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Wandel der Studienformen: Flexible Studienangebote

4.2 Wandel der deutschen Hochschulen durch Lebenslanges Lernen

4.2.4 Wandel der Studienformen: Flexible Studienangebote

An den deutschen Hochschulen wurden die traditionellen Studiengänge fast nur als Vollzeitstudiengänge angeboten. Diese haben zur Voraussetzung voraus, dass die Studierenden sich nach dem Erwerb der Hochschulreife mit dem Ziel des Erlernens von Kenntnissen und Fähigkeiten, die für ein ganzes Berufsleben qualifizieren, ihrem Studium mit ihrer ganzen Zeit und Kraft widmen. Wie in Abschnitt 4.2.1 ausgeführt, wird die Gruppe der Studierenden an deutschen Hochschulen erheblich heterogener.

Die Studierenden haben spezielle Bedürfnisse und Anforderungen an das Hochschulstudium, insbesondere in Bezug auf die flexiblen Zugangsbedingungen, wie Möglichkeit zur Anrechnung von außerhochschulisch erworbenen Kompetenzen, und die flexiblen Studienangebote hinsichtlich Zeit, Ort und Inhalt. Die flexiblen

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Studienangebote sind eine wichtige Voraussetzung für eine mögliche Studienaufnahme und einen erfolgreichen Studienabschluss (vgl. Spexard 2016, S.

271). Die zunehmende Heterogenität der Gruppe der Studierenden erfordert sowohl eine strukturelle Änderung der Studienorganisation als auch eine Flexibilisierung der Studienformen, die sich für alle neuen heterogenen Zielgruppen durch einen großen Freiraum in der Gestaltung auszeichnen. Die Studienstrukturen unterliegen wenig festen Regeln und sehen nur eine geringe Anzahl von Prüfungen vor. Beruf, familiäre Verpflichtungen und Studium stehen damit in Einklang.

Die Kategorie der Studienformen, die von einem Präsenzstudium in Vollzeit abweicht, ist in drei Formen zu unterteilen: Teilzeitstudium, Fernstudium und Duales Studium.

Das Teilzeitstudium gilt als eine abgewandelte Form des Präsenzstudiums. Im Jahr 1993 wurde vom Wissenschaftsrat die Einführung von berufsbegleitenden Teilzeitaufbaustudiengängen gefordert: „Das Studienangebot der Fachhochschule sollte fachlich erweitert und im Hinblick auf die Organisation des Studiums differenziert werden. Dazu gehören „Teilzeitstudiengänge“ und Studiengangstypen, die bislang nur an Verwaltungsfachhochschulen und Berufsakademien üblich sind“ (Wissenschaftsrat 1993, S. 34). Diese Forderung wurde 1998 angesichts einer sich wandelnden Studienwirklichkeit auf alle Studienformen erweitert (Wissenschaftsrat 1998).

Außerdem lässt sich das Teilzeitstudium nach einer formalen und einer faktischen Dimension unterscheiden. Mit der formalen Dimension sind damit jene Formen des Studiums zu bezeichnen, die explizit den Status der Teilzeitstudierenden in entsprechend angelegten Studienangeboten vorsehen. In der faktischen Dimension existiert eine informelle Form des Teilzeitstudiums, die sich aus einer individuellen und nicht durch Studienordnungen abgesicherten Reduzierung des Vollzeitstudiums ergibt. Hier entscheiden Studierende aus unterschiedlichen und individuellen Gründen, von dem curricular vorgesehenen Studienverlauf abzuweichen und weniger Zeit in das Studium zu investieren, als bei einem idealtypisch gedachten Verlauf vorgesehen ist. Die Studierende verwenden durchschnittlich weniger als 25 Stunden pro Woche auf ihr Studium und verstehen sich als Teilzeitstudenten. Damit

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gelten sie nach der Definition des Deutschen Studentenwerks als De-facto-Teilzeitstudierende (vgl. Berning 1995, S. 371 f., Berning & Kunkel & Schindler 1996, S. 6 ff., Donk & Leszczensky 2012, S. 457 und Zimmer 2013, S. 182).

Bei einem Fernstudium gilt es, im Gegensatz zum Vollzeit- oder Präsenzstudium die grundsätzliche Zeit- und Ortsunabhängigkeit herauszustellen. Das Fernstudium kann entweder für das ganze Studium oder auch nur für einzelne Abschnitte gelten. In der Regel endet es mit einem akademischen Abschluss oder einem Abschlusszertifikat.

