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Worum geht es in Porto Alegre? 1

Im Dokument Rosa-Luxemburg-Stiftung Texte 15 (Seite 184-191)

openDemocracy: Was sehen Sie als die Prioritäten für das WSF und warum?

Susan George: Beim ersten Forum im Jahre 2001 ging es um die Analyse der Weltsituation. Als Bewegung teilen wir jetzt weitgehend eine gemeinsame Analyse. Das zweite Forum 2002 zielte mehr auf konkrete Vorschläge ab. Und beim dritten im Jahre 2003 wurde über Strategien diskutiert und darüber, wie unsere Ziele zu erreichen sind. Ich hoffe, dass dies das Hauptanliegen bleiben wird, obwohl solche klaren Unterscheidungen nicht immer möglich sind; es wird neue Elemente der Analyse und neue Vorschläge geben.

Was, denke ich, sind die Prioritäten und warum? Ich denke, dass jede(r) mit einerPriorität befasst sein sollte. Meine werden das General Agreement on Trade and Services (GATS)(das Generalabkommen über Handel und Dienstleistun-gen) im Speziellen und die WTO(Welthandelsorganisation) im Allgemeinen sein. Porto Alegre ist so voller interessanter Leute und so vieler interessanter Veranstaltungen, dass man an 25 Stellen zugleich sein will! Wenn du nicht be-vor du hinkommst entscheidest, was zu tun ist und mit wem du dich treffen

17 Vgl. Teivainen 2003a.

1 Das Gespräch wurde ursprünglich abgedruckt in: openDemocracy, DIY World, vom 21. Januar 2003, http://www.opendemocracy.net.

willst, wirst du frustriert sein und mit dem Gefühl zurückkommen, nicht viel erreicht zu haben.

Das ist mein Rat. Ich will niemandem diktieren, was seine Prioritäten sein sollten, aber ich denke, wir sollten alle unsere Strategien in dem Bereich kon-zentrieren, den wir für den wichtigsten halten und über den wir am meisten wissen.

Ezequiel Adamovsky: Ich denke auch, dass das Forum sich hauptsächlich mit Strategien befassen soll, und in dieser Hinsicht ist eines der wichtigsten The-men, wie das Netzwerk von Bewegungen gestärkt werden soll, das in den letzten paar Jahren aufgebaut worden ist. Das wird meine Priorität beim WSF sein.

Aber ich habe auch einige Befürchtungen. Die erste ist, dass das Forum in der Art, wie es jetzt funktioniert, einige Kennzeichen der Gesellschaft, die wir verändern wollen, zu repräsentieren riskiert. Es besteht zum Beispiel die Ge-fahr, dass das Forum zu sehr auf große Namen oder Intellektuelle zugeschnit-ten wird, die das meiste Geld bekommen, während viele BasisaktivistInnen sich die Teilnahme nicht leisten können und nicht den Raum bekommen, den sie verdienen. Ich will Susan nicht beleidigen – es ist ein allgemeiner Punkt zum Funktionieren des Forums.

Vor ein paar Tagen habe ich das mit Freunden bei der Anti-Zwangsräu-mungs-Kampagne in Südafrika diskutiert, die darüber richtig wütend sind.

Viele können es sich nicht leisten, zu den WSF-Veranstaltungen zu gehen. Eine Hauptfrage beim Forum wird sein, ein globales Netzwerk für die Bewegung zu bauen. Ich denke, Intellektuelle sollten versuchen, AktivistInnen auf glei-cher Basis zu treffen, damit man einander zuhören kann. Es besteht die Gefahr, dass das Forum als ein jährliches Ereignis mit berühmten Intellektuellen und großen Namen auf Podiumsveranstaltungen ritualisiert wird, ohne dass genügend tatsächlicher Austausch zwischen AktivistInnen und Bewegungen aus der ganzen Welt stattfindet.

Susan George: Ich will kein Star sein, und ich denke, dass viele Leute in der Be-wegung, die du »Intellektuelle« nennst, das auch nicht sein wollen. Aber ich arbeite seit 25 Jahren an diesen Themen. Als die WSF-Organisatoren mich ein-luden, habe ich gesagt, dass die Bewegung nun richtig bekannt geworden und die Anwesenheit des einen oder anderen großen Namen wirklich nicht wich-tig sei. Ich habe genau das betont, was Ezequiel sagt: Da die Organisatoren dieses Jahr sehr wenig Geld haben, weil die Unterstützung durch die lokale Regierung geringer geworden ist, sollen sie ihre beschränkten Mittel nutzen, Leute von der Art, wie Ezequiel sie beschreibt, zum Forum zu bringen.

