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Begriffsklärung Motive, Interessen, Erwartungen und

5.3 Grundlage zur Realisierung von Angebotsplanung an Hochschulen

5.3.2 Begriffsklärung Motive, Interessen, Erwartungen und

Um den Grad der Übereinstimmung zwischen Motiven, Interessen, Nutzenerwartungen und Bildungsbedürfnissen der Älteren und den Angeboten aus der Sicht der Planenden zu ermitteln, ist es sinnvoll, an dieser Stelle die Begriffe voneinander abzugrenzen.

Ein Motiv bezeichnet eine relativ stabile Persönlichkeitseigenschaft, die durch eine Vorliebe für bestimmte Arten von Zielen zum Ausdruck kommt. Nach Heckhausen (1989) werden Motive aufgefasst als überdauernde Dispositionen, die eine definierte Inhaltsklasse von Handlungszielen (angestrebten Folgen der eigenen Handlung) umfassen. Es handelt sich um relativ konstante Wertungsdispositionen „höherer“ Art.

Bildungsmanagement Programmplanung

Leiten/Führen Kooperatives Management Bedarfs-/

Bedürfniserschließung Profilbildung Öffentlichkeitsarbeit/ Pädagogische Konzeption/

Marketing kooperative Angebotsgewinnung Finanzierung/ Qualitätsmanagement Ankündigung/Evaluation Vertretung nach Entwicklung eines internen Programmrealisierung außen Organisationssystems,

internes Management

Personalentwicklung Organisationsentwicklung Kursleiter-Betreuung/

Einstellung/Fortbildung

Lernarrangements

(Quelle: Gieseke 2003, S. 194)

Abbildung 18: Kooperatives Management, Planungshandeln und Bildungsmanagement der Institution

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Sie sind für die Aufrechterhaltung der Funktionen des Organismus nicht entscheidend, sie sind nicht angeboren, sondern entwickeln sich Laufe der Ontogenese, sie unterliegen auch soziokulturellen Einflüssen (vgl. Heckhausen 1989, S. 9 f.).

Seel & Hanke (2015) stimmen damit überein und definieren Motive als psychische Dispositionen, die sich während der persönlichen Entwicklung als durchgehende und charakteristische Dispositionen eines Individuums herausbilden. Wenn es zu einem bestimmten Verhalten kommt, werden im Regelfall Motive durch Anreize der Situation angeregt, wobei die Verhaltensweisen einer Person nicht Gegenstand, sondern die Folge von Motivanregungen sind. Denn die Anregung desselben Motivs kann verschiedenartige Verhaltensweisen nach sich ziehen. Aus der Wechselwirkung eines Motivs (Disposition einer Person) und den Anreizen einer Situation ergibt sich die Motivation als momentane Gerichtetheit auf ein Handlungsziel (vgl. Seel & Hanke 2015, S. 416).

Den Planenden des Seniorenstudiums müssen die Motive der Älteren bekannt sein.

Nur so sind sie in der Lage, das Weiterbildungsangebot genau auf diese Zielgruppe abzustimmen.

Im Allgemeinen ist Interesse die kognitive oder emotionale Gerichtetheit als Disposition zu Verhaltens- und Handlungstendenzen, die auf sachliche Gegebenheiten, auf Tätigkeiten oder Erlebnisse gerichtet sind. Sie können individuell variieren und unterscheiden sich in Intensität und Dauer. Nach Grotlüschen 2010 ist Interesse keine stabile Persönlichkeitseigenschaft, sondern ein flexibles Konzept, das mit den Gegenständen variiert (vgl. Grotlüschen 2010, S. 7 und Schröder 2001, S. 174).

Aus Sicht der pädagogischen Psychologie wird Interesse als Form der Lernmotivation thematisiert. Lernmotivation lässt sich definieren als Bereitschaft eines Menschen, eine Aktivität vornehmlich deswegen auszuführen, weil sie sich davon Kompetenzzuwachs verspricht. Der Begriff Lernmotivation steht für vielfältige kognitive und emotionale Prozesse, die eine Selbststeuerung zielgerichteten Verhaltens ermöglichen, z. B. Erwartungshaltungen oder handlungsbegleitende Emotionen wie Lernfreude. Darüber hinaus ist die Ausprägung der Lernmotivation

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eines Lernenden abhängig von der wechselseitigen Beziehung zwischen den Persönlichkeitsmerkmalen (vgl. Müller 2006, S. 49).

Schiefele & Prenzel (1994) und Krapp (1998) kritisierten die Theorien der Lernmotivation in zwei Punkten: die Inhaltlichkeit von Motivation und die Ausprägung der Motivation. Sie argumentierten, dass es in pädagogischen Kontexten nicht sinnvoll sein könne, den Gegenstand der motivierten Beschäftigung nicht zu berücksichtigen. Der Inhalt muss in die Definition integriert werden. Hinsichtlich der Ausprägung müssten zentrale pädagogische Zielvorstellungen berücksichtigt werden. Diese Interessen werden durch drei zentrale Merkmale bestimmt: die Selbstintentionalität, die emotionale Komponente und die kognitiven Aspekte von Interessen. Somit beruft sich die pädagogische Interessentheorie auf ein Menschenbild, das von der Erkenntnistheorie des Konstruktivismus geprägt ist.

Schiefele, Krapp und Prenzel gehen davon aus, dass Menschen ihr Wissen über die Wirklichkeit selbst konstruieren können und deshalb Lernen immer nur eigenaktiv sein kann. Ein Gegenstand ist im Rahmen der pädagogischen Interessentheorie nicht nur ein konkretes Ding, sondern das, was die Person für sich als Interessengegenstand sieht. Interesse wird im Gegensatz zum Motiv nicht wertneutral verwendet. Es ist eine spezifische Form von Motivation; sie ist durch Merkmale geprägt, die bildungswirksam sind, wie z. B. Freiwilligkeit, positive Emotionalität und Erkenntnisorientierung (vgl. Hartinger & Fölling-Albers 2002, S. 43 ff., Krapp 1998, S. 190 f. und Schiefele & Prenzel 1994, S. 820).