Besonders Berufstätige und Auszubildende sollten ein Fernstudium aufnehmen, weil sie neben ihrer regulären Arbeit, neben Beruf und Familie ein Studium als Fort- oder Weiterbildungsmaßnahme absolvieren können. Fernstudierende erhalten die Unterrichtsmaterialien (Lehr- und Lernmaterialien) in Form von schriftlichen Unterlagen oder Lernmedien; dazu gehören gedruckte Studienbriefe, Online-Kurse im Internet, Lernsoftware auf CD-ROM oder DVD, Ton- und Videokassetten. Zur Kontrolle des Lernerfolgs während des Semesters dienen meistens Selbstkontrollaufgaben und Einsendeaufgaben. Bei Fragen und Problemen stehen den Fernstudenten Fachmentoren zur Seite, zum Semesterende wird der Wissensstand durch Klausuren geprüft. Dabei wird das Fernstudium oft in Verbindung gebracht mit E-Learning-Angeboten, wie zum Beispiel virtuellen Lernmodulen oder Online-Studiengängen. Diese Möglichkeiten stellen eine besonders für das Fernstudium geeignete Form der Wissensvermittlung dar.

Dadurch können die Teilnehmerinnen sich völlig unabhängig von Zeit und Raum neben dem Beruf fortbilden (vgl. Klumpp & Rybnikova 2008, S. 4 und Donk &

Leszczensky 2012, S. 468).

Ein weiteres mögliches Instrument zur Öffnung der Hochschulen für neue Zielgruppen ist das Duale Studium. Laut Wissenschaftsrat (2013) bilden das berufspraktische und das akademische Element gleichwertige Teile des dualen Studiums. Die konstituierenden Wesensmerkmale dieses Ausbildungsformates sind die Dualität als Verbindung und Abstimmung von mindestens zwei Lernorten sowie die Verfasstheit als wissenschaftliches bzw. wissenschaftsbezogenes Studium.

Der Wissenschaftsrat formuliert das Format des dualen Studiums als Erst- und

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Weiterbildung jeweils mit Berufstätigkeiten und mit Praxisanteilen (vgl. Tabelle 6).

Die Erstausbildung umfasst ausbildungs- und praxisintegrierende Formate, und im Rahmen der Weiterbildung wird zwischen berufs- und praxisintegrierenden Formaten unterschieden. Während in der ausbildungsintegrierenden Studienform neben einem Hochschulabschluss ein anerkannter Berufsabschluss erworben wird, werden in berufs- oder praxisintegrierenden Formaten umfangreiche praktische Tätigkeiten systematisch mit einem Hochschulstudium verbunden. Zentrales Kriterium aller Varianten ist eine inhaltliche und strukturelle Verbindung theoretischer und praktischer Komponenten (vgl. Kamm & Lenz & Spexard 2016, S. 348 ff.). In der folgenden Tabelle wird die Typologie der dualen Studienformate laut Wissenschaftsrat (2013) zusammenfassend dargestellt.

Individueller Bildungsabschnitt Studienformat Erstausbildung mit Berufsausbildung

mit Praxisanteilen

ausbildungsintegrierend (Bachelor)

praxisintegrierend (Bachelor)

gestalteter Ausbildungsanteil beim Praxispartner

Weiterbildung mit Berufstätigkeit

mit Praxisanteilen

berufsintegrierend (Master/Bachelor) mit gestalteten Bezugnahmen

praxisintegrierend (Master/Bachelor) Tabelle 6: Typologie der dualen Studienformate nach Wissenschaftsrat 2013

(Quelle: eigene Darstellung nach: Wissenschaftsrat 2013, S. 23)

Außerdem lässt sich das duale Studium nach zwei konkreten Ausgestaltungen unterscheiden. Auf der einen Seite handelt es sich um Modelle, die der dualen Berufsausbildung entlehnt sind. Die Modelle basieren auf einem Kooperationsvertrag zwischen einer Hochschule, den Studierenden und einem Unternehmen, und die berufliche Tätigkeit kann mit den theoretischen Veranstaltungen zeitlich vereinbart werden. Die Studierenden sind zugleich auch Auszubildende in einem Betrieb oder einer sonstigen Einrichtung der Praxis. Auf der anderen Seite wird eine Form des Dualen Studiums unterschieden, bei der die schon ausgeübte berufliche Tätigkeit durch das Studium ergänzt wird. Die Organisation des Studiums wird dabei

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studierendengerecht meist auf die Abendstunden oder Wochenenden gelegt. Die inhaltlich aufeinander bezogene Theorievermittlung an der Hochschule und die Praxiserfahrung im Unternehmen produzieren die erhofften positiven Effekte, die zu einem Gewinn sowohl für die Studierenden als auch für die Hochschulen und die Unternehmen führen (vgl. Klumpp & Rybnikova 2008, S. 4 f., Minks & Netz & Völk 2011, S. 15 f. und Donk & Leszczensky 2012, S. 468).

Insgesamt können die drei Studienformen (Teilzeitstudium, Fernstudium und Duales Studium) aufgrund der oben beschriebenen besonderen Studienorganisation sowohl Potenziale für eine Öffnung der Hochschulen aufweisen als auch auf verschiedene Weise einen Beitrag zur Erhöhung der Flexibilisierung der Studienformen leisten.

4.3 Hochschule als Ort der Weiterbildung für ältere Erwachsene