So viel ich weiß, bezahlen so gut wie alle Organisationen aus dem Norden ihre eigene Anreise. Vielleicht könnten sie einige Delegationen verkleinern,

um für Organisationen wie die von Ezequiel erwähnten aus Südafrika zu be-zahlen. Aber ich denke nicht, dass es einen einzigen Topf Geld gibt, aus dem einige große Namen bezahlt werden und andere AktivistInnen nicht.

Jedoch bin ich einverstanden, dass, solange wir keine Kontakte mit Leuten an der Basis haben – also mit GraswurzelaktivistInnen und anderen, die ver-suchen, über diese Bewegung zu schreiben und sie populärer zu machen und in bestimmte Richtungen zu kanalisieren –, wir auch nicht dieselben Ziele ha-ben können. Idealerweise könnte das WSF ein Platz sein, wo genau solche Kontakte geschehen, aber du scheinst zu sagen, dass du nicht denkst, dass es passieren wird. Ich sage, dass es einer der seltenen Plätze ist, wo diese Dinge international geschehen können.

openDemocracy: Werden radikale Stimmen und Bewegungen abgestoßen?

Ezequiel Adamovsky: Viele radikale Bewegungen fühlen sich im WSF zuse-hends ungemütlich. Es hat Versuche gegeben, alternative Räume innerhalb und außerhalb des WSF zu schaffen und einige Versuche, eine Art Gegenfo-rum zu organisieren. Ich sehe hier eine Gefahr, und an einem gewissen Punkt wird sich das Forum mit der Tatsache auseinander setzen müssen, dass ver-schiedene Gruppen verver-schiedene Ansätze zur sozialen Veränderung haben.

Um es einfach zu sagen: Auf der einen Seite gibt es den Ansatz der meisten NGOs, die die Rolle der Zivilgesellschaft als Kontrolle der Macht der Kon-zerne verstärken wollen. Diese NGOs wollen das Gleichgewicht wiederher-stellen, das die Gesellschaft verloren hat, und den Kapitalismus humaner gestalten. Auf der anderen Seite gibt es den radikaleren Ansatz, der von eini-gen sozialen Beweguneini-gen und radikalen Gruppen vertreten wird, die die anta-gonistische Bewegung gegenüber dem Kapitalismus stärken wollen, das heißt: diese Gesellschaft bekämpfen und eine neue aufbauen.

Wir müssen keinen Zaun zwischen diesen beiden Ansätzen errichten; ganz im Gegenteil. Wir können zusammenbleiben und produktiv sein, wenn wir einander begegnen. Aber ich denke, dass das WSF einen Raum bieten sollte, in dem radikale Bewegungen sich wohl fühlen und eine größere Rolle spielen können. Zum Beispiel geht der Bürgermeister von Buenos Aires, Aníbal Ibar-ra – der Kerl, gegen den wir in der Stadt eigentlich kämpfen – regelmäßig zum Forum. Es ist wirklich ärgerlich, dass wir diesen Raum mit ihm teilen müssen.

Eine der radikaleren Gruppen – die People‘s Global Action– hatte andere An-sichten, wie die Ereignisse beim Forum zu organisieren seien. Sie haben nun beschlossen, hinzugehen, aber erst nach einer langen Diskussion darüber, ob sie ihre Veranstaltungen innerhalb oder außerhalb des Forums abhalten soll-ten. Auch die Jungs von Indymedia sind sauer auf das Forum, da der gesamte Raum für Medien von den konventionellen Medien eingenommen wird, die keinen Platz für alternative oder unabhängige lassen.

Susan George: Erstens, was den Einzelpunkt über den Bürgermeister angeht, ich finde es sehr interessant, Ezequiel sagen zu hören, dass die Leute sich im-mer unwohler fühlen. Im Jahr 2002, vor den französischen Wahlen, waren wir auch irritiert, dass jeder für das Präsidentenamt kandidierende französische Politiker auf der Linken nach Porto Alegre rannte, um anzugeben. Wir hatten genau dasselbe Gefühl wie Ezequiel und seine Bewegung in Buenos Aires.

