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4.1 Rechtliche Definitionen und Zuordnungen von Personen

4.1.3 Verwandtschaft – Kindschaft – Elternschaft

Das Kindschaftsreformgesetz (KindRG) als Teil des Familienrechts, das am 01. Juli 1998 in Kraft trat, behandelt in erster Linie die Eltern-Kind-Beziehungen (personen-standsrechtliche Zuordnungen, Sorgerecht und Unterhaltsverpflichtungen).72 Das El-ternrecht ist durch Art. 6 II, III GG als Grundrecht geschützt, womit Eltern gleichzeitig das ‚natürliche‘ Recht und die Pflicht zur Pflege und Erziehung ihrer Kinder haben. Der Staat nimmt jedoch besonderes Interesse an der Erziehung der Kinder. Das Elternrecht wird als ein im Interesse des Kindes pflichtgebundenes Recht verstanden, so dass die Persönlichkeitsrechte des Kindes Inhalt und Schranken des elterlichen Erziehungsrechts mitbestimmen (Lüderitz 1999:237). Das Gesetz gliedert Abstammung von der Unter-haltspflicht (Trennung von Status und Unterhalt). Die bisher geltende Unterscheidung von ehelichen und nicht-ehelichen Kindern wurde nunmehr beseitigt und die Rechts-stellung beider Eltern weitgehend angeglichen.

Die personen- und vermögensrechtliche Zuordnung eines Kindes zu seinen Eltern folgt in Deutschland in erster Linie der „natürlichen Abstammung“. Dieser Aspekt, der sich auf § 1589 BGB „Verwandtschaft“ bezieht, füllt zahlreiche Seiten und ist darüber hin-aus auch als Art. 2 Abs. 1 „Jeder hat das Recht auf Kenntnis seiner genetischen Ab-stammung“ (Schutz des Persönlichkeitsrechts) im Grundgesetz (GG) verankert. Mit Bezug auf Lüderitz (1999:243) ist Abstammung, und insbesondere Abstammung vom Vater, jedoch weitgehend eine Rechtsregel, da sie nur mit wissenschaftlich aufwendigen Methoden festgestellt werden kann. Dennoch regeln die im Kindschaftsreformgesetz neugefassten §§ 1591 bis 1600e BGB auf der Basis des durch §1589 BGB definierten Begriffs von „Verwandtschaft“ die Statusvoraussetzungen, die sich grundsätzlich wei-terhin an der Abstammung orientieren bzw. die einen ‚erfahrungsmäßigen‘ Schluss auf

„natürliche Abstammung“ zulassen (vgl. Lüderitz 1999:243). Die sogenannten Perso-nenstandsbeteiligten können jedoch durch Rechtsgeschäfte (Anerkennung) oder ihr Unterlassen (Anfechtung) auf die rechtliche Zuordnung des Kindes einwirken, d.h. sich über „tatsächliche Abstammung“ hinwegsetzen.

72 Die elterliche Sorge (§ 1626 BGB) umfasst allgemein die Vertretung des Kindes. Sie teilt sich auf in Personen-und Vermögenssorge. Die Personensorge ist wiederum unterteilt in die tatsächliche Personensorge (Pflege, Erzie-hung, Aufenthaltsbestimmung des Kindes) und die Vertretung in persönlichen Angelegenheiten (Anmeldung in der Schule, Zustimmung zu ärztlichen Behandlungsmaßnahmen) (Oberloskamp 1993:4). Nach § 1626 III gehört das Umgangsrecht für beide Elternteile zu den Grundsätzen der elterlichen Sorge. Es dient dem Wohl des Kindes und umfasst auch den Umgang des Kindes mit anderen Personen, „zu denen das Kind Bindungen besitzt, wenn ihre Auf-rechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist“ (beispielsweise Großeltern, Geschwister, Stiefelternteile sowie

„Personen, bei denen das Kind längere Zeit in Familienpflege war“) (§1695 BGB).

Abstammung von der Mutter

Die rechtliche Zuordnung eines Kindes zur Mutter ist seit dem Kindschaftsreformgesetz von 1998 ausdrücklich in § 1591 BGB geregelt: Als „natürliche“ Mutter gilt diejenige Frau, die das Kind geboren hat. Schon vor dieser gesetzlichen Fixierung galt die gebä-rende Frau als die Mutter, jedoch existierten keine Rechtsregeln. Kindesvertauschung oder Pflege konnten zwar eine soziale Mutterbeziehung begründen, die möglicherweise besondere rechtliche Regelungen erforderte; sie berührte jedoch Mutterschaft als solche nicht (vgl. Lüderitz 1999:244).

