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Einzelinterviews (Teilnehmerinterviews)

Als Datenerhebungsmethode wurde das qualitative Einzelinterview gewählt, um die Auswirkung der Teilnahme an wissenschaftlichen Weiterbildungsangeboten auf ältere Erwachsene zu erfassen. Bei den qualitativen Einzelinterviews handelt es sich um eine Methodenkombination aus problemzentriertem Interview und Tiefeninterview.

Das problemzentrierte Interview ist eine Methode explorativen Verfahrens und lässt sich als offenes und halbstrukturiertes Interview kategorisieren. Nach Witzel (2000) zielt das problemzentrierte Interview „auf eine möglichst unvoreingenommene Erfassung individueller Handlungen sowie subjektiver Wahrnehmungen und Verarbeitungsweisen gesellschaftlicher Realität“ (Witzel 2000, S. 1). Das bedeutet, der Forscher ist offen und wertneutral gegenüber den Erfahrungen der Befragten.

Außerdem lässt das problemzentrierte Interview den Befragten möglichst frei zu Wort kommen, aber es ist auf eine bestimmte Problemstellung ausgerichtet, die der Forscher einbringt und auf die er immer wieder zurückkommt. Die Problemstellung wurde vom Forscher bereits vorher analysiert, wobei er bestimmte Aspekte erarbeitet hat, die in einem Interviewleitfaden zusammengestellt sind (vgl. Mayring 2002, S. 67 ff. und Lamnek 2010, S. 333).

Das problemzentrierte Interview eignet sich nach Mayring (2002) und Lamnek (2010) aus folgenden Gründen als Erhebungsmethode:

∙ Das problemzentrierte Interview wählt den sprachlichen Zugang, um seine Fragestellung auf dem Hintergrund subjektiver Bedeutungen, vom Subjekt selbst formuliert, zu eruieren.

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∙ Die Forschung setzt an konkreten gesellschaftlichen Problemen an, deren objektive Seite vorher analysiert wurde.

∙ Ein Leitfaden für das Interview ist zulässig, um alle dem Forscher wichtig erscheinenden Themenbereiche abzudecken und fehlende nachzufragen (vgl.

Mayring 2002, S. 69 und Lamnek 2010, S. 337).

Die Äußerungen der Befragten können vor dem Hintergrund einer bestimmten theoretischen Vorstellung, zum Beispiel Psychoanalytische Theorie und Lerntheorie, betrachtet werden.

Das Tiefeninterview, manchmal auch Intensivinterview genannt, ist als eine Spezialform des qualitativen Interviews zu verstehen. Darin wird versucht,

„Bedeutungsstrukturierungen zu ermitteln, die dem Befragten möglicherweise selbst nicht bewusst sind“ (Lamnek 2010, S. 340). Das Tiefeninterview hat den Charakter sowohl eines offenen und ungezwungenen Gesprächs als auch eines alltagsweltlichen Gesprächs, durch das es gelingt, zu den Tiefenstrukturen vorzudringen. „Durch die dezidierten theoretischen Vorstellungen des Forschers wird das Prinzip der Offenheit nicht mehr eingehalten. Gerade die Deutung der Aussagen des Befragten wird in einem ihm fremden Kontakt vorgenommen“ (Lamnek 2010, S.

340). Aus folgenden Gründen eignet sich das Tiefeninterview als Erhebungsmethode:

∙ Durch die offene Gesprächsführung entsprechen die Aussagen der Befragten eher der Wahrheit und spiegeln persönliche Gefühle und Erfahrungen zu dem Thema wider.

∙ Meinungen, Verhaltensweisen, unbewusste Einstellungen und Motive der Befragten werden erforscht und die Befragten werden nicht nur metrisch erfasst.

∙ Mithilfe des freien Interviews werden noch unbekannte, neue Sachverhalte, Hintergründe und tiefere Informationen des Themas entdeckt (vgl. Amend & Rieger 2008, S. 111 ff.).

Insgesamt eignet sich für die Durchführung des qualitativen Einzelinterviews eine Methodenkombination aus dem problemzentrierten Interview und dem Tiefeninterview, denn es geht im qualitativen Einzelinterview um die individuelle Bildungserfahrung und die Auswirkung von Weiterbildungsangeboten auf die

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Teilnehmer/innen. Dabei wurde für die Durchführung aus dem problemzentrierten Interview und dem Tiefeninterview ein Interviewleitfaden als Erhebungsinstrument entwickelt und eingesetzt. Die Die Fragen werden in vier Themenbereiche eingeteilt.

Beim Bereich A handelt es sich um Fragen zu den Erfahrungen der Teilnehmer/innen mit der Auswirkung ihres Studiums auf der sachlichen Ebene. Bereich B umfasst Fragen zur persönlichen Weiterentwicklung und Lebensgestaltung, wie die Teilnehmer/innen ihre erworbenen Informationen anwenden. Beim Bereich C geht es um Fragen zur Auswirkung auf der sozialen Ebene, wie sich das Studium über den unmittelbaren Teilnehmerkreis hinaus in das soziale und gesellschaftliche Umfeld der Teilnehmer/innen auswirkt. Im Bereich D wurden Fragen zur Person erhoben.

Der Einzelinterviewleitfaden ist im Anhang zu finden (Seite 261).

Durchführung des Einzelinterviews

Die Einzelinterviews fanden von März bis Mai 2014 statt. Für ihre Durchführung wurden drei Personen ausgewählt, die von Experten empfohlen wurden und am gesamten wissenschaftlichen Weiterbildungsprogramm an ihren Universitäten

Bereich A: Fragen zur Auswirkung auf der sachlichen Ebene

- Wissenserwerb und Nutzung des Wissens für Arbeit und Alltag Bereich B: Fragen zur Auswirkung auf der persönlichen Ebene

- Verbesserung der allgemeinen geistigen Fähigkeiten, Entwicklung neuer Interessen, Stellenwert und Reiz des Studiums, Sinnfindung im Alter, Einfluss der Selbstsicherheit auf das Studium

Bereich C: Fragen zur Auswirkung auf der sozialen Ebene

- Neue Kontakte durch das Studium, Intergenerationelle Kontakte, Soziale Integration, Auswirkungen auf das soziale Umfeld, Nutzung des Erlernten für ehrenamtliche Tätigkeiten, Wünsche für die Zukunft

Bereich D: Abschlussfragen

(eigene Darstellung)

Abbildung 21: Struktur des Einzelinterviewleitfadens

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teilgenommen haben. Nachfolgend werden die interviewten Teilnehmer/innen vorgestellt:

∙ Teilnehmer A ist seit über 20 Jahren an den wissenschaftlichen Weiterbildungsprogrammen tätig und hat sowohl an „Forschendes Lernen“ als auch an der „Frühjahrsakademie“ an der Universität Ulm teilgenommen.

∙ Teilnehmer B ist seit über 12 Jahren am wissenschaftlichen Weiterbildungsprogramm „Gasthörerstudium“ an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg tätig.

∙ Teilnehmer C hat seit zwei Semestern am wissenschaftlichen Weiterbildungsprogramm „Seniorenstudium“ an der Bergischen Universität Wuppertal teilgenommen.

Zu Beginn des Gesprächs wurden die drei Befragten per E-Mail über Zweck, Gegenstand und Vorhaben des Interviews informiert, der Gesprächstermin für diese drei Einzelinterviews wurde per E-Mail vereinbart. Vor dem Gespräch wurde ein Interviewleitfaden mit Fragen per E-Mail zugesandt.

Die Einzelinterviews wurden in dem von den Experten vorgeschlagenen Besprechungsraum an ihren Universitäten durchgeführt, die durchschnittliche Interviewzeit betrug 30 Minuten. Um eine genaue und nachvollziehbare Analyse der Interviews zu ermöglichen, wurden die Gespräche mit Videoaufzeichnung protokolliert und später wörtlich transkribiert.