Zweitens ist es immer gesund, Leute zu deiner Linken zu haben, wenn du älter wirst, es sei denn, sie befürworteten die Gewalt. Wir müssen dies wirk-lich als friedwirk-liche Bewegung zur Druckausübung aufrechterhalten, und der Druck sollte aus vielen verschiedenen Ecken kommen. Gewalttätige Aktion zu befürworten, ist hingegen völlig unproduktiv.

Ich verstehe es auch einfach nicht, wenn ich Leute über die Revolution re-den höre. Was meinen sie? Die Staatsmacht übernehmen? Nun ja, Lula hat die Staatsmacht übernommen, und er ist in jeder Hinsicht durch das internatio-nale System beschränkt. Wäre es, was der Philosoph Paul Virilio in Frankreich den »globalen Unfall« nannte, durch den alle Banken, alle Märkte, alles gleich-zeitig zusammenbricht? Wir hätten ein großes Chaos und totales menschliches Elend. Ich denke, es würde im Faschismus enden.

Nichtsdestoweniger bin ich sehr bereit, dem zuzuhören, was Ezequiel radi-kale Strategien nennt und was sie tun können, um zu helfen, eine andere Ge-sellschaft aufzubauen. Wenn dies auf nicht gewalttätige Weise getan wird, denke ich, dass wir übereinstimmen würden, dass das WSF Räume schaffen muss, in der diese Art neue Gesellschaft gebaut werden kann.

Es ist jedoch nicht ganz akkurat zu sagen, dass alle NGOs dem Kapitalis-mus einfach ein menschliches Antlitz geben wollen. Menschen im Norden und Süden erkennen zunehmend – und ich weiß nicht, ob du meine eigene Orga-nisation ATTACals NGO qualifizieren würdest –, dass es nicht genügt, einen etwas netteren Kapitalismus zu haben. Wir müssen sehr viel weiter gehen.

Ezequiel Adamovsky: Die Menschen haben sehr viele verschiedene Ansichten, was eine Revolution bedeutet. Dasselbe gilt für Gewalt. Aber ich möchte be-tonen, dass ich es für diese Bewegung nicht für ausreichend halte, einfach zu sein, was Susan George eine »Druckbewegung« nennt. Ich würde diese Bewe-gung gerne dazu befähigen, uns zu helfen, Kontrolle über unsere eigenen Le-ben zu ergreifen – und nicht nur einfach, die RepräsentantInnen dazu zu be-wegen, die Welt auf Wegen zu ändern, die wir wollen, oder auf den Staat oder die Konzerne Druck auszuüben, etwas zu verändern. Wir brauchen mehr als das. Vielleicht ist das eine der Strategiefragen, die wir auf diesem Forum und in der Zukunft diskutieren müssen.

openDemocracy: Wie verhindern wir das Kominternsyndrom?

Ezequiel Adamovsky: Ich habe eine dritte Sorge um das WSF. Es gibt einen Vor-schlag, ein Netzwerk der Netzwerke und Bewegungen zu schaffen. Dies ist eine wertvolle Idee, aber sie hat ihre Gefahren. Meine Angst ist, dass es zen-tralisiert werden könnte, mit einer homogenen Stimme oder einem sichtbaren Sitz. Dies würde tatsächlich zur Zerstörung bestehender Netzwerke führen, die gebaut und jeden Tag größer werden.

Ein »Sekretariat« eines Netzwerkes ist tatsächlich das Gegenteil von einem Netzwerk. Dies könnte zu Machtkämpfen verleiten, Kämpfen, die dazu führen könnten, die bestehenden Netzwerke zu zerstören. Statt dessen sollte das Forum wirtschaftliche und technische Unterstützung anbieten, damit es tatsächlich zum Netzwerk kommt, statt zu versuchen zu zentralisieren oder dem Netzwerk eine Stimme oder einen Raum, einen Sitz zu geben. Das Netz-werk der People‘s Global Actionist zum Beispiel gerade im Entstehen begriffen.

Es entstand aus der Idee der sozialen Bewegungen, und sie haben gar nicht viele Ressourcen. Keine Büros, keine Computer, keine Telefone, nichts. Es könnte eine gute Idee sein, die bestehenden Netzwerke zum Funktionieren zu bringen, statt eine neue zentrale Struktur zu schaffen. Ich habe bemerkt, dass diese Idee beim WSF von einigen der Bewegungen und durch einige der großen Namen zur Sprache gebracht wurde.

Susan George: Kannst du das genauer sagen?