Die Entwicklung der Reproduktionstechnologien macht nun die Aufspaltung der ehe-mals als Einheit wahrgenommenen „natürlichen“ Mutterschaft in genetische (Herkunft der Eizelle) und biologische (austragende Frau) Mutter möglich. In Deutschland gilt die Zuordnung eines Kindes zu der Frau, die es geboren hat, auch bei gespaltener Mutter-schaft.73 In diesem Fall setzt der Gesetzgeber den § 1589 BGB außer Kraft, da nicht die genetische Abstammung über Mutterschaft entscheidet. Die rechtliche Zuordnung steht im Einklang mit der Bewertung der Mutter-Kind-Beziehung während der Schwanger-schaft in der Diskussion um das Embryonenschutzgesetz und dem gesetzlich geregelten Verbot von gespaltener Mutterschaft. Die genetische Mutter hat keinerlei Rechte, d.h.

die Mutterschaft kann weder von der „Ei- oder Embryonenspenderin“ noch vom Kind angefochten werden.

Abstammung vom Vater

Eine der Mutterschaft vergleichbare evidente „natürliche“ Zuordnung des Kindes zum Vater fehlt. Das Recht verhilft daher dem Kind, seinen Vater zu ‚finden‘, indem es die rechtliche Zuordnung, zumindest vorläufig, an Tatbestände knüpft, die eindeutig er-kennbar sind und eine Abstammung wahrscheinlich machen. Dies sind die Ehe mit der Mutter und förmliche Anerkennung (§ 1592 Nr. 1, 2 BGB n.F.). Auch das reformierte Kindschaftsrecht knüpft eine Vaterschaftsbeziehung in erster Linie an eine sichtbare rechtliche Institution an: Das in einer Ehe geborene Kind stammt vom Ehemann der Mutter ab, solange die Vaterschaft nicht angefochten wird (§ 1592 Nr. 1 BGB n.F.,

§ 1593 BGB a.F.). Vorher ist die Anerkennung durch einen Dritten nicht wirksam (§ 1594 II BGB). Nach Lüderitz (1999:247) begünstigt dieser fast zwangsläufige insti-tutionelle Schutz faktisch das eheliche Kind und lässt es weiterhin als wünschenswert erscheinen, Kinder von Anfang an in formalisierten Elternbeziehungen aufwachsen zu

73 In Deutschland wird diese jedoch durch das Embryonenschutzgesetz (ESchG) von 1991 explizit verboten (siehe Kap. 4.3.1.1). Eine gesetzliche Zuordnung zur genetischen Mutter kommt auch schon wegen des Kindes nicht ernst-haft in betracht, da sie praktisch zunächst ‚Mutterlosigkeit‘ bedeutet hätte (vgl. Gaul 1998:116). Ein mutterloses Kind ist jedoch im deutschen Verwandtschaftskonzept nicht denkbar.

lassen (vgl. auch Gaul 1998:64). Dies gilt auch, wenn die Ehe durch Tod aufgelöst wur-de und danach innerhalb von 300 Tagen ein Kind geboren wird. Neu hingegen ist, dass das nach der Wiederverheiratung der Frau geborene Kind grundsätzlich dem neuen, nicht dem früheren Ehemann zugerechnet wird, außer wenn ersterer die Vaterschaft erfolgreich anficht; somit ist es wieder Kind des früheren Ehemannes.

