in die folgende Charakterisierung der räumlichen Zielvorstellungen eingeflossen265. Wie bei vielen anderen äußeren Rahmen, die zur Beschreibung entwickelt werden, muss davon ausgegangen werden, dass es Überschneidungen der einzelnen Bereiche geben kann. Der heuristische Wert dieser Einordnung liegt in einem Raster, das zeigen kann, wie Motivgeflechte aufgenommen und implementiert worden sind.

Aufgrund des Befundes der Websites lassen sich nun folgende vier verschiedene Motivgeflechte erkennen:

Ziel: Zukunft auf der Erde (1)

Einige Zukunftsentwürfe verorten in ihrer Zielprognose beziehungsweise in ihrem Zielfoto räumlich die Zukunft auf der gegenwärtigen Erde. Die Erde wird damit in der bisherigen physikalischen Konsistenz weiterbestehen. Je nach Ausformulierung wird die Erde nach dieser Projektion mitunter gewaltigen Veränderungen unterworfen, die ihr eine neue Form, Struktur oder auch politische Herrschaft geben könnten. In vielen Fällen wird von einer neu zu errichtenden Weltherrschaft gesprochen. Wesentlich ist aber die Vorstellung, dass die Erde

261 Vgl. Grünschloß, A., 1999, S. 287ff.

262 Zur Unterscheidung von Apokalyptik und Eschatologie vgl. Kippenberg, H., G., 1990, S. 10.

263 Millenaristische Bewegungen versteht Grünschloß so: „Millenaristische Bewegungen sind religiöse Bewegungen, die eine nahe bevorstehende, allumfassende und letztgültige Erlösung meist innerhalb dieser Welt erwarten und sich dabei auf die kosmologische Vorstellung eines perfekten (reinen, seligen, gerechten, leid- und konfliktlosen) Zeitalters oder Landes (bzw. Reiches) gründen.“ Grünschloß, A., 1999, S. 287.

264 Z.B. die Heaven´s-Gate-Gemeinschaft u.v.a.m..

265 Grünschloß, A., 1999, S. 287-305.

als solche bestehen bleibt. Dies gilt sowohl für einige Progressions- wie auch für Degressionsmodelle, sofern sie ihre Handlungsebene auf der Erde verorten.

Die diagnostischen Methoden zu dieser Prognostik finden ihren Ursprung in gleicher Weise auf der Erde. Zahlreich sind dialogische Vorstellungen des Erkennens sog. „Zeichen der Zeit“, „offensichtlicher Hinweise“ oder anderer durch das Repertoire der Religionsgemeinschaft gegebener Interpretationen verschiedenster Geschehnisse.

Eine „qualitative Spezialform“ sind Vorstellungen, die ihren Zielpunkt innerhalb einer fundamental veränderten Erde finden. Unter den älteren religionsgeschichtlichen Quellen aus dem Vorderen Orient sind diese Vorstellungen immer wieder im Alten Testament zu finden.266

Falls Veränderungen auf der Erde eintreten, können diese, nach Meinung einiger Gemeinschaften, so gravierend sein, dass gleichsam ein neuer Schöpfungsprozess267 initiiert wird. Einige Gemeinschaften gehen davon aus, dass dieser Schöpfungsprozess verborgen schon in Gang gekommen ist. Der Schöpfungsprozess wird in vielen Fällen positiv gedacht.

Während der Umgestaltung der Erde kann es auch notwendig werden, die Erde temporär zu verlassen268.

Ansichten über ein gegenwärtiges und ein kommendes Reich, das das alte ablösen wird und eine qualitative Verbesserung darstellt, sind in diesen religionsgeschichtlichen Quellen vermehrt zu finden. Auch Vorstellungen einer „Restitution des ursprünglichen Paradieses“269 gehören dazu. Der Rahmen „Zukunft auf der Erde“ wird auch innerhalb der

266 Kippenberg verortet in diesem Bereich den Messianismus. Vgl. Kippenberg, H., G., 1990, S. 10.

267 Kippenberg schreibt in diesem Zusammenhang unter dem Stichwort Apokalyptik: „Die >neue< Welt entwickelt sich dabei nicht irgendwie organisch aus den bestehenden Verhältnissen, sondern kommt in der Form einer Katastrophe über das Bestehende. [...] Apokalyptiker können das Ende herbeiwünschen oder um Aufschub bitten: stets rechnen sie mit einer radikal anderen, transzendenten Ordnung.“ Kippenberg, H., G., 1990, S. 10.