Ezequiel Adamovsky: Mir wurde gesagt, dass einige der daran Arbeitenden In-tellektuelle sind, die gewöhnlich am Forum teilnehmen – was gut ist, absolut gut. Aber ich denke, diese Idee sollte von den Bewegungen selbst ausgeführt werden – und damit dies geschieht, sollten Bewegungen die Möglichkeit ha-ben, an den Treffen teilzunehmen, wo diese Frage diskutiert wird, und auch am WSF.

Susan George: Ich bin ganz und gar gegen die Idee einer Art Komintern, die zentralisiert wäre und versuchen würde, für die ganze Bewegung zu spre-chen. Es wäre ein Desaster. Wenn es darum geht, das bestehende Netzwerk zu bändigen, habe ich bei den Gruppen im Norden keinen Schritt gesehen, der in diese Richtung ginge, aber ich weiß, dass es einen Vorschlag gegeben hat, der insbesondere von den Brasilianern – hauptsächlich CUT und MST – ausging, dass eine Art Sekretariat geschaffen werden solle. Viele Gruppen im Norden würden eher dazu neigen, wenn solch ein Vorschlag von den respektierten Or-ganisationen im Süden käme. Aber wenn wir davon reden, Bewegungen, die um ihr nacktes Überleben kämpfen, wirtschaftliche und technische Ressour-cen zu geben, dann frage ich mich, woher diese kommen sollen.

Manche Leute denken, dass die NGOs im Norden im Geld schwimmen.

Manche mögen welches haben, aber im Allgemeinen funktioniert alles in

eh-renamtlicher Arbeit. Wenn wir wirtschaftliche und technische Unterstützung haben wollen, dann ist der beste Weg, dies zu tun, weiter an Themen wie in-ternationaler Besteuerung zu arbeiten, die Schuldenlast zu reduzieren und städtische Haushaltssysteme wie in Porto Alegre zu etablieren. Da ist das wirkliche Geld. Alles andere sind Peanuts.

Ich kenne die People‘s Global Action, mit der ich von Anfang an zusammen-gearbeitet habe. Ich weiß, dass sie sehr viel mit sehr wenig tun können. Die meisten Bewegungen funktionieren so. Also lasst uns spezifischer werden, wie wir bestehenden Netzwerken helfen können, wie wir sie identifizieren können, wie wir die seriösen von den unseriösen unterscheiden können und dann sehen, was wir gemeinsam unternehmen können, um an die Mittel zu kommen.

openDemocracy: Wie können wir uns für eine andere Zukunft organisieren?

Susan George: Ich verstehe deine Besorgnisse, was die Zentralisierung angeht, aber was sagst du gegen die Art Erklärung, die letztes Jahr von Porto Alegre aus verabschiedet wurde? Sie war das Produkt der Zusammenarbeit vieler Bewegungen. Focus on the Global Southund ATTAChaben eine ziemlich große Rolle gespielt. Siehst du das als Zeichen der Zentralisierung oder als ein Bestreben, das Denken und die Praxis der Bewegung zu korrumpieren?

Ezequiel Adamovsky: Nein, ich bin gegen keinen Versuch der Bewegungen, zu-sammenzukommen und nachzudenken, Erklärungen zu produzieren oder eine politische Strategie zu zimmern. Aber ein Sekretariat oder irgendeine Form der Zentralisierung würde die Möglichkeiten eines Netzwerks zer-stören.

Meine Priorität ist es, gemeinsam mit anderen Bewegungen Netzwerke auf-zubauen. In der Vergangenheit waren die Kontakte, die wir mit Gruppen wie der Anti-Zwangsräumungs-Kampagne in Südafrika gemacht haben, wirklich produktiv für uns. Wir haben Ideen zu Fragen ausgetauscht, die von der horizontalen Organisation bis hin zur direkten Aktion reichten. Also sollte die Priorität sein, von anderen Bewegungen zu lernen und unsere Erfahrungen mit ihnen zu teilen.

Susan George: Ich verstehe die Mittel bestens, aber was ist der Zweck, zu dem sie angewandt werden?

Ezequiel Adamovsky: Ich kann nur über das sprechen, was ich in meinem Kampf gern tun würde. Ich bin ein Antikapitalist. Ich würde gerne eine völlig neue Gesellschaft schaffen, eine ganz andere als die augenblickliche. Dazu müssen wir unsere Kämpfe mit den Kämpfen aller anderen auf der ganzen

Welt verbinden. Darum ist es meine Priorität, Beziehungen mit anderen Grup-pen aufzubauen – nicht nur zu lernen und Erfahrungen auf der theoretischen Ebene auszutauschen, sondern auch eine gemeinsame Strategie aufzubauen, die Welt zu verändern.