Wird das Kind nicht in einer Ehe oder innerhalb von 300 Tagen nach ihrer Auflösung durch Tod geboren, so wird Vater, wer es anerkennt (§ 1592 Nr. 1 BGB). Die Vater-schaft anerkennen heißt sich zum Kind bekennen, gleichgültig aus welchen Motiven (Glaube an Abstammung, Liebe zur Mutter) (vgl. Lüderitz 1999:248). Der die Vater-schaft anerkennende Mann kann eine Abstammung behaupten, auch wenn sie nach sei-ner Kenntnis ausgeschlossen ist. Die Wirksamkeit der Vaterschaftsasei-nerkennung wird (zunächst) davon nicht berührt. Lüderitz ist der Auffassung, dass es in diesem Zusam-menhang nicht zutreffend sei, von einer „Wissenserklärung“ zu sprechen. Vielmehr handele es sich seiner Ansicht nach um eine „Willenserklärung“ und damit um ein Rechtsgeschäft, das den Status des Kindes bestimme und verändere. Die Anerkennung der Vaterschaft ist zwar rechtstechnisch ein einseitiger Akt (des Mannes), begründet jedoch einen Status, der die biologische und soziale Beziehung spiegeln soll (Lüderitz 1999:250). Die Rechtsordnung respektiert eine bestehende Intimbeziehung (Mutter-Kind) dadurch, dass sich ein Mann als Vater nicht ohne weiteres aufdrängen kann. Die Anerkennung ist damit von der Zustimmung der unmittelbar Betroffenen abhängig.

Früheres Recht folgte strikt rechtslogischen Strukturen: Da die Anerkennung den Per-sonenstand des Kindes veränderte, war dessen Zustimmung erforderlich. Sie war inner-halb einer Frist von sechs Monaten nach Beurkundung der Anerkennung zu erklären.

Erforderlich war in der Regel – da die Anerkennung meist während der Minderjährig-keit des Kindes erfolgte – eine Erklärung durch den gesetzlichen Vertreter; Dieser wie-derum war das Jugendamt (vgl. Gaul 1998:74). Eine Zustimmung der Mutter war nicht vorgesehen. Heute ist die Zustimmung der Mutter erforderlich, denn es wird davon aus-gegangen, dass sie am ehesten weiß, wer der ‚wirkliche‘ Vater ist. Faktisch wird sie durch die Vaterschaftsanerkennung – jedenfalls zunächst – mehr betroffen als das Kleinkind. Mit ihrer Zustimmung vertritt sie daher ihre eigenen Interessen und die des Kindes.

Der durch die Geburt in der Ehe oder Anerkennung geschaffene legale Status des Kin-des kann durch Anfechtung verändert werden. Das Familiengericht entscheidet über die Vaterschaftsfeststellung auf Klage des Mannes gegen das Kind oder auf Klage der Mutter oder des Kindes gegen den Mann (§ 1600c BGB) Diese neue Regelung räumt der Mutter erstmals ein Klagerecht in eigener Person ein. In einem gerichtlichen Fest-stellungsverfahren wird als Vater vermutet, wer der Mutter während der Empfängniszeit (vom 300. bis zum 181. Tag vor der Geburt) beigewohnt hat (§ 1600d I, II BGB). Diese

Vermutungsregel gilt nicht, wenn schwerwiegende Zweifel vorliegen. Dann wird zu-meist durch medizinische Gutachten die ‚wahre‘ Abstammung durch das Gericht ge-klärt. Die Anfechtung der legal anerkannten Vaterschaft ist formalisiert: Es ist eine Kla-ge notwendig, das KlaKla-gerecht ist befristet, die KlaKla-gefrist ist ausdrücklich und abschlie-ßend geregelt (binnen einer Frist von zwei Jahren). Diese Regelung soll der Stabilisie-rung einer grundlegenden Beziehung im Leben des Kindes dienen, auch wenn die Rechtsordnung ihre tatsächliche Ausfüllung nicht garantieren kann. Zugleich soll die Personengruppe, die in der Regel das Kind umgibt (Familie, im früheren Recht: Ehe) vor Außenstörungen geschützt werden. Ist die Klage hiernach zulässig, so führt sie, wenn sie begründet ist, zur gerichtlichen Feststellung, dass der Ehemann oder der bisher Anerkennende nicht der biologische Vater des Kindes ist. Wird die Klage abgewiesen, so bleibt es bei der Zuordnung des Kindes durch institutionelle Verbindung oder auto-nome Entscheidung: Rechtlich anerkannter Vater bleibt der Ehemann bzw. der Aner-kennende. Zur Anfechtung berechtigt sind der vermeintliche Vater (Ehemann der Mut-ter im Fall des § 1592 Nr.1 BGB, Anerkennender im Fall des § 1592 Nr.2 BGB), die Mutter und das Kind (§ 1600 BGB). Dem Kind, d.h. bei einem minderjährigen Kind als gesetzliche Vertreterin der Mutter, wird das Recht gewährt, bei berechtigten Zweifeln die Anerkennung der Vaterschaft anzufechten. Abgeleitet wird dieses Recht aus Art. 2 Abs. 1 GG, der jedem Menschen das Recht auf gerichtliche Feststellung seiner „tat-sächlichen Abstammung“ gewährleistet. Dieses Recht basiert auf der Überzeugung, dass die Abstammung für die „Individualitätsfindung und damit für die Persönlichkeits-entwicklung von erheblicher Bedeutung“ ist (Lüderitz 1999:257; vgl. auch Stein-Hilbers 1994:201).

Aus meinen bisherigen Ausführungen über die gesetzlich fixierte Eltern-Kind-Beziehung in Deutschland wird deutlich, dass Vaterschaft nicht allein durch die biologi-sche Verbindung zum Kind definiert ist. Biologibiologi-sche Vaterschaft ist zwar mit der Mög-lichkeit verbunden, sie mit sozialer Vaterschaft zu verknüpfen. Es besteht jedoch keine zwangsläufige Verbindung zwischen der biologischen Vaterschaft und der Anerken-nung der formalrechtlichen Vaterschaft. Es wird demnach unterschieden zwischen den konstitutiven Elementen von Mutterschaft und Vaterschaft. Mutter des Kindes ist in Deutschland die Frau, die das Kind austrägt und zur Welt bringt. Damit verbunden ist das Konzept einer unteilbaren Einheit von Mutterschaft (genetische, biologische und soziale Mutter), d.h., dass es letztlich nur eine Mutter geben kann. Die Identität eines Kindes wird demnach nicht nur durch die genetische Identität, die ihm von der geneti-schen Mutter vermacht wird, sondern auch durch die psycho-soziale

Mutter-Kind-Bindung während der Schwangerschaft geprägt.74 Die als „natürlich“ und untrennbar konzipierte Verbindung zwischen körperlicher und sozialer Mutterschaft stellt ihr kultu-rell konstitutives Element dar. Das Konzept von Mutterschaft beinhaltet somit eine phy-sische und soziale Dimension.75 Vaterschaft muss hingegen sozial bestätigt werden, um eine legale Anerkennung zu erfahren.

Deutlich wird diese kulturspezifische Sichtweise auch anhand der Arbeiten von Dolgin (1995) und Tong (1995), die sich mit der rechtlichen Problematik von gespaltener El-ternschaft in den USA beschäftigt haben. Sie zeigen anhand von strittigen Rechtsfällen (u.a. dem weltweit bekannt gewordenen Fall „Baby M.“) auf, dass „echte“ Mutterschaft

‚verhandelbar‘ ist, der Vater jedoch über seinen genetischen Zeugungsbeitrag eindeutig definiert wird.76 Die in Kapitel 2.1 dargestellte Konstruktion von Verwandtschaft in der Ethnologie hat gezeigt, dass die Suche nach einem Vater, die in der Diskussion um die ignorantia paternitatis und die sich anschließende virgin-birth-Kontroverse deutlich wurde, der physiologischen Vaterschaft eine bedeutende Rolle zugewiesen hat. Dies war nur möglich auf der Grundlage, Verwandtschaft allein im Sinne von biologischer Verwandtschaft zu begreifen. Das aristotelische Zeugungsmodell „Ein Kind – Ein ge-nitor“, das über zwei Jahrtausende als gültig anerkannt wurde, wies dem biologischen Vater den alleinigen kreativen Anteil an der Zeugung zu (Kap. 2.2.2). Erst die Genetik dieses Jahrhunderts hat diese Denkweise widerlegt, in dem sie den Frauen einen

74 Aus diesem Grund wurde beispielsweise in den Parlamentsdebatten um das bundesdeutsche Embryonenschutzge-setz die gespaltene Mutterschaft als gravierender für das Leben des Kindes bezeichnet als gespaltene Vaterschaft. Es wurde davon ausgegangen, dass die genetische Mutter dem Kind nicht nur zum gleichen Anteil wie der genetische Vater dem Kind die genetische Identität verleiht, sondern darüber hinaus durch die biologische und psycho-soziale Beziehung zum Kind während der Schwangerschaft Einfluss auf dessen Persönlichkeitsentwicklung nimmt (vgl.

Petersen 2000:105-110). Daher würde das Kind bei Kenntnis, dass durch „Eizellspende“ zwei Frauen (die genetische und die austragende) seine Existenz mitbedingt haben, auf spezielle Probleme bei seiner Identitätsfindung stoßen.

Aufgrund der herausragenden Bedeutung der Mutter-Kind-Bindung im Konzept von Mutterschaft, ist auch die be-wusste Aufspaltung in biologische und soziale Mutter durch Leihmutterschaft in Deutschland nicht erlaubt (siehe Kap. 4.3.1.1).

75 Diese kulturelle Konstruiertheit von Mutterschaft wird detailliert von Stein/Sproll (1995:5-32) aufgezeigt u.a.

anhand der Darstellung der Geschichte der Mütterlichkeit vom 17. bis ins 20. Jahrhundert. Auch die Vorstellung von

„natürlicher“ Mutterliebe hat sich entsprechend der gesellschaftlichen Realität gewandelt und wurde inzwischen zur unangetasteten Ideologie: „Es bedurfte jahrhundertelanger Beeinflussung, Manipulation und ideologischer Arbeit, um die sogenannten mütterlichen Eigenschaften und die Mutterliebe zum angeblich natürlichen Bestandteil des weibli-chen Wesens werden zu lassen. Nicht die Liebe einer Mutter zu ihrem Kind ist als eigentlicher gefühlsmäßiger Neu-erwerb zu bewerten, sondern die dahinter stehenden ‚kulturellen Deutungsmuster‘“ (Stein/Sproll 1995:31). Raymond (1995:81f) betont insbesondere die Einbettung von Mutterschaft in soziale, politische und historische Kontexte und betrachtet sie in erster Linie als Beziehung. Jede Frau, die schwanger wird, tritt ihrer Ansicht nach in eine persönliche und soziale Beziehung mit dem Fötus, der ein Kind werden kann. Sie betont jedoch, dass diese Beziehung nicht immer positiv sei. Schwangerschaft stelle zwar eine Beziehung dar, die ein bedeutsame Bindung zwischen den Be-troffenen fördern könne, aber nicht müsse – je nach Situation.

76 Auch in den USA geht es um die Suche nach der „echten“ Mutter, und es wird davon ausgegangen, dass es nur eine Mutter geben kann. Auf der Suche nach der „echten“ Mutter geht es hier allerdings darum, die Frau zu ermitteln, die möglichst viele Aspekte des amerikanischen Konzeptes von Mutterschaft in sich vereinigen kann, wozu auch die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse zählen, die am ehesten den Vorstellungen von Familie entsprechen: „To achieve the desired results, the courts that heard Baby M. and Johnson composed the biological facts so that the child was given to the parents with the more middle-class, traditional, home“ (Dolgin 1995:63; Hervorhebungen im Origi-nal). Zum kulturellen Umgang mit Leihmutterschaften in den USA siehe auch Ragoné (1994, 1998).

gleichwertigen Zeugungsbeitrag zuerkannte. Anhand der Analyse der bundesdeutschen Gesetzgebung ist deutlich geworden, dass Mutterschaft in Deutschland idealerweise als unteilbare Einheit konzipiert wird. Soziale Mutterschaft ergibt sich allerdings nicht al-lein als Option aus dem biogenetischen Anteil, sondern gilt als „natürliche“ Konsequenz der körperlichen Verbindung zwischen Mutter und Kind durch Schwangerschaft und Geburt. Zwar gründet sich auch die Ausübung der sozialen Vaterschaft in Deutschland auf den „natürlichen Fakten“ der Fortpflanzung, dennoch ist deutlich geworden, dass die bundesdeutsche Gesetzgebung eine ‚Verhandelbarkeit’ der personenstandsrechtli-chen Zuordnung eines Kindes durch Anerkennung oder Anfechtung der Vaterschaft zulässt. Trotz der kulturellen Vorstellung von „natürlicher Abstammung“ als Grundlage der Konstituierung von eindeutiger, unveränderbarer und somit „echter“ Verwandt-schaft, kann sich der deutsche Staat jedoch im Fall sozialer Dissonanzen und bei Einig-keit aller Personenstandsbeteiligten über diese hinwegsetzen.