268 „Eine weitere Alternative besteht in Entrückungsvorstellungen, wobei eine kleine Schar der >Gerechten<

(spirituell Höherentwickelten, o.ä.) vorübergehend oder dauerhaft auf eine neue Existenzebene »gehoben«

oder »evakuiert« wird – vielfach in Anlehnung an die biblische Vorstellung von der Versiegelung bzw.

Entrückung der 144.000 in der Johannesapokalypse. Bei den religiösen Kosmologien von

UFO-Glaubensbewegungen lassen sich diesbezüglich viele Mischformen beobachten.“ Grünschloß, A., 1999, S.

288.

269 „Neben Erwartungen, die sich dergestalt mit einer Art übernatürlichen Technologie verbinden, gibt es aber auch eschatologische Vorstellungen, die stärker von einer Restitution des ursprünglichen Paradieses ausgehen. Als Überwindungen der gegenwärtigen >verkehrten Welt< (ökologische Krise, gesellschaftliche Ungerechtigkeit, spirituelle Fehlentwicklung, etc.) zielt die Heilshoffnung dann auf die Wiederherstellung einer >natürlichen< und >paradiesischen< Harmonie: Ein schlaraffenlandartiger »Himmel auf Erden« wird in Aussicht gestellt, wobei im Idealfall »alle Vorstellungen von harter Arbeit, industrieller Fertigung und Eisenwaren aus diesem >Himmel auf Erden< entfernt werden«.“ Grünschloß, A., 1999, S. 288.

Verschwörungstheorien270 rezipiert, wenn hier innerweltlich argumentiert und die Zukunft intramundan prognostiziert wird.

Entrückungs-271 beziehungsweise allgemein tribualistische Vorstellungen sind im Hinblick auf den Ort des Szenarios nicht genau zu verorten.

Ziel: Die Erde als Durchgangsstation (2)

Ein zweiter Entwurf der Zukunftsprognostik beschreibt die Erde als Durchgangsstation innerhalb einer Entwicklung, die sich auch in der Religionsgeschichte wieder findet. Die Menschen durchlaufen verschiedene aufeinanderfolgende Existenzen und finden sich dabei stets auf der Erde wieder oder in einem Bezug zur Erde. Die Besonderheit in diesem für die Zukunftsprognostik gebrauchten äußeren Rahmen liegt in der Übernahme der transmundanen Sichtweise.

Ziel: Die Erde zerfällt in kosmischen Staub (3)

Einige Entwürfe prognostizieren der Erde eine gravierende finale Veränderung, die keine Form des Überlebens auf der Erde möglich erscheinen lässt. Die Erde wird letztendlich in kosmischen Staub zerfallen. Prognostiken werden zum großen Teil innerweltlich gedacht.

Ziel: Die Erde, ihre Zwillinge und andere parallele Welten (4)

Viele Gemeinschaften pflegen die Vorstellung von der Existenz paralleler Welten oder der Etablierung dieser im Laufe der Zeit. Auch diese Parallelwelten können die unterschiedlichsten Ausprägungen und Formen haben. Im Alten Orient kommen z.B.

Vorstellungen eines Reiches unter der Erde vor. Bei einigen religionsgeschichtlichen Modellen ist es möglich, Kontakt zu diesen Parallelwelten aufzunehmen. Dazu gehört die Vorstellung, dass man bei einer Bedrohung der eigenen Welt oder auf persönlichen Wunsch in eine andere Welt überwechseln kann. Diese Vorstellung ist weit verbreitet und hat Eingang in viele moderne Fernsehserien gefunden272. Dort wird beispielsweise dargestellt, dass es möglich sei, eine „Parallelerde“273 vor dem Untergang zu retten oder in einem Subraum auf

270 Zu Verschwörungstheorien im Zusammenhang mit Vorstellungen zur Magie vgl. Kippenberg, H. G., 1998, S.

86ff.