Wir tun dies in meiner eigenen Asambleajeden Tag. Wir schaffen Räume, in denen Menschen ihre eigenen Entscheidungen treffen und auf die Art und Weise leben können, die sie sich wünschen. Das geschieht auch in vielen an-deren Ländern, an vielen anan-deren Orten: Bewegungen sind auf horizontale Weisen organisiert, so, wie wir es machen, oder welche andere Art auch im-mer sie anwenden. Wir arbeiten alle auf dasselbe Ziel hin, selbst wenn wir nicht die gleiche Strategie haben und über gewisse Fragen uneins sind – die Idee, eine Welt zu schaffen, in der du selbst entscheiden darfst.

Susan George: Ich teile dieses Ziel. Ich sehe die Welt, wie sie jetzt ist, als immer mehr von einer kleinen Minderheit von transnationalen Kräften dominiert, die nicht die Absicht haben, anderen Leuten zu erlauben, ihre eigenen Entschei-dungen zu treffen und so zu leben, wie sie es sich wünschen – um Ezequiel zu zitieren. Es gibt eine aufs Ganze gehende Schlacht gegen jede Form der De-mokratie, im Augenblick drückt sich das in der WTOaus, und ganz besonders in deren Kampf gegen öffentliche Dienstleistungen auf dem Gebiet des Um-weltschutzes, der Gesundheitsfürsorge, der Bildung usw., wie das im GATS verankert ist. Mein Ziel ist es, diese Lumpen daran zu hindern, noch weiter zu gehen, als sie schon gegangen sind.

Es ist alles sehr schön, wenn wir sagen, wir wollen Räume schaffen, in de-nen die Leute ihre eigede-nen Entscheidungen treffen könde-nen. Diese Entschei-dungen sind mehr und mehr davon beeinträchtigt, dass es keinen guten Bus-dienst, keine guten Schulen für die Kinder, wegen der Importe steigende Nah-rungsmittelpreise, keine Sozialwohnungen usw. gibt. Darum konzentriere ich mich darauf, die Lumpen herauszufordern und sie loszuwerden. Und da ich nicht alles tun kann, habe ich mich entschieden, jetzt eine bestimmte Ecke davon anzunehmen. Mein großer Kampf waren einmal die internationalen Schulden. Ich habe alles gesagt, was ich dazu zu sagen hatte, obwohl ich im-mer noch teilweise Teil dieser Debatte bin.

Wir müssen die Mörder loswerden, die das meiste Geld und die meiste Macht haben und die meisten Strukturen kontrollieren. Für mich ist das die dringende Aufgabe, denn ohne dies wird das, was Ezequiel vorschlägt, ein-fach niemals funktionieren können.

Ezequiel Adamovsky: Ich bin einverstanden mit dem, was Susan sagt. Wenn ich davon spreche, Räume zu schaffen, wo wir leben können, wie wir leben wol-len, meine ich, dass wir die Macht der Konzerne herausfordern müssen. Aber ich denke, wir müssen beides zur gleichen Zeit tun, weil es Teil derselben

Fra-ge und desselben Kampfes ist. Du forderst die Konzerne heraus, während du gleichzeitig etwas anderes schaffst, einen anderen Raum, der nach anderen Regeln und auf anderen Grundlagen organisiert ist.

Zum Beispiel haben wir in meiner Gegend von Buenos Aires unsere eigene Nachbarschaft geschaffen, die nach horizontalen Prinzipien organisiert ist.

Aber gleichzeitig müssen wir die Macht der Konzerne und des Staats heraus-fordern. Wir haben uns entschieden, ein leeres Gebäude zu besetzen, das ei-nem Finanzunternehmen gehört hatte, und wir sind nun in eiei-nem Gerichts-verfahren. Sie versuchen, uns rauszuschmeißen. Eine Welt über den Kapitalis-mus hinaus zu bauen, bedeutet immer, den KapitalisKapitalis-mus herauszufordern.

Selbst wenn du versuchst, ihnen zu »entkommen«, stellen sie dir nach. Sie können es sich nicht leisten, uns entweichen und autonome Räume bauen zu lassen, denn sie zehren von unserer Arbeit, unserer Energie.

NAWAL EL SAADAWI

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