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Lebensphasen im Alter und Situation der Menschen im Alter

5.1 Ältere in der Gesellschaft

5.1.2 Lebensphasen im Alter und Situation der Menschen im Alter

In Abbildung 13 wird eine Zwischenstufe zwischen dem Jugend- und dem Erwachsenenalter vorgeschlagen, in der ein schrittweiser Übergang vom Jugendalter in das Erwachsenenalter erfolgt. Personen auf dieser Stufe haben zwar schon die Volljährigkeit erreicht, aber viele soziale Rollenübergänge in das Erwachsenenalter, z.B. das Erreichen der finanziellen Unabhängigkeit von den Eltern, der Auszug aus dem Elternhaus, die Heirat sind noch nicht vollzogen. Zudem ist zwischen dem jungen und dem hohen Alter oder zwischen dem dritten und vierten Lebensalter zu unterscheiden. Grund dafür ist die Tatsache, dass heutzutage die meisten Personen bis zu einem Alter von ca. 75 oder 80 Jahren aktiv und bei relativ guter Gesundheit sind. Deswegen wird bei sehr alten Menschen ab 90 Jahren auch von Hochbetagten gesprochen.

5.1.2 Lebensphasen im Alter und Situation der Menschen im Alter

Die Lebensphasen eines Menschen beinhalten jeweils verschiedene Bedürfnisse, Wünsche, Krisen und Konflikte. Aus soziologischer Sicht werden die Lebensphasen häufig durch bestimmte Rollenverpflichtungen, veränderte Selbstkonzepte und Identitätsvorstellungen abgegrenzt. Sie sind auch durch institutionelle Vorgaben bestimmbar, vor allem von Seiten der Arbeitssphäre und des Berufes, aber auch der Verlust der selbstständigen Lebensführung oder der Einzug in ein Heim sind entsprechende Übergänge, die Lebensphasen begrenzen (vgl. Backes & Clemens 2013, S. 175 f.).

Spätes Erwachsenenalter Frühes Mittleres „Junge „Alte Kindheit Jugend Zwischenstufe Erwachsenenalter Erwachsenenalter Alte „ Alte“

〮 〮 〮 〮 〮 〮 〮 〮

0 Jahre 10-12 18 ca. 25 ca. 40-45 60-65 ca. 80 Jahre Geburt Pubertät Volljährigkeit Pensionierung

(vgl. Lang & Martin & Pinquart 2012, S. 19)

Abbildung 13: Vorschläge zur Untergliederung der Lebensspanne in Abschnitte, Altersgrenzen und Markierungspunkte

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In den letzten Jahrzehnten veränderten sich die Lebensphasen zwischen Bildung-/Berufsphasen und Familienphasen stark. Tabelle 8 zeigt die repräsentativen Bildungs-/Berufsphasen und Familienphasen in allen Altersabschnitten.

Altersphasen Lebensjahre Bildungs-/Berufsphasen Familienphasen Junge

Erwachsene 20-30 verlängerte Jugendphase, Studium leeres Nest, Auszug aus dem Elternhaus 60-65 Rentenalter (59), Ausdehnung der

Altersphase Langlebige 80-100 verlängerte Lebenserwartung Pflegebedarf Tabelle 8: Lebensphasen zwischen Bildung/Beruf und Familie

(vgl. Kade 2009, S. 163) Diese Phasen zeigen eine allgemeine Tendenz, sind aber nicht generalisierbar.

Nach Tabelle 8 verkürzt sich besonders die Berufsphase mit der verlängerten Ausbildungsphase und dem vorverlegten Ruhestand. Vor allem bleibt die Dauer der Erwerbsarbeit im Schnitt erheblich hinter der auf 45 Jahre festgelegten Lebensarbeitszeit zurück. Dabei gelten Arbeitnehmer oft bereits ab 45 als ältere Arbeitnehmer. „Wer in einem qualifizierten Beruf mit 30 den Einstieg in den Beruf schafft, muss bis 50 alle wichtigen Karriereschritte durchlaufen haben“ (Kade 2009, S. 162 f.). Bis heute ist die Phase des Karriereausbaus für Frauen zugleich die am stärksten durch die Familiengründung belastete Phase. Die Entwicklung der Frauen bedeutet für eine Karriere in vielen Fällen den Verzicht auf eine Familiengründung.

Zudem bedeutet die Familiengründung für Männer eine Verbesserung ihrer Karrierebedingungen, für Frauen hingegen eine Karrierefalle (vgl. Kade 2009, S. 168 ff.).

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Meiner Ansicht nach kommt es insbesondere ab einem Alter von 50 Jahren sowohl bei Männern als auch bei Frauen zu starken Veränderungen im persönlichen und sozialen Bereich. Zugleich kann man mit dem Übergang in den Ruhestand eine langandauernde, aktive und soziale, verantwortliche Altersphase erwarten. Dabei kommt es zu grundlegenden Veränderungen des Alltagslebens, das viele Möglichkeiten im neuen Lebensabschnitt bietet.

Veelken (1990) schreibt dazu: „Junge Alte - von 50-65 Jahren - haben die Chance, nach dem Ende der Erwerbsarbeitszeit und der Familienarbeit sich des Prozesses des Alterns als Evolution bewusstzuwerden. Und sie haben die Möglichkeit, 20-30 Lebensjahre nicht zu vertrödeln oder wie ferngelenkte Maschinen zu funktionieren, sondern sich bewusstzuwerden, dass sie lebende Organismen sind, die fähig sind, ihre Kraftreserve in Energie umzuwandeln, die es möglich macht, menschliche Entfaltung auch unter nun sehr veränderten Bedingungen fortzuführen“ (Veelken 1990, S. 34).

Zudem ist der Vorruhestand eine Lebensphase zwischen dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben und dem Übergang in den Ruhestand. Die meisten Menschen im Vorruhestand haben den gleichen Status wie Rentner/innen, denn sie sind nicht mehr erwerbstätig. Außerdem ist die Lebenslage der meisten Menschen im Vorruhestand durch Arbeitslosigkeit, verschiedene rechtliche Regelungen, Erwerbsunfähigkeit und Altersteilzeit ausgesprochen inhomogen.

Bei der Situation der Menschen ab einem Alter von 65 Jahren handelt es sich um die Lebensphase, in der die Absicherung der Familie und der nachwachsenden Generation erfolgt ist und die Menschen frei von familiären sowie beruflichen Verpflichtungen sind. In vielen Fällen schließen sich neue Verpflichtungen an: zum Beispiel die Versorgung von Enkelkindern oder die Pflege naher Angehöriger der Menschen ab einem Alter von 80 Jahren.

Außerdem dient die Reflexion der Situation der Menschen ab einem Alter von 65 Jahren nicht nur der Selbstreflexion, sondern ist mit der Reflexion der gesellschaftlichen Situation und der Möglichkeit, als Rentner weiterhin am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, verbunden (vgl. Veelken 1990, S. 35). Bei einem Großteil der Menschen ab einem Alter von 65 Jahren kann von einem

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erfolgreichen Alter im Sinne der medizinischen, der psychologischen, der soziologischen und ökonomischen Definition ausgegangen werden. Auch wenn in diesem Alter psychische Erkrankungen sowie Erkrankungen des Stütz- und Bewegungssystems zunehmen, so ist doch festzustellen, dass der Großteil der Menschen ab einem Alter von 65 Jahren einen relativ guten oder zumindest einen zufriedenstellenden Gesundheitszustand aufweist und zudem unabhängig von Hilfe oder Pflege ist.

Auch die Analyse zentraler Indikatoren des psychischen Adaptionsniveaus, wie z. B.

der Grad der Lebenszufriedenheit, die Häufigkeit des Auftretens positiver bzw.

negativer Emotionen oder die Ausprägung depressiver Symptomatik, deutet bei einem Großteil der Menschen ab 65 Jahren auf ein erfolgreiches Altern hin. Nur in einer relativ kleinen Gruppe sind Hinweise auf geringe Lebenszufriedenheit, auf eine stärker ausgeprägte depressive Symptomatik und auf das Überwiegen negativer Emotionen erkennbar (vgl. Kruse 2008, S. 23).

Nach meiner Einschätzung ist das Bild der Älteren ab 65 in der Gesellschaft geprägt durch Einsamkeit und soziale Isolation. Allerdings hat sich die Situation in den letzten Jahren geändert. Obwohl die Lebensumstände der Älteren von ihrer Persönlichkeit und dem Lebensstil abhängen, sind diese Älteren heute physisch relativ gesund, haben einen relativ hohen Grad an Lebenszufriedenheit und sind auch sozial in die Gesellschaft eingebunden.

Die soziale Situation der Menschen ab einem Alter von 80 Jahren ist von der Gefahr der ansteigenden sozialen Isolation und auch von Kompetenzverlust geprägt. Zudem haben die Menschen ab einem Alter von 80 Jahren häufig nur noch sehr wenige bzw. teilweise nur noch instabile soziale Kontakte. Ihre häufig ungünstige materielle Lebenslage und die fehlenden persönlichen Ressourcen wegen ihrer eingeschränkten Mobilität so wie die abnehmende Fähigkeit, soziale Kontakte zu knüpfen, verschärfen die Situation. Außerdem kann die physische Situation der Menschen ab einem Alter von 80 Jahren als eine Zeitspanne der Abhängigkeit und Schwäche gekennzeichnet sein. Nach Kruse können die Besonderheiten einer Kategorisierung der Menschen ab einem Alter von 80 Jahren zusammenfassend

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charakterisiert werden als:

∙ eine Verletzbarkeit des Organismus, das heißt, die Anfälligkeit für gesundheitliche Störungen und funktionelle Einbußen,

∙ ein vermehrtes Risiko der chronischen körperlichen Erkrankungen, der Multimorbidität und der Hilfe- und Pflegebedürftigkeit,

∙ eine Steigerung der Demenzerkrankungen,

∙ ein erhöhtes Einsamkeitsrisiko durch die Wahrscheinlichkeit des Verlusts von nahe stehenden Personen,

∙ Armutsrisiko (vgl. Kruse 2008, S. 23 f.).

Nach meiner Auffassung können soziale Verarmung und mangelnde Gelegenheiten zu Aktivitäten die Sinne und die Bewegungsfähigkeit vorschnell altern lassen.

Außerdem können besonders aus den schon erwähnten Risiken der chronischen körperlichen Erkrankungen bereits Gefahren des Aufgabenverlustes und der sozialen Isolation, die Empfindung der Lebensleere, Ängste, Minderwertigkeitsgefühle und Depressionen resultieren, die wiederum zu Krankheiten führen können.