271 Grünschloß, A., 1999, S. 288.

272 Zu einer beispielhaften Fernsehserie vgl. Lenhof, H,. http://www.sg-center.de/folgen/3staffel/49.html (22.01.03).

273 Die Parallelwelt in der Serie StarGate scheint aber nicht vollkommen gleich zu sein, da die Protagonisten sich sonst begegnen könnten. So kommen Personen zwar auch in der Parallelwelt vor, sind aber beispielsweise nur in einer Welt verheiratet, in der andern nicht. Vgl. „Durch den Spiegel, den Jackson schon einmal benutzt hat, (was so nebenbei den Menschen das Leben rettete) kommen Dr. Carter und Major Kawalsky von einer Parallelwelt auf die Erde. Sie bitten die Menschen dieser Welt um Hilfe für ihre Dimension, die von den Goa'uld angegriffen wird. So reisen SG-1 und Carter und Kawalsky ihn ihre Dimension um deren Planeten zu retten. Dies gelingt auch mit Hilfe der Asgard. Carter der Parallelwelt offenbart Jack, dass sie in ihrer Welt

Parallelwelten in „Raumzeitverschiebungen“ zu stoßen. Auch gibt es in solchen Filmen Techniken, in der Parallelwelt Informationen zu suchen, mit deren Hilfe man in dieser Welt besser zu agieren vermag. 274

„Wenn also die Mitglieder von Heaven´s Gate diesen irdischen »Schulungsraum«

(classroom) verlassen haben, um auf einer höheren kosmologischen »Ebene«

Rettung zu suchen – einer Sphäre, die u. a. an Bord von Raumschiffen angesiedelt ist (»my Fathers´s Kingdom moves or travels in spacecrafts«), dann erscheint zunächst eine fundamentale Kontinuität mit der Vorstellungswelt vieler anderer UFO-Glaubensbewegungen vorzuliegen. Bei genauerem Hinsehen wird jedoch deutlich, dass das apokalyptische Szenario jeweils auf recht unterschiedlichen Vorstellungen und Erwartungen beruht.“275

Bei einigen dieser oben genannten Rahmenvorstellungen sind deutliche Verbindungen zwischen „Alten Religionen“ und Neureligiösen Gemeinschaften zu erkennen, die ihrerseits mit den Motiven auch die Rahmen importiert haben276.

Grünschloß zieht Linien zwischen Vorstellungen aus rezenten UFO-Bewegungen und Elementen aus der christlichen Religionsgeschichte:

„Beide Varianten des UFO-Millenarismus repristinieren zugleich typologische Grundmuster aus den Traditionen christlicher Apokalyptik: einerseits die postmillenaristische (bzw. dispensationalistische) Auffassung von der endgültigen Etablierung des Himmelreichs auf dieser Erde, wenn Christus am Ende des (bereits unsichtbar vorhandenen) tausendjährigen Reiches zum letzten Mal

verheiratet waren und er von den Goa'uld getötet wurde. Nach einem langen Kuss, verabschieden sich die beiden für immer.“ http://www.sg-center.de/folgen/3staffel/49.html (22.01.03).

274 Die Vorstellung einer gleichzeitigen Welt ist auch in der christlichen Religionsgeschichte zu finden. Adam und Eva wurden aus dem Paradies entfernt, das Paradies blieb aber nach biblischen Befund an seinem ursprünglichen Ort. Im Neuen Testament sagte Jesus nach christlicher Überlieferung: „Heute wirst zu mit mir im Paradies sein“ (Luk 23, 43 vgl. auch 2. Kor 12,4). Es stellt sich nun die Frage, ob in diesen Geschichten davon ausgegangen wird, dass das Paradies parallel zur sichtbaren Welt besteht.

275 Grünschloß, A., 1999, S. 290f. Vgl. auch in diesem Zusammenhang: „Heaven's Gate reminds scholars that millennial groups are not always concerned with terrestrial salvation. Heaven's Gate members saw the terrestrial world, they designated the Human Kingdom, as sorely lacking in perfection. In order to achieve the Kingdom of Heaven, or what they termed The Level Above Human (Telah), each believer had to learn how to overcome human desires. Ultimately, they abandoned their human bodies, their terrestrial "vehicles,"

confident their souls were transferring into divinized "space alien" bodies in The Level Above Human. They believed that as inhabitants of Telah, they would travel the universe with their teachers, Ti and Do, in a

"mothership." As Telah inhabitants, they would spend eternity in service by guiding the evolution of life on various planets regarded as "gardens" for the growth of souls. They exited earth in 1997 (they did not regard this as suicide), because catastrophic destruction was imminent due to an overgrowth of evil here in this

"garden."“ Wessinger, C., http://www-rohan.sdsu.edu/~remoore/jonestown/articles/millennium.html (30.01.03).

276 Zur Heaven´s-Gate-Gemeinschaft siehe unter der Kapitel 3.4.2.2.

wiederkommt und den noch einmal losgelassenen Satan endgültig besiegt, – andererseits die prämillenaristische Hoffnung auf die Entrückung der 144.000 vor dem Anbruch des tausendjährigen Reich [sic], d.h. zur Zeit der »großen Drangsal«, die durch nichts abgewendet, sondern nur im Vertrauen auf die baldige Errettung von dieser Welt erduldet werden kann. Trompf hat im Blick auf die Beziehung zwischen millenaristischen Kosmologien und weltveränderndem Handeln ebenfalls festgestellt: »Manche Millenarismen siedeln die nahende Vollendung auf einer himmlischen Ebene an; doch diejenigen, die sie auf der Erde stattfinden lassen, neigen eher dazu, auch konkrete Schritte zu ihrer Verwirklichung einzuleiten.« Während sich die Heaven´sgater(innen) einfach auf ihre endgültige Abreise konzentrierten, versuchen viele andere UFO-Gläubige, in der ganzen Welt die »Botschaft zu verkünden«, mehr »Bodenpersonal« zu aktivieren und sogar die spirituelle Situation des gesamten Planeten positiv zu verändern, um das Kommen der >Großen Letzten Transformation< in einem Prozeß der »Mit-Schöpfung« zu beschleunigen. Die beiden Stränge des christlichen Millenarismus erscheinen hier jedoch häufig auch in Mischformen, wobei die optimistische postmillenaristische Vision dominanter ist. Viele Ausdrucksgestalten des Glaubens an eine endzeitliche extraterrestrische Intervention oszillieren bezüglich der Zeitdauer, die für den Big Beam oder die

wiederkommt und den noch einmal losgelassenen Satan endgültig besiegt, – andererseits die prämillenaristische Hoffnung auf die Entrückung der 144.000 vor dem Anbruch des tausendjährigen Reich [sic], d.h. zur Zeit der »großen Drangsal«, die durch nichts abgewendet, sondern nur im Vertrauen auf die baldige Errettung von dieser Welt erduldet werden kann. Trompf hat im Blick auf die Beziehung zwischen millenaristischen Kosmologien und weltveränderndem Handeln ebenfalls festgestellt: »Manche Millenarismen siedeln die nahende Vollendung auf einer himmlischen Ebene an; doch diejenigen, die sie auf der Erde stattfinden lassen, neigen eher dazu, auch konkrete Schritte zu ihrer Verwirklichung einzuleiten.« Während sich die Heaven´sgater(innen) einfach auf ihre endgültige Abreise konzentrierten, versuchen viele andere UFO-Gläubige, in der ganzen Welt die »Botschaft zu verkünden«, mehr »Bodenpersonal« zu aktivieren und sogar die spirituelle Situation des gesamten Planeten positiv zu verändern, um das Kommen der >Großen Letzten Transformation< in einem Prozeß der »Mit-Schöpfung« zu beschleunigen. Die beiden Stränge des christlichen Millenarismus erscheinen hier jedoch häufig auch in Mischformen, wobei die optimistische postmillenaristische Vision dominanter ist. Viele Ausdrucksgestalten des Glaubens an eine endzeitliche extraterrestrische Intervention oszillieren bezüglich der Zeitdauer, die für den Big Beam oder die

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