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Angaben und Meinungen zur Weiterbildung für Ältere

7.7.1 Kritik an dem und Empfehlungen für den Ausbau der Weiterbildung für Ältere

Einige Interviewpartner/innen äußerten Kritik an den Rahmenbedingungen. So kritisiert die Interviewpartnerin aus Oldenburg die Ausrichtung der Bachelor- und Masterstudiengänge an den Universitäten in Bezug auf die Beschäftigungsfähigkeit (Employability) bzw. Berufstätigkeit, was das Themenspektrum der Veranstaltungen einengt. Dies erschwert die Aufgabe, passende Seminare für Ältere zu finden. Das Studium sollte nach ihrer Ansicht für alle freier und offener gestaltet werden, damit jeder sich die Zeit nehmen kann, sich zu orientieren, um zu entscheiden, welches das passende Fach ist (vgl. Textsegment 16).

Textsegment 16: Oldenburg

Kritik habe ich insofern, dass durch die Bachelor- und Master ... durch Bologna quasi die Ausrichtung eines Studiums sehr viel stärker an Employability ist und das ist auch ... dass sehr viel auf Prüfungen hin gelernt wird und das ist auch als Rückmeldung von den Älteren, die hier schon länger sind, dass es früher einfach breitere Themen gab und auch Themen, wo sie sich eher dafür interessiert haben und das jetzt eben einfach alles oder vieles auf Beruf ausgerichtet ist, den sie aber ja gar nicht mehr ... sie sind ja aus dem Beruf draußen, sie interessiert das nicht mehr so, die Anwendbarkeit dessen, was man da lernen kann.

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Und dass das vielleicht wieder ein bisschen ... auch im Sinne der jüngeren Studierenden,

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dass das alles wieder ein bisschen freier und offener wird, sodass man vielleicht ein Studium ein bisschen dazu nutzen kann, um sich erstmal selber in seiner Persönlichkeit zu finden, zu gucken, was möchte ich denn. Weil ich kann mich da als Beispiel nehmen, ich habe am Beginn meines Studiums ungefähr drei Semester gebraucht, um das Fach zu finden, was ich auch wirklich studieren will, und das ist heute oftmals schwierig. Also dass man das auch als Orientierung dazu nutzt, dass man guckt, was könnte ich machen und das fand ich schon vor Bologna ein bisschen geschmeidiger alles.

Die Interviewpartnerin aus Wuppertal kritisiert die negative Berichterstattung über Senioren-Studierende in der Presse, dass die Älteren den Jüngeren die Plätze wegnehmen und den Betrieb an der Hochschule aufhalten. Als weiteren Kritikpunkt führte sie an, dass ältere Dozenten oft nicht aufgeschlossen sind: „Die sehen, dass sie selber auf diese Lebensphase zugehen und dann haben die manchmal so eine Einstellung: Damit will ich jetzt gar nichts zu tun haben, ich will mich noch nicht damit befassen, was ich tue, wenn ich selber in Rente bin. Das erlebe ich immer wieder“ (Interviewpartnerin Wuppertal).

Als Empfehlungen für den Ausbau der wissenschaftlichen Weiterbildung für Ältere formulierte die Interviewpartnerin aus Oldenburg, dass die wissenschaftliche Weiterbildung für Ältere Normalität werden muss, „dass es was vollkommen Normales ist, dass Ältere im Laufe ihres Lebenslangen Lernens an einer Universität studieren, und dass es auch für sie spezielle Programme gibt, wenn sie das wünschen“ (Interviewpartnerin Oldenburg). Das schließt den prinzipiellen freien Zugang zu den Veranstaltungen für Ältere mit ein. Sie empfiehlt, dass an jeder Universität eine zentrale Koordinierungs- und Planungsstelle geschaffen werden sollte, sodass jede Universität „quasi eine kleine Abteilung, Gasthör-Alten-Studium“, hat (Interviewpartnerin Oldenburg).

Die Interviewpartnerinnen aus Mainz und Wuppertal empfehlen, dass die Älteren auch angesichts des demografischen Wandels als Zielgruppe ernst genommen werden sollten. Die Frankfurter Interviewpartnerin empfiehlt, die Weiterbildung nicht auf Aspekte von Ausbildung und von Berufstätigkeit einzuengen, sondern ganzheitlicher zu gestalten.

Die Interviewpartnerin aus Wuppertal empfiehlt, die Universität als offenen Lernort

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für alle Bevölkerungsgruppen bzw. für alle Altersgruppen zu gestalten. Als Begründung führt sie an, dass der Wissensstand sich so schnell ändert, dass Menschen manchmal schon nach zehn oder fünfzehn Jahren im Beruf noch eine weitere Studienphase brauchen, um sich auf Spezialaufgaben vorzubereiten.

7.7.2 Didaktische Konzepte für die Zukunft und Wünsche

Zwei Interviewpartnerinnen thematisierten auch didaktische Konzepte für die Zukunft. Die Interviewpartnerin aus Oldenburg erklärte im Interview, dass sie eine Anhängerin des gemeinsamen Studiums der Älteren mit den Jüngeren ist. Dafür sind generationsübergreifende Konzepte nötig, die beinhalten, dass auch die unterschiedlichen Lebenserfahrungen der unterschiedlichen Lebensalter in der didaktischen Gestaltung des Themas aufgenommen sind.

Für die Interviewpartnerin in Frankfurt ist es wichtig, dass die didaktischen Konzepte und Methoden sich nach den vielfältigen Interessen und Bedürfnissen der Älteren richten müssen. Es gibt Ältere, die nur zuhören und sich informieren möchten, und es gibt Ältere, „die selbst was erarbeiten wollen, die mit viel Wissen kommen, die ihre Erfahrungen einbringen wollen. Und da muss man auch Formen finden, wo dann diese partizipativen Formen möglich sind. Wo der Dozent und die Studierenden [...] im Austausch das Thema erarbeiten“ (Interviewpartnerin Frankfurt am Main).

Aus ihren Erfahrung sind die aktiven Älteren eine Minderheit. In dieser Spanne von passiver Teilnahme an Vorlesungen und aktiver Mitarbeit in Projekten gibt es Zwischenformen mit Seminaren, wo Raum und Zeit für Gespräche und Nachfragen eingeplant sind, wo Ältere ihre Erfahrungen und ihr Wissen einbringen können und es zugleich in die wissenschaftliche Erkenntnis mündet: „Die bringen Erfahrung mit, bringen Wissen mit, bringen Motivation mit. Und sie wollen das auf den Tisch legen.

Also muss es Formen geben, wo das vorgebracht werden kann, aber gleichzeitig darf es nicht alles dabei bleiben. In der wissenschaftlichen Weiterbildung muss man natürlich den Sprung schaffen von diesen persönlichen Erfahrungen wieder zurück zum roten Faden, zur Ebene der Abstraktion und zur Ebene der Wissenschaft. Und

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das ist manchmal ein Balanceakt“ (Interviewpartnerin Frankfurt am Main).

In der Schlussphase der Interviews äußerten einige Interviewpartner/innen ihre Hoffnungen und Wünsche.

Der Interviewpartner an der Universität Ulm wünscht sich mehr Ältere, die sich für Zukunftsthemen bzw. der Zukunft zugewandten Fragestellungen interessieren. Die Interviewpartnerin an der Universität Oldenburg hofft, dass es so bleibt und sogar besser wird, und die wissenschaftliche Weiterbildung für Ältere zur Selbstverständlichkeit wird. Das schließt mit ein, dass die Akzeptanz bei den jüngeren Studierenden weiterhin besteht und sogar ausgebaut wird. Die Interviewpartnerin an der Universität Mainz wünscht sich eine bessere Finanzierung und Ausstattung, denn wenn schon die Teilnehmenden für die Veranstaltungen zahlen, so können sie eine bessere Ausstattung der Seminarräume erwarten, die nicht so aussieht, als ob sie schon 40 Jahre alt ist.

Die Interviewpartnerin an der Frankfurter Universität wünscht sich, dass Ältere entgegen dem Vorurteil, dass Ältere das Studium aus Privatvergnügen und Langeweile machen, weiterhin ihre Berechtigung in der wissenschaftlichen Weiterbildung haben.