In Bezug auf das Seniorenstudium bedeutet das, dass Ältere nicht

„fremdbestimmt“ lernen. Damit ist gemeint, dass sie nicht in einer vorgebenen Struktur funktionieren müssen, da sie nicht dem Zwang unterliegen, einen Abschluss zu erwerben. Sie lernen aus eigenem Antrieb, um ihr Wissen zu erweitern und auch um einen Zugewinn an Lebensfreude, durch die positiv besetzte Beschäftigung mit der wissenschaftlichen Weiterbildung, zu erlangen.

Eine Erwartung bezeichnet eine subjektive Einschätzung der Wahrscheinlichkeit, die eine Person über das Eintreten eines Ereignisses zu einem bestimmten Zeitpunkt hat. Jeder Erwartung liegt die Erfahrung der Person oder ihr Wissen über den Gegenstand der Erwartung zugrunde, aufgrund dessen diese Einschätzung

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angestellt wird. Zudem muss sie auch bedeutsam für die Person sein. Aus Sicht der Psychologie bezieht sich Erwartung auf die Annahme eines zukünftigen Ereignisses.

Nach Heckhausen (1989) lassen sich vier Arten von Erwartungen unterscheiden:

Situation, Handlung, Ergebnis und Folge. Die Situations-Ergebnis-Erwartungen (S→E) entsprechen dem subjektiven Wahrscheinlichkeitsgrad, der zu einem zukünftigen Ergebnis führt ohne eigene Handlungen. Die subjektive Wahrscheinlichkeit wird durch die Handlungs-Ergebnis-Erwartung (H→E) ausgedrückt, welche davon ausgeht, dass eine Situation durch eine Handlung geändert werden kann. Die Handlungs-bei-Situation-Ergebnis-Erwartungen (H-S→E) stellen den subjektiven Wahrscheinlichkeitsanteil dar, der aufgrund externer Umstände die Handlungs-Ergebnis-Erwartungen beeinflusst. Die Ergebnis-Folge-Erwartungen (E→F) beschreiben den Grad der Instrumentalität eines Ergebnisses für das Eintreten einer Folge mit spezifischem Anreizwert (vgl. Heckhausen 1989, S.

468).

Sowohl für die inhaltliche Planung als auch für die Gestaltung der äußeren Struktur des wissenschaftlichen Weiterbildungsangebots müssen die Erwartungen der Älteren bekannt sein. Um eine maximale Übereinstimmung zwischen Angebot und Erwartungen zu erreichen, ist es wichtig, die Lehrveranstaltungen diesbezüglich auszuwerten.

In der Alltagssprache werden unter dem Begriff des Bedürfnisses das Verlangen, der Wunsch, die Ansprüche oder etwas zum Leben Notwendiges verstanden. Konkret bezeichnet ein Bedürfnis vornehmlich das Gefühl eines Mangels, wobei meist zwischen einem objektiven Bedürfnis, d. h. einem körperlichen oder psychischen Mangelzustand (z. B. Hunger), und einem subjektiven Bedürfnis, dem Erleben eines Mangelzustands, unterschieden wird. Beide Formen gelten als Handlungsantriebe (vgl. Kruse 2007, S. 55). In der Psychologie wird Bedürfnis oft definiert als Zustand oder Erleben eines Mangels, verbunden mit dem Wunsch, ihn zu beheben, oder als das Verlangen, einem Mangel Abhilfe zu schaffen. Dieser allgemeine psychologische Begriff, dem die Termini Motiv (Psychologie) und Motivation sinnverwandt sind, ist Bezugspunkt der Darstellung und den wirtschaftswissenschaftlichen, philosophischen oder anderen Verwendungen des

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Begriffs verwandt (vgl. Wirtz 2013, S. 246).

Die Bildungsbedürfnisse im Erwachsenenalter sind meist durch Defizite in der Alltagsbewältigung verursacht. Oft besteht auch die Notwendigkeit, sich im beruflichen Bereich weiterzubilden. Darüber hinaus besitzt jeder Mensch ein natürliches Erkenntnisinteresse, das nicht durch Brauchbarkeitserwägungen motiviert ist. Der Wunsch nach Qualifikation (Allgemeinwissen und Ausbildung), Kommunikation (Gemeinschaft und Austausch) und Kompensation (Ausgleich zum Berufswissen und zu einseitiger Berufstätigkeit) ist die Triebfeder dafür, sich auf Bildungsprozesse einzulassen. Dabei verschiebt sich im Laufe des Lebens die Gewichtung dieser drei Bereiche wegen veränderter sozialer und ökologischer Konstellationen (vgl. Baumgart & Bücheler 1998, S. 48 f.).

Im Alter spielen bei den Bildungsbedürfnissen vor allem der Wunsch nach Teilhabe durch Kommunikation, Kompensation sowie das natürliche Erkenntnisinteresse eine Rolle. Die wissenschaftliche Weiterbildung ermöglicht den Älteren Kommunikation zu gesellschaftlich relevanten Themen und somit Teilhabe. Kompensation spielt in sofern eine Rolle, dass die Themen der Weiterbildung keinem beruflichen Zweck mehr dienen müssen. Auch steht jetzt einfach das natürliche Erkenntnisinteresse im Vordergrund. Ältere lernen aus Freude, Neugier, Neues zu